John Dyson
(Electronic Circus-Festival, Detmold - 03.10.2015)


    

Der absolute Höhepunkt kam dann aber zum Schluss. Der aus dem britischen Sheffield stammende John Dyson, der nicht nur durch seine wunderbaren Soloalben bekannt ist, sondern auch Teil des Duo’s Wavestar (zusammen mit David Ward-Hunt ) war, war der Headliner des Tages. Zusammen mit seinen beiden Freunden Paul Ward und Michael Shipway trat er an diesem Abend auf und zeigte einen Querschnitt aus seinem Soloschaffen und den Stücken von Wavestar. Passenderweise stand sein Gig unter dem Motto: „Celebrating 30 Years Of Live Music“.

    


Wie man sieht hatten die Jungs richtig Spaß (man beachte die raushängenden "Lappen")

John ist erstmals 1989 in der Radiosendung „Schwingungen“ mit seinem Soloalbum „Evolution“ im Radio gespielt worden und belegte bei der alljährlichen Schwingungen-Wahl gleich in der Kategorie „Bester Künstler“ auf Anhieb den 10. Platz. Noch besser platzierte er sich mit gleich zwei Tracks seines Debüts in der Kategorie „Bester Titel“, bei dem die Stücke „Evolution“ und „I.F.O“ die Plätze 3 und 4 einnahmen. Auch in den Folgejahren war er immer wieder in den Kategorien platziert.

     

    

Der Auftritt in Detmold stellte sein Livedebüt in Deutschland dar und dazu hatte er die besten Stücke aus seinem Repertoire ausgesucht. Mit Paul Ward hatte er erstmals vor genau 30 Jahren zusammen auf der Bühne gestanden und war zuletzt 1992 im niederländischen Breda (Niederlande) auf dem europäischen Kontinent aufgetreten. Jetzt endlich waren die beiden wieder zusammen auf der Bühne zu sehen. Daneben unterstützte ihn noch sein Landsmann Michael Shipway (u. a. VoLt und Lamp). Die beiden Flügelflitzer von John durften an diesem Abend dann auch jeweils ein eigenes Stück im Rahmen des Konzertes präsentieren.

     

    

Während des ganzen Konzertes hatten John und seine Mitstreiter herrliche großformatige Videos auf der hinteren Bühnenleinwand laufen, die perfekt zur Musik passten. Mal waren es Aufnahmen aus dem Weltall (bei Voyager flog beispielsweise eine Raumsonde durchs All), dann waren es wunderschöne Landschaftsaufnahmen oder aber computergenerierte Grafiken. Die Drei boten eine klasse Show, die für zahlreiche Gänsehautpassagen sorgte.

     

    

Das John der Auftritt eine Menge Freude bereitete und er sichtlich froh war, endlich mal in Deutschland aufzutreten, wo er eine Menge Fans hat, machten seine Ansagen zwischen den Stücken deutlich.

    

     

Los ging es aber zunächst mit dem zehnminütigen Titelstück von John’s letztem Studioalbum „Darklight“ aus dem Jahr 2009. Eine Frauenstimme aus dem Off sprach zunächst einige Textpassagen, die durch warme Synthieflächen unterlegt waren. John’s Stil ist unverkennbar, denn seine Sounds sind einzigartig und können schon vom ersten Klang an identifiziert werden, so auch bei diesem Stück. John kombinierte seinen ganz eigenen Stil mit Klängen die unter anderem an Tangerine Dream erinnerten.

    

    

Beim zweiten Stück ging er dann weit in die Vergangenheit zurück. „Wavestar“ vom Wavestar-Debütalbum „Mind Journey“ stammt aus dem Jahr 1984 und hat, so konnte man an diesem Abend deutlich hören, nichts von seiner Faszination verloren. Sequenzerrhythmen bildeten den treibenden Grundstock, auf den John in seiner unnachahmlichen Art eingängige und unter die Haut gehende Melodien legte.

    

     

Asiatisch wurde es dann im nächsten Stück „Osaka Hai“, das ebenfalls von Wavestar stammt und auf dem 1985’er Album „Zenith“ veröffentlicht wurde. Passend zum Titel waren Bilder aus Japan zu sehen. Danach ging John ein Jahr weiter mit dem traumhaften Stück „Voyager“, ebenfalls von Wavestar. In diesem Stück trafen rhythmische Sequenzen auf Melodien, die nicht von dieser Welt sind. 1989 startete John Dyson dann seine Solokarriere und von seinem Debütalbum „Evolution“ stammte der nächste Track „Return 3“. Auch mit seinen Solostücken konnte John damals überzeugen, da sie in die gleiche Richtung wie die Wavestar-Tracks gingen, das zeigte auch dieser hinreißende Titel.

