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Interview mit Uwe "Brainwork" Saher
im September 1998 via Internet geführt

 

Stephan: Wahrscheinlich haben Dich schon viele gefragt, wie Du zu dem Namen "Brainwork" gekommen bist. Willst Du damit etwas ausdrücken - zum Beispiel, daß Deine Musik hauptsächlich im Kopf entsteht - oder handelt es sich hierbei nur um eine Wortspielerei?

Uwe: Na ja, mir ist erst in den letzten Jahren bewußt geworden, daß in dem Namen "Brainwork" die Gefahr liegt, daß man damit kopflastige Musik verbinden könnte. Das war eigentlich nicht beabsichtigt. Ich bin damals eher etwas naiv und nüchtern an die Sache herangegangen und hatte im "Hinterkopf", daß kreative Prozesse ja nun mal im Gehirn stattfinden. Ich hatte auch zuerst "Brainstorm" in Erwägung gezogen, aber das war mir dann doch zu banal. Es ist übrigens witzig (oder für mich auch nicht so witzig), wie viele Firmen im Internet den Namen "Brainwork" verwenden. Und zwar überwiegend im kreativen Bereich, wie z.B. Grafik, Design... .

 

 

Stephan: Das erste Mal, daß ich auf Dich aufmerksam wurde, war 1991 beim "1. Kölner Multi Media Festival", welches von Dir ausgerichtet wurde. Neben Liveauftritten von Eko, Ron Boots & Friends und Mind Over Matter hast Du Deine erste CD "Sunrise" vom CD-Player abspielen lassen. Dazu wurde eine Dia-Show, mit Bildern, die Dein Bruder gemacht hat, dargeboten. War dieses Festival hauptsächlich auch zur Präsentation Deiner CD gedacht? Du bist ja praktisch im Bekanntheitsgrad von 0 auf 100 gestiegen. War es nicht auch ein Risiko ein Festival mit solchen Hochkarätern zu machen?

Uwe: Die Initiative zum ersten Stollwerck Festival ging voll von meinem Bruder aus, der die Lust dazu anläßlich des Schulze Konzertes auf der Domplatte bekam. Ich war ja damals gerade in den Anfängen von Brainwork und stand der ganzen Geschichte eher skeptisch gegenüber. Da gab es diese ganzen Veranstaltungen noch gar nicht, die inzwischen jedes Jahr zur Regel geworden sind. An einen "echten" Auftritt meinerseits habe ich dann auch noch gar nicht gedacht, wollte aber doch meine Musik präsentieren, so daß wir die Dia-Geschichte als Auftakt genommen haben. Da kamen mir die "Hochkaräter" eher zu Gute, weil entsprechend viel Publikum da war.

 

Stephan: Wie bist Du auf die wirklich interessante Idee gekommen, zu einem sehr rhythmischen Stück die dunkelhäutigen Tänzer auf die Bühne zu bringen? Die haben wirklich für unheimlich viel Stimmung gesorgt.

Uwe: Die Tänzer haben wir damals über Umwege in Verbindung mit den Dia-Vorbereitungen kennnengelernt, und die wollten eigentlich Werbung für sich und ihren Rap machen. Da war ich gleich davon begeistert , das mit einigen meiner schnelleren Stücke zu verbinden. Die Tänzer und Tänzerinnen, die wir bei späteren Konzerten hatten, waren auch ganz toll, aber die Farbigen entsprechen auch heute noch am ehesten meinen Vorstellungen vom Tanzstil her. Ich weiß noch, daß ich damals oben in der Dia-Kabine stand, und voll aus dem Häuschen war, auch zu sehen, wie die Leute mitgegangen sind.

Stephan: Die erste CD "Sunrise" ist für ein Erstlingswerk von wirklich hervorragender Klangqualität. Wie war es Dir möglich sie so gut hinzubekommen?

Uwe: Nun ja, etliche Jahre vor Erscheinen der "Sunrise" habe ich mich schon sehr intensiv mit Studiotechnik beschäftigt, und auch in diesem Bereich gearbeitet. Eine ganze Weile war es mir auch wichtiger, an Sounds und Mischpulten herumzutüfteln, statt "wirklich" Musik zu machen. Dazu kommt sicherlich, daß beim Erstlingswerk die Begeisterung sehr hoch war, jetzt endlich eine CD zu produzieren; und das beflügelt schon ungemein.

Stephan: Im Booklet schreibst Du, daß Du bereits seit mehr als 10 Jahren Musik machst, also seit mindestens 1981. Gab es vor der ersten CD bereits Veröffentlichungen als Kassette von Dir?

