Picture Palace Music - Electronic Circus 2011
Picture Palace Music
(Electronic Circus-Festival, Gütersloh - 01.10.2011)


    

Der Hauptact des Tages hieß Picture Palace Music. Die Band um Thorsten Quaeschning und Sascha Beator spielt ihre Gigs in unterschiedlichen Zusammenstellungen. In Gütersloh bestand der Hauptteil der Band aus insgesamt sechs Musikern, die um weitere Gäste ergänzt wurden. Mit zwei Keyboardtürmen (Thorsten Quaeschning und Sascha Beator), zwei Gitarristen (Djirre und David See, letzterer an der elektrischen Mandoline) und zwei Schlagzeugern (Vincent Nowak und Kai Hanuschka) machten sie zu später Stunde ordentlich Druck.

    

     

    

     

Ihren gut zweistündigen Auftritt begannen Picture Palace Music allerdings sehr außergewöhnlich, denn als Intro, zu dem die Musiker die Bühne betraten, lief der Frank Sinatra-Song „I Get A Kick Out Of You“. Das zeigt schon den Humor, den Thorsten Quaeschning & Co. besitzen. Auch zeigte sich Thorsten’s humorvolle und lockere Art während der Ansprachen, die er beim Konzert machte. Er bedankte sich beispielsweise am Ende des Gigs bei den Besuchern für ihren Musikgeschmack und das sie so lange ausgehalten hatten. Es war zu diesem Zeitpunkt auch für die meisten bereits ein langer Tag gewesen. Aber kommen wir zur Musik.

    

     

    

     

Picture Palace Music präsentierten einen Querschnitt ihrer bisherigen Veröffentlichungen „Midsummer“, Symphony For Vampires“, „Fairy Marsh Districts“, „Sonambulistic Tunes“ und „Natatorium“ sowie der brandneuen EP „Metropolis Poetry“. Daneben hatten sie auch neues Material dabei, das im nächsten Jahr auf dem Album „Indulge The Passion“ erscheinen soll. In ihrem Gig ging es von der ersten Minute an ziemlich druckvoll und rockig zur Sache, denn die beiden Schlagzeuger Vincent Nowak und Kai Hanuschka legten sich ordentlich ins Zeug. Für so manchen war das eine Spur zu laut, ich für meinen Geschmack fand die Lautstärke genau passend, denn hier wurde nicht einfach Elektronikmusik geboten, sondern der Grad zur Rockmusik war in vielen Stellen schon überschritten, was mir außerordentlich gut gefiel.

    

     

    

     

Und das der Druck ordentlich war, wird daran deutlich, dass während des Konzertes eine der Monitorboxen durch die Vibration der Schallwellen von der Bühne kippte. Davon ließen sich die Jungs auf der Bühne aber nicht beirren, sondern gaben vielmehr weiter Gas und Thorsten kommentierte dies nach Beendigung des Stückes nur mit den Worten: „Das ist Punkrock!“.

    

    

     

Als besonderes Schmankerl boten Djirre, Vincent Nowak und David See bei einem Track eine Einlage mit Sound-Stones. Sie vollführten rhythmische Muster mit zwei Steinen, die sie in den Händen hielten und rhythmisch gegeneinander schlugen. Vor allem David ging bei dieser Performance so richtig aus sich raus und übertrug ein hypnotisches, ekstatisches Feeling auf das Publikum. Man konnte in diesem Moment von dieser Musik richtig high werden.

                   

     

     

    

Stücke wie „Moon Dial“, „Metropolis Theme“ oder „Risk Pool“ bekamen ein leicht verändertes Gesicht. Picture Palace Music live ist halt eine ganz andere Nummer, als es auf den CDs rüberkommt. Dafür sorgten dann auch einige Gastmusiker wie zum Beispiel Frank Ebeling, der bei „Damsel’s Dive“ in die Saiten seiner E-Gitarre griff und die Anzahl der Gitarristen auf der Bühne damit auf drei erhöhte. Ein weiterer Gast war Andreas Parnow von der Gruppe Vraigaist am Saxophon. Durch den Einsatz dieses Instrumentes beim Stück „Spring Water Fall“ kam noch einmal ein ganz anderes Flair in die Musik von Picture Palace Music. Zu Beginn spielte Andreas Parnow das Saxophon noch recht smoothy, zum Ende hin wurde es aber gar jazzig, experimentell und abgefahren. Man konnte auch an Thorstens Mimik und Gestik erkennen, wie sehr er Spaß an dieser Einlage – wie im Übrigen auch am gesamten Konzert – hatte. Das sind die überraschenden Momente, die ich liebe und die ein derartiges Konzert einfach unglaublich machen.

