Der Kern und auch der
Name der finnischen Band stammt von den drei Brüdern Mikko (Gesang,
Gitarren), Kie (Gesang, Gitarren, Percussion) und Jonne Von Hertzen (Bass,
Akustikgitarre, Gesang, Keyboards). Des Weiteren gehören zur aktuellen
Besetzung Sami Kuoppamäki (Schlagzeug) und der seit kurzem zur Band gehörende
Markus Pajakkala (Keyboards, Querflöte). Sie haben in 2022 ihr achtes
Studioalbum „Red Alert In The Blue Forest“ veröffentlicht und legten
Anfang 2024 ihr neuestes Livealbum mit dem Titel „Live At Tavastis“
nach.
Kie,
Mikko und Jonnes Vater, Hasse, und Onkel, Lasse von Hertzen, spielten beide
in den 60er und 70er Jahren in bekannten skandinavischen Bands. Einer von
Kies Patenonkeln war ein früher finnischer Umweltpionier, der andere ein
bekannter Künstler und Bildhauer. Da ist es auch kein Wunder, das die
Drei ihren kreativen Spirit geerbt haben.
Die
Jungs verbrachten ihre Ferien in der Hütte ihrer Familie an der finnischen
Küste, wo sie noch immer Zeit mit dem Schreiben von Songs und dem Erkunden
der Natur verbringen. Eine gemeinsame Vision, die von finnischer Folklore,
musikalischen Traditionen, der Tierwelt und humanitären Anliegen
durchdrungen ist, wird in ihrem Songwriting oft deutlich.
In
den 1990er Jahren gingen die Brüder zunächst unabhängig voneinander ihren
musikalischen Weg und spielten in verschiedenen erfolgreichen Bands. Im Jahr
2000 entwickelte sich ein Nebenprojekt, das aus der Idee geboren wurde,
etwas gemeinsam zu machen, zu ihrem ersten Album „Experience“. Als ihr
zweites Album „Approach“ (2006) mit seiner Mischung aus progressivem,
gitarrengetriebenem Rock in Kombination mit vielschichtigen Gesangsharmonien
die finnischen Charts anführte, war klar, dass diese Band etwas
Einzigartiges und Besonderes war. Seitdem haben die Von Hertzen Brothers
kontinuierlich Top-5-Alben veröffentlicht, darunter drei Nummer-1-Alben in
ihrem Heimatland mit „Love Remains The Same“ (2008), „Stars Aligned“
(2011), „Nine Lives“ (2013), „New Day Rising“ (2015) und „War Is
Over“ (2017).
Als Headliner hatte Uwe
Treitinger für den zweiten Tag die finnische Band von Hertzen Brothers
angagiert. Was diese drei Brüder mit ihren beiden Bandmitglieder da auf die
Bretter haute, war aus einer ganz anderen Liga, als alles bis dahin
Gesehene. Vom ersten Ton an spielten sie einen vor Energie und Spielfreude
strotzenden Auftritt, der die Münder so mancher Besucher offen stehen ließ.
Damit spielten sie die anderen Bands förmlich an die Wand.
Sänger und Gitarrist
Mikko von Hertzen meinte zu Beginn des Konzertes, das der Familienname zwar
deutsch sei, er aber nur drei Worte in deutscher Sprache kenne. Das waren
„Bitte“, „Danke“ und „Scheiße“. Mikko, der klare Frontmann,
agierte extrovertiert aber auch sehr sympathisch. Während sein Bruder Jonne
sehr besonnen und ruhig wirkte, war der Dritte Bruder Kie auf der Bühne
kaum zu bändigen. Was da an Spielfreude und Intensität aus ihm heraussprühte
kann eigentlich nur mit Ekstase beschrieben werden. Es machte unglaublichen
Spaß ihm bei seinen Verrenkungen zuzuschauen, da man das Gefühl hatte, das
er förmlich in der Musik aufging. Er drückte damit so viel Leidenschaft
aus. Das riss dann auch das Publikum mit.
Die Finnen legten gleich
mal mit einem treibenden Song, dem Stück „Day Of Reckoning“ los.
Keyboard, Gitarre und Satzgesang eröffneten das Stück. Sobald dann das
Schlagzeug einsetzte, zündete die Rakete, es knallte dann so richtig von
der Bühne und die Party konnte steigen. Von da an war man bis zum Ende förmlich
wie in einem Rausch gefangen.
Eine Mischung aus
Archive und Pink Floyd zog die Band im Stück „Somewhere in the Middle“
ab, in dem Kia sehr Gilmoure-mäßige Licks spielte, während Jonne
Keyboardsounds produzierte, die an Archive erinnerten. Ansonsten zeigte sich
das Stück aber sehr eigenständig.
Als Einstieg zum Song
„Frozen Butterflies“ meinte Mikko, sie hätten heute schon
Schmetterlinge gesehen, was bei den milden Temperaturen an dem Wochenende
kein Wunder war. Ein fetziger Song dessen Drive nicht nur von
Schlagzeug und Bass, sondern auch von der Rhythmusgitarre vorangetrieben
wurde und sich mit seiner sehr eingängigen Melodie schnell im Ohr
festsetzte. Darauf folgte das wunderbare „Jerusalem“.
Im
Song „Kiss A Wish“ griff Markus Pajakkala dann zur Querflöte und
verlieh dem Song so eine weitere Note. Dann ging es wieder mächtig ab mit
dem Song „Freedom Fighter“.
Progig/melodisch zeigte
sich die Band dann mit ihrem Song „Flowers And Rust“. Darauf folgte dann
das sanfte „All Of A Sudden, You’re Gone“, das für Gänsehaut sorgte.
Hier überzeugte die Band auch wieder durch herrlichen Satzgesang.
Zunächst ging es dann
ebenso sanft und balladesk zu Beginn von „Sunday Child” weiter, bis hier
Schlagzeuger Sami Kuoppamäki einen Rhythmus wie bei einem Schnellzug
raushaute und der Song in einem Sound explodierte, der so – aber
wesentlich druckvoller von den VHB gespielt – von Bands wie Coldplay erzeugt
wird. Das machte einfach nur Spaß und war Party pur.
Dann gab die Band mit
„New Day Rising” noch mal Gas, vorangetrieben von dem fetten
Schlagzeugsound von Sami Kuoppamäki. Das brachte den Saal zum Kochen.
Der offizielle Teil des
Konzertes endete dann mit dem Stück „Peace Patrol“, bei dem Mikko das
Publikum am Ende aufforderte, melodisches „Oh, oh, oh, oh …“ zu
singen. Das sorgte für Gänsehaut und wurde dann vom Publikum auch noch
weitergesungen, als die Band von der Bühne ging. Der Song war einer von
vielen Höhepunkten im Set der Finnen. Schnell kam die Band wieder zurück
auf die Bühne um mit „Let Thy Will Be Done” eine letzte Zugabe zu
spielen.
Was die von Hertzen
Brothers an diesem zweiten Festivaltag ablieferten war ganz großes Kino und
gehört definitiv auf die ganz großen Bühnen. Und dass die Finnen dann
nach dem Gig auch noch ganz entspannt zu den Fans kamen, obwohl sie in
Finnland schon eine richtig große Nummer sind, ist bemerkenswert. In
Deutschland versuchen sie sich gerade einen Namen zu machen. Wer sich von
der hohen Qualität der Band einen Eindruck verschaffen will, dem empfehle
ich dringend die Live-BluRay „Live At Tavastia“ (sie enthält neun Stücke
des in Reichenbach gespielten Sets), denn nur in Bild und Ton kommt diese
Band so richtig zur Geltung.
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