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Interview mit Georg Stettner
am 30.05.1999 in Hannover geführt

 

Georg Stettner derzeit 29 Jahre alt, hat 1990 die Musik zu dem Software-Album "Fragrance" komponiert und gespielt. Es folgten dann 1992 und 1993 noch die beiden CD’s "Preview" und "Preview Zwo", die er unter seinem Namen auf dem Lable von Bernd Kistenmacher (Musique Intemporelle) herausgebracht hat. Die Aufnahmen entstanden unter anderem im Studio von Klaus Schulze. Bei seinen Stücken ist der starke Einfluß von Klaus Schulze deutlich zu hören. Bei der Schwingungen-Wahl 1993 belegte er in der Rubrik bester Neuling den ersten Platz.

Am 30.05.1999 hatte ich während der Entgegennahme meines Preises die Möglichkeit, das folgende Interview mit Georg Stettner zu führen.

Stephan: Als erstes würde mich interessieren, wie Du zur Musik, und im speziellen zur elektronischen Musik, gekommen bist.

Georg: Ja, so wie eigentlich jeder damals angefangen hat, von den jüngeren der zweiten, dritten Generation, mit Jean Michel Jarre - sehr bekannt sehr populär -, hat man immer gehört, so im Radio, im Fernsehen zum Teil. Und da hab ich gesagt, Mensch das ist es, das ist interessant, das hab ich noch nie gesehen, das hat mich wirklich interessiert. Und die ganzen Platten hab ich Zuhause auch gern gehört.

Zu Klaus Schulze bin ich eigentlich zufällig gekommen, durch die Reinmachefrau meiner Mutter. Die fragte mich dann: "Mensch du hörst so ‘ne Musik, dann kennst du auch Klaus Schulze". Und ich so: "Nö, wer ist denn das? Keine Ahnung." Sie sagte: "Der macht auch elektronische Musik." "Aha." Sie antwortete: "Der hat schon über 20 Platten rausgebracht." Da war ich erst acht Jahre alt. Auf jeden Fall sagte sie dann: "Der wohnt dahinten im Wald." Da hab ich gesagt: "Ja Mensch, irgendwoher kenn‘ ich das, dahinten im Wald da ist ein Studio, da kommt immer laute Musik raus." Das war ja wirklich einen Kilometer weit entfernt von jedem Haus. Und dann bin ich irgendwann einfach mal dahingefahren, den wollte ich mal kennenlernen, weil mich sowas interessierte. Und dann hab ich zu ihm gesagt: "Hier, Georg Stettner, hallo. Ich möchte gern ein Autogramm haben." Das war auch zu einer entsprechenden Tageszeit, wo er auch schon auf war. Und er sagte: "Klar, hier hast Du ein Autogramm." Das hat man ja nicht jeden Tag, daß da so ein Bengel, der die Musik gerne mag, vor der Tür steht und sagt er will ein Autogramm haben. Dann hab ich auch gesagt, daß ich auch selber so ein kleines Stereo-Keyboard habe. So kam dann dieser Kontakt zustande, daß man sagte: "Mensch, bring das mal mit. Wir machen mal was zusammen." Das war im Grunde genommen nur ein Witz. Er hat sich darüber kaputt gelacht und sagt da "Hier der kleine Pöps da, oder so was, komm mal her, wir machen mal was." Im Endeffekt hab ich mir nur die Geräte im Studio angeguckt und war total begeistert. Das war für mich wie ein Altar, kannst du sagen. So mit der Zeit hatte ich mir dann mehrere Geräte zusammengekauft und immer mal Klaus angerufen und gesagt "Ich hab jetzt dies und dies Gerät gekriegt". Dann hat er mir bei Käufen auch gesagt worauf ich achten muß. Also er hat mich meistens auch telefonmäßig beraten. Und dann irgendwann hatte ich meinen ersten Computer. Da war ich Vorreiter, ich hatte vor Klaus Schulze meinen ersten Atari und das war mein ganzer Stolz. Dann hab ich sofort Klaus angerufen, so "Ich hab einen eigenen Atari hier". Und er: "Oh Mensch, bring mal mit, probieren wir mal aus". Da kam im Grunde genommen nicht gleich die erste Produktion, aber so eine erste Zusammenarbeit raus, daß man sagte "Laß uns mal zusammen was machen, mit der dementsprechenden Software die es damals gab". Und so sind die ersten Stücke entstanden. Das ging so 1986 / 1987 los kann man sagen.