    

    

    

     

Leider hatten Picture Palace Music mit technischen Problemen zu kämpfen. So verzögerte sich der Auftritt (auch durch die spontane Einlage von Gandalf) um mehr als eine Stunde. Daneben waren die Projektionen bei den ersten Stücken nicht zu sehen, was dann insgesamt dazu führte, dass der geplante Auftritt von Geburtstagskind Gerd Wienekamp am Didgeridoo bei einem Track ausfiel. Das war aber das einzige Manko, denn ansonsten lieferten Picture Palace Music einen grandiosen Auftritt.

    

     

     

    

Aber nicht nur Rock erklang bei Picture Palace Music aus den Boxen. Stücke wie „Drowning Moon And Eleven Suns“ ließen deutlich den Einfluss von Tangerine Dream erkennen. Durch Djirre’s E-Gitarren-Licks, mit denen er den Track ergänzte, wurde das Stück noch mal in eine ganz andere Sphäre gehoben. Bei „Moon Dial“ kam dann mit Thomas „Tommy“ Betzler der nächste Gast auf die Bühne. Der studierte Schlagzeuger, der in den 70’er Jahren mit Klaus Schulze zusammen gearbeitet hat und der Anfang der 80’er bei P’Cock mitspielte, war das erste Mal seit 30 Jahren wieder live auf einer Bühne zu sehen. Zunächst ließ er in dem Stück die Gongs und Becken erklingen, um dann Vincent hinter dem Schlagzeug abzulösen. Und es war, als wenn es die 30 Jahre nicht gegeben hat, so rhythmisch und traumwandlerisch fügte er sich in das Spiel der Band und den Dialog mit seinem Drummerkollegen Kai Hanuschka ein. „Moon Dial“ entwickelte sich so zu einem perkussiven Feuerwerk, das in einen ekstatischen Teil, in dem auch Thorsten und Sascha richtig abgingen, mündete. Und auch mein Lieblingsstück „Risk Pool“ durfte nicht fehlen. Allerdings war mir bei diesem Stück Thorstens Vocoder verfremdete Stimme zu sehr in den Hintergrund geraten. Ansonsten aber fesselnd wie immer.

    

     

     

Bei Indulge The Passion Part III, einem recht Flächenlastigen Stück bediente Thorsten dann eine Lapsteel-Gitarre, die sonst eher im Countrybereich zu finden ist. Dabei handelte es sich um ein auf dem Rücken liegendes Saiteninstrument ohne „Körper“. Dieses hatte Thorsten vor sich auf einer Ablage liegen und bearbeitete es mit zwei Metallstäben. Er holte damit sehr ambiente, spacige und melancholische Klänge aus dem Instrument. Dazu liefen auf der Rückwärtigen Leinwand Bilder vom Anschlag auf New York aus dem Jahr 2001 (man sah teilweise die beiden Twintower mit ihren Rauchfahnen), was der Performance eine leicht bedrückende Form verlieh.

     

    

    

    

Gegen ca. 1:00 Uhr war dann das Event zu Ende und so langsam begann der Kehraus. Ein tolles Festival hatte berauschende Konzerte von tollen Künstlern gesehen. Nicht erst seit diesem Tag hat sich das Electronic Circus Festival als fester Bestandteil und qualitativ hochwertiges Event in der Szene etabliert. Dieses Festival gehört fest in den Terminkalender eines jeden Elektronikfreundes eingeplant. Auf ein Neues im nächsten Jahr mit hoffentlich noch mehr Besuchern, die Künstler und Macher haben das einfach verdient.

    

     

     

    

Setlist

Right Of Ascension
Chill Crystal Zone
Array Of Fadin’ Flowers
Drowning Someone’s Sorrow Into The Ocean
Damsel’s Dive
Spring Water Fall
Indulge The Passion Part IV
The Gretchen Tragedy
Drowning Moon And Eleven Suns
Moon Dial
Risk Pool
Indulge The Passion Part III
Knock Knock
Annual Fair
Tangled High Mass
Demeter-Morph
Metropolis Theme

Zugabe

Midsummer's Day

Stephan Schelle, 03.10.2011

     

Gandalf

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