Uwe: In der "analogen" Zeit, lange vor Midi, habe ich sehr viele Nächte in einem Keller von jemandem verbracht, der dort einige Geräte stehen hatte. Dort habe ich in den Sommerferien meistens alleine fast jede Nacht Improvisationen a'la Berliner Schule auf Kassetten aufgenommen. Leider ist aus dieser Zeit so gut, wie gar nichts an Material übriggeblieben. Ich habe da in meiner Schulzeit noch nicht so viel von Ordnung gehalten ;-) .

Stephan: Hat das zu bedeuten, daß Du die verschiedenen Stile ausprobiert hast? Auf einigen Deiner CD's hast Du ja auch Stücke in Anlehnung an große Elektroniker als Bonus herausgebracht. Ich denke da zum Beispiel an Tracks wie "... Chris Franke" von der "Back To The Roots", "... To The Orb" von der "Rhythm Base" oder "... Vangelis" von "V". Du hast die Stücke so hinbekommen, als wenn sie tatsächlich von den Musikern wären.

Kannst Du Dich so in diese Stile hineindenken?

Uwe: Also, ich habe mich auch schon oft gefragt, warum ich nicht einfach alle Stücke ungefähr im gleichen Stil komponiere. Aber die Antwort ist ganz einfach: ich finde sowas langweilig. Da ich viel verschiedene Musik höre, werde ich auch mit vielen Stilen konfrontiert, und es reizt mich, einige dieser Stile selber einmal umzusetzen. Und ich glaube, der größte Reiz besteht darin, das mit rein elektronischen Mitteln zu tun. Dabei will ich aber immer eine deutliche eigene Handschrift haben und auch in Richtung eigener Stilkreationen gehen. Bei den Bonus Tracks reizte mich insbesondere noch, nicht genau die selben Instrumente zu besitzen, wie die Originalkomponisten, und trotzdem die typischen Klänge herauszuarbeiten. Dabei habe ich auch viele Klänge selbst programmiert. Im übrigen finde ich es einfacher, die Stile der "Großen" nachzuempfinden, als einen völlig neuartigen Stil zu entwickeln. Deshalb freue ich mich immer besonders, wenn Leute bei irgendwelchen Stücken von mir sagen: das klingt aber typisch nach Brainwork ;-) .

Stephan: Da Deine Musik sehr rhythmisch und nicht unbedingt im Stil der "Berliner Schule" - mit Ausnahme von einigen Stücken der "Back To The Roots" - ist, interessiert mich natürlich wo Deine Wurzeln sind? Welche Musik hörst Du bzw. inspiriert Dich?

Uwe: Früher, lange vor "Brainwork" hat mich ausschließlich die "Berliner Schule"und ähnliches aus dieser Zeit inspiriert. Diese Phase habe ich größtenteils hinter mir gelassen, komme aber ab und zu ganz gerne darauf zurück, da diese Art Musik auch auf mich immer noch eine besondere Ausstrahlung hat. In letzter Zeit höre ich viel Radio, insbesondere abends die ganzen Kult-Sendungen auf 1live, in denen neue Stile und Underground-Projekte vorgestellt werden. Dann höre ich natürlich auch die ganzen Club- und Party- Sendungen. Das ist schließlich (moderne ;-)) Elektronik pur. Tagsüber höre ich auch gerne alles, was in den Charts läuft, um rundum auf dem Laufenden zu bleiben. Insgesamt inspiriert mich frische Musik mit frischen Sounds, genauso wie frische Sounds in meinen Geräten.

Stephan: Deine Liveauftritte waren immer ein Genuß, da sowohl die Qualität der Songs wie auch die Bühnenperformance (mit tragbarem Keyboard, Gerd Lubos an der Gitarre und natürlich den Tänzern) ziemlich gut waren. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Gerd Lubos und Frank Niessen?

Uwe: Die beiden haben Anfang der 80er eine ganze Weile Musik zusammen gemacht, und ihre Erfahrungen mit der Elektronik gesammelt. In dieser Zeit hat man ein paar mal Erfahrungen ausgetauscht, dann ist der Kontakt lange Zeit abgebrochen. Als ich dann plante, die Sunrise herauszubringen, habe ich wieder Kontakt mit Gerd aufgenommen und Ihn dann wenig später gefragt, ob er Lust hätte, bei Konzerten mitzuspielen. Er hatte sich mittlerweile auf Gitarre spezialisiert, und sollte Live auch diesen Part übernehmen. Um noch mehr Abwechslung auf die Bühne zu bekommen, haben wir dann den Frank noch dazugenommen.

Stephan: Ist es richtig, daß Gerd und Du mittlerweile gleichberechtigte Partner auf der Bühne seid?

