Martin Herbst
(E-Circus Summer Edition, Borgholzhausen, 13.08.2022)


     

Den Beginn des Festivals bestritt Martin Herbst. Für viele in der Szene ein Neuling, der in 2021 sein erstes Soloalbum unter dem Titel „Mosaic“ über Spotify, Apple Music, SoundCloud etc. veröffentlicht hat. Doch der versierte Keyboarder ist alles andere als ein Neuling. Er hat viele Jahre in diversen Bands gespielt. Seit 15 Jahren ist er Mitglied der Crossover-Band Univerve. Darüber hinaus hat er für verschiedene Firmen gearbeitet, die Musik-Software (Recording-Programme, virtuelle Instrumente und Studio-Effekte) und Hardware-Synthesizer herstellen. Im Jahr 2019 hat er sich dann dazu entschieden, ein Soloprogramm zusammenzustellen und das Solodebütalbum „Mosaic“ aufgenommen.

    

Martin sagt zu seiner Entscheidung: Auslöser für meinen Soloweg waren sowohl der Besuch von Konzerten von Künstlern wie z.B. Air, Nils Frahm, Hundreds, … als auch diverse Film/Serien-Soundtracks bekannter Komponisten (wie z.B. Olafur Arnalds, Yann Tiersen,...). Herausgekommen ist ein Mix aus Elektronik, New Age, Psychedelic, Soundtrack und Neo-Klassik, der sowohl meine musikalischen Vorlieben als auch meinen musikalischen Werdegang widerspiegelt.

    

Am 13.08.2022 gab Martin bei der E-Circus-Summer Edition – nach einem Auftritt in den Güterhallen in Solingen – erst sein zweites Livekonzert als Solokünstler. Dabei standen die Stücke seines Debütalbums auf dem Programm, das er bis auf einen Titel komplett spielte.

     

Zu seinem Werdegang schreibt Martin auf seiner Homepage: Für Keyboarder Martin Herbst war Musik schon immer das Größte. Als Kind sang er Küchenlieder („Sabinchen war ein Frauenzimmer“) zusammen mit seiner Oma, als Jugendlicher spielte er seinen Kumpels in der Schule vor dem Musikunterricht Rockstücke von Deep Purple bis Grobschnitt auf dem Flügel vor. Mit 17 fuhr er zusammen mit einem Freund auf dessen Motorrad zum Konzert der damals nur Insidern bekannten Genesis ins 50 km entfernte Osnabrücker Stadttheater. So entwickelte sich ein besonderes Interesse für die elektronischen Tasteninstrumente (Synthesizer, E-Pianos, Hammond-Orgel, Mellotron), deren Sounds und den damit produzierenden Bands. Ein paar Jahre später hatte er sich ein Fender Rhodes Piano und einen Mini Moog Synthesizer erarbeitet und erspart. Es folgten Jahre in mehreren Rock-, Pop- und Soul-Bands, u.a. auch als Mitbegründer, Komponist und Keyboarder der Progrock/Crossover-Band Univerve, die zwei viel beachtete Alben („Timeless Space“ und „Rotating Wheels“) veröffentlichte.

    

Fasziniert von der Wechselwirkung zwischen Tönen und Bildern und den dabei entstehenden Assoziationen und Emotionen hat Martin Herbst schließlich 2021 sein erstes Album „Mosaic“ im Alleingang produziert und auf allen gängigen Streaming-Plattformen digital veröffentlicht. Musikalisch bewegen sich die Instrumental-Stücke im Elektronik- und New-Age-Bereich, in das Gesamtbild fließen aber auch Martin’s Vorlieben für den Art- und Progressive Rock der 70er, Synth-Bands der 80er, melodiöse Filmmusik und Neo-Classic Werke aus jüngerer Zeit mit ein. Außergewöhnliche Sounds ergänzen sich mit Piano-Klängen und bilden eine Vielzahl anregender Klanglandschaften. Die Tracks setzen sich in der Regel aus mehreren Themen (vom chilligen Intro bis zum energetischen Sequenzer/Arpeggiator-Thema oder psychedelischen Keyboard-Solo) zusammen. Für die Live-Präsentation stützt sich Martin auf diverse Hard- und Software-Synthesizer, Sampler und E-Piano, die er außer über deren Tastaturen auch durch verschiedenartige Controller ansteuert.