Stephan: Und davon ist dann auch etwas auf Deinen CD’s verwendet worden?

Georg: Teilweise. Es gibt viel Material, was dort nicht verwendet wurde, einiges was auf meinen beiden Preview-CD’s drauf ist. Das ist dann aber noch mal 1993 überarbeitet und zum Teil neu aufgenommen worden. Weil ich mir sagte, Gott ne, sowas kannst du wirklich nicht anbieten, das ist ja nur geplinkel. Und dann haben wir das noch mal neu aufgenommen. Ich habe eigentlich nur immer bei Klaus im Studio gesessen, wenn das nicht besetzt war, und ich durfte seine Geräte mit benutzen. Das war für mich damals eine riesige Ehre. Da kommt ja auch nicht jeder dran. Und gerade Klaus Schulze war Vorbild für mich, was die Elektronik angeht, weil ich ihn auch kennenlernen konnte und mit ihm gesprochen habe. Und wenn das Studio frei war, hab ich da gesessen und ein bißchen was gespielt und immer gleich aufgenommen. Und irgendwann kam dann Klaus auf mich zu und sagte "Mensch, bring das doch mal als Platte raus." Da hab ich gesagt: "Jaja, alles klar." "Ich produzier dich auch und mach das für dich fertig. Ich kenn da einen in Berlin, Bernd Kistenmacher, und den frag ich mal, vielleicht bringt er das auch raus." Wenn ich das alles auf Band oder auf CD aufgenommen hätte, hätte ich wahrscheinlich ne‘ 10‘er Box Preview machen können. Wir haben nachher nur die Sachen rausgesucht, wo wir meinten, das kannste rausbringen, das ist ganz gut. Und so sind diese beiden CD’s entstanden, das war’s eigentlich auch schon mit Preview, unter eigenem Namen. Davor lief dieses Projekt Software, aber das ist eine ganz andere Kiste.

 

Stephan: Wie bist Du denn als unbekannter Musiker dazu gekommen, eine Software-Produktion zu machen?

Georg: Das ist eigentlich ein Zufallsprodukt gewesen, daß ich da überhaupt mitspielen konnte bzw. durfte. Zu dem Zeitpunkt hatte Michael Weisser keinen Musiker gehabt und Klaus sprach mich dann drauf an und sagte: "Ich hab da jemanden, der hat ‘ne Idee. Es geht da um Parfüm." Da sagte ich erst mal: "Parfüm was soll ich denn da machen?" "Ja, das muß man vertonen und so." Ich so: "Für einen Film oder .... ? Das kann ich nicht." Sagt er: "Nein, du sollst zu Parfümsorten eben deine eigene Musik schreiben." Da hab ich dann gesagt, daß ich es versuchen werde. Ich fing dann an und der Michael sagte dann irgendwann: "Ja gut, das nehmen wir auf. Ich nehm die Produktion." Und so ist diese "Fragrance" entstanden. Das war eigentlich nichts besonderes, es ging ziemlich schnell. Die Produktion war fertig und ich wußte überhaupt nicht, was ich da eigentlich gemacht hatte. Das war, Mensch, die erste CD. Das war die erste offizielle CD der Gruppe Software, an der ich mitgewirkt hatte. Und Software ist ja auch ein Begriff in der Elektronikszene. Das war eigentlich für mich damals schon so ein stolzer Abschnitt, wo ich sagen konnte: "Hier guck mal, ich hab bei Software mitgespielt." Zu dem damaligen Zeitpunkt war es toll. Heute ist es normal, wenn du sowas machen würdest. Und das sind eigentlich meine Solosachen. 1993 war eigentlich die letzte Veröffentlichung.