Uwe: Im Moment gehen wir eher wieder getrennte Wege, aber bei den letzten Konzerten haben wir das gesamte Bühnenprogramm auch von den Stücken her gemeinsam gestaltet. Da kam ich mir manchmal, wenn er seine Gitarre ausgiebig bearbeitet hat, fast schon etwas überflüssig vor ;-). So eine Gitarre macht halt Live immer noch 'ne Menge her. Privat bin ich kein Fan von Gitarrenmusik, aber auf der Bühne hatte ich jedesmal eine Gänsehaut.

Stephan: Soweit ich weiß ist Frank eher in der Technoszene tätig. Wie kam er dann mit auf die Bühne und welche Aufgabe hat er da?

Uwe: Frank interessiert sich sehr für Clubmusik und experimentiert auch mit etlichenGeräten zu Hause herum. Er hat, wie schon gesagt Keyboarderfahrung von früher und ergänzt uns so auf der Bühne sehr gut. Durch seine Cluberfahrungen hat er auch beim letzten Stollwerckkonzert den Kontakt zur Tänzerin hergestellt.

Für die Zukunft wünsche ich mir eigentlich eine stärkere Zusammenarbeit mit Frank, bei der er seine Spezialität, nämlich zu "mixen" voll auf der Bühne ausleben soll. Mir schwebt da ein neues Bühnenkonzept für Brainwork, vielleicht dann auch unter etwas anderem Namen, vor.

Stephan: Wenn Du von einem neuen Bühnenkonzept unter einem neuen Namen sprichst, meinst Du damit Dein Projekt "Element 4"?

Uwe: Nicht unbedingt, auch wenn das zu etwas Verwirrung führen könnte, so meine ich eigentlich ein neues "Brainwork" Bühnenkonzept, das vielleicht auch einen neuen Namen bekommen könnte. Darunter möchte ich dann elektronische Musik präsentieren, an der ich gerade tüftele. Es soll ein neuer Stil entstehen, über den ich noch nicht alles verraten möchte. Aber ich kann schon mal so viel sagen, daß es stark Sequenzen-orientiert werden soll, vielleicht sogar ein wenig "Berliner Schule", aber mit moderner Rhythmik, die allerdings anders wird, als von "Element 4" gewohnt. Außerdem sollen sich die Stücke live entwickeln, um auf das Publikum eingehen zu können, und je nach eigener Stimmung Improvisationsfreiheit zu haben.

Stephan: Das Hört sich ja sehr interessant an. Neben dem Projekt "Brainwork" bringst Du ja auch unter dem Namen "Element 4" CD's heraus. Warum erscheinen die CD's nur als CDR? Aufgrund der musikalischen Qualität kann die Nachfrage doch nicht gering sein.

Uwe: Oh, vielen Dank, aber ich war doch mit den ersten beiden "Element 4" zunächst etwas vorsichtig, da ich eine neue Zielgruppe ansprechen wollte, zu der ich noch kaum Verbindung hatte. Und als ich die erste "Element 4" einfach auch mal zum Klem Tag mitgenommen hatte, war ich total überrascht und begeistert, welchen Anklang sie bei einem Teil der "traditionellen" Interessenten fand.

Ich versuche allerdings schon auch die "Clubszene" mit "Element 4" anzusprechen, konnte mich aber, wie gesagt, bis jetzt kaum darum kümmern, dort Kontakte aufzubauen. Ich freue mich natürlich über jeden, dem die Musik gefällt, egal aus welcher Szene, aber es reizt mich eben doch auch, in einem Bereich Fuß zu fassen, der mich eigentlich auch immer schon interessiert und begeistert hat. Die neue Element 4 "Continuation" erscheint übrigens als richtige CD Pressung.

Uwe's Katze Otto - im Studio

Stephan: Entscheidest Du beim komponieren bzw. nach Fertigstellung welches Stück auf eine Brainwork und welches auf eine Element 4 CD kommt, oder weißt schon vorher für welches Projekt Du Musik machst?

Uwe: Inzwischen weiß ich schon genau vor dem Komponieren, für welches Projekt ich etwas machen will. Anfangs habe ich, wie man auch auf der "Live" CD hören kann, etwas mehr gemischt, aber es ist mir lieber, das zu trennen, um konsequenter an die Stücke herangehen zu können. Einige Leute haben das nie so richtig verstanden, aber mir machen nun mal verschiedene Stile Spaß, und zwar erst so richtig Spaß, wenn ich auch die entsprechenden Stilmittel ohne Kompromisse einsetzen kann. Ein DJ, der zu Hause eine riesige Plattensammlung verschiedener Stile hat, legt ja auch nicht auf einer "House Party" Drum 'n Bass auf. Was allerdings nicht heißen soll, daß grundsätzlich bei Vermischung von Stilen nicht auch etwas sehr interessantes entstehen kann...., wie gesagt, kann.......

Stephan: Nach "Early Tracks" und "Elements Of Trance" erscheint in Kürze die neue Element 4 "Continuation". Erzähl doch ein bischen darüber.

