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Interview mit Wolf Maahn
am 27.07.2007 in Arnsberg geführt

 

Vor dem Open Air-Konzert in Arnsberg hatte ich die Gelegenheit Wolf Maahn einige Fragen zum Konzert und zum neuen Album zu stellen. Was er geantwortet hat, lest ihr hier:

Stephan: Auf deiner Homepage ist zu lesen, dass eigentlich eine Konzertpause angesagt war, du aber doch einige Open Air’s kurzfristig gebucht hast, darunter auch Arnsberg. Was hat dich bewogen jetzt doch auf die Bühne zu gehen und vor allem Open Air zu spielen?

Wolf: Im Sommer sind es vor allem Open Air’s, da spielt man ja eher selten Clubs. Bewogen hat mich, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass es immer ganz gut ist, auch wenn man das Gefühl hat, man braucht eine Pause, dass so ein paar Liveevents zwischendurch dir wieder einen ganz anderen Blickwinkel zurückgeben, den du sonst verlierst. Ich wusste ja, ich habe den ganzen Sommer diese Doppelalbum-Session (Anmerkung: gemeint ist das kommende Album „Direkt ins Blut II“) zu mischen. Vor drei Tagen dachte ich noch „Oh, jetzt auf eine Bühne“, das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Jetzt, wo ich den Soundcheck mache, fange ich schon wieder an das zu schmecken. Das motiviert einfach.

Stephan: Ist es ein Unterschied für dich draußen zu spielen statt in der Halle?

Wolf: Nein, eigentlich nicht. Einen Unterschied macht es, wenn es dann ganz groß wird, so die Größenordnung von über 10.000 annimmt, wo man dann den Kontakt nicht mehr hat und du nicht weißt, wer steht denn da hinten noch und hören die überhaupt zu. Du siehst einfach nichts mehr. Solch ein großes Event haben wir zum Beispiel mal bei einer Tour mit Herbert Grönemeyer gemacht, das war eine Riesenumstellung vom Act, weil kleine Gesten usw., die setzen sich gar nicht bis hinten durch.


Wolf Maahn mit Markus Wienstoer beim Soundcheck

Stephan: Bei deinem Auftritt in Arnsberg wird es dann wahrscheinlich viel intimer.

Wolf: Ja, ich denke mal, alles so unter 5.000 ist dann schon recht intim.

Stephan: So viele Leute werden heute wohl nicht kommen. Was macht dir denn mehr Spaß?

Wolf: Ich finde die Abwechslung schön. Ich fände es doof nur in kleinen Clubs zu spielen. Ich hab jetzt auch eine lange Solo-Tour gemacht und da waren auch Sachen dabei, die ungewöhnlich waren. Kino’s, Schauspielhaus oder auch ganz kleine Sachen. Ich hab das sehr genossen, aber dann freut man sich natürlich auch mal wieder auf ein Open Air. Die Weite, die man im Blick hat, fühlt man auf einmal auch in der Musik. Wenn der Sound dann auch noch stimmt, denkt man, der Wind trägt das sozusagen in die Herzen.

Stephan: Was erwartet die Zuschauer heute Abend? Deine neue CD „Direkt ins Blut II“ wird ja bald erscheinen, wobei es sich wieder um ein unplugged-Album handelt. Vorhin beim Soundcheck konnte man schon hören, dass das Konzert nicht so unplugged wird. Wird es da eine Mixtur aus normalem Rockkonzert und unplugged geben?

Wolf: Nein, unplugged haben wir das ja mehr aus Spaß genannt. Es war halt der Versuch minimalistischer an die Songs heran zu gehen, vorwiegend akustisch. Und schon beim ersten unplugged hat der Gitarrist damals sofort die E-Gitarre genommen. Und dann haben wir das „un“ eingeklammert (Anmerkung: die 94’er CD trägt den Zusatz [un]plugged). Das ist so unser eigenes Format, wenn man es so nennen will, unsere eigene Art von unplugged. Das heißt eigentlich nur minimalistischer, schon mehr akustisch, heißt aber auch, dass wir die Stück in einem intimeren Rahmen neu entdecken. Intim heißt jetzt nicht unbedingt, dass man nicht auch Open Air spielen kann, das heißt, dass auf der Bühne sitzt man dann oft auf einem Barhocker, man hat untereinander einen anderen Blickkontakt, man hat nicht diese Situation, dass man permanent auf der Bühne herumläuft, sondern man macht mehr miteinander, grinst sich öfter zwischendurch an. Man geht auch mehr in die Songs rein. Wir suchen dann auch andere Wege, die Songs zu bringen, nutzen andere Styles und sehen was die Stücke noch alle hergeben.

Stephan: Du hast dann die Songs auch anderer arrangiert?

Wolf: Teilweise völlig anders, ja. Songs werden dann auch mal als Reggae, Ska, als Rockabilly oder sonst was, was einem gerade so einfällt, gespielt.

Stephan: Liegt das jetzt auch daran, dass die Band in einer anderen Besetzung spielt? Macht sich das bemerkbar?