CD "Fragrance" 1990

 

Stephan: Ist schon lang her.

Georg: Ja und dann hab ich eigentlich nichts mehr gemacht. Ich hatte dann aufgrund meines Berufes und meiner Ausbildung auch ein paar Jahre keinen Kontakt mehr zu Klaus. Man muß ja auch einen festen Beruf haben. Dann hab ich eine Krankenpflegerausbildung gemacht, im Krankenwesen bin ich auch heute noch tätig,. Seit drei Jahren hab ich wieder angefangen Musik zu machen. Ich hab heute mein eigenes komplettes Studio. Ich arbeite sehr viel Zuhause und treffe mich auch wieder mit Klaus. Ich mache auch wieder Sachen mit ihm zusammen. Unter anderem für einige Produktionen, die jetzt noch nicht namentlich genannt werden kann, weil es eben echt noch zu früh ist da was drüber zu sagen. Nachher erscheint die Produktion nicht. Das sieht man dann, wenn sie fertig ist. Ich selber arbeite auch an Sachen. Nur das große Problem ist, wenn man Solo arbeitet, sage ich jetzt ganz ehrlich, auch ohne den Namen Klaus Schulze, es ist ein Problem die zu vermarkten. Du kannst heute in der Elektronikszene nicht zu einer großen Plattenfirma gehen, wie in den 70‘er Jahren, und sagen: "Hier, das ist mein Produkt. Rausbringen oder nicht?" Das interessiert die gar nicht mehr. Entweder du machst jetzt die und die Musik, die wir dir vorschreiben, dann kriegst du einen Vertrag, oder du machst deinen eigenen Kram und bringst das selber raus. Bloß, das ist ja auch immer mit Streß und Arbeit verbunden, das ist nicht so mein Ding. Ich hab in der Zwischenzeit auch mit Sicherheit schon ‘zig Stunden Musik zusammen, die ich irgendwann mal wieder rausbringen würde, aber der Zeitpunkt ist jetzt noch zu früh. Ich hab das noch nicht abgemischt und so. Es sind jetzt alles nur Ideen.

Stephan: Wenn man sich Deine "Previews" anhört, stellt man fest, daß die Titel sehr stark von Klaus Schulzes Musik beeinflußt ist.

Georg: Auf jeden Fall.

Stephan: Ist die Musik, die Du in den letzten drei Jahren gemacht hast ebenfalls im Stil Deiner bisherigen Veröffentlichungen, oder gehst Du neu Wege?

Georg: Also von den Melodien würd‘ ich jetzt mal sagen, sie ähneln eigentlich diesen Previewteilen. Von der Musik, die ist zum Teil auch ein bißchen härter geworden. Also "alte Schule", wieder Sequencer, keine Sampler, da leg ich großen Wert drauf, weil ich liebe diese Anlogtechnik, und damit beschäftige ich mich sehr viel. Wenn ich Musik mache, geht die größte Zeit im Grunde genommen dafür drauf, daß ich vor den Geräten sitze und schraube. Moog und wie sie alle heißen, PPG, dafür brauche ich sehr viel Zeit. Das Musikmachen geht viel schneller, bloß, du suchst einen bestimmten Ton und das Rumschrauben an den Geräten, das ist 90 % der Arbeit. Der Rest kommt dann beim Rumschrauben, daß du Musik machst, oder mit den Sequencern arbeitest und einfach laufen läßt. Wie früher im Grunde genommen, also nichts modernes, kein Drum ‘N‘ Bass oder sowas, keine 170‘er Tempos. Wie gesagt, das sind für mich im Moment alles noch Demos und über eine Erscheinung kann man eigentlich noch nicht reden, weil ich keine Eile hab. Ich muß nichts rausbringen, das ist erstmal nur für mich. Und irgendwann, vielleicht wenn ich das mal irgend jemand anbiete, der sich dafür interessiert, bin ich natürlich auch sehr offen und sage gerne, bring ich gerne raus, dann sieht man weiter. Aber es ist - wie gesagt - im Moment noch zu früh.

Stephan: Welche Geräte favorisierst Du?