Uwe: Nun ja, es ist schwer, die einzelnen Titel zu beschreiben, am Besten, man hört sich die Beispiele auf meiner Seite einmal an, die ich in den nächsten Tagen auch komplett installieren werde. Aber ich versuche doch mal eine grobe Beschreibung:

Die Stücke sind insgesamt etwas übersichtlicher und nicht so zugepackt, wie auf der "Elements of Trance". Insgesamt ist das Tempo etwas zurückgefahren, da man seit einiger Zeit von den "hektischen" Titeln wieder abgekommen ist. Das soll aber nicht heißen, das die Stücke "lahm" wären. Ich denke, beim Auto fahren kommt die CD ganz gut, aber man sollte etwas aufpassen. Einige Stücke haben sich auch vom reinen "Trance" etwas in Richtung "House" bewegt. Insgesamt ist mir wohl auch die Abmischung besser gelungen, als bei den ersten beiden "Element 4". Die Stücke kommen trockener und druckvoller rüber, was ich eigentlich schon lange anstrebe. Ich habe mir mehr Zeit für die gesamte Produktion genommen als früher, aber ich denke, es hat sich gelohnt.

Stephan: Gibt es neben Brainwork und Element 4 noch weitere Projekte, die Du verfolgst?

Uwe: Im Moment noch keine festen Projekte, aber ich sehe das eh locker, auch mit verschiedenen anderen Leuten etwas zu versuchen. Sowas ist in anderen Szenen an der Tagesordnung, und ich finde das auch sehr wichtig, damit man sich nicht festfährt. Am liebsten würde ich dann einige Sachen zu festen Projekten machen, aber das ist sowohl bei mir, als auch bei den entsprechenden Leuten ein großes Zeitproblem.

Stephan: Du hast Deine Homepage neu gestaltet. Unter anderem findet sich hier ein Bereich "Audio Visuelle Multimedia Show", in dem zu Deiner Musik (Element 4?) Computeranimationen zu sehen sind. Ich finde das eine sehr gelungene Sache. Wie bist Du auf die Idee gekommen und von wem stammen die Animationen?

Uwe: Also, die beiden "Mind Trips" sind mit Ausschnitten aus der neuen Element 4 unterlegt, und die restliche Musik habe ich speziell für die entsprechenden Animationen komponiert. Die Idee zu solchen Installationen schwebte mir schon lange vor, da ich die meisten "Textseiten" von Musikern stinklangweilig finde. Was hat eine Seitenlange "Bio" und Listen von Veröffentlichungen und Preisen mit Musik zu tun. Schließlich bietet gerade das Internet so viele Möglichkeiten, man muß sich nur ein wenig umschauen...

Stephan: Wird es die bisher unveröffentlichten Musikstücke auch auf CD geben?

Uwe: Vielleicht werde ich die eine oder andere Sequenz noch mal aufgreifen, aber im Moment reicht das noch nicht für richtige Stücke.

Stephan: Wie sehen Deine Pläne in Sachen Brainwork aus?

Uwe: Da die Element 4 gerade fertig geworden ist, werde ich mich in nächster Zeit auch wieder verstärkt auf Brainwork konzentrieren. Wie gesagt, versuche ich gerade einen neuen Stil zu entwickeln, den ich sowohl für Konzerte, als auch für die nächste CD einsetzen möchte. Dabei soll es nicht mehr ganz so beschaulich zugehen, wie auf der "Sensual Reflections", obwohl ich zu diesen Stücken noch stehe. Aber es war doch mehr Musik für "gewisse Gelegenheiten"... Es sollen auch wieder verstärkt "analoge" Klänge zum Einsatz kommen, die meine letzte Investition, der (digitale ;-) ) "Virus", wie kaum ein alter "echter analoger" hervorzaubert. Ich will mich mal selber überraschen lassen, was dabei heraus kommt...

Stephan: Wann werden wir Dich wieder Live erleben können?

Uwe: Einige Konzerte waren ja für dieses Jahr eine Weile geplant, sind dann aber geplatzt. Selber veranstalten und spielen habe ich nicht mehr vor, da für eine gelungene Veranstaltung der Streß und Aufwand für mich in der Vergangenheit einfach zu groß waren. Ich finde es sinnvoller, mich auf das Konzert als Musiker zu konzentrieren. Ich habe demnächst mal vor, die schnelleren Sachen im "Party"-Rahmen zu spielen, also dort, wo dann auch dazu getanzt wird. Nächstes Jahr soll dann aber auch "Brainwork" mal wieder zu sehen und vor allen Dingen zu hören sein. Das hängt dann aber noch von halbwegs vernünftigen Konzepten seitens der Veranstalter ab. Für Gespräche bin ich da immer offen...

Stephan: Vielen Dank für das Interview.

 

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