Karmamoi
Artrockfestival, Reichenbach, 05.04.2024
 


     

Die italienische Band Karmamoi wurde 2009 von Schlagzeuger und Komponist Daniele Giovannoni gegründet. Seine Intention war es, neue Musik zu schaffen, die inspiriert von alter und neuer progressiver Rockmusik ist. Bevor die Band ihr erstes Album im Jahr 2011 veröffentlichte, hatte sie sich schon ihre Meriten bei zahlreichen Livekonzerten verdient. Ihr mittlerweile sechstes Album haben Karmamoi im September 2023 herausgebracht. Es trägt den Titel „Strings From The Edge Of Sound“.

    

    

Zur aktuellen Besetzung, die in Reichenbach auf der Bühne stand, gehören Daniele Giovannoni (Schlagzeug, Backgroundgesang), Alessandro Cefalì (Bass) und Valerio Sgargi (Gesang, Keyboards, Gitarre). Die Vita der einzelnen Musiker zeigt, dass sie keine Autodidakten sind, sondern Musik studierten. Allerdings musste die Band mit einem Handicap antreten. Kurze Zeit vor ihrem Gig ging ihnen der Gitarrist Allesandro Massari verloren und Schlagzeuger Daniele Giovannoni war gesundheitlich noch nicht ganz fit. Während Daniele Giovannoni den Gig ohne Probleme absolvierte, musste der seit 2022 neu hinzugekommen Sänger und Keyboarder Valerio Sgargi neben seinem üblichen Part auch noch Gitarre spielen. Das meisterte er aber perfekt, so dass es nicht auffiel, dass ein Musiker fehlte.

     

    

Das Set bestand aus Stücken von vier ihrer bisher sechs veröffentlichten Alben, sowie einer Single und neuem Material. Die sehr atmosphärische und sanfte Musik behandelte aktuelle Themen wie Liebe im Alter, Umweltzerstörung und Künstliche Intelligenz und wurde von sehr ansprechenden bewegten Bildern auf einer rückwärtigen Leinwand projiziert. So entstand eine intensive Kombination aus Musik und Videos, die den Geist der Zeit traf.

    

     

Wie mir Daniele Giovannoni auf meine Nachfrage antwortete, spiegelten alle Videos die Texte und die Bedeutungen der Lieder wider. „Wir sind besorgt über das, was um uns herum auf der ganzen Welt passiert, überall. Und als Eltern haben wir ein bisschen Angst um die Zukunft der nächsten Generationen. Wie ich schon sagte, spiegeln die Videos diese Gefühle wider. Wir sprechen über Depressionen, Umweltverschmutzung, Krieg, schnelles Leben, künstliche Intelligenz und versuchen, einen offenen Blick auf die Welt und die Menschheit zu werfen. Natürlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz, wie in „Tell Me“, wo wir über die Liebe im dritten Zeitalter sprechen, oder in „I Will Come In Your Dreams“, wo wir über die Sublimierung der Liebe sprechen. Ich habe alle Videos gemacht. Ich verwende einige kleine Clips, die ich beim Surfen im Internet finde, und meine Aufgabe ist es, alles zusammenzufügen und ihnen die Bedeutung zu geben, die ich brauche. Es ist eine langewierige Arbeit, aber ich denke, ich habe sie gut gemacht. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass unsere Musik eine „visuelle“ ist und perfekt zu den Bildern passt.“ Und das kann ich nur voll und ganz bestätigen.

    

    

Zum Intro von „Silence Between Sounds“ kam die Band auf die Bühne und startete mit „Your Name“ vom Album „The Day Is Done“, das auch auf dem aktuellen Werk „Strings From The Edge Of Sound“ (bei dem der neue Sänger Valerio Sgargi erstmals beteiligt war) in einer orchestralen Version enthalten ist. Schon hier zeigte die Band ihr melodisches, aber auch mit leichtem AOR verziertes Progrock-Gesicht. Dabei wirkte die Band nicht unbedingt wie viele andere italienische Bands, sondern machte einen recht internationalen Eindruck.