Georg: Ich kaufe in der letzten Zeit viele alte Geräte. Ich beschäftige mich damit und restauriere die. Mein großer Stolz ist im Moment der Memory-Moog, weil sowas wollte ich immer schon mal besitzen. Gerade vom Rudi Linhart fertig gemacht. Nicht billig, aber sehr schön. Es ist ein altes Instrument und ich mag solche Teile gerne. Da kommt noch richtig ein Klang raus. Es ist also nicht so eine Digitalgurke von heut, wo du nur ‘ne Diskette reinschmeißt und dann auf Pianosound drückst und hast dann 20 - 30 Pianosounds zur Verfügung und kannst dich dann im Endeffekt für gar keinen entscheiden. Bei den analogen Geräten mußt du dir halt wirklich jeden Ton selber irgendwie erdrehen. Manchmal kommst du so durch Zufall an einen Ton. "Oh, der ist ja gut, den nehm ich gleich." Es ist also nicht nur die Musik, sondern auch die ganze Technik, die mich fasziniert. Ich hab zum Beispiel vor einem halben Jahr mit Robert Schroeder telefoniert. Er ist ja früher auch mehr Techniker gewesen und kam auch durch die Technik an die Musik. Er hat seine ersten Modularsysteme selber gebaut und machte dann seine erste Platte. Er ist auch zu Klaus hingefahren: "Klaus hier guck mal, ich hab auch ein Modularsystem." Und so haben die auch damals ihre Platten gemacht. Den Stil verfolge ich eigentlich auch, bloß daß ich keine Geräte bauen kann, das ist für mich etwas zu hoch. Aber ich beschäftige mich sehr gern mit analogem Equipment.

Von links:
Michael Weisser, Klaus Schulze und Georg Stettner
während der Fragrance-Produktion

Stephan: Man liest heutzutage bei Neuerscheinungen, die von Neulingen sowie von den "Alten" erscheinen oft, daß sie nur die Werksounds verwendet haben. Das wird auch immer als sehr negativ dargestellt.

Georg: Das hörst du leider auch. Du hast ‘ne Produktion - auch leider von bekannten Gruppen - dann läuft da irgendwie ein Piano ab, gut Piano sagen wir jetzt mal nicht, aber irgendwie ein Glockenton. Dann sagst du: "Oh Gott ey. Was haben wir jetzt? 1999? Und die benutzen immer noch einen DX7? Ist das peinlich." Das sind so billige Sachen. Andererseits gibt es wieder einige Leute, die sagen, der und der Ton ist Kult, der muß drauf. Es ist also ganz witzig. Geschmäcker sind verschieden. Ich persönlich steh trotzdem auf diese alten Teile, weil du sagen kannst, den Ton hab ich selber gemacht. Der ist also nicht von Yamaha, Korg, Roland oder was weiß ich. Ich finde die Technik ist weitergegangen. Die Firmen kehren aber wieder zu den Wurzeln zurück. Es werden heute wieder virtuelle Synthesizer gebaut. Früher hast du einen Synthesizer gekauft, der hieß Synthesizer, da waren zwei Knöpfe, zwei Schieberegler und ein An- und Ausschalter drauf. Jeder Knopf hatte 100 Unterfunktionen. Wenn du den Ton verändern wolltest, dann mußtest du bis zu 10 Mal auf den Knopf drücken um im Endeffekt dahin zukommen, wohin du wolltest. Das ist bei den analogen Geräten schön, du hast für jede Einstellung ein Poti, daran kannst du arbeiten. Gerade auch wenn du irgendwie - was ich nicht mache - mal live spielen solltest, ist es natürlich ideal, Sounds zu verändern.

Stephan: Das war das Stichwort. Warum bist Du bisher nicht live aufgetreten? Hattest Du das nie vor?

Georg: Nee.

Stephan: Du hast Dich also nur mit der reinen Studioproduktion beschäftigt?

