Die bekannteste und erfolgreichste
Progmetalband schlechthin, Dream Theater, konnte als Headliner für das
Festival engagiert werden. Es war darüber hinaus ihr einziger
Deutschland-Gig. Eine ganze Anzahl von Besuchern war hauptsächlich wegen der
US-amerikanischen Band auf den Felsen der Loreley gekommen und waren sehr
gespannt, wie sich das Progmetal-Flaggschiff nach dem Ausstieg ihres
charismatischen Drummers Mike Portnoy präsentieren würde. Die Erwartungen
wurden nicht enttäuscht, auch wenn der Soundcheck sich als recht langwierig
erwies und der Sound im Ganzen auch nicht wirklich als gelungen bezeichnet
werden kann, da er zu Basslastig, nicht transparent und zu laut war. Schade,
denn der Gig ließ ansonsten keine Wünsche übrig.
Zur Band, die auf der Loreley, wie Sänger
James LaBrie in einer Ansage erklärte, in dieser Besetzung erst ihren
fünften Auftritt absolvierte, gehören John Myung (Bass), John Petrucci
(Gitarre), Jordan Rudess (Keyboards) und der neue Schlagzeuger Mike Mangini.
Vor allem für Mike Mangini muss es eine Wohltat gewesen sein, wurde er doch
mit einem Beifallssturm begrüßt. Aber vor allem der Auftritt von James
LaBrie war beeindruckend, denn kaum war er wenige Sekunden auf der Bühne, da
hatte er das Publikum durch seine Präsenz schon fest im Griff.
Mangini hatte sich hinter einem
gigantischen Drumset verschanzt. Allerdings waren die einzelnen Elemente so
angebracht, dass man einen direkten Blick auf ihn hatte und so genau sehen
konnte, wie er zu Werke ging. Daneben wurden als Showelement auch noch
Bilder aus mehreren Livekameras (teilweise mit anderem Bild- und
Filmmaterial gemischt) an der hinteren LED-Leinwand gezeigt. So konnte man
dann die Musiker auch noch aus anderen Perspektiven sehen. Mangini
beispielsweise von der Seite oder von oben und Jordan Rudess hatte gar eine
Minikamera an seinem Keyboard befestigt.
Mike Mangini bekam dann auch Mitten im Set
die Möglichkeit zu einem längeren Drumsolo. Das Solo dauerte fast fünf
Minuten und war einfach nur atemberaubend. Es war eine Wonne ihm zuzusehen,
wie er schon fast akrobatisch die unterschiedlichen Rhythmusmuster aus
seinem Schlagwerk herausholte. Und es war nicht nur eine Aneinanderreihung
von verschiedenen Rhythmen, nein das Solo wirkte in sich stimmig und teils
melodisch. Der Dank an ihn war tosender Applaus, der ihn gar zu berühren
schien, so bescheiden nahm er ihn auf. Mit Mike Mangini haben Dream Theater
zwar keinen zweiten Mike Portnoy hinter den Schlagfellen, das wäre auch
sicherlich der falsche Weg gewesen, aber sie haben einen ganz großen
Schlagzeuger an Land gezogen, der hervorragend zur Band passt.
Über John Petrucci’s Gitarrenvirtuosität
muss man wohl kein Wort mehr verlieren. Er spielte teilweise im
Hochgeschwindigkeitstempo die unglaublichsten Licks und Riffs. Teilweise
driftete sein Spiel auch in ein ziemliches Gefrickel ab, aber dafür lieben
ihn die Fans schließlich. John Myung stand ihm am Bass da in nichts nach.
Auch er hat eine temporeiche Spielart, die ihresgleichen sucht. Wenn man
Jordan Rudess nicht gesehen hätte, wären einem als Hörer doch einige
Keyboardpassagen verloren gegangen. Das lag zum einen an der Aussteuerung
des Sounds, der nicht alle Nuancen hervorbrachte und zum anderen daran, dass
sich einige Passagen auch wie auf der Gitarre gespielt anhörten.
Auch Jordan flitzte mit seinen Fingern
über die Tasten und lieferte sich das ein oder andere Duell mit John
Petrucci an der Gitarre. Dazu nutzte Jordan ein tragbares Keyboard im
besonderen Design und mit Dream Theater-Logo. Als visueller Gag wurde eines
dieser Duelle dann im Splitscreen auf der rückwärtigen Leinwand noch einmal
im Großformat gezeigt. Da standen sich dann beide Musiker noch einmal
virtuell gegenüber.
Der absolute Hingucker war aber das dreh-
und seitlich schwenkbare Keyboard. Das war schon ein richtiger Knaller.
Nicht zuletzt ist vor allem auch James LaBrie zu nennen, der an diesem Abend
in bestechender Form war. Sein vielschichtiger Gesang ist einzigartig und er
ist immer noch in der Lage jeden Ton live zu treffen.
Auch wenn mich der Sound enttäuscht hat
(erstaunlicherweise war es aus meiner Sicht der schlechteste Sound an dem
Festivalwochenende, der den Fans aber nicht die gute Laune nehmen konnte),
so boten Dream Theater doch den erwartet großen Gig. Zwar suchten die
Bandmitglieder und vor allem Sänger LaBrie nicht den Kontakt zum Publikum
(höchstens durch einige Gesten und Blicke), doch strahlten alle eine
unglaubliche Präsenz und Dynamik aus. Es machte einfach Spaß ihnen
zuzuschauen.
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