Wolf: Ja, die Band ist eigentlich auch extra so zusammengestellt. Gerade der durch den zusätzlichen Mann, den Matthias, der viele akustische Parts übernimmt, die ich beim Singen gar nicht hinkriege. Er ist ein ganz toller Musiker, der auch dauernd neue kleine Melodien findet. Man nimmt erst beim dritten Mal wahr, was der zwischendurch wieder alles gespielt hat. Man hört wirklich mehr zu, würde ich sagen. Das ist jetzt dadurch ein bisschen mehr konzertant.


Wolf Maahn beim Soundcheck

Stephan: Du feierst mit dieser Tour auch dein 25jähriges Bühnen-Jubiläum. Was hat sich in dieser langen Zeit getan, was hat sich verändert?

Wolf: Manches hat sich überhaupt nicht verändert. Ich finde dass vieles durchaus vergleichbar ist, zum Beispiel die Publikumsreaktion, wenn wir spielen. Was ich feststelle ist, dass Leute, wenn sie so … ich sag mal, meine Fans sind ja teilweise auch über 30 oder 40 Jahre alt, dass dann Musik für sie anfängt teilweise unwichtiger zu werden. Früher hat man Musikzeitschriften gelesen und war immer auf dem Laufenden. Neulich war ich in Köln (Anmerkung: Wolf Maahns Wohnort) in einem Laden für Sanitäranlagen und habe etwas gekauft. Da sagt der Mann zu mir: „Ach, Wolf Maahn, von Ihnen habe ich aber lange nichts mehr gehört.“ Und dann sag ich „Ja, ich hab doch erst vor zwei Wochen in Köln im Gloria gespielt.“ „Ach ja, wirklich?“ „Wann waren Sie denn zum letzten Mal in einem Konzert?“ Da sagt er: „Das war doch erst neulich.“ Da sag ich: „Ja wann denn?“ Darauf fing er an zu rechnen und es stellte sich heraus, dass das vor zehn Jahren bei Fury In The Slaughterhouse war (lacht). Aber das ist halt so. Die Leute haben Familien usw. und das Musikinteresse ist leider eher bei den Leuten, die jünger sind, was ich schade finde, weil man will ja auch Entdecker bleiben. Das finde ich schon wichtig, wenn man in Würde altern will, sollte man trotzdem neugierig bleiben (lacht).

Stephan: Was motiviert dich jetzt nach über 25 Jahren Bühnenpräsenz immer noch Musik zu machen?

Wolf: Motivieren tun mich in erster Linie die Songs und die Konzerte. Die Songs sind halt zuerst da und wollen raus. Es macht unheimlich viel Spaß die zu realisieren. Das ist eine schöne Form der Selbstverwirklichung. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sind wie Geschenke und die muss ich dann so gut wie möglich umsetzen. Das nächste tolle sind dann die Konzerte, wo du dann merkst, die Leute haben die Songs gehört und die gefallen ihnen sogar. Das ist einfach umwerfend. Das ist eigentlich schon alles, das ist der grundsätzliche Motor. Dann kommen halt noch so Sachen dazu, die nach Außen die großen Momente waren, wie zum Beispiel die Rockpalastnacht, was vielen dann einfällt. Das war sicher auch für mich ein ganz besonderer Tag, aber die Show selber habe ich nicht so genossen. Erstens war ich tierisch nervös, da wir damals noch nie in einem so großen Rahmen gespielt haben und wir waren die erste Band in dieser Rocknacht, unglaublich. Auf der einen Seite war ich nervös, auf der anderen Seite hatte ich auch vier Tage vorher, was kaum einer weiß, eine Neuralgie, also eine Nervenentzündung quer über die Brust. Dann habe ich so ein Mittel bekommen, dass das lindert. Aber was mir keiner gesagt hat, dass wenn man schwitzt, dass das dann brennt wie Sau. (lacht) Da kannst du dir vorstellen, dass die ganze Show über mein Oberkörper gebrannt hat. Ich hab versucht immer ein cooles Gesicht zu machen und richtige Töne zu singen (lacht).

Stephan: Du planst einen zweiten Teil deines erfolgreichen 94’er unplugged-Albums „Direkt ins Blut“. Wie weit ist die Produktion und wann wird sie erscheinen?

Wolf: Es erscheint entweder am 14. oder am 21. September 2007. Das wird sich jetzt im Laufe der kommenden Woche entscheiden. Ich habe noch drei Stücke zu mischen und davon hängt es ab.

Stephan: Wird es darüber hinaus auch wieder eine DVD-Version geben?

Wolf: Ja, die wird es auch geben. Aber die kommt erst etwas später.

Stephan: Zwischen den beiden Platten liegen jetzt mittlerweile 13 Jahre. In der Zwischenzeit hast du ja auch einige Studioalben herausgebracht. Werden hauptsächlich die Stücke, die seit der ersten „Direkt ins Blut“ von dir veröffentlicht wurden in neuem Gewand auf der CD erscheinen oder gibt es auch ältere Stücke, die schon auf Teil eins waren, die jetzt anders arrangiert wurden?

