Quaeschning & Frick
(Electronic Circus-Festival, Detmold - 28.09.2019)


    

Die meisten Freunde der elektronischen Musik kennen Thorsten Quaeschning als Musiker bei Tangerine Dream und Picture Palace Music oder durch seine Zusammenarbeit mit Ulrich Schnauss. Und mit Roland Meyer de Voltaire hat er darüber hinaus etwas gemeinsam, nämlich die Zusammenarbeit mit Christopher von Deylen auf dem letzten Schiller-Album „Morgenstund“. Paul Frick ist dagegen vielen, mich eingeschlossen, bisher unbekannt gewesen. Paul hat im Musiktrio mit dem Namen Brandt Brauer Frick seine Meriten gesammelt.

    

Taufrisch war an dem Festivaltag eine CD von Quaeschning meets Frick mit dem Titel „The Seaside Stage Sessions“ erschienen, die bei einem Auftritt von Thorsten und Paul bei Superbooth in Berlin, einer Messe für Elektronik und Musik, mitgeschnitten wurde. Eine Rezension findet ihr hier im Musikzirkus-Magazin.

    

Wer jetzt glaubte, dass Quaeschning und Frick Musik der Marke „Berliner Schule“ präsentierten, der wurde eines Besseren belehrt. Thorsten zeigt in der Zusammenarbeit mit Paul Frick ein ganz neues Gesicht. Die beiden einigen sich vor einem Konzert auf den Rhythmus und eine Tonlage und legen dann los, in dem sie improvisieren und aufeinander blind reagieren. Wie die Zusammenarbeit der beiden funktioniert, das konnte man im Interview mit Ecki Stieg vor ihrem Konzert erfahren.

     

Die Bühne war während des gesamten Gigs dunkel und nur von den Instrumenten und einer großen Anzahl von elektrischen Kerzen beleuchtet, was eine sehr intime Stimmung erzeugte. Es begann zunächst mit Wellenrauschen in das sich dann zunächst einige Pianotupfer gesellten. Dem fügte Thorsten ambiente bzw. leicht psychedelische Sounds hinzu. Die Atmosphäre sowie die Klanggemälde von Quaeschning und Frick raubten einem förmlich die Sinne. Es ist kaum zu beschreiben, welch Intensität diese Musik auf die Zuschauer ausübte. Die Musik entwickelte sich langsam aber stetig. Dabei wurden immer mal wieder fragmenthafte Zitate eingebaut, die an die Frühzeit von Tangerine Dream erinnerten. Das war vor allem der Fall, wenn Thorsten aus seinem Memotron mellotronhafte Passagen einfügte.

    

Fast 20 Minuten dauerte es, bis die Beiden den Sequenzer anschmissen und Rhythmusstrukturen auftauchten. Damit steigerten sie die hypnotische Wirkung und zogen das Publikum in einen Mahlstrom der Klänge. Immer mehr steigerten sich Musik und Rhythmus zu einer Ekstase um danach wieder in ruhigere Gewässer zu wechslen. Es gab einen stetigen Wechsel von ruhigen, sanften und druckvollen rhythmischen Passagen.

    

Ein grandioser Auftritt, der in einer Session endete, bei dem Roland Meyer de Voltaire und Mya Audrey (Schwarz) sowie Mario Schönhofer und Tobi Weber (Ströme) zu Quaeschning und Frick auf die Bühne kamen und eine furiose gut 30minütige Zugabe spielten. Oft verderben viele Köche den Brei, doch in diesem Fall war es anders. Wer dachte, dass es keine Steigerung zu Quaeschning & Frick’s Auftritt gibt, der traute nun seinen Ohren nicht mehr. Was diese sechs Musiker nun aus der Hüfte heraus produzierten ist unglaublich. Ambient, tanzbare Beats, psychedelische Klangmuster und jazzige Passagen vermischten sich zu einer ekstatischen Performance.

    

Der Electronic Circus hat wieder mal gezeigt, welch Stilvielfalt, Energie und Faszination in der elektronischen Musik zu finden ist. Mit dem außergewöhnlichen Line-Up hat man wieder ein gutes Händchen bewiesen und hervorragende – zum Teil unbekannte - Acts in die Manege geholt. Es war ein Fest für Augen und Ohren. Auf das der Circus noch viele Jahre seine Manege für solche Musiker öffnen wird.

    

    

Stephan Schelle, Oktober 2019


 

     

Ströme

Electronic Circus Menue