    

Und genau das traf auch den Kern seines Konzertes, bei dem man sofort merkte, dass ein richtiger Könner an den Tasten ans Werk ging. Zwar musste er auch auf vorprogrammierte Parts zurückgreifen – das geht nicht anders, wenn man allein auf der Bühne steht – doch konnte man gut sehen dass er große Teile live spielte.

     

Seine Stücke bauen sich kontinuierlich auf und besitzen immer verschiedene Parts und frische Sounds. Oft sind es sehr ruhige Anfänge, mit Pianomelodien, die sich dann teilweise auch schon mal in proggige oder auch soundtrackartige Parts weiterentwickeln. So startete beispielsweise der Eröffnungstrack „Lost Garden Of Eden“ mit einer zarten Pianomelodie, die zunächst von sanften Flächen untermauert wurde. Nach einigen Momenten schälte sich dann eine Passage heraus, die so ein bisschen Alan Parsons-Feeling verströmte und als Taktgeber einen tuckernden Sequenzerrhythmus enthielt. Das war ein noch sehr elektronischer Einstieg.

    

    

Mit Klängen, die an Oboe- oder Fagott-Sounds aus einer Orgel denken ließen, begann dann der zweite Track „Lizard Lounge“. Nach wenigen Momenten kamen dann aber elektronische Sounds auf, die an Soundracks der Marke John Carpenter & Co. denken ließen. Der Track steigerte sich immer weiter zu einem hochmelodischen Part, der auch eine Spur Art-/Progrock beinhaltete. Die Sounds und einige Melodiebögen werden Freunden von Acts wie Pyramid Peak oder Strange Inside ebenfalls gefallen haben.

     

Martin nahm auch ein ums andere Mal einen tragbaren Controller namens Artiphon zur Hand, was ihm mehr Freiraum auf der Bühne gab und darüber hinaus auch ein schönes Liveelement darstellte. Ein gutes Beispiel für Tracks mit unterschiedlichen Parts ist auch „Angels Elves And Witches“, das nun folgte. Der Track startete zunächst mit recht himmlischen und sanften Klängen und wurde von Martin dann in einen Pianopart überführt, der mit einem sehr rockigen Rhythmus unterlegt war. Ein klasse Stück, das auch auf jeder Art-/Progrock-Bühne bestens aufgehoben wäre. „Blurred Lines“ hatte im ersten Teil etwas von den Instrumentalstücken der deutschen Band Grobschnitt, verwandelte sich dann aber durch Einsatz fernöstlicher Klänge in einen Track, der an die Produktionen eines Steve Hackett erinnerte.

    

Beim Stück „Nanjizal Coastal Pool” kam dann ein außergewöhnliches Utensil zum Einsatz. Martin schnallte sich ein Kästchen mit Stahlseiten um, das an einem Gürtel befestigt war. Das Teil stammt aus den 90’er Jahren und nennt sich Digitar. Martin war beim Aufräumen im Keller vor einiger Zeit darüber gestolpert und wollte es verkaufen. Beim Ausprobieren, ob es noch funktioniert, fand er zum Glück aber wieder Gefallen an dem Gerät. Das Digitar war mit einem Telefonkabel an das zugehörige Interface angeschlossen und von dort erfolgte die Verbindung per Midi zum Rechner. Um Sounds damit zu erzeugen musste er Tasten seines Keyboards drücken bzw. Akkorde spielen, die er dann mit dem Digitar anschlagen konnte. Das war erneut etwas fürs Auge. Dieses Teil schnallte er sich dann auch nochmal bei seiner Zugabe, die lauthals vom Publikum eingefordert wurde, um.

    

Martin Herbst bestritt einen tollen Auftritt, der durch variantenreiche Sounds, Rhythmen und sehr schöne Melodien glänzte. Er wandelte mit seinem Set zwischen elektronischer Musik, Soundtrack, Pianomusik mit rockigen Anklängen. Ein grandioser Einstieg in dieses Festival.  

     

    

Setlist

Lost Garden Of Eden
Lizard Lounge
Angels Elves And Witches
Blurred Lines
Nanjizal Coastal Pool
Sentimental Gravity

Zugabe

Mosaic

Stephan Schelle, August 2022

E-Circus Summer Edition 2022

 

Konzert von Menzman