    

    

Als nächstes standen die Solostücke der beiden weiteren Protagonisten an, die jeweils dazu allein auf der Bühne agierten. Paul Ward startete in diesen Teil mit seinem Solostück „The Last Toy Emily Broke“ das mit Flächen begann, die sehr stark an Genesis Beginn von „Watcher Of The Skies“ erinnerten. Nach gut zwei Minuten erklang dann eine Spieluhr und der Sound und die Melodie änderten sich schlagartig. Zu den etwas verstörenden Bildern einer brennenden Puppe präsentierte sich Paul äußerst rhythmisch, so wie man es von seinen beiden Soloalben aus den 90’ern „For A Knave“ und „The Fear Of Make-Believe“ her kennt. Dem spendierte er aber noch einen harten Rhythmus, der das Stück in Richtung Industrial leitete. Es ist zu hoffen, dass Paul (er hat nach den beiden Alben für zahlreiche Musiker geschrieben) in naher Zukunft wieder ein Album herausbringt.

    

     

Dem schloss sich dann nahtlos das Stück „Into The Battle“ von Michael Shipway, der auch zu den Elektronikprojekten VoLt und Lamp gehört, an. Auch dieses Stück, das von seinem zweiten Soloalbum „Into Battle“ aus dem Jahr 1994 stammt, ist von rhythmischen Elementen beseelt. Darauf legte er eine eingängige Melodie. Man konnte deutlich erkennen dass die drei Musiker stilistisch nicht weit auseinander liegen und ihre Tracks und Spielweise perfekt zusammen passen. Leider hatte Michael, dessen Stück auf Schlachten der frühen Weltgeschichte beruht, dieses mit Bilden von computeranimierten Panzerschlachten in einer Wüstenlandschaft bildhaft unterlegt. Für meinen Geschmack war das für die heutige angespannte Lage in der Welt nicht wirklich geeignet, konnte die Faszination dieses wunderbaren Stückes aber nicht schmälern.

    

    

    

Dann legte erneut John Dyson zusammen mit seinen Mitstreitern los. Für das Stück „Moonwind“ vom gleichnamigen Album kam er an den Bühnenrand und griff zu seiner E-Gitarre. Aus ihr holte er sehr schöne atmosphärische Klänge, und reicherte die elektronischen Soundgemälde seiner beiden Kollegen mit wunderbaren Gitarrenklängen an. Damit verlieh er dem Stück einen leichten Hauch von Progressiver Musik zumal auch ein ums andere Mal eine sanfte Prise David Gilmour hervorkam.

     

    

Es folgten ein hymnisch, rhythmisches „Silverbird“, ein schwebendes „Aquarelle“ (die Unterwasseraufnahmen auf der Leinwand passten perfekt dazu), das Stück „Analog“, dessen Sequenzer orientierter Mittelteil von einem Kirchenorgel-Intro und -Outro umrahmt war sowie mit „Dragon Song“ ein brandneuer Titel, der bisher unveröffentlicht ist.

    

    

Dann wurde es ein wenig melancholisch, denn das Stück „Evolution“ von John’s gleichnamigem 89’er Album widmete er seinem drei Jahre zuvor verstorbenen Partner Jack. Jack bat ihn seinerzeit darum das Ende von „Evolution“ auf seiner Beerdigung zu spielen. John konnte das damals nicht, dafür holte er es an diesem Abend nach. John, Paul und Michael spielten eine unter die Haut gehende Version dieses Stückes, das vom Track „I.F.O.“ (vom gleichen Album) eingeleitet wurde. Hier war Gänsehaut garantiert. Der Dank des Publikums waren „Standing Ovations“.

    

    

Als Zugabe spielten die Drei dann noch den absoluten Wavestar-Klassiker „Time Node“, eines der besten Stücke aus dem Repertoire von John Dyson. Mit diesem wunderbaren Track entließ John dann die Zuschauer in die Nacht, nicht ohne ihnen mitzuteilen, dass man sich wiedersehen werde. Nach diesem grandiosen Gig ist es nur zu hoffen, dass John dieses Versprechen wahr machen wird.

    

    

Am Ende des Auftrittes war klar, der Electronic Circus bzw. seine Macher hatten sich mal wieder übertroffen und ein Programm vorgelegt, das seinesgleichen sucht. Die außergewöhnliche Mischung mit bekanntem Material und der Einbindung neuer Strömungen (für die Szene) zeigt eindeutig in die richtige Richtung. Damit hat der Electronic Circus klare Impulse für die Szene gesetzt. Die Qualität der Künstler stimmt seit Jahren im Circus, nun haben sie auch mit dem Detmolder Sommertheater die richtige Manege gefunden. Ein absolutes Muss für Freunde der anspruchsvollen Musik. Frank Gerber kündigte am Ende des Festivals dann noch an, dass es in Zukunft auch eine Fusion aus Elektronik und Sinfonieorchester geben wird. Man darf gespannt sein.  

                   

    

Setlist

Darklight 
Wavestar
Oska Hai 
Voyager 
Return 3 

The Last Toy Emily Broke 
Into Battle 
Moonwind
Silverbird
Aquarelle
Analog
Dragonsong
I.F.O.-Intro – Evolution

Zugabe

Time Node

Stephan Schelle, Oktober 2015

 


     

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