Von Hertzen Brothers
Artrockfestival, Reichenbach, 06.04.2024
 


     

Der Kern und auch der Name der finnischen Band stammt von den drei Brüdern Mikko (Gesang, Gitarren), Kie (Gesang, Gitarren, Percussion) und Jonne Von Hertzen (Bass, Akustikgitarre, Gesang, Keyboards). Des Weiteren gehören zur aktuellen Besetzung Sami Kuoppamäki (Schlagzeug) und der seit kurzem zur Band gehörende Markus Pajakkala (Keyboards, Querflöte). Sie haben in 2022 ihr achtes Studioalbum „Red Alert In The Blue Forest“ veröffentlicht und legten Anfang 2024 ihr neuestes Livealbum mit dem Titel „Live At Tavastis“ nach.

    

     

Kie, Mikko und Jonnes Vater, Hasse, und Onkel, Lasse von Hertzen, spielten beide in den 60er und 70er Jahren in bekannten skandinavischen Bands. Einer von Kies Patenonkeln war ein früher finnischer Umweltpionier, der andere ein bekannter Künstler und Bildhauer. Da ist es auch kein Wunder, das die Drei ihren kreativen Spirit geerbt haben.

    

     

Die Jungs verbrachten ihre Ferien in der Hütte ihrer Familie an der finnischen Küste, wo sie noch immer Zeit mit dem Schreiben von Songs und dem Erkunden der Natur verbringen. Eine gemeinsame Vision, die von finnischer Folklore, musikalischen Traditionen, der Tierwelt und humanitären Anliegen durchdrungen ist, wird in ihrem Songwriting oft deutlich.

    

     

    

In den 1990er Jahren gingen die Brüder zunächst unabhängig voneinander ihren musikalischen Weg und spielten in verschiedenen erfolgreichen Bands. Im Jahr 2000 entwickelte sich ein Nebenprojekt, das aus der Idee geboren wurde, etwas gemeinsam zu machen, zu ihrem ersten Album „Experience“. Als ihr zweites Album „Approach“ (2006) mit seiner Mischung aus progressivem, gitarrengetriebenem Rock in Kombination mit vielschichtigen Gesangsharmonien die finnischen Charts anführte, war klar, dass diese Band etwas Einzigartiges und Besonderes war. Seitdem haben die Von Hertzen Brothers kontinuierlich Top-5-Alben veröffentlicht, darunter drei Nummer-1-Alben in ihrem Heimatland mit „Love Remains The Same“ (2008), „Stars Aligned“ (2011), „Nine Lives“ (2013), „New Day Rising“ (2015) und „War Is Over“ (2017).

     

    

Als Headliner hatte Uwe Treitinger für den zweiten Tag die finnische Band von Hertzen Brothers angagiert. Was diese drei Brüder mit ihren beiden Bandmitglieder da auf die Bretter haute, war aus einer ganz anderen Liga, als alles bis dahin Gesehene. Vom ersten Ton an spielten sie einen vor Energie und Spielfreude strotzenden Auftritt, der die Münder so mancher Besucher offen stehen ließ. Damit spielten sie die anderen Bands förmlich an die Wand.

     

    

     

Sänger und Gitarrist Mikko von Hertzen meinte zu Beginn des Konzertes, das der Familienname zwar deutsch sei, er aber nur drei Worte in deutscher Sprache kenne. Das waren „Bitte“, „Danke“ und „Scheiße“. Mikko, der klare Frontmann, agierte extrovertiert aber auch sehr sympathisch. Während sein Bruder Jonne sehr besonnen und ruhig wirkte, war der Dritte Bruder Kie auf der Bühne kaum zu bändigen. Was da an Spielfreude und Intensität aus ihm heraussprühte kann eigentlich nur mit Ekstase beschrieben werden. Es machte unglaublichen Spaß ihm bei seinen Verrenkungen zuzuschauen, da man das Gefühl hatte, das er förmlich in der Musik aufging. Er drückte damit so viel Leidenschaft aus. Das riss dann auch das Publikum mit.

     

     

Die Finnen legten gleich mal mit einem treibenden Song, dem Stück „Day Of Reckoning“ los. Keyboard, Gitarre und Satzgesang eröffneten das Stück. Sobald dann das Schlagzeug einsetzte, zündete die Rakete, es knallte dann so richtig von der Bühne und die Party konnte steigen. Von da an war man bis zum Ende förmlich wie in einem Rausch gefangen.

