Interview mit Thorsten Sudler-Mainz
Per Email im November/Dezember 2020 geführt

Die Verwendung dieses Interviews oder Auszüge daraus, sind nur mit Zustimmung des Autors erlaubt.

Thorsten Sudler-Mainz ist der Kopf hinter dem Musikprojekt Deep Imagination. Im Oktober 2020 ist das fünfte Studioalbum seines Projektes herausgekommen. Die Musik von Deep Imagination hat sich im Laufe der Jahre kontinuierlich verändert. Vergleiche zur Musik von Künstlern wie Dead Can Dance, Pink Floyd oder Depeche Mode werden oft gezogen. Stilistisch finden sich in der auf Synthesizern basierten Musik Elemente aus den Bereichen elektronische Musik, Artrock, Gothic Rock und Ethno-Pop wieder. Stephan Schelle sprach mit Thorsten Sudler-Mainz über seinen musikalischen Background sowie das neue Album.

Bevor wir auf Deep Imagination kommen, lass uns kurz etwas weiter zurück gehen. Du hattest im Vorgespräch erzählt, dass du in einer NDW-Band gespielt und in den 80’er Jahren auch Gothic gemacht hast. Erzähl doch bitte kurz etwas über deine musikalischen Wurzeln.

Die gehen weit zurück bis 1972, als ich als 9-jähriger von meinem großen Cousin Bands wie T. Rex oder Slade nähergebracht bekam und sofort zum Fan wurde. Mit 13 habe ich mir dann ein Drumset von meinen Eltern gewünscht, aber daraus wurde leider nichts, weil das aus ihrer Sicht kein richtiges Instrument war. Es kamen meine Pink Floyd-Jahre. Als Teenager habe ich deren große 70er Jahre Alben hoch und runter gehört. Erst mit 19 habe ich mir dann mein erstes Schlagzeug gekauft und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen, selbst Musik zu machen. Das war 1982, ich nahm Unterricht und ich spielte Schlagzeug in einer NDW-Band und parallel dazu in einer Progressive Rockband. Das waren ziemlich prägende Zeiten für mich.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe mich dann schnell auch für andere Instrumente interessiert, begann mit E-Gitarre und später kamen ein Synthesizer und ein Drumcomputer dazu. Das waren die Zeiten von Postpunk und Gothicrock, wir waren oft in der Frankfurter Batschkapp bei Konzerten von Dead Can Dance, The Chameleons oder Sisters Of Mercy. Wir waren völlig begeistert von diesen neuen düsteren Sachen und haben versucht, wie die zu klingen. Aber ich war damals noch ein totales Greenhorn und hatte keine Ahnung, wie man eine gute Produktion hinbekommt. Es folgten dann erste Erfahrungen im Studio von Thorsten Rentsch im Heddernheimer Bunker in Frankfurt. Ich spielte wieder Drums, war Teil der Frankfurter Szene und durfte mit meinem damaligen Bandprojekt sogar selbst auf die heilige Batschkapp-Bühne. In den 90gern hatte ich dann mein erstes eigenes 8-Spur Studio und jahrelang mit meinem ersten Soloprojekt im stillen Kellerlein unzählige Songs aufgenommen. Und in den späten 90gern war ich dann Teil eines Elektronik-Duos und habe angefangen mit Sequenzern zu arbeiten und habe mir produktionstechnisch viele Dinge erarbeitet, die ich heute noch anwende.


Thorsten Sudler-Mainz

Als Musiker habe ich dich dann im Jahr 2000 richtig wahrgenommen, als du zusammen mit Thorsten Rentsch das viel beachtete Album „New Horizon“ unter dem Projektnamen Art Of Infinity herausgebracht hast. Wie kam das zustande?

