Stephan: Wie bist Du auf die wirklich interessante
Idee gekommen, zu einem sehr rhythmischen Stück die dunkelhäutigen Tänzer auf die
Bühne zu bringen? Die haben wirklich für unheimlich viel Stimmung gesorgt.
Uwe: Die Tänzer haben wir damals über Umwege in
Verbindung mit den Dia-Vorbereitungen kennnengelernt, und die wollten eigentlich Werbung
für sich und ihren Rap machen. Da war ich gleich davon begeistert , das mit einigen
meiner schnelleren Stücke zu verbinden. Die Tänzer und Tänzerinnen, die wir bei
späteren Konzerten hatten, waren auch ganz toll, aber die Farbigen entsprechen auch heute
noch am ehesten meinen Vorstellungen vom Tanzstil her. Ich weiß noch, daß ich damals
oben in der Dia-Kabine stand, und voll aus dem Häuschen war, auch zu sehen, wie die Leute
mitgegangen sind.
Stephan: Die erste CD "Sunrise" ist für ein
Erstlingswerk von wirklich hervorragender Klangqualität. Wie war es Dir möglich sie so
gut hinzubekommen?
Uwe: Nun ja, etliche Jahre vor Erscheinen der
"Sunrise" habe ich mich schon sehr intensiv mit Studiotechnik beschäftigt, und
auch in diesem Bereich gearbeitet. Eine ganze Weile war es mir auch wichtiger, an Sounds
und Mischpulten herumzutüfteln, statt "wirklich" Musik zu machen. Dazu kommt
sicherlich, daß beim Erstlingswerk die Begeisterung sehr hoch war, jetzt endlich eine CD
zu produzieren; und das beflügelt schon ungemein.
Stephan: Im Booklet schreibst Du, daß Du bereits seit
mehr als 10 Jahren Musik machst, also seit mindestens 1981. Gab es vor der ersten CD
bereits Veröffentlichungen als Kassette von Dir?
Uwe: In der
"analogen" Zeit, lange vor Midi, habe ich sehr viele Nächte in einem Keller von
jemandem verbracht, der dort einige Geräte stehen hatte. Dort habe ich in den
Sommerferien meistens alleine fast jede Nacht Improvisationen a'la Berliner Schule auf
Kassetten aufgenommen. Leider ist aus dieser Zeit so gut, wie gar nichts an Material
übriggeblieben. Ich habe da in meiner Schulzeit noch nicht so viel von Ordnung gehalten
;-) .
Stephan: Hat das zu bedeuten, daß Du
die verschiedenen Stile ausprobiert hast? Auf einigen Deiner CD's hast Du ja auch Stücke
in Anlehnung an große Elektroniker als Bonus herausgebracht. Ich denke da zum Beispiel an
Tracks wie "... Chris Franke" von der "Back To The Roots", "...
To The Orb" von der "Rhythm Base" oder "... Vangelis" von
"V". Du hast die Stücke so hinbekommen, als wenn sie tatsächlich von den
Musikern wären.
Kannst Du Dich so in diese Stile hineindenken?
Uwe: Also, ich habe mich auch schon oft gefragt, warum
ich nicht einfach alle Stücke ungefähr im gleichen Stil komponiere. Aber die Antwort ist
ganz einfach: ich finde sowas langweilig. Da ich viel verschiedene Musik höre, werde ich
auch mit vielen Stilen konfrontiert, und es reizt mich, einige dieser Stile selber einmal
umzusetzen. Und ich glaube, der größte Reiz besteht darin, das mit rein elektronischen
Mitteln zu tun. Dabei will ich aber immer eine deutliche eigene Handschrift haben und auch
in Richtung eigener Stilkreationen gehen. Bei den Bonus Tracks reizte mich insbesondere
noch, nicht genau die selben Instrumente zu besitzen, wie die Originalkomponisten, und
trotzdem die typischen Klänge herauszuarbeiten. Dabei habe ich auch viele Klänge selbst
programmiert. Im übrigen finde ich es einfacher, die Stile der "Großen"
nachzuempfinden, als einen völlig neuartigen Stil zu entwickeln. Deshalb freue ich mich
immer besonders, wenn Leute bei irgendwelchen Stücken von mir sagen: das klingt aber
typisch nach Brainwork ;-) .