Georg: Ich möchte eigentlich rein studiomäßig arbeiten. Ich leg auch nicht so einen großen Wert darauf, daß auf einer Platte, wie so auf den letzten Sachen von Klaus ...., daß da irgendwie mein Name erwähnt wird. Ich hab mehr Spaß daran zu sagen: "Hier, das ist für mich. Das ist meine Musik." Bei Veröffentlichungen unter meinem Namen sagt dann vielleicht jemand, "Oh, was hat er denn diesmal wieder gemacht?" Und so weiß es keiner. Manchmal ist es ganz gut daß die Leute nicht wissen, daß ich das war. Andererseits sagst du dir, schade eigentlich daß die das nicht wissen. Ich finde, so fährst du besser. Ich möchte weiter so im Hintergrund arbeiten, für mich, vielleicht auch mal unter einem Pseudonym. Aber nicht irgendwie offiziell "Hey, Georg Stettner bringt nach langer Zeit seine Preview 3 raus." oder so. Wahrscheinlich weiß keiner mehr wer Georg Stettner oder "Preview" überhaupt ist. Das war 1993, das kennt ja keiner mehr. Gerade die Elektronikszene hat ja auch nur eine kleine Fangemeinde.

CD "Preview" (1993)                  CD "Preview Zwo" (1993)

Stephan: Die Platten sind damals bei Bernd Kistenmacher auf dem Label Musique Intemporelle erschienen. Soweit ich das mitbekommen hab gibt es die Sachen nicht mehr.

Georg: Ich hab mich mal mit Bernd unterhalten. Die Firma hat er selber nicht mehr. Ich glaube die englische Firma Magnum hat sowas wieder rausgebracht. Als Künstler erfährst du sowas wahrscheinlich nie. Du kriegst die irgendwo noch auf dem Markt, aber nicht mehr über Bernd Kistenmacher oder über seine Firma. Ich meine, gut .... , was will man erwarten?

Wolfgang Pokall: Doch, ich muß Dich mal eben unterbrechen. Und zwar hat der Green Tree, der hat ‘ne ganze Ladung Kistenmacher rausgebracht.

Georg: Ja, dann laufen die bei dem weiter, das kann schon sein. Da waren ja auch einige gute Sachen bei ihm auf dem Label. Und seine ganzen eigenen Sachen, die müssen ja auch weiterlaufen. Ich hab mal gehört, die laufen weiter, aber ich könnte nicht sagen, wo man die heute beziehen kann. Aber ein richtiger Elektronik-Fan, vom Musikhören her, der kriegt das raus.

Stephan: Ich glaube aber schon, daß das sehr schwierig ist. In dieser Szene gibt es gerade mal eine Handvoll Leute, die sich spezialisiert haben solche Platten zu verkaufen. Ich denke da beispielsweise an CUE-Records. Eigentlich ist das Angebot schon sehr groß. Aber man sieht immer wieder, daß nach und nach aus den Angebotslisten Titel herausfallen, und von denen hörst du dann eigentlich gar nichts mehr.


Georg Stettner während des Interviews am 30.05.99

 

Georg: Ja, CUE ist heute eigentlich ein sehr großes Label geworden finde ich. Ich meine, das ist ja auch mit Vertrieb. Die bringen ja nicht nur ihre eigenen Produktionen heraus, sondern die ganze TD-, Klaus Schulze- und Kraftwerk-Schiene ...

Stephan: Und IC.

Georg: IC haben die auch mit drin. Für meine Begriffe ist es heute der größte Anbieter elektronischer Musik. Ist auch ‘ne deutsche Firma?

Stephan: Ja, Joerg Strawes Firma hat ihren Sitz in der Nähe von Köln, Aachen, so in der Ecke.

Georg: Ansonsten wüßte ich nicht, was man heute sagen könnte, wo man jetzt speziell die und die CD erhalten kann. Da gibt’s dann solche Adressen, da würde ich dann auch zum Beispiel Joerg Strawe fragen, "paß mal auf, die und die CD, wo kann man denn sowas heute überhaupt noch kriegen?"

Stephan: Ich möchte noch mal auf die Liveauftritte zurückkommen. In Duisburg spielte ja neben Klaus der Jörg Schaaf beim Konzert mit. Wäre das für Dich nicht auch einmal ‘ne Sache in der Form mal live aufzutreten?

