Vile Electrodes
(Electronic Circus-Festival, Gütersloh - 04.10.2014)


    

Beim sechsten Electronic Circus Festival im Jahr 2013 gingen die Veranstalter ein hohes Risiko ein, gehören die Briten Vile Electrodes doch nicht wirklich zur traditionellen Elektronikmusik. An ihnen könnte man gut diskutieren, was alles in die Kategorie elektronische Musik passt und was nicht. Aber der Circus bzw. seine Macher haben bewiesen, dass es sich lohnt über den Tellerrand zu blicken und so wurden Vile Electrodes bei der Schallwelle-Preisverleihung 2013 als bester internationaler Act gewählt.

     

    

    

Nach diesem Erfolg war klar, das die Briten erneut nach Deutschland kommen und einen weiteren Gig spielen würden. Im Gepäck hatten sie neben Stücken ihres Debütalbums "The Future Through A Lens" auch einige brandneue Songs.

    

     

Vile Electrodes, das sind Jane Caley aka Anaïs Neon (Synthesizer, Gesang) und Martin Swan (Synthesizer, E-Drums). Dieses Duo macht Musik, die eine Mischung aus New Wave, Synthie-Pop, Electro und Industrial darstellet, aber auch einige Ansätze von traditioneller Elektronik zu bieten hat. Allerdings durchzieht die einzelnen Stücke eine gehörige Portion bpm, was ihre Tracks sehr tanzbar macht. Stilistisch waren auch bei dem aktuellen Konzert wieder Ähnlichkeiten zu Bands/Künstlern wie OMD, Erasure, Anne Clark oder New Order auszumachen. Und doch haben Vile Electrodes ihren ganz eigenen Stil gefunden.

    

     

    

Vile Electrodes fingen zunächst im instrumentalen Opener "Convergent Lines" recht ruhig an. Ein sanfter Rhythmus und Sequenzerrhythmik sowie Orgelklänge bestimmten das Bild. Das klang zunächst nach OMD & Co. Sehr schön war hier die Einlagen von Martin an den E-Drums, der damit mehr Druck ins Spiel brachte.

     

    

     

"Captive Symmetry" bot dann Sounds der Marke Erasure & Co. Jane setzte bei diesem neuen Stück erstmals mit ihrem Gesang ein. Ein Stilmittel, das sich während ihres Konzertes noch mehrfach zeigte, wurde ab diesem Song eingesetzt. Jane nahm dabei eine Passage ihres Gesanges auf, der vom Sampler dann abgespielt wurde und sang darauf weiter. Damit doppelte sie ihre Stimme, was tolle Effekte bzw. einen mehrstimmigen Gesang ergab.

    

     

Ab "Damaged Software" zogen die beiden Briten dann die bpm doch merklich an und ließen heftige Beats und fette Sounds auf die Zuschauer niederprasseln. Martin griff mehrfach während des Konzertes zu seinen Schlagzeugstöcken, um dem Rhythmus noch mehr Druck zu verpassen. Wenn er diese nicht in den Händen hielt, ging er ziemlich hinter seinen Tasteninstrumenten ab, denn er bewegte sich rhythmisch oder sprang phasenweise hinter dem Keyboard wie ein Flummi herum. Das Electrobrett, das die beiden da auf der Bühne abfeuerten, war absolut ansteckend.

    

     

    

"Torte Myself To Pieces" ist, wie Jane es vor dem Stück äußerte, von der Musik Giorgio Moroder's inspiriert. Allerdings war dem Stück nicht unbedingt der Stil des italienischen Komponisten und Erfinders der Synthesizer-Disco-Musik zu entnehmen, vielmehr blieben sich Jane und Martin treu. Dem folgte dann ein brandneues Stück "The Untitled". Wie Jane erklärte hätte das Stück nicht nur keinen Namen, es hieß auch so. Ein Fan machte nach der Show den Vorschlag das Stück "Vampires Dance" zu nennen, da er bei den Sounds sofort an Roman Polanski's Filmklassiker "Tanz der Vampire" denken musste. Diese Idee fand Jane ganz gut und notierte sie. Vielleicht taucht das Stück ja mit diesem oder einem ähnlichen Namen auf der kommenden CD auf.

     

    

Visuell wurde der Auftritt der beiden Briten durch eine gelungene Lightshow sowie durch Livebilder, die auf der rückwärtigen Leinwand gezeigt wurden, untermalt. Eine angestrahlte Discokugel, die ihre zahlreichen Lichtstrahlen durch den Raum sendete, machten aus dem Saal einen Partyraum, der gut zur tanzbaren Musik von Vile Electrodes passte.

    

     

    

Das Duo zeigte einen genau so starken Auftritt wie schon ein Jahr zuvor. Die beiden bewiesen in Gütersloh erneut, dass sie eine echte Liveband sind, denn sie performen nicht nur außergewöhnlich (u. a. gab es wieder ein neues Latexoutfit von Jane zu bewundern), auch die Interpretation ihrer Songs ist live um ein vielfaches druckvoller und dynamischer. Da kam so richtig Power in die Synthies. Ein tolles Konzert einer tollen Band.

    

    

 

Setlist

Convergent Lines
Captive In Symmetry
Damaged Software
Empire Of Wolves
Love Song For A Pylan
Tore Myself To Pieces
The Untitled
Evidence
Last Of The Lovers
Re-Emerge

Zugabe

Proximity

Stephan Schelle, Oktober 2014

 


     

Bernd Kistenmacher

Jerome Froese & Loom