Tilo Voigthaus
(E-Circus Summer Edition, Borgholzhausen, 24.06.2023)


    

Den Start in das Festival machte der Elektronikmusiker Tilo Voigthaus mit seinem Soloprogramm. Bereits 1976 trat er in Kontakt mit elektronischer Musik und lernte als Teenager das Klavierspielen. Die magischen Klänge von J.M. Jarre, Vangelis, Tangerine Dream, Enya, Trevor Horn und Michael Cretu veranlassten ihn dazu, 1985 seinen ersten Synthesizer inkl. Drummachine zu erwerben. Freunde der Elektronikmusik werden ihn durch seine Zusammenarbeit mit Erik Matheisen (er war an diesem Tag unter den Zuschauern) kennen. Die Beiden gründeten das sehr erfolgreiche Duo Coral Cave. Unter diesem Projektnamen veröffentlichten die beiden Musiker seit 1991 herausragende Alben und gastierten 2011 auf „Winnies Gartenparty“. Seit 2001 produziert Tilo Voigthaus Soloalben und hat 2023 sein letztes Album „Private Investigations“ herausgebracht.

     

Tilo hat seine analogen Gerätschaften vor Jahren in seinem Lager abgestellt und fokussiert sich nur noch auf ein Keyboard und einen Rechner (Software). Bisher hat er eine ganze Reihe an Alben eingespielt, die über sein Bandcampprofil abgerufen und erworben werden können. Das macht es Musikern heute einfacher und vor allem reduziert es das finanzielle Risiko, was man sonst eingehen müsste, um Alben pressen zu lassen. In Borgholzhausen hatte er fünf Stücke aus verschiedenen Alben im Programm, von denen ein Stück aus vier Parts seines Albums „Under The Surface“ bestand. Die Stücke, die Tilo gespielt hat, sind am Folgetag auch schon bei Bandcamp als Album „Borgholzhausen 24-06-2023“ erschienen.

Tilo begann mit dem Stück „Eye Of The Past“, das im Internet schon recht erfolgreich ist. Das Stück hat Tilo 2020 auf seinem Album „X3“ veröffentlicht. Futuristische Sounds führten in diesen Track, der nach wenigen Momenten mit einem Sequenzerrhythmus und einer sehr schönen Pianomelodie fortgeführt wurde. Schnell fügte sich auch noch ein Rhythmus aus dem Drumcomputer ein. Ein wunderbarer, melodischer Track, der sich sofort im Ohr festsetzte.

    

Das Stück „Backyard In Twighlight“ stammt vom Album „Back To The Roots“. Die Stücke darauf wurden, wie Tilo zu Beginn erläuterte, von Tangerine Dream der 80’er Jahre und hier im Besonderen die Musik, die die Band für Filmmusiken verwendet hat, beeinflusst. Beispielhaft nannte er die Alben „Exit“, „Firestarter“, „Le Parc“ und „Heartbreakers“. Neil Newcombe, ein Freund aus Großbritannien, fand „Backyard In Twighlight“ so toll, dass er Tilo aus Spaß bat doch daraus eine Maxiversion zu machen. Tilo hat dann innerhalb von zwei Stunden aus dem ursprünglich vierminütigen Stück eine 8:40minütige Version gemacht. Diese präsentierte er in Borgholzhausen. Zischende Synthsounds eröffneten diesen sehr schönen melodischen Track, bei dem deutlich der 80’er Jahre Stil von Tangerine Dream herauszuhören war. Tilo hatte dem Stück darüber hinaus einen druckvolleren Beat verpasst.

     

Es folgte das Stück „Generation Y“ vom 2021’er Album „Plugged In“. Das Album beschreibt die Zeit zwischen 1979 und 1984, eine Zeit, in der die ersten Synthesizer erschwinglich wurden. Die Musik einiger Elektronikmusiker dieser Zeit gehören zu Tilos Favoriten (Helden) und er hat das Album ihnen gewidmet, die damals auf ihrem Zenit waren. „Generation Y“ ist ein dreiteiliges Stück, bei dem unter anderem Tangerine Dream und Jean Michel Jarre herauszuhören waren und das zum Ende hin in einen sehr schwebenden, flächigen Part überging.

    

Aus seinem 2021’er Album „Under The Surface“, das im Wesentlichen aus den neun Parts des Titelstücks besteht, die auf drei Tracks verteilt sind, hatte er eine 24minütige Compilation aus den Parts 4, 5, 8 und 9 zusammengestellt. Passend zum Thema Unterwasser begann dieser Longtrack mit Geräuschen die sich wie ein Sprung ins Wasser und danach ein blubberndes Abtauchen anhörten. Daraus bildeten sich dann flächige Sounds und eine wunderbare, sanfte Melodielinie. Nach einigen Minuten kamen dann rhythmische Elemente hinzu, die sich nach weiteren Momenten mit einem pumpenden, druckvollen Beat mischten. So entstand wieder ein sehr melodischer, rhythmischer Track. Im weiteren Verlauf kam dann auch noch ein technoartiger Rhythmus auf, der schon mal auf den zweiten Act einstimmte.

     

Das letzte Stück, das als Zugabe gespielt wurde, war „Conviction“ vom aktuellen Album „Private Investigation“. Tilo spielte es in der ca. vier Minuten längeren „Flyaway Maxiversion“, die auch als einzelnes Stück auf Bandcamp erhältlich ist. Tilo hatte im letzten Jahr viel auf Netflix und Amazon Prime Krimiserien angesehen. Das führte zu der Idee mal ein Album zu machen bei der die Musik eine Krimifolge als roter Faden zur Grundlage hat. Die zehn Stücke auf dem Album sollen daher eine akustische Folge einer Krimiserie ergeben. „Conviction“ ist das letzte Stück des Albums und soll quasi die Überführung des Täters musikalisch umsetzen. Recht mysteriös begann der Track, gefolgt von einer Pianomelodie, die sich wieder sehr stark im Fahrwasser von Tangerine Dream bewegte. Ein Stück, das eine gewisse Euphorie verströmte und sich auch gut als Soundtrack eignet.

    

Tilo Voigthaus war mit seinem Soloprogramm ein sehr guter Opener des Festivals, der sofort für gute Stimmung sorgte. Das lag vor allem an den herrlichen, eingängigen Melodien und den rhythmischen Elementen, die den Stücken den nötigen Drive bescherten.

Setlist

Eye Of The Past
Backyard In Twilight (for Neil Maxi Version)
Generation Y
Under The Surface Part 4+5+8+9

Zugabe

Conviction (Flyaway-Maxiversion)

Stephan Schelle, Juni 2023

E-Circus Summer Edition 2023

 

Konzert von Fabian Laute