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Plakat ZEF-Festival 1996

 

Eindrücke zum Livekonzert
in Pilsz, Polen
am 08.09.1996

von Bernd Schulte

 

Bernd Schulte alias XYLVANYA hat zumindest eins mit den großen Namen der Elektronikmusik Tangerine Dream und Klaus Schulze gemeinsam. Genau wie sie ist er in Polen aufgetreten. Wie es zu diesem Konzert kam und was er während dieser Reise erlebt hat, schildert er in dem nachfolgenden Bericht.

 

Nun es ist schon etwas länger her, aber grundsätzlich war es eine tolle Reise und ein tolles Konzert.

Die Anreise nach Pisz (früher hieß das mal Johannisburg) gestaltete sich ungewöhnlich und lang dar. Immerhin sind es gut 1300-1400 km von Arnsberg aus (ca. 150 km zur russischen Grenze).

Wie kommt man eigentlich darauf dort zu spielen. Nun, ich bekam im Frühjar über den guten Christian Herder aus Wuppertal (ein in Deutschland lebender Pole) eines Abends einen Anruf. Ja, ob ich denn nicht mal auf dem ZEF-Festival in Polen spielen wolle! Ich hatte Christian mal auf einem der vielen ,,Elektronik-Meetings" kennengelernt. Mir war das natürlich zunächst äußerst suspekt. So weit weg, und dann auch noch in Polen. Wird da nicht so viel geklaut, und überhaupt?

 

Bernd beim Soundcheck


Leicht ironisch dachte ich mir, daß man in Deutschland ja immer spielen könnte. Und wer hat schon mal in Polen ein Konzert gegeben? Klar Tangerine Dream oder Klaus Schulze. Von Mario Schönwälder hatte ich auch schon mal gehört, daß er dort Anfang der neunziger Jahre gespielt haben soll. Unabhängig von den ,,Vorurteilen" gegenüber Polen sagte ich aber dann doch zu. Ein hartes Stück Arbeit lag vor mir, hatte ich bis dato doch die ,,Variations"-Stücke noch nicht live präsentiert.

Am 7.8.96 gings dann endlich los. Mit Michael Blaszczok (einem Freund von Christian Herder) traf ich mich auf der A2 und ab gings zur polnischen Grenze (Frankfurt/Oder). Dort angekommen war ich sehr froh Michael bei mir zu haben. Nach Polen braucht man nämlich ,,ohne Ende Papiere" und die Zollformalitäten hätten sicherlich gut 1-2 Tage dauern können. Soviel Zeit hatten wir ja nicht. Schließlich sollte ich ja am 9.8. auf der Bühne stehen. So ging alles in ,,nur" 4-5 Stunden ab. An der Grenze wartete auch schon Thomas Gruberski aus der Schweiz, der ebenfalls eine Einladung bekommen hatte in Polen zu spielen. (Anmerkung: Thomas ist Pole, lebt aber in Basel.) Schließlich kamen wir dann am 8.8. spät nachmittags in PISZ an.

Untergebracht waren wir privat bei einer sehr netten polnischen Familie. Dies war mir persönlich sehr recht, konnte man doch so mal direkt mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt treten. Und mit der Hilfe von Michael und Christian gab es ja dann auch keine Verständigungsschwierigkeiten.
 

Bernd wurde vom Veranstalter (Slawomir Wieckowski) auf Händen getragen.               Bernd mit Wladyslaw Komendarek

 
Am Abend des 8.8. spielten unter anderem Andrzej Wolski und Wladyslaw Komendarek. Letzterer dürfte einigen KLEM-DAG-Besuchern von 1996 ein Begriff sein. Komendarek ist in Polen so etwas wie bei uns Klaus Schulze. Wir waren dementsprechend interessiert. ,,Wir" das waren meine Freundin Sigrid und noch 2 Freunde. Komendarek macht teils sehr exzentrische Musik, aber gut. Vielleicht nichts für ,,weichgespülte" Ohren. Er bezieht auch seine Stimme mit in die Musik ein. Alles wirkt dann sehr ekstatisch, so wie von ´nem anderen Stern. Andere Sachen sind aber auch sehr melodiös und leichter nachvollziehbar. Eben doch für jeden etwas dabei. Die Zuschauer in Polen liegen ihm jedenfalls sprichwörtlich zu Füßen. Er ist der absolute Star dort. Dementsprechend verblüfft war ich eigentlich wie aufgeschlossen er insgesamt mir gegenüber war. Ein wirkliches ,,Original" wie man bei uns im Sauerland sagt.

Es hieß aber dann zeitig schlafen zu gehen, da ich am nächsten Tag doch fit sein wollte. Die lange Fahrt (24 Stunden) forderte ihren Tribut.

