Matthias:
Ja, aber das hat bei uns ja auch schon Tradition! Unsere alljährlichen
Weihnachtskonzerte bieten für uns immer den Raum, ein paar alte Perlen
wieder auszugraben!
Stephan:
Die Konzerte finden dann immer in eurer Heimat, also in Hamburg statt?
Matthias:
Bis jetzt fand das Weihnachtskonzert immer in Hamburg statt. Weil wir
dieses Jahr schon zweimal in Hamburg gespielt haben, und auch für unsere
Fans, die aus einer anderen Region kommen, gehen wir dieses Jahr nach
Kreuztal.
Stephan:
Sebastian sagte vorhin schon, dass in Kreuztal eine richtige Fangemeinde
besteht. Ist das richtig?
Matthias:
Anscheinend ja. Das ist so der Dunstkreis unseres Fanclubs, der gerade
am entstehen ist. Deswegen kann man das auch als kleines Geschenk an sie
sehen, dass wir dieses Mal zu ihnen und sie nicht zu uns kommen müssen.
Stephan:
Wie war aus heutiger Sicht betrachtet eure Tour mit Blind Ego?
Matthias:
Klasse! Das tolle daran war, dass wir unterschiedlich genug waren, um
dem Publikum wirklich einen sehr abwechslungsreichen Konzertabend zu
bieten, aber dann trotzdem ähnlich genug waren, dass dann sowohl die
Blind Ego-Fans was von Sylvan hatten als auch umgekehrt. Es war
durchgehend tolle Rockmusik. Dazu kam, dass wir uns während der Tour,
und das ist ja auch nicht selbstverständlich, untereinander richtig
angefreundet haben. Wir waren ja vorher auch schon so ein kleines
bisschen mit RPWL, mit Kalle Wallner und Yogi Lang bekannt. Mittlerweile
ist da aber so ein richtig kleine Nord – Süd Freundschaft daraus
geworden. Sebastian und ich fliegen beispielsweise jetzt im Dezember mal
runter nach München und gehen zusammen mit Kalle Ski laufen. Und Marco
hat sich total mit Paul Wrightson angefreundet. Die beiden waren zum
Schluss echt unzertrennlich. Auch mit John Jowitt und all den Anderen,
die mit auf der Tour waren, haben wir uns super verstanden. Es ist
wirklich schön, wenn man am Ende einer Tour feststellt, dass die
richtigen Leute zusammen unterwegs waren.

Sylvan mit Blind Ego 13.05.2007 in Oberhausen
Stephan:
Das Konzert in Oberhausen mit dem abschließenden „Perfect Stranger“ von
Deep Purple, das Blind Ego zusammen mit euch auf der Bühne zelebrierten,
war für uns Zuschauer absolut mitreißend. Wie war das für euch?
Matthias:
Das war eine Idee von Paul Wrightson. Blind Ego hatte diesen Song
sowieso im Programm. Paul, der ein großer Fan von Marco’s Stimme ist,
hatte den Wunsch, dass er mitsingen sollte. Das war alles recht spontan
und am Ende sind wir alle noch mit auf die Bühne gegangen. Ich meine,
wir hatten ja nichts zu spielen. Sebastian hat ein bisschen Bass gezupft
und ich selber konnte eigentlich nur dumm rumtanzen (lacht), weil es
kann ja nur einer am Schlagzeug sitzen. Aber du hast Recht, ich denke,
es hat sehr gut diese Freundschaft, die während der Tour entstanden ist
gezeigt.
Stephan:
Dann kam der Auftritt auf der Loreley. Wie habt ihr den Gig vor ca.
6.000 Leuten empfunden?
Matthias:
Mit der Loreley hat uns das nicht so überrascht, denn wir wussten ja
schon was uns erwartet, da wir letztes Jahr auch schon dort waren.
Damals war es auch schon relativ voll. Dieses Mal waren es halt noch ein
bisschen mehr. Mir ist es aber eigentlich egal, ob ich in einem kleinen
Club spiele oder vor ein paar tausend Leuten. Wichtig ist, dass der
Funken überspringt. Klar, es ist ein tolles Bild diese ganzen Leute zu
sehen, aber häufig mag ich so kleine Clubs lieber. Das ist noch
direkter.
Stephan:
Sieht man dann gar nicht mehr, ob 200 oder 2.000 Leute da sind? Oder wie
wirkt das von der Bühne aus?