Wir hatten ja vorher schon viel gemeinsam im Studio gemacht und im Oktober 1996 sind wir dann zusammen nach Holland gefahren, haben uns für zwei Wochen ein Ferienhaus gemietet und da ein Tonstudio installiert. Das war die Geburtsstunde von Art Of Infinity. Wir haben viel experimentiert und mit „Three Days Winter“ das erste Stück von Art Of Infinity produziert. Wir wollten etwas sehr Professionelles hinbekommen, virtuose Gastmusiker einladen und haben uns gesagt, dass wir nur Dinge aufnehmen, die völlig überzeugend sind. Es sollte alles groß klingen und wir fanden schnell solch floydige Stimmungen, an denen wir immer weiter gefeilt haben. In den zwei Jahren danach haben wir dann auch unseren 21-minütigen Longtrack „Evolution“ produziert. Das Stück hat Thorsten Rentsch, der inzwischen in den großen Kölner Tonstudios gelandet war, für den Mix aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt. Im Jahr 2000 war "New Horizon" fertig und wir haben es damals auf ATM Records, dem Label unseres Gastkeyboarders Matthias Krauss, veröffentlicht. Und wir haben es nach London zu peoplesound.com geschickt, das war eines der ersten Onlinelabels überhaupt. Die haben es dann auch im Netz veröffentlicht und wir waren da plötzlich vorne in den Ambient-Charts. Auch die Reaktionen in der Presse waren fantastisch.

Im Jahr 2005 hast du dann mit Deep Imagination zunächst ein Sideprojekt ins Leben gerufen, bei dem du die Fäden in der Hand hattest, aber von deinem Art Of Infinity-Partner Thorsten Rentsch und von Saxophonist Stefan Höllering tatkräftig unterstützt wurdest. „Scapes“ war ja noch sehr elektronisch und bestand – dem Titel entsprechend – aus flächigen Soundscapes. Was war deine Intention für das neue Projekt?

Wir hatten nach der Veröffentlichung unseres zweiten Albums in 2004 eine Live-Anfrage für Art Of Infinity und überlegten, wie wir das Projekt auf die Bühne bekommen könnten. Damals war aber die Zeit noch nicht reif, das umzusetzen, was mich auf die Idee brachte, ein reduziertes und instrumentales Soloprojekt zu starten. Das war der Anfang von Deep Imagination. Ich verwendete auf dem ersten Album „Scapes“ ganz bewusst nur elektronische Klangflächen, keine perkussiven Klänge, keine klassischen E-Gitarren und auch keinen Gesang. Thorsten Rentsch mit verfremdeten Gitarren und Stefan Höllering mit seinem Midi-Sax haben im Studio ein paar Overdubs eingespielt, wir hatten dann das Format am Start, zu dritt auf die Bühne zu gehen.

Am 16.04.2005, also mit Veröffentlichung des Albums „Scapes“ hast du dein Projekt Deep Imagination live beim Burg Satzvey-Festival vorgestellt. Wie war das für dich mit einem neuen Projekt auf die Bühne zu gehen und wie war damals die Resonanz des Publikums?

Die war ausgezeichnet, das Publikum war wunderbar und es war an der Musik sehr interessiert. Das Satzvey Castle Festival in der Eifel hatte ja Lothar Lubitz von Syngate Records viele Jahre lang veranstaltet. Die Atmosphäre im Bourbonensaal war wunderbar. Wir haben neben den Stücken von „Scapes“ auch Stücke von Art Of Infinity eingebaut. In den Folgejahren haben wir mit diesem Format weitere Gigs gespielt, 2010 waren wir Teil des Electronic Circus Festivals im Movie in Bielefeld, wo wir „Awareness“, das letzte rein instrumentale Album von Deep Imagination vorgestellt haben. In 2012 war es dann soweit, wir sind zu sechst, mit zwei Sängerinnen und Gastkeyboarder, im Planetarium Bochum als Art Of Infinity auf die Bühne gegangen. Danach haben Thorsten Rentsch und ich nach vier Alben mit Art Of Infinity eine Pause eingelegt, die bis heute andauert. Wir verstehen uns aber immer noch sehr gut und auf meinem neuen Album hat er auch wieder mitgewirkt.

