Brian Cummings
Night Of The Prog IX, Loreley, 19.07.2014
 


     

Die amerikanische Band Bigelf, die für die John Wesley & Band einspringen sollte, musste leider aus gesundheitlichen Gründen absagen. Für sie hatte der Veranstalter kurzfristig Brian Cummings mit einer Peter Gabriel Tribute Show ins Programm genommen. Cummings ist Mitglied der Genesis-Coverband Carpet Crawlers und war auch als Sänger von Mick Pointer’s Script Of A Jesters Tear Projekt auf der Bühne zu sehen. Ich war bei der Info, dass ein Solomusiker Gabrielstücke spielen würde zunächst skeptisch. Doch was der Brite dann auf die Bühne zauberte, war beeindruckend und mitreißend.

    

Vor gut zwei Jahren hatte Cummings unter dem Projektnamen Be Gabriel ein Programm aus Gabriel-Material in akustischer Version auf die Bühne gebracht. Etwa anderthalb Jahre schlummerten die Instrumente und Effektgeräte im Keller, bis W. Völklein Cummings am Mittwoch vor dem Festival anrief und ihn bat für die kurzfristig verhinderten Bigelf einzuspringen. Es ist nicht hoch genug anzurechnen und zollt einen großen Respekt, wenn man weiß, wie kurzfristig Cummings sich mit dem alten Material beschäftigen musste und was er für ein Ergebnis lieferte.

    

Allein nur mit eine Akustik- bzw. einer E-Gitarre sowie Effektgeräten bewaffnet, mit denen er aus Klängen Loops aufnehmen und abspielen konnte, stand Brian Cummings auf der Bühne. Er begrüßte das Publikum mit den Worten „I’m Bigelf, not the Band Bigelf but a big Elf!“, was schon mal zu den ersten Lachern führte. Danach brannte er ein akustisches Feuerwerk ab, bei dem es die Zuschauer staunend und begeistert vor der Bühne festhielt.

     

    

Los ging der etwa einstündige Auftritt mit „Here Comes The Flood“. Hier zeigte sich sehr schnell, dass Brian eine ähnlich kehlige Stimme wie Peter Gabriel besitzt. Und noch etwas zeigte sich vom ersten Moment an, nämlich das die Akustikversionen von Brian hervorragend funktionierten, was unter anderem auch an den herrlichen Arrangements lag. Das Ergebnis waren Interpretationen die vor Kraft und Dynamik nur so sprühten und darüber hinaus mit sehr viel Herzblut und Seele von Brian umgesetzt waren.

    

Meinte man bei „The Washes Of The Water“ das Schlagzeug und Keyboardklänge aus dem Rechner kommen (wahrscheinlich habe ich auch nicht genau aufgepasst, weil ich noch so von den ersten Klängen beeindruckt war), so zeigte sich dann spätestens beim folgenden „Intruder“ wie Brian die zusätzlichen Klänge erstellte. Er spielte sie nämlich kurzerhand live in sein Effektgerät ein, womit er Rhythmus- und Soundloops erstellte, zu denen er dann live spielte. Dabei musste er aber sehr genau vorgehen, da ansonsten der Rhythmus und damit die treibende Kraft der Songs verloren gegangen wären.

     

Traumwandlerisch (auch mal mit kleinen Fehlern die er korrigieren musste – heißt, er spielte sie erneute ein) setzte er die Samples um. Da wurde aus einem rhythmischen Klopfen auf den Resonanzkörper seiner Akustikgitarre ein Schlagzeugrhythmus. Dann nahm er einen mit seinem Mund erzeugten weiteren rhythmischen Part dazu auf. Später wurden dann auch noch Harmoniefolgen mit der E-Gitarre aufgenommen, die dann wie Keyboard artige Sounds ausgeführt wurden oder er nutzte ein Rhythmusgerät (sah aus wie ein Ei) um weitere Rhythmen zu speichern. Einfach genial, was er da mit wenigen Mitteln zauberte. Das zeichnet einen guten Musiker aus.

    

    

Aber nicht nur Gabriel-Material hatte er im Programm, das er immer mal wieder mit sehr humorvollen Wortbeiträgen würzte. Mit „Carpet Crawlers“ hatte er auch noch einen Song von Genesis im Set, den er zunächst á capella begann. Später kam dann auch wieder die Gitarre dazu. Damit erzeugte er eine ganz besondere Atmosphäre, die Gänsehautfeeling hatte, denn das Publikum sang laut aus zahlreichen Kehlen mit. Und auch einen Marillion-Song („Grendel“) baute er in sein Set ein, den er kurz anspielte und damit auf den Headliner des Abends verwies.

     

Einen Song herauszuheben fällt schwer, da sie alle nur so voller Energie, Seele und Herz interpretiert waren. „Solsbury Hill“, „Biko“ und „In Your Eyes“ waren aber noch mal richtige Knaller, die auch beim Publikum besonders gut ankamen.

    

    

Brian’s Auftritt war eine Oase der Ruhe im Umfeld der ansonsten doch sehr druckvollen und lauten Auftritte der anderen Bands, er strahlte darüber hinaus aber eine ungeheure Intensität aus. Für mich ein absolutes Highlight des gesamten Festivals. Damit erzeugte er eine ganz eigenartige, intime Stimmung bei der viele Zuschauer die Songs mitsangen, was einen hohen Gänsehautfaktor hatte.

    

 

 
 

Setlist

Here Comes The Flood
Red Rain
The Washing Of The Water
Intruder
Come Talk To Me
Carpet Crawlers
Games Without Frontiers
Mercy Street
San Jocinto
Solsbury Hill
Grendel
von Marillion (angespielt)
Biko
In Your Eyes

Stephan Schelle, August 2014


 
 
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