Nachdem die bisherigen Konzerte des Tages
schon eine Klasse für sich waren, stand mit Marillion der Topact am Abend
als vorletzte Band auf dem Programm. Was Steve „h“ Hogarth (Gesang), Steve
Rothery (Gitarre), Pete Trewavas (Bass), Mark Kelly (Keyboards) und Ian
Mosley (Schlagzeug) dann entfachten, war ganz großes Kino. Trotz
anfänglicher technischer Probleme, die aber schnell behoben werden konnten,
spielten die fünf Briten einen Set wie aus einem Guss und hatten dabei
unglaublich viel Spaß, was man vor allem Steve „h“ Hogarth ansehen konnte.
Er fegte so lebhaft über die Bühne, das förmlich die Funken sprühten. Wir
hatten bereits am Nachmittag die Gelegenheit ihn bei einem Interview erleben
zu dürfen. Seine Antworten werden in Kürze in der Rubrik „Musiker“ zu finden
sein.
Vor 23 Jahren hatten Marillion (noch mit
Frontmann Fish) einen nicht nur für deutsche Fans unvergesslichen Auftritt
auf der Loreley. Damals begann die Band mit einem Intro aus der klassischen
Musik, der „La Gazza Ladra“, gefolgt vom ersten Stück „Slainte Mhath“. Zur
Überraschung der anwesenden Marillion-Fans begannen Marillion 2010 ebenfalls
mit dem Intro und „Slainte Mhath“, was sofort für Begeisterungsstürme
sorgte.
Aber auch die Zusammenstellung der
restlichen Stücke konnte sich wirklich sehen und vor allem hören lassen und
so zelebrierten Marillion einen Auftritt der Extraklasse. Nach dem Konzert
war von einigen Fans zu hören, dass sie lange nicht mehr ein so gutes
Konzert „ihrer“ Band gehört hatten. Jeder einzelne Titel hatte seine
besonderen Eigenheiten und wurde in einem fetten Sound sehr voluminös und
druckvoll dargeboten. Waren die anderen Bands das Vorprogramm, so zeigte
Marillion ganz großes Kino.
Unter anderem standen auf dem Programm „h“
Lieblingsstück „Invisible Man“ (für ihn das beste Stück, das Marillion je
geschrieben haben), „This Strange Engine“, „Afraid Of Sunlight“ und „Easter“ um nur einige Titel des vor Highlights strotzenden Sets zu
nennen.
Als es dann an die Zugaben ging, kamen
zunächst Steve Hogarth (E-Piano), Steve Rothery (Bass) und Pete Trewavas
(Akustikgitarre) auf die Bühne um als Los Trios (in dieser Besetzung
spielten sie bereits einige Akustikkonzerte) den Titel „Don’t Hurt Yourself“
in einer Akustikversion zu spielen. Wer das Album „Less Is More“ kennt oder
auch bereits Auftritte dieses Trios gesehen hat, der weiß, dass die Musiker
es verstehen die Stücke extra für derartige Interpretationen perfekt
umzuarrangieren.
Als dann die letzte Zugabe „Easter“
angesagt und vor allem gespielt wurde, gab es kein Halten im
Zuschauerbereich mehr. War zuvor schon von einigen textsicheren Besuchern
das Konzert singend begleitet worden, so erschallte nun aus tausend Kehlen
der Text von „Easter“, was nicht nur bei mir eine Gänsehaut erzeugte. „h“
ließ es sich dann auch nicht nehmen und ging zur Abzäunung um halb drüber zu
klettern und einige Fans zu umarmen. Daran erkennt man auch die persönliche
Beziehung, die zwischen Band und Fans besteht.
Marillion waren ein würdiger Headliner
eines tollen zweitägigen Festivals. Da hatten es die britischen Landsleute
von The Enid recht schwer, diese Stimmung zu halten, wobei das mit ihrer
komplexen Musik auch gar nicht möglich ist. Für mich waren Marillion das
Highlight des Festivals.
Liebe Marillion-Fans, bitte besucht doch
bei einem Festival auch die restlichen Gigs der auftretenden Bands. Was sehr
auffiel war, dass gerade zum Marillion-Gig doch eine Menge an Zuschauern auf
das Areal fand und direkt nach dem Auftritt wieder verschwand. Das ist für
die auftretenden Bands nicht schön und ihr verpasste eine Menge an
interessanter Musik – und der Preis ist der gleiche.
Meinen herzlichen Dank möchte ich den
Verantwortlichen von The Web Germany (deutscher Marillion-Fanclub)
aussprechen, die mir (als Mitglied des Vereins) kurz nach dem Gig schon eine
Setliste zur Verfügung stellten. Das nenne ich freundschaftliches und
Mitglieder unterstützendes Verhalten!!
Setlist
Intro – Diebische Elster (La
Gazza Ladra)
Slainte Mhath
King
Out Of This World
This Strange Engine
Afraid Of Sunlight
The Great Escape
Asylum Satellite I
Fantastic Place
The Invisible Man
Neverland
Zugaben
Don’t Hurt Yourself
This Town / The Rakes Progress / 100 Nights
Easter
Stephan Schelle,
September 2010
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