    

Es folgten mit „Black Hole Era“ und „Tell Me“ zwei weitere Stücke vom aktuellen Album. „Black Hole Era“ begann mit einer herrlich sanften Gitarrenpassage, zu der Valerio eindrucksvoll sang. Ein Song, der direkt unter die Haut ging. Im Verlauf wurde er rhythmischer, ohne aber seinen sanften Spirit zu verlieren. „Tell Me“ war ein weiterer Song mit Gänsehautfeeling, der sanft und teils hymnisch durch den Raum zog. Hier wurden dann Bilder von Liebespaaren im gesetzten Alter gezeigt. Dabei waren die Bilder sehr ästhetisch und zeigten auf wundervolle Weise, wie harmonisch und romantisch das Zusammenleben in einer Beziehung im Alter sein kann. Musik und Bilder waren - wie auch bei den anderen Songs - perfekt aufeinander abgestimmt.

    

    

Mit „Nashira“ war dann ein recht ruhiges Stück im Set vertreten, das sehr atmosphärisch und über weite Strecken mit elektronischen Sounds durchzogen war. Danach präsentierten Karmamoi mit „Tamed Shadows“ einen Song, den sie im Juli 2022 als Single herausbrachten und der erste Song ist, den Valerio Sgargi mit der Band eingesungen hat. Der Song begann mit recht düsteren Klängen und einer darauf gesetzten Gitarrenmelodien und beinhaltete auch eine Spur Wave.

     

„I Will Come In Your Dreams“ war eine sehr schöne, teils symphonische Ballade von ihrem letzten Album „Strings From The Edge Of Sound“. Zum folgenden Instrumentalstück „Sirio“ wurde dann ein Film gezeigt, der die Verschmutzung unseres Planeten zum Thema hatte. Neben qualmenden Schloten von großen Fabriken, Abgas produzierende Autoschlangen war auch im Meer schwimmendes Plastik zu sehen, was eindrücklich zeigte, wie schlecht wir mit unserem einzigen Zuhause umgehen. Ein Schriftzug „No Plastic“ wurde zusätzlich eingeblendet. Dem Thema entsprechend wies der Song melancholische Züge auf.

    

    

Mit „Eternal Mistake“ hatten sie dann noch einen neuen Song im Programm, der auf dem neuen Album, das im Sommer eingespielt werden soll, erscheinen wird. Es stellte eine Premiere dar, denn das Stück wurde in Reichenbach zum ersten Mal live aufgeführt. Hierbei wurden Roboter und Bilder, die auf Künstliche Intelligenz hinwiesen, gezeigt. Die KI ist in der Tat sowohl Segen wie auch Fluch, da die Zukunft der Nutzung und des Missbrauchs noch nicht bekannt sind und somit bei vielen Menschen derzeit noch ein Unwohlsein besteht.

     

Als Zugabe präsentierten sie eine Version von „Zaelous Man“, das ursprünglich auf dem 2020’er Album „Room 101“ erschienen ist und sich ebenfalls in einer orchestralen neuen Version auf dem aktuellen Album befindet. Eingeführt wurde das Stück mit einer sanften Pianomelodie, die sich nach wenigen Minuten in einen treibenden, mit leicht postrockartigen Elementen versehenen Track wandelte. Ein gelungener Abschluss dieses tollen Konzertes, bei dem audio-visuell einiges geboten wurde.

    

                   

Karmamoi waren für mich die Überraschung des ersten Tages, da ich ihre Musik bisher nicht kannte und sie mich mit ihrem modernen, meldosichen Artrock voll überzeugten. Stilistisch lagen sie irgendwo in der Schnittmenge von Antimatter und The Pineapple Thief. Ihr Konzert, das erste auf deutschem Boden, kam sehr gut bei den Fans an, so dass die CDs an ihrem Merchstand einen reißenden Absatz fanden.

    

 
 

 

Setlist

Intro
Your Name
Black Hole Era
Tell Me
Nashira
Tamed Shadows
I Will Come In Your Dreams
Sirio
Eternal Mistake
Zaelous Man


 

 

 

Stephan Schelle, April 2024

 

Besetzung

Daniele Giovannoni (Schlagzeug, Keyboards, Backgroundgesang)
Alessandro Cefalì (Bass)
Valerio Sgargi (Gesang, Keyboards, Gitarre)

 


 
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