Matthias:
Doch das sieht man. Man bekommt am Anfang eines Konzertes relativ
schnell mit, wie viel Leute im Publikum sind und wie sie reagieren. Man
hat dann natürlich eine ganz andere Erwartung. Auch 2.000 Leute können
lustlos klatschen und man kann sich schlecht fühlen. Dagegen können
einen 50 Leute in einem kleinen Club abfeiern und man spielt das Konzert
seines Lebens. Es kommt wirklich auf die Reaktion der Zuschauer an, die
da sind. Aber bevor jetzt falsche Gerüchte aufkommen, das Publikum auf
der Loreley war fantastisch.

Sylvan beim Night Of The Prog (Loreley) 21.07.2007
Stephan:
Dann kam das Highlight am 01.09.2007 in Hamburg, euer Konzert für die
Aufnahmen eurer kommenden DVD. Ich war leider nicht da.
Matthias:
Ja, da hast Du etwas verpasst, würde ich sagen. Wir sind, was unsere
Aufnahmen angeht und auch sonst, bekennende Perfektionisten. Wir hatten
schon lange vor, ein Live-Album oder eine Live-DVD zu machen, nur hatten
wir bis jetzt immer gedacht, dass der Zeitpunkt noch nicht reif ist,
weil wir es uns halt nicht hätten leisten können. Also zumindest nicht
das leisten können, was wir uns vom Aufwand und von unserer Vorstellung
her leisten wollten. Wenn es eine DVD geben sollte, dann sollte sie auch
toll aussehen und unserer Musik entsprechen. Wir haben ja sehr lyrische
Stücke, die einfach nach einer großen Show verlangen. Nach dem Erfolg
von „Posthumous Silence“ war dieser Zeitpunkt endlich gekommen. Wir
hatten endlich das Budget für unsere DVD Produktion und eben auch das
richtige Album für eine große, aufwendige Konzeptshow.
Stephan:
Habt Ihr viel mit Filmen im Hintergrund gearbeitet?
Matthias:
Richtig. Wir hatten Videoprojektionen. Wir haben auf diese Art und Weise
die Geschichte von „Posthumous Silence“ visualisiert und mit einer
großen Rockshow verbunden. Außerdem hatten wir einige Gastmusiker mit
dabei: drei Backgroundsängerinnen, zwei Gitarristen und die Cellistin,
die auch auf dem Album gespielt hat. Wir hatten schon ein irre großes
Team zusammen. Allein an dem Abend waren es rund 30 Leute, die für uns
gearbeitet haben. Insgesamt waren es wohl 70 Leute, die irgendwann
irgendwas für diese Show gemacht haben. Es war ein irres Gefühl, denn
alle waren mit Herzblut dabei. Und auch das Publikum hat das honoriert.
Die Show war mit über 500 Zuschauern ausverkauft und die Besucher kamen
aus vielen Ländern Europas wie zum Beispiel Finnland, Schweden, Holland
oder auch Italien. Es war eine beeindruckende Stimmung. Da waren Leute
in den ersten Reihen, die geweint haben, weil sie es so ergreifend
fanden. Da läuft einem schon so ein Schauder über den Rücken.
Stephan:
Du sagtest vorhin, dass ihr Perfektionisten seid. Da liegt die
Befürchtung nah, dass ihr recht lange für die DVD braucht, weil sie
perfekt werden soll. Wie ist eigentlich der Stand der Dinge?
Matthias:
Die DVD ist in Arbeit. Da redest du auch gerade mit den beiden richtigen
(Anmerkung der Red.: Sebastian Harnack war gemeint, der beim Interview
anwesend war). In Sebastians Aufgabenbereich fiel die gesamte
Koordination der Kameras. Außerdem wird er das ganze Bildmaterial
sichten und dann auch den größten Teil des Materials schneiden. In
meinen Bereich fiel bei dieser Show die Inszenierung und im Nachhinein
die Koordinierung der Mischung. Momentan sind wir dabei, das ganze
Audiomaterial zu sichten und es dann nachher mit unserem Co-Produzenten,
Jens Lück, gemeinsam zu mischen. Da wir das alles nebenher machen
müssen, neben dem Plattenlabel, das wir ja auch noch haben und den
übrigen alltäglichen Aufgaben, wird es mit der Fertigstellung der DVD
noch ein wenig dauern. Ich schätze mal es wird im April nächsten Jahres
dann soweit sein.
