Spyra
(Electronic Circus-Festival, Detmold - 03.10.2015)


    

Wolfram DER Spyra trat in Detmold zusammen mit der Pianistin und Sängerin Roksana Vikaluk (Ukraine) sowie Cellist Thilo Thomas Krigar auf und zelebrierte ein für diese Art von Festival ungewöhnliches Konzept. Mit Thilo Thomas Krigar hatte Spyra einen äußerst renommierten Musiker an Bord. Er studierte Musik an der Hochschule der Künste an der TU Berlin. 1989 gründete er das Solistenensemble Pythagoras Strings Berlin und realisiert seit vielen Jahren ein audio-visuelles Kunstwerk „DNA in Concert“ als Ausdruck des Flusses der genetischen Information. Die New York Times nannte ihn einen „ausgezeichneten Instrumentalisten“ und „überzeugenden Künstler“.

    

     

    

Unter dem Motto „From Classic to Classical“ bot Spyra eine Mischung aus traditioneller Elektronik der Marke „Berliner Schule“, experimenteller und moderner Kammermusik und betrat damit den musikalischen Bereich der Neo-Klassik. Dafür hatte er unter anderem die drei Stücke „Staub“, „Dusk“ und „Glacier“ seines aktuellen Albums „Staub“ umarrangiert. Daneben präsentierte er aber auch noch neues, bisher ungehörtes Material. Aber was schreibe ich da, selbst die drei Stücke seines Albums „Staub“ waren bisher in diesen Versionen noch nicht zu hören.

     

    

Beim ersten Stück, dem Titeltrack seines aktuellsten Albums „Staub“, steuerte er Samples und Rhythmen mit einem Sequenzer auf seinem Computer, während Roksana herrliche, melodische, teils klassische Pianomotive beisteuerte. Das würzte Thilo dann mit improvisierten, akzentuiert und auch experimentell gesetzten Klängen seines Cellos. Dabei strich er nicht nur über die Saiten seines Instrumentes sondern zupfte sie auch oder bearbeitete sein Musikinstrument rhythmisch.

     

    

     

Nach diesem ersten Stück klappte Spyra seinen Rechner zu und spielte fortan nur noch auf analogen Synthesizern. Er hat wieder Spaß daran gefunden mit diesem alten Equipment zu arbeiten um aus dem organischen Prozess heraus Sequenzen zu entwickeln, während er die Instrumente spielt. Zeitweise erinnerten Passagen in den Stücken an den frühen Klaus Schulze. Schnell wurde deutlich, dass hier wahre Könner ihrer Instrumente am Werk waren. Das zweite Stück „Dusk“ enthielt ein von Roksana auf der Mundorgel gespieltes Intro, das recht ethnisch klang und aus ihrer Ukrainischen Heimat zu stammen schien.

    

     

Weitere improvisierte Tracks folgten. Manchmal melodisch oder treibend, dann wieder verstörend und melancholisch wirkten die Stücke, übten aber eine ungemein faszinierende Stimmung im Publikum aus. Es ist bezeichnend für die fesselnde Musik des Trios, dass die Ränge im Publikum während des kompletten Konzertes, das nicht immer einfach zu konsumieren war, besetzt blieben. Aber wie sagte Frank Gerber am Ende des Festivals so treffend: „Diese Art von Musik muss die Szene aushalten können.“ Recht hat er, denn sie bereichert das Genre und zeigt darüber hinaus neue Wege auf.

     

    

    

Den „Dokfest Trailer“ hat Spyra als Filmmusik für die Kasseler Rocktage komponiert und wurde an diesem Abend exklusiv aufgeführt. Zum Ende hin unterstrich das Duo Alien Voices (auch gern gesehene Gäste im Electronic Circus) die Neo-Klassik Spyras mit seinem Obertongesang in den „Impressionen X“ die das jüdische Traditional „Ejli“ beinhalteten. Neben dem Duo Alien Voices, bestehend aus Kolja Simon und Felix Mönnich brachte auch Roksana noch einige gesangliche Passagen mit in das Stück. Auch der Obertongesang war rein improvisiert und vorher nicht geprobt. Erstaunlich, dass diese Kombination perfekt funktionierte und die Stück von Spyra noch einmal auf eine höhere Ebene transportierten.

    

    

    

Dem Publikum gefiel diese außergewöhnliche Performance und belohnte die Musiker mit tosendem Applaus. Da zeigt sich erneut, dass sich der Mut der Festivalinitiatoren mal wieder ausgezeichnet hat.  

     

    

Setlist

Staub (inkl. trad. "Oj,hylya-hylya husonky")
Dusk (inkl. "Na horodi verba ryasna")
Impression no.6
Glacier
Medley, consisting of Impression no.1
Dokfest Trailer Improvisation no. 2
Impressionen X (inkl. "Ejli" Jewish song)

Stephan Schelle, Oktober 2015

 


     

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John Dyson