Wolf: Da gibt es überhaupt keine Vorgaben. Wir haben die Zusammenstellung so gewählt, wie es gerade kam. Wir haben ja über 40 Songs quer durch alle Alben ausprobiert. Das, was dann am schnellsten gut funktionierte und wobei sich alle wohl fühlten, das wurde dann genommen. Wobei wir uns dann schon beschränken mussten. Wir hätten noch mehr machen können. Es gab wunderbare Stücke wie „Nach wie vor“ vom Album „Soul Maahn“ und von „Irgendwo in Deutschland“ hätte es auch noch den ein oder anderen Titel geben können. Das ging aber nicht, denn mit einem Doppelalbum haben wir ja auch schon ein umfangreiches Repertoire zusammengestellt. Vielleicht machen wir dann noch ein drittes Album.

Stephan: Mit Xavier Naidoo hast du deinen Titel „Ich wart auf dich“ neu eingespielt. Ich hab gelesen, dass das schon länger geplant war. Von wem kam die Initiative? Ist er auf dich zugekommen und hat gesagt „Das ist ein Stück, dass muss ich unbedingt machen“?


Wolf Maahn mit mir - nach dem Interview

Wolf: Schon im Jahr 2000 hat mich seine Managerin, die ich auch kannte, angerufen. Sie sagte: „Ich habe gerade mit dem Xavier gesprochen und er will dich fragen, ob du Lust hast mit ihm „Ich wart auf dich“ zu machen.“ Ich hatte aber mein Album gerade fertig und auch er hatte sein Album schon fertig. Außerdem hatte er zu dem Zeitpunkt gerade fünf oder sechs Duette herausgebracht. Dann haben wir gesagt: „Wir warten jetzt erst einmal.“ Und dann haben wir das ganze ein bisschen aus den Augen verloren. Jetzt, im Zuge des unplugged-Albums und der 25jährigen Jubiläums und auch mit dem nötigen Vorlauf habe ich ihn halt gefragt. Noch vor der Dierks-Session (Anmerkung: „Direkt ins Blut II“ wurde, wie schon Teil eins, live im Dierks Studio aufgenommen) bin ich dann zu ihm nach Mannheim gefahren, denn er konnte an diesem einen Tag nicht. Ich glaube, er ist auch so der Typ, der lieber im Studio produziert. Er ist aber bestimmt auch gerne live auf der Bühne. Die Art wie er produziert ist auch eine ganz besondere, zum Beispiel wie er seine Stimme aufnimmt. Das geht dann besser im Studio.

Stephan: Wie wird sich der Song vom Original unterscheiden, außer dass jetzt Xavier mitsingt?

Wolf: Xavier singt den Löwenanteil des Songs. Das macht schon einen großen Unterscheid weil er diesen unverwechselbaren Stil hat. Ansonsten ist das Arrangement aber auch anders. Es gibt einen anderen Groove und es ist beispielsweise auch ein schöner Steinway Flügel drauf. Aber natürlich sind auch der unverwechselbare Gitarrenriff dabei und vieles, was man kennt.

 

Stephan: Ist es richtig, dass der Song auf „Direkt ins Blut II“ als Bonustrack erscheinen wird? Hast du mal drüber nachgedacht das Stück auch als Single herauszubringen?

Wolf: Ja, aber das lassen wir erst einmal. Der Xavier möchte erst mal ein Jahr Pause machen, weil er hatte - auch durch die Fußball-WM - ein sehr präsentes Jahr. Er hat mich gebeten, damit erst einmal zu warten. Er hat auch ins Auge gefasst, den Song auf seinem nächsten Album als Single zu machen (lacht). Es soll mir egal sein, ich auch noch andere gute Singles.

Stephan: Du lässt dir zwischen den Studioalben immer ziemlich viel Zeit. Seit „Zauberstrassen“ sind jetzt auch schon wieder drei Jahre vergangen. Gibt es Planungen für das nächste Studioalbum?

Wolf: Nein. Im Moment bin ich erst einmal froh, wenn ich hiermit fertig bin (Anmerkung: gemeint ist „Direkt ins Blut II“), weil ich seit Wochen unter Tage bin. Ich habe noch bis heute Morgen vier Uhr den Xavier Naidoo-Titel fertig gemischt, denn er fährt nächste Woche weg. Ich habe ihm vom Mix eine MP3 geschickt. Er hat mich vor einer Stunde angerufen und ist völlig angetan. Er hat sich 1.000 Mal bedankt. Jetzt bin ich erst einmal froh, dass er ihm gefällt und dann werde ich wohl Mitte der Woche fertig sein und brauche dann erst einmal ein paar Tage Urlaub. Dann frag mich mal in zwei Wochen noch mal (lacht).

Stephan: Vielen Dank für das Gespräch.

Stephan Schelle, 28.07.2007

 
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