Sankt Otten - Electronic Circus 2012
Sankt Otten
(Electronic Circus-Festival, Gütersloh - 22.09.2012)


    

Den Opener des Festivals machte das aus Osnabrück stammende Duo Sankt Otten. Das Projekt besteht aus den beiden Musikern Stephan Otten (Schlagzeug, Synthesizer) und Oliver Klemm (Gitarre, Bass, Synthesizer). Da die beiden nicht alles live spielen konnten, waren einige der Synthiesounds vorprogrammiert. Darauf setzten dann die beiden atmosphärische Gitarren und treibendes Schlagzeug.

     

    

     

    

Die Musik von Sankt Otten wird unter anderem verglichen mit den frühen Kraftwerk (nicht die experimentelle Phase). Das liegt vor allem am treibenden Schlagzeugrhythmus, der oftmals wie bei einem Zug nach vorne zu stampfen scheint. Die Musik von Sankt Otten ist aber viel mehr als das. In ihren Stücken finden sich beispielsweise Elemente aus Wave, Rock und Electro wieder, die mit traditioneller Elektronikmusik kombiniert wird. Aus dieser Mixtur entsteht eine unglaublich faszinierende Musik, die für mich die erste große Überraschung des Tages war.

    

     

    

    

Ein Dutzend Stücke hatten die beiden im Programm, die zum Großteil von ihren letzten beiden Alben „Gottes Synthesizer“ (aus 2011) und „Sequencer Liebe“ (aus 2012) stammten. An den Albumtiteln und auch den Titeln der einzelnen Stücke kann man den Humor und die Kreativität der beiden Musiker erkennen. Wer kommt schon auf die Idee einen Instrumentaltrack „Gestern fand ich alte Tränen“ zu benennen? Aber auch das spricht für die beiden Musiker. Am Rande sei noch bemerkt, dass sie bei ihrer Musik mit sehr viel Liebe zum Detail ans Werk gehen, was sich beispielsweise im ungewöhnlichen Artwork und der Verpackung ihrer Platten widerspiegelt. Das sind schon richtige Sammlerstücke, die sie da beim Label Denovali Records produzieren.

    

    

     

    

Ins Programm ging es mit dem ersten Stück „Wir sind deine Propheten“, das vom Titel her schon mal sehr vollmundig klingt und von einem gesteigerten Selbstwertgefühl zeugt. Aber die beiden konnten auch mit breiter Brust ans Werk gehen, denn die Musik ist wirklich außergewöhnlich und fesselnd. Dieses erste Stück begann mit sphärischen Sequenzen und Klangwolken, so als wollten sie die Besucher auf einen Trip ins All mitnehmen. Rhythmischer wurde es dann im nächsten Stück „480 Pixel, die ich an dir liebe“, bei dem erstmals Stephan Otten ordentlich die Schlagzeugfelle bearbeitete. Ein klasse Track, der neben seinem Rhythmus auch eine eingängige Melodie- bzw. Harmoniefolge aufwies.

    

    

    

     

     

In diesem wunderbaren rhythmisch/melodischen Stil ging es dann auch während des kompletten Konzertes weiter. Als besondere Überraschung hatten Sankt Otten Andreas Parnow von der Gruppe Vraigaist bei dem Stück „Mein Freund aus Köln“ auf die Bühne geholt, der am Saxophon einige improvisierte Melodien beisteuerte, was ganz hervorragend funktionierte. Und das, obwohl zwar Andreas das Stück zuvor bekommen hatte, die drei aber nicht mal üben konnten. Andreas, der aus Bielefeld kommt, war auch letztes Jahr schon beim electronic circus Festival dabei und als Special Guest bei Picture Palace Music auf der Bühne. Visuell wurde das Konzert von tollem Filmmaterial unterstützt, das auf der rückwärtigen Leinwand gezeigt wurde. Ein echtes Erlebnis.

    

     

    

    

Natürlich musste es für diesen gelungenen Act, der für mich (neben Dominique Perrier) die Überraschung des Tages war, eine Zugabe geben. Hierfür hatten sich Stephan und Oliver keinen geringeren Titel als Harald Großkopf’s „So weit, so gut“, das lange Jahre die Erkennungsmelodie der Radiosendung Schwingungen war, ausgesucht. Dieses Stück hatten sie mit Autorisierung von Harald Großkopf remixt. Und wie könnte es anders sein, wenn schon mal ein solcher Gast wie Winfrid Trenkler da ist; es gab eine Ansage wie zu besten Schwingungen-Zeiten, bei dem so mancher Fan feuchte Augen bekam.

     

    

    

    

Mit Sankt Otten hatten die Macher des electronic circus Festivals schon einen echten Knaller an den Anfang des vor Highlights nur so sprühenden Festivals gestellt, der zur frühen Stunde schon für mächtiges Aufsehen sorgte. Die faszinierende Kombination von E-Gitarre, Synthie und Schlagzeug sorgte dafür, dass Sankt Otten bisher als absoluter Geheimtipp gehandelt wurde. Es wird Zeit, dass dieses Duo jetzt diesen Status hinter sich lässt, denn die Musik ist es mehr als Wert einem größeren Publikum präsentiert zu werden.

    

    

    

    

Setlist

1. Wir sind deine Propheten
2. 480 Pixel, die ich an dir liebe
3. Gestern fand ich alte Tränen
4. Diesseits von Jenseits
5. Auf Sünde folgt Strafe
6. Mein Freund aus Köln
7. Lustig, lustig demain encore lustig
8. Fast neu ist auch gebraucht
9. Sequencer Liebe
10. Thom Yorkes letzte große Liebe
11. Kann denn Liebe Synthie sein?

Zugabe

12. So weit, so gut

Stephan Schelle, 26.09.2012

 

 

     

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