 

Georg: Ja, eigentlich schon. Bloß, wenn es dann soweit ist, ich weiß nicht, dann wäre ich immer ein bißchen pessimistisch. Ich bin kein Mensch, der auf der Bühne steht und irgendwie Knöpfe dreht und du hast dann ein paar hundert Leute im Rücken, das ist nicht mein Ding. Ich arbeite lieber für mich ganz alleine, oder eben wenn, dann mit Klaus zusammen, oder mit jemand anders, aber nicht vor Publikum, das ist irgendwie ... ich weiß nicht. Du kannst nicht Lampenfieber dazu sagen, aber ich bin mehr so der Einzelgänger, in der Situation. Gut, die Leute wollen vielleicht sowas mal live hören, aber so eine Musik live zu spielen, ist für mich sowieso unmöglich. Da käme soviel vom Band, weil ich hab nur zwei Hände und mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten ist dann meistens immer mit Problemen verbunden. Ich hab mich eigentlich nie damit beschäftigt, irgendwann mal live zu spielen. Der ganze Aufwand heute. Lohnt sich das? Kommen da Leute hin? Dann, wer ist Georg Stettner?

Stephan: Ich dachte jetzt auch mehr so daran, daß der Jörg ja auch nicht seine Stücke bei dem Konzert gespielt hat, sondern er war ja praktisch zur Unterstützung von Klaus mit auf der Bühne. Ja, Also mehr so diese Richtung.

Georg: Ja, der Jörg, der kommt ja auch von dieser Firma, die dieses große Modularsystem gebaut haben.

Stephan: Ach so.

Georg: Der Jörg ist von der Firma Quasimidi, ist aber auch ein guter Musiker. Dadurch kam diese Situation zustande, wo Klaus eben sagte: "Mensch, weißt du was, du kommst mit, wir machen da zusammen ein Konzert." Das war ein reiner Zufall. Das war also nicht großartig geplant. Das gibt es selten, daß du mal jemanden auf der Bühne als Mitspieler hast, der zufällig von der Firma kommt, die diese Geräte entwickelt haben, außer du hast vielleicht mal Robert Moog irgendwo da stehen, der mal irgendwo mitspielt, das gibt’s ja auch ab und zu heute noch mal, das der bei einigen Leuten mit auf der Bühne steht.

Ich meine, ich leb nicht den ganzen Tag für die Musik. Hauptberuflich bin ich Krankenpfleger. Der Job ist ziemlich hart muß man sagen und braucht auch viel Zeit. Wenn Zeit ist, mach ich halt unter anderem Musik. Für diese Musik braucht man auch wirklich Ruhe. Du kannst dich nicht nach der Arbeit hinsetzen, "oh jetzt aber mal schnell hier eine Sequenz reingerattert, muß morgen auf den Markt", so schnellebig wie die heutige Musik ist. Das geht nicht. Du mußt wirklich Ruhe und Spaß an der Sache haben, das kannst du nicht jeden Tag machen. Es gibt manchmal Zeiten, da mach ich ein halbes Jahr gar nichts. Dann steht die Kiste da irgendwo in der Ecke ‘rum und alles ist zugedeckt und eingemottet. Da kann ich darüber auch nichts sehen und nichts hören, dann will ich auch wirklich andere Musik hören. Es gibt ja auch andere gute Musik. Und dann packt es einen irgendwann mal wieder und dann sage ich "so, jetzt mal wieder ran, mal wieder anschalten." Erstmal die alten Teile stimmen, das dauert auch Tage, bis die richtig laufen. Und wenn das richtig läuft kannst du sagen, dann macht es auch Spaß zu arbeiten. Im Moment macht es mir Spaß, einfach nur für mich eigene Sachen zu machen. Gar nicht für die Öffentlichkeit, sondern erstmal nur für mich. Vielleicht entwickelt sich dadurch irgendwann mal wieder eine CD, die erscheint. Aber im Moment ist es noch zu früh.

Stephan: Vielen Dank Georg, für das ausgiebige Interview.

 

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