     

     

     

Eine Mischung aus Archive und Pink Floyd zog die Band im Stück „Somewhere in the Middle“ ab, in dem Kia sehr Gilmoure-mäßige Licks spielte, während Jonne Keyboardsounds produzierte, die an Archive erinnerten. Ansonsten zeigte sich das Stück aber sehr eigenständig.

    

     

Als Einstieg zum Song „Frozen Butterflies“ meinte Mikko, sie hätten heute schon Schmetterlinge gesehen, was bei den milden Temperaturen an dem Wochenende kein Wunder war. Ein fetziger Song dessen Drive nicht nur von Schlagzeug und Bass, sondern auch von der Rhythmusgitarre vorangetrieben wurde und sich mit seiner sehr eingängigen Melodie schnell im Ohr festsetzte. Darauf folgte das wunderbare „Jerusalem“.

    

    

     

Im Song „Kiss A Wish“ griff Markus Pajakkala dann zur Querflöte und verlieh dem Song so eine weitere Note. Dann ging es wieder mächtig ab mit dem Song „Freedom Fighter“.

       

    

Progig/melodisch zeigte sich die Band dann mit ihrem Song „Flowers And Rust“. Darauf folgte dann das sanfte „All Of A Sudden, You’re Gone“, das für Gänsehaut sorgte. Hier überzeugte die Band auch wieder durch herrlichen Satzgesang.

     

    

     

Zunächst ging es dann ebenso sanft und balladesk zu Beginn von „Sunday Child” weiter, bis hier Schlagzeuger Sami Kuoppamäki einen Rhythmus wie bei einem Schnellzug raushaute und der Song in einem Sound explodierte, der so – aber wesentlich druckvoller von den VHB gespielt – von Bands wie Coldplay erzeugt wird. Das machte einfach nur Spaß und war Party pur.

     

    

Dann gab die Band mit „New Day Rising” noch mal Gas, vorangetrieben von dem fetten Schlagzeugsound von Sami Kuoppamäki. Das brachte den Saal zum Kochen.

     

    

     

Der offizielle Teil des Konzertes endete dann mit dem Stück „Peace Patrol“, bei dem Mikko das Publikum am Ende aufforderte, melodisches „Oh, oh, oh, oh …“ zu singen. Das sorgte für Gänsehaut und wurde dann vom Publikum auch noch weitergesungen, als die Band von der Bühne ging. Der Song war einer von vielen Höhepunkten im Set der Finnen. Schnell kam die Band wieder zurück auf die Bühne um mit „Let Thy Will Be Done” eine letzte Zugabe zu spielen.

    

     

Was die von Hertzen Brothers an diesem zweiten Festivaltag ablieferten war ganz großes Kino und gehört definitiv auf die ganz großen Bühnen. Und dass die Finnen dann nach dem Gig auch noch ganz entspannt zu den Fans kamen, obwohl sie in Finnland schon eine richtig große Nummer sind, ist bemerkenswert. In Deutschland versuchen sie sich gerade einen Namen zu machen. Wer sich von der hohen Qualität der Band einen Eindruck verschaffen will, dem empfehle ich dringend die Live-BluRay „Live At Tavastia“ (sie enthält neun Stücke des in Reichenbach gespielten Sets), denn nur in Bild und Ton kommt diese Band so richtig zur Geltung.

     

    

     

 
 

 

Setlist

Day Of Reckoning
Somewhere in the Middle
Frozen Butterflies
Jerusalem
Kiss A Wish
Freedom Fighter
Flowers And Rust
All Of A Sudden, You’re Gone
Sunday Child
New Day Rising
Peace Patrol

Zugabe

Let Thy Will Be Done

 

Stephan Schelle, April 2024

 

 

Besetzung

Mikko Von Hertzen (Gesang, Gitarren)
Kie Von Hertzen (Gesang, Gitarren, Percussion)
Jonne Von Hertzen (Bass, Akustikgitarre, Gesang, Keyboards)
Sami Kuoppamäki (Schlagzeug)
Markus Pajakkala (Keyboards, Querflöte)


 
  Verbal Delirium-Konzert

 

Flamborough Head-Konzert