Es folgte mit „Gemstones“ im Jahr 2008 eine Mischung aus Livematerial und vier neuen Stücken. 2011 dann der Wechsel zu BSC Music mit dem Album „Awareness“, dessen Stücke mit herrlichen Melodiebögen zwischen Ambient, traditioneller Elektronikmusik, Electronica und Lounge pendelten. 2017 kam dann „Carefully Kept Secrets“ auf dem du deutlicher neue Stilistiken in deine Musik eingebunden hast. Du hast gerade dein neues Deep Imagination-Studioalbum „My Silent Celebration“ veröffentlicht. Wenn man die Anfänge des Projektes sieht, das mit „Scapes“ sehr elektronisch angelegt war, und dies mit deiner neuen Produktion vergleicht, dann hat sich dein Stil stark gewandelt. Wie siehst du diese Entwicklung und was hat dich dazu bewegt?

Das ist ganz einfach zu erklären, denn nachdem Art Of Infinity 2012 in den Dornröschenschlaf gefallen war, habe ich das Konzept auf Deep Imagination übertragen und mir damit alle Freiheiten genommen. Auf der EP „Dancing With Ghosts“ von 2015 kamen zu den Keyboards zum ersten Mal bei Deep Imagination Gesang, Percussion und Gitarren zum Einsatz. Das hat sich ganz natürlich so ergeben. Aus dem Side Project wurde das Main Project mit allen darin enthaltenen Stilistiken, die sich am Ende zu einem ureigenen musikalischen Universum zusammenfügen sollen. Oder einfacher gesagt, zu einem eigenen Stil.


von links: Thorsten "Hardy" Hartmann und Thorsten Sudler-Mainz

Drei Jahre sind zwischen dem letzten Album und deiner neuen Produktion ins Land gegangen. Wenn man sich die ersten Alben anschaut, die noch als CDRs mit einfachem Cover erschienen sind, entsprechen deine letzten Alben dem höchsten Standard. Du gehst ja einem anderen Beruf nach, da ist es sicherlich nicht leicht ein solch professionelles Album an den Start zu bringen. Wie aufwendig war es das Album zu produzieren?

Für die Komposition und Produktion der neuen Stücke habe ich stark unterschiedlich viel Zeit benötigt. Am schnellsten war ich bei „Longing For Peace“, dagegen war „Burning Sun“ sehr viel Arbeit. Aber das spielt dann keine Rolle, denn irgendwann kommt der Punkt, an dem ein Stück fertig ist. Natürlich ist das Thema mit der Professionalität, dem Beruf und der Berufung sicherlich für fast jeden Musiker etwas, mit dem er sich beschäftigen muss. Nur die wenigsten können von der Musik leben und da muss jeder schauen, wie stark der Wille ist, das mit der Musik durchzuziehen. Ich bin selbstständig und habe mein Leben so organisiert, dass ich auch meine große Leidenschaft, Musik zu machen, leben kann, aber nicht davon leben muss. Das hat den großen Vorteil, dass ich die totale künstlerische Freiheit habe und mir die Zeit nehmen kann, zu produzieren, was und wie ich es möchte. Das hat sich auch mit dem Deal bei BSC Music nicht geändert. Ich kann mich weiterentwickeln und kann mit Deep Imagination alles selbst vordenken und ausformen. Es reizen mich musikalisch immer auch die Dinge, die ich so oder so noch nie gemacht habe. Das Professionelle daran ist dann, wie man es ausführt. Ich gehöre zu denen, die gerne so lange etwas ausarbeiten, bis es so gut ist, wie nur eben möglich. Das ist meine Art von Virtuosität. Bei „My Silent Celebration“ ist es natürlich auch aufwendig gewesen, die optischen Komponenten wie die Digipak-CD, die Foto-Serien und Video-Clips zu produzieren. Hierbei hat mir übrigens meine liebe Freundin Oda Reiter von Wortwind sehr geholfen. Das Mediale ist ein wichtiger Teil des Gesamten und ich bin sehr glücklich, dieses Album jetzt in dieser Form am Start zu haben. Und die bisherigen Reaktionen darauf sind wirklich unglaublich gut.

Das neue Album ist auch sehr organisch angelegt, was sicherlich unter anderem auch daran liegt, dass du wieder angefangen hast Percussion zu spielen. Wie hast du die Framedrum (Rahmentrommel) eingesetzt?

Die Framedrum habe ich auf allen Stücken des Albums eingesetzt. Auf meinem letzten Album hatte ich mit dem US-Percussionisten Byron Metcalf in Form einer Long-Distance-Collaboration zusammengearbeitet. Er ist ein echter Großmeister und hat mich mit seinem Framedrum-Spiel so inspiriert, dass ich mir selbst eine gekauft habe und 2018 wieder angefangen habe, intensiver Percussion zu spielen. Das Instrument ist mit einem Ziegenfell bespannt und du kannst es stimmen. Das Erstaunliche ist, dass man damit fast ein Drumset, zumindest Bassdrum und Snare, ersetzen kann. Und das mit einer einzigen Trommel, die mit den Händen gespielt wird. Ich improvisiere gern, nehme alles auf, suche mir die besten Stellen raus und baue daraus Loops. Es klingt dann fast wie elektronische Musik, ist aber eben ein Naturinstrument, das der Musik etwas Erdiges, Warmes und auch Geheimnisvolles gibt.

Seit „Carefully Kept Secrets“ hat sich die Anzahl der Gastmusiker stark vergrößert. Während auf dem letzten Album die Lead-Vocals deine Frau Ann Kareen Mainz eingesungen hat (die vorangegangenen Alben waren instrumental), hast du mit Torsten „Hardy“ Hartmann auf „My Silent Celebration“ einen männlichen Sänger dabei, der auf zwei Songs den Lead-Gesang übernommen hat. Erzähl doch bitte wie es dazu kam.


von links: Ann Kareen Mainz und Thorsten Sudler-Mainz

Normalerweise finde ich eigentlich keine Zeit, andere Bands zu produzieren, aber 2019 hat mich Günter Kaufmann, Gastgitarrist bei Deep Imagination, gefragt, ob ich eine Studio-Produktion für seine Tribute Band Depeche Mode Acoustic Experience machen würde und Hardy ist der Sänger dieser Band. Sie kamen zu mir ins Studio und wir haben uns sofort total gut verstanden. Zudem hat er mich musikalisch sehr beeindruckt. Bevor ich Hardy fragen konnte, ob er bei Deep Imagination mitmachen würde, hat er es mir von selbst angeboten. Mit seinen Vocals auf dem neuen Album bin ich unheimlich zufrieden. Er ist übrigens nicht nur ein ausgezeichneter Sänger, sondern auch ein wunderbarer Entertainer, der ein Publikum mit Leichtigkeit um den Finger wickeln und in seinen Bann ziehen kann.

Mit dem Gitarristen Günter Kaufmann, der bei der Hälfte der Stücke des neuen Albums Gitarre spielt, hast du bereits mal in den 80’er Jahren zusammengespielt. Was habt ihr seinerzeit gemacht und wie konntest du ihn für dein Projekt gewinnen?

Damals in den 80ern waren das eigentlich nur ein paar Sessions und nichts Konkretes. Wir sind in der gleichen Stadt in der Nähe von Frankfurt aufgewachsen und Günter tauchte damals wie viele andere bei uns im Proberaum auf. Wir haben uns erst viele Jahre später in Bochum bei dem Konzert von Art Of Infinity in 2012 wiedergetroffen. Das hatte ihm gut gefallen und er ist musikalisch sehr offen und ist an vielen sehr unterschiedlichen Projekten beteiligt, wobei man seine Hauptleidenschaft im Jazz und Fusion-Bereich verorten kann. Er kam dann 2015 zu mir ins Studio und die Kombination meiner Art, Keyboards einzusetzen und seiner Art, Gitarre zu spielen, erzeugte sofort solch ganz feine gilmoureske und floydige Stimmungen, wie ich sie liebe. Das Konzept im Studio ist, das ich Günter alle Freiheiten lasse und seine Improvisationen aufnehme. Er lässt mir dann die Freiheiten, es so zu arrangieren, wie ich es möchte. So kamen auch die herrlichen Gitarren auf dem neuen Album bei „Burning Sun“ oder „After The Glow“ zustande. Es ist wunderbar, mit einem so virtuosen Musiker zusammenzuarbeiten.

Oben von links: Torsten "Hardy" Hartmann (voc), Ann Kareen Mainz (voc), Leon Mainz (voc), Oda Reiter (voc)
Unten von links: Günter Kaufmann (git), Thorsten Rentsch (git), Achim von Raesfeld (git) und Stefan Höllering (sax)

Neben deiner Frau ist auch dein Sohn Leon gesanglich auf dem Album vertreten. Dein Schwager Stefan Höllering hat ebenfalls wieder einen Track mit seinem Sopransaxophon veredelt. Ist damit die Familie stark in das Projekt Deep Imagination eingebunden?

Das mit Leon ist natürlich etwas ganz Besonderes für mich. Da kannst du wahrscheinlich tausende Musiker fragen, das ist wunderbar mit dem eigenen Nachwuchs zu spielen. Er ist Student, seit acht Jahren Chorsänger und hat auch gesanglich eine gute Ausbildung genossen. Leon war schon bei großen Chorwettbewerben dabei. Obwohl er kaum Studioerfahrung hat, waren die Gesangsparts bei „In My Memory“ überhaupt kein Problem für ihn. Mit Stefan Höllering mache ich auch schon sehr lange Musik. Als Saxophonist kommt er natürlich aus dem Jazz und ist übrigens der Neffe von Charly Höllering, der ein bekannter Jazz Klarinettist war und zu Lebzeiten als der Deutsche Benny Goodman bezeichnet wurde. Stefan hat vor allem auch bei Art Of Infinity auf den ersten drei Alben mit dem Tenorsax diese herrlich gefühlvollen Dark-Side-Of-The-Moon-Saxes eingespielt. Auch diese Sachen von ihm sind immer noch unglaublich gut. Du hast recht, die Familie ist stark eingebunden, aber das ist etwas, das ganz natürlich passiert. Mit Ann Kareen bin ich seit 1986 zusammen und solange machen wir auch schon zusammen Musik. Sie ist meine größte Kritikerin und eine wunderbare Sängerin, die schon als Kind im Chor des Hessischen Rundfunks gesungen hat. Wir verstehen uns auch musikalisch sehr gut und sind da fast immer auf einer Wellenlänge. Bei Art Of Infinity hat sie auch auf allen Alben mitgewirkt. Da fällt mir eine kleine Anekdote ein. Ende der 90er hatte Thorsten Rentsch mit Eric Woolfson von Alan Parsons Project im Soundstudio N in Köln zusammengearbeitet. Zur gleichen Zeit hatte Thorsten dort auch das erste Album von Art Of Infinity gemischt und ihm Auszüge davon vorgespielt. Als Eric die Stimme von Ann Kareen hörte, sagte er „Oh, what a lovely voice“. Dem kann ich nur zustimmen.

Du hast dir vor einigen Jahren ein eigenes Studio gebaut. Wie nimmst du die Musik auf und wie werden die Passagen der Gastmusiker eingespielt? Findet das in deinem Studio statt oder schicken dir die Gäste Musikfiles?

Mein eigenes Studio hatte ich ja schon immer, aber 2018 habe ich es endlich technisch so ausgestattet, dass ich komplette Produktionen, inklusive Mix, selbst fahren kann. „My Silent Celebration“ ist die erste Produktion, die ich komplett selbst gemacht habe. Es ist beim Aufnehmen nicht viel anders als in den 90ern. Der Unterschied sind die genialen technischen Möglichkeiten, Audiomaterial zu bearbeiten. Die schöpfe ich so ziemlich aus, manchmal bis in die kleinste Akzentuierung. Auch die Passagen der Gäste habe ich bei mir im Studio aufgenommen. Ich mag dieses klassische Arbeiten, Gesang und Instrumente mit dem Mikrofon selbst einzufangen. Das ist ein wichtiger Teil der Produktion. Das Versenden von Files ist auch interessant und kann Zeit um Raum überbrücken, aber da können auch wichtige Dinge in der Interaktion mit den Musikern verloren gehen.

Deine Alben erscheinen ja seit einigen Jahren bei BSC Music, die sie sehr professionell herausbringen. Wie klappt die Zusammenarbeit zwischen euch?

Die Zusammenarbeit mit BSC Music ist ausgezeichnet. Mit meinem Label Manager Christoph Bühring-Uhle, der BSC Music 1988 auch selbst mitbegründet hat, habe ich ein wunderbares und sehr vertrauensvolles Verhältnis. Er arbeitet hart und setzt sich für seine Künstler ein, dabei bleibt er immer positiv und gibt einem ein Gefühl von Wertschätzung. Das sind Dinge, die sind wahnsinnig wichtig für das Kreative, sie wirken wie ein Elixier, das du nicht kaufen kannst.

Kurz vor Veröffentlichung des Albums hast du mit „In My Memory“ noch eine Single veröffentlicht, auf der sich eine Chillout-Version des Stückes befindet, die nicht auf das Album gekommen ist. Auch zum vorangegangenen Album sowie in der Zwischenzeit hast du vier Singles herausgebracht. Wie war die Resonanz darauf?

Die Resonanz vor allem auf die Single „Temple In Nowhere“ war sehr gut. Das dazu gehörige Video haben wir auf Lanzarote gedreht und das war wirklich die perfekte Kulisse. Ich denke, neben Alben auch Singles und EPs zu veröffentlichen ist wichtiger geworden. Seit 2015 habe ich praktisch in jedem Jahr etwas Neues veröffentlicht. Das ist natürlich gut, um im Gespräch zu bleiben. Das Album bleibt für mich aber das wichtigste Format, das durch nichts zu ersetzen ist. 

In dem schön gemachten Booklet sind mehrere Fotos (in der Natur aufgenommen) abgedruckt, die von Oda Reiter, deiner Frau und dir gemacht wurden. Hast du dich bei deiner Musik auch von Landschaften inspirieren lassen?

Es war eher umgekehrt, die Musik hat uns dazu inspiriert, Bandfotos und Bilder für Videoclips in der Natur zu produzieren. Sie ist dafür die beste Bühne und man kann sehr schöne Plätze finden. Die Inspiration für mich, Musik zu machen, ist mehr spiritueller Natur und das ist ja auch das Thema von „My Silent Celebration“. Das Cover stellt ein stilisiertes Feuer dar und steht für die Kraft und Energie, die im kreativen Prozess freigesetzt wird. Im Grunde ist es dies, um das es mir geht, wenn ich Musik kreiere. Es ist wie eine stille Feier, wenn Dinge passieren und aus dir herauskommen, die magisch sind, und die du dir letztlich nicht erklären kannst. Das hat etwas sehr Faszinierendes und wenn die Musik einmal da ist, dann bleibt sie für immer bei dir und gehört zu dir. Das ist etwas, das mich sehr zufrieden und glücklich macht.

Vielen Dank Stephan.

Stephan Schelle

Menue - Musiker