Stephan:
Das heißt also, ihr schneidet alles selber? Es geht also kein anderer
daran, sondern ihr bearbeitet das komplett?
Matthias:
Ja. Auch unsere CDs produzieren wir selbst. Deswegen verbringen wir ja
auch manchmal monatelang im Studio. Alles was wir veröffentlichen ist
schon von uns erstellt, überarbeitet, geprüft und abgesegnet. Wir geben
ungern etwas ab.
Stephan:
Das heißt auch, dass Ihr das Mastering selber macht?
Matthias:
Wenn ich von „wir“ spreche, dann meine ich auch immer unseren
Co-Produzenten Jens Lück. Er gehört, was unsere Produktionen angeht,
seit Jahren fest zum Team. Die meisten SYLVAN Produktionen wurden von
ihm gemastert. Allerdings immer nach unseren Vorgaben!
Stephan:
War er denn schon von Anfang an dabei?
Matthias:
Jens war von Anfang an mit dabei. Wenn wir an neuem Material arbeiten,
fangen wir meist bei mir im Studio an, wo wir die Keyboards aufnehmen.
Von der Gitarre und dem Gesang produzieren wir Vorabversionen. Dann
gehen wir zu Jens ins Studio und nehmen mit ihm das Schlagzeug, die
Gitarren und den finalen Gesang auf. Danach nehme ich das Material
wieder mit zu mir. Wir bearbeiten die aufgenommenen Takes und gehen dann
wieder zurück zu ihm ins Studio um die Sachen zu mischen. Auf diese
Weise hat Jens durchaus Einfluss auf unsere Musik, obwohl, das letzte
Wort haben wir.
Stephan:
Am 17. Oktober 2007 habt ihr spontan im Rahmen der weltweiten Aktion:
"STAND UP AGAINST POVERTY AND INEQUALITY" ein Konzert auf St. Pauli
gegeben. Was hat euch dazu bewegt und wie war die Resonanz?
Matthias:
Drei Tage vorher hat uns jemand gefragt, ob wir dort nicht spontan
spielen wollen.
Stephan:
Wie kam man jetzt auf euch?

Live in Essen 28.11.2004
Matthias:
Das kam über einen persönlichen Kontakt. Ich kannte den Moderator der
Show. Leider hat es dann an dem Tag des Konzertes Bindfäden geregnet.
Außerdem war es total kalt. So war die spontane Aktion doch etwas
unglücklich. Aber das weiß man ja im Vorfeld leider nie.
Stephan:
Welche Künstler waren noch dabei?
Matthias:
Alles Bands aus Hamburg, keine aus dem Bereich Progressive Rock. Aber es
war für einen guten Zweck. Das ganze war ja im Rahmen einer Weltweiten
Aktion „Steht auf gegen Armut“.
Stephan:
Euer Konzeptalbum „Posthumous Silence“ hat durch die Reihe weg gute
Pressekritiken bekommen, wie war die Resonanz auf euer letztes Werk „Presets“?
Matthias:
In der Prog-Szene sehr gut, von der übrigen Welt wurde es mal wieder
ignoriert.
Stephan:
Ist das eingetreten, was Ihr Euch mit dem Album erhofft habt?
Matthias:
Nein. Wir hatten gehofft, mit „Presets“ ein neues Publikum an den
progressive Rock heranführen zu können. Ich bin nach wie vor der
Meinung, dass das Album das Potenzial dazu hat. Es ist nicht so
eingetreten, weil einfach …
Sebastian:
.. der Musikmarkt so im Arsch ist.
Matthias:
Der Musikmarkt ist wirklich überfüllt mit Produktionen, die um die Gunst
der Radiohörer buhlen. Da hätte es schon mit viel, viel, viel Glück
zugehen müssen, dass so ein Song wie „For One Day“, der durchaus Radio
Potenzial hat, ins Radio kommt. Es ist nicht passiert. Wir hatten extra
eine Promotionagentur darauf angesetzt.
Sebastian:
Man muss dazu sagen, dass es immer noch so Sachen wie diese NDR-Nummer
gibt.
Stephan:
Das war diese Geschichte, bei der man einen Song von Euch per Abstimmung
als Song der Woche wählen konnte?
Matthias:
Genau.
Sebastian:
Das war im Prinzip der Newcomer der Woche, bei dem auf NDR 2 drei Bands
vorgestellt wurden. NDR 2 ist damit deutschlandweit zu hören gewesen.