Stephan: Da Deine Musik sehr rhythmisch und nicht
unbedingt im Stil der "Berliner Schule" - mit Ausnahme von einigen Stücken der
"Back To The Roots" - ist, interessiert mich natürlich wo Deine Wurzeln sind?
Welche Musik hörst Du bzw. inspiriert Dich?

Uwe: Früher, lange vor "Brainwork" hat mich
ausschließlich die "Berliner Schule"und ähnliches aus dieser Zeit inspiriert.
Diese Phase habe ich größtenteils hinter mir gelassen, komme aber ab und zu ganz gerne
darauf zurück, da diese Art Musik auch auf mich immer noch eine besondere Ausstrahlung
hat. In letzter Zeit höre ich viel Radio, insbesondere abends die ganzen Kult-Sendungen
auf 1live, in denen neue Stile und Underground-Projekte vorgestellt werden. Dann höre ich
natürlich auch die ganzen Club- und Party- Sendungen. Das ist schließlich (moderne ;-))
Elektronik pur. Tagsüber höre ich auch gerne alles, was in den Charts läuft, um rundum
auf dem Laufenden zu bleiben. Insgesamt inspiriert mich frische Musik mit frischen Sounds,
genauso wie frische Sounds in meinen Geräten.
Stephan: Deine Liveauftritte waren immer ein Genuß,
da sowohl die Qualität der Songs wie auch die Bühnenperformance (mit tragbarem Keyboard,
Gerd Lubos an der Gitarre und natürlich den Tänzern) ziemlich gut waren. Wie kam es zur
Zusammenarbeit mit Gerd Lubos und Frank Niessen?
Uwe: Die beiden haben Anfang der 80er eine ganze Weile
Musik zusammen gemacht, und ihre Erfahrungen mit der Elektronik gesammelt. In dieser Zeit
hat man ein paar mal Erfahrungen ausgetauscht, dann ist der Kontakt lange Zeit
abgebrochen. Als ich dann plante, die Sunrise herauszubringen, habe ich wieder Kontakt mit
Gerd aufgenommen und Ihn dann wenig später gefragt, ob er Lust hätte, bei Konzerten
mitzuspielen. Er hatte sich mittlerweile auf Gitarre spezialisiert, und sollte Live auch
diesen Part übernehmen. Um noch mehr Abwechslung auf die Bühne zu bekommen, haben wir
dann den Frank noch dazugenommen.
Stephan: Ist es richtig, daß Gerd und Du mittlerweile
gleichberechtigte Partner auf der Bühne seid?
Uwe: Im Moment gehen wir eher wieder getrennte Wege,
aber bei den letzten Konzerten haben wir das gesamte Bühnenprogramm auch von den Stücken
her gemeinsam gestaltet. Da kam ich mir manchmal, wenn er seine Gitarre ausgiebig
bearbeitet hat, fast schon etwas überflüssig vor ;-). So eine Gitarre macht halt Live
immer noch 'ne Menge her. Privat bin ich kein Fan von Gitarrenmusik, aber auf der Bühne
hatte ich jedesmal eine Gänsehaut.
Stephan: Soweit ich weiß ist Frank eher in der
Technoszene tätig. Wie kam er dann mit auf die Bühne und welche Aufgabe hat er da?
Uwe: Frank interessiert sich sehr für Clubmusik und
experimentiert auch mit etlichenGeräten zu Hause herum. Er hat, wie schon gesagt
Keyboarderfahrung von früher und ergänzt uns so auf der Bühne sehr gut. Durch seine
Cluberfahrungen hat er auch beim letzten Stollwerckkonzert den Kontakt zur Tänzerin
hergestellt.
Für die Zukunft wünsche ich mir eigentlich eine stärkere
Zusammenarbeit mit Frank, bei der er seine Spezialität, nämlich zu "mixen"
voll auf der Bühne ausleben soll. Mir schwebt da ein neues Bühnenkonzept für Brainwork,
vielleicht dann auch unter etwas anderem Namen, vor.
Stephan: Wenn Du von einem neuen Bühnenkonzept unter
einem neuen Namen sprichst, meinst Du damit Dein Projekt "Element 4"?
Uwe: Nicht unbedingt, auch wenn das zu etwas
Verwirrung führen könnte, so meine ich eigentlich ein neues "Brainwork"
Bühnenkonzept, das vielleicht auch einen neuen Namen bekommen könnte. Darunter möchte
ich dann elektronische Musik präsentieren, an der ich gerade tüftele. Es soll ein neuer
Stil entstehen, über den ich noch nicht alles verraten möchte. Aber ich kann schon mal
so viel sagen, daß es stark Sequenzen-orientiert werden soll, vielleicht sogar ein wenig
"Berliner Schule", aber mit moderner Rhythmik, die allerdings anders wird, als
von "Element 4" gewohnt. Außerdem sollen sich die Stücke live entwickeln, um
auf das Publikum eingehen zu können, und je nach eigener Stimmung Improvisationsfreiheit
zu haben.
Stephan: Das Hört sich ja sehr interessant an. Neben
dem Projekt "Brainwork" bringst Du ja auch unter dem Namen "Element 4"
CD's heraus. Warum erscheinen die CD's nur als CDR? Aufgrund der musikalischen Qualität
kann die Nachfrage doch nicht gering sein.
Uwe: Oh, vielen Dank, aber ich war doch mit den ersten
beiden "Element 4" zunächst etwas vorsichtig, da ich eine neue Zielgruppe
ansprechen wollte, zu der ich noch kaum Verbindung hatte. Und als ich die erste
"Element 4" einfach auch mal zum Klem Tag mitgenommen hatte, war ich total
überrascht und begeistert, welchen Anklang sie bei einem Teil der
"traditionellen" Interessenten fand.
Ich versuche allerdings schon auch die "Clubszene" mit
"Element 4" anzusprechen, konnte mich aber, wie gesagt, bis jetzt kaum darum
kümmern, dort Kontakte aufzubauen. Ich freue mich natürlich über jeden, dem die Musik
gefällt, egal aus welcher Szene, aber es reizt mich eben doch auch, in einem Bereich Fuß
zu fassen, der mich eigentlich auch immer schon interessiert und begeistert hat. Die neue
Element 4 "Continuation" erscheint übrigens als richtige CD Pressung.

Stephan: Entscheidest Du beim komponieren bzw. nach
Fertigstellung welches Stück auf eine Brainwork und welches auf eine Element 4 CD kommt,
oder weißt schon vorher für welches Projekt Du Musik machst?
Uwe: Inzwischen weiß ich schon genau vor dem
Komponieren, für welches Projekt ich etwas machen will. Anfangs habe ich, wie man auch
auf der "Live" CD hören kann, etwas mehr gemischt, aber es ist mir lieber, das
zu trennen, um konsequenter an die Stücke herangehen zu können. Einige Leute haben das
nie so richtig verstanden, aber mir machen nun mal verschiedene Stile Spaß, und zwar erst
so richtig Spaß, wenn ich auch die entsprechenden Stilmittel ohne Kompromisse einsetzen
kann. Ein DJ, der zu Hause eine riesige Plattensammlung verschiedener Stile hat, legt ja
auch nicht auf einer "House Party" Drum 'n Bass auf. Was allerdings nicht
heißen soll, daß grundsätzlich bei Vermischung von Stilen nicht auch etwas sehr
interessantes entstehen kann...., wie gesagt, kann.......
Stephan: Nach "Early Tracks" und
"Elements Of Trance" erscheint in Kürze die neue Element 4
"Continuation". Erzähl doch ein bischen darüber.
Uwe: Nun ja, es ist schwer, die einzelnen Titel zu
beschreiben, am Besten, man hört sich die Beispiele auf meiner Seite einmal an, die ich
in den nächsten Tagen auch komplett installieren werde. Aber ich versuche doch mal eine
grobe Beschreibung:
Die Stücke sind insgesamt etwas übersichtlicher und nicht so
zugepackt, wie auf der "Elements of Trance". Insgesamt ist das Tempo etwas
zurückgefahren, da man seit einiger Zeit von den "hektischen" Titeln wieder
abgekommen ist. Das soll aber nicht heißen, das die Stücke "lahm" wären. Ich
denke, beim Auto fahren kommt die CD ganz gut, aber man sollte etwas aufpassen. Einige
Stücke haben sich auch vom reinen "Trance" etwas in Richtung "House"
bewegt. Insgesamt ist mir wohl auch die Abmischung besser gelungen, als bei den ersten
beiden "Element 4". Die Stücke kommen trockener und druckvoller rüber, was ich
eigentlich schon lange anstrebe. Ich habe mir mehr Zeit für die gesamte Produktion
genommen als früher, aber ich denke, es hat sich gelohnt.
Stephan: Gibt es neben Brainwork und Element 4 noch
weitere Projekte, die Du verfolgst?
Uwe: Im Moment noch keine festen Projekte, aber ich
sehe das eh locker, auch mit verschiedenen anderen Leuten etwas zu versuchen. Sowas ist in
anderen Szenen an der Tagesordnung, und ich finde das auch sehr wichtig, damit man sich
nicht festfährt. Am liebsten würde ich dann einige Sachen zu festen Projekten machen,
aber das ist sowohl bei mir, als auch bei den entsprechenden Leuten ein großes
Zeitproblem.
Stephan: Du hast
Deine Homepage neu gestaltet. Unter anderem findet sich hier ein
Bereich "Audio Visuelle Multimedia Show", in dem zu Deiner Musik (Element 4?)
Computeranimationen zu sehen sind. Ich finde das eine sehr gelungene Sache. Wie bist Du
auf die Idee gekommen und von wem stammen die Animationen?
Uwe: Also, die beiden "Mind Trips" sind mit
Ausschnitten aus der neuen Element 4 unterlegt, und die restliche Musik habe ich speziell
für die entsprechenden Animationen komponiert. Die Idee zu solchen Installationen
schwebte mir schon lange vor, da ich die meisten "Textseiten" von Musikern
stinklangweilig finde. Was hat eine Seitenlange "Bio" und Listen von
Veröffentlichungen und Preisen mit Musik zu tun. Schließlich bietet gerade das Internet
so viele Möglichkeiten, man muß sich nur ein wenig umschauen...
Stephan: Wird es die bisher unveröffentlichten
Musikstücke auch auf CD geben?
Uwe: Vielleicht werde ich die eine oder andere Sequenz
noch mal aufgreifen, aber im Moment reicht das noch nicht für richtige Stücke.
Stephan: Wie sehen Deine Pläne in Sachen Brainwork
aus?
Uwe: Da die Element 4 gerade fertig geworden ist,
werde ich mich in nächster Zeit auch wieder verstärkt auf Brainwork konzentrieren. Wie
gesagt, versuche ich gerade einen neuen Stil zu entwickeln, den ich sowohl für Konzerte,
als auch für die nächste CD einsetzen möchte. Dabei soll es nicht mehr ganz so
beschaulich zugehen, wie auf der "Sensual Reflections", obwohl ich zu diesen
Stücken noch stehe. Aber es war doch mehr Musik für "gewisse Gelegenheiten"...
Es sollen auch wieder verstärkt "analoge" Klänge zum Einsatz kommen, die meine
letzte Investition, der (digitale ;-) ) "Virus", wie kaum ein alter "echter
analoger" hervorzaubert. Ich will mich mal selber überraschen lassen, was dabei
heraus kommt...
Stephan: Wann werden wir Dich wieder Live erleben
können?
Uwe: Einige Konzerte waren ja für dieses Jahr eine
Weile geplant, sind dann aber geplatzt. Selber veranstalten und spielen habe ich nicht
mehr vor, da für eine gelungene Veranstaltung der Streß und Aufwand für mich in der
Vergangenheit einfach zu groß waren. Ich finde es sinnvoller, mich auf das Konzert als
Musiker zu konzentrieren. Ich habe demnächst mal vor, die schnelleren Sachen im
"Party"-Rahmen zu spielen, also dort, wo dann auch dazu getanzt wird. Nächstes
Jahr soll dann aber auch "Brainwork" mal wieder zu sehen und vor allen Dingen zu
hören sein. Das hängt dann aber noch von halbwegs vernünftigen Konzepten seitens der
Veranstalter ab. Für Gespräche bin ich da immer offen...
Stephan: Vielen Dank für das Interview.
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