 
 

9.8.96 zunächst Soundcheck, mit leichten technischen Problemen, die sich später auch im Konzert bemerkbar machen sollten.

Gegen 20:30 trat ich auf. Ein Programm von gut 1,5 Stunden hatte ich vorbereitet. Zunächst lief alles ganz gut. Nach einiger Zeit hatte ich jedoch keinen Monitorsound mehr, daher konnte ich mich nur sehr schlecht hören. Aber irgendwie haben die Polen da schon die Ruhe weg. Nach kurzer Unterbrechung - das Publikum machte auch kein Ärger – gings planmäßig weiter. Kurze Ansprachen meinerseits, welche Christian Herder dann fließend ins polnische übersetzte, kamen beim bunt gemischten Publikum sehr gut an. Ich glaube die Polen haben es ein wenig genossen, daß gerade ein Deutscher versucht mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Manchmal mußte ich meine kläglichen Versuche direkt polnisch zu sprechen jedoch abbrechen. ,,Da fehlen einem dann doch die Worte".

 

Während des Konzertes

 

Insgesamt gaben sich die polnischen Veranstalter sehr viel Mühe. Beim Stück "lmperial crown" ging dann mal eben ein Feuerwerk hoch. Paßte zumindest ganz gut, und das Publikum war begeistert. Ich hatte sowieso den Eindruck, daß das polnische Publikum sehr, sehr begeisterungsfähig ist. Man ist dort anhand der Medien nicht oder noch nicht so ,,überfüttert". Kabelfernsehen gibts noch nicht, wenn doch, dann nur über Schüssel. CD ist dort zwar Standard, aber nur wenige Polen können es sich leisten. Die guten alten Kassetten laufen dort verkaufsmäßig immer noch am besten. Ich hatte leider ,,nur" CDs zum Verkauf dabei.

Nach dem Konzert kamen einige Polen und wollten nicht einfach nur Autogramme, sondern man bedankte sich. Für mich eine ungewohnte Situation. Man gibt Dir dort wirklich die Hand und bedankt sich. Ich glaube etwas schöneres kann einem Musiker nicht widerfahren. (Außer vielleicht Tausende von CDs zu verhökern.)

Nach mir trat Thomas Gruberski auf. Er kam beim Publikum sehr gut an. Die Musik von Thomas erinnerte mich ein wenig an Jarre.

Am 10.8. war der dritte Festival-Tag. Tja, da kann sich der Klem-DAG in Holland noch ne Scheibe von abschneiden. Tatsächlich 3 Festival-Tage. Unter anderem blieben mir Artur Lason und Konrad Kucz von den polnischen Musikern in Erinnerung. Beides sehr eigenwillige Stile.


Tja, und wenn man schon mal in Ostpreußen ist, bleibt man doch am besten gleich länger da. Wir haben nach dem Festival die Zeit genutzt und sind dort in der Gegend noch einige Tage geblieben. Alles näher zu beschreiben würde sicherlich den Rahmen sprengen. Gesagt sei aber an dieser Stelle, daß ich bestimmt nicht das letzte Mal in Polen, speziell Ostpreußen war. Warmes Wetter, aber nicht schwülwarm sondern irgendwie klarer als hier. (Kontinental-Wetter nennt man das wohl). Jedenfalls kann ich das nur jedem empfehlen. Die Menschen sind entgegen unseren Vorstellungen sehr offen. Ich muß sagen, daß ich mir z.B. in Frankreich fremder vorkomme als in Polen. Zudem läßt sich dort prima Urlaub machen. Preiswerte, aber nicht minder ausgestattete Pensionen warten auf den verwöhnten Westeuropäer. Man ist für rund 10 DM restlos "satt gefressen" und hat noch ein Bier (0,4 Liter) dazu bekommen. WAS will man also mehr ?

Die überall anzutreffenden Flüsse und Seen laden zum Rudern oder Kanu/Kajak fahren ein. Im Winter kann man sogar Eissegeln. Eissegeln ist im Winter dort sehr beliebt. Vielleicht mal eine Alternative zum landläufigen ,,Skifahren"?

Die Rückfahrt gestaltete sich sehr problemlos. Was bleibt ist die Erinnerung an eine schöne Reise und ein für mich sehr wichtiges Konzert. Polen werde ich zumindest immer in guter Erinnerung behalten und kann nur jedem empfehlen auch einmal dort ,,vorbeizuschauen".


Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an Michael Blaszczok und Christian Herder, ohne die dieses Unterfangen nie möglich gewesen wäre. Ebenso an meine Freundin und meine Familie.

 

Bernd Schulte

 

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