Matthias:
Wir hatten vor kurzem noch ein Angebot von einem Musikverlag, einem
Plattenlabel in Kooperation mit der EMI, „For One Day“ als Single noch
mal zu rereleasen. Die waren total von dem Hitpotenzial überzeugt. Wir
haben aber in dem Gespräch mit ihnen deutlich gesagt, dass wir die
Strukturen, die wir uns über die Jahre aufgebaut haben, nicht aufgeben
wollen. Letztendlich ist es wohl daran gescheitert.
Stephan:
Der Einfluss, dem man sich dann als Musiker aussetzen muss ist ja auch
nicht ohne.

Als Supportact von Marillion am 30.11.2005 im Kölner
E-Werk
Matthias:
Genau. Die Zukunft von Bands wie uns ist sowieso sehr ungewiss. Das
Brenn- und Raubkopieren hat ja mittlerweile auch die Prog-Szene
erreicht. Und auch wenn die Wertschätzung einer Original CD im
Progbereich vielleicht noch überproportional hoch ist, gibt es auch
Sylvan als Torrent-File im Internet. Alle unsere Alben kann man so
illegal herunterladen. Das gleiche gilt natürlich auch für die Alben von
IQ, Porcupine Tree, Marillion etc.
Es ist heute für die Hörer so leicht,
sich das gesamte Oeuvre einer Band auf einen Schlag zu besorgen. Eine
Albenhistory, für die eine Band wie Sylvan zehn Jahre lang Herzblut und
Geld investiert hat. Die Leute vergessen einfach, dass sie mit dem
Erwerb einer CD das Überleben einer Band sichern. Ich habe neulich in
einem Forum das ganz deprimierende Statement von Martin Orford von IQ
gelesen, der meinte, dass er IQ nur noch fünf Jahre gibt, wenn sich die
Strukturen nicht wieder ändern. Er meint, dass nur die ganz kleinen und
die ganz großen überleben. Die kleinen Hobbybands, da nicht drauf
angewiesen sind, Geld zu erwirtschaften und die ganz großen, die einfach
genug Kohle mit der Vermarktung ihres Namens machen können. Für
Mittelgroße Bands wie Sylvan oder IQ wird es schwierig. Hier zählt jedes
verkaufte Album. Hier schmerzt jede einzelne raubkopierte CD! Wir haben
gar nicht den Anspruch, komplett davon leben zu wollen, wir können es
uns aber auch nicht leisten, Geld zu verlieren.
Stephan:
Ich habe auch mitbekommen, dass es jetzt auch die eher kleineren
Musikrichtungen betrifft. Man würde es dort gar nicht vermuten, weil die
Fankreise doch eher kleiner sind. So stellen zum Beispiel irgendwelche
Server in Russland den kompletten Katalog von Elektronikmusikern zum
download bereit. Geht das in die Richtung die du ansprichst oder meinst
du auch das Thema Tauschbörsen im Internet?
Matthias:
Ja. Ich glaube das Problem findet in den Köpfen der Menschen statt. Ich
erinnere mich noch, als ich meine ersten Platten bzw. CDs gekauft hab.
Ein Album stellte für mich immer einen Wert dar. Dann war ich stolzer
Besitzer dieses Albums. Ich hab das dann zu meinen Kumpels getragen und
hab es ihnen gezeigt. Und die fragten dann immer sofort „Dürfen wir uns
die ausleihen?“. Und ich dann „Ja, aber nur kurz, damit ich sie wieder
hören kann.“ Und heute ist das eher so, das einer fragt „Was? Du hast
eine neue Band? Sylvan heißt die? Dann brenn mir doch mal alle Alben von
denen.“ Oder es werden per USB-Stick mal eben alle Alben rübergezogen.
Natürlich weiß ich auch, dass nicht alle, die auf diese Weise unsere
Musik erhalten, auch potenzielle Käufer unserer Musik wären. Sicherlich
hat das Tauschen unserer Musik auch einen guten Werbeeffekt, nur es muss
sich das Gleichgewicht halten zwischen Leuten die uns nur kennen und
Leuten, die immer noch bereit sind, für unsere Musik Geld auszugeben.
Wenn dieses Gleichgewicht in die Richtung kippt, dass uns zwar viele
Leute kennen, aber einfach alle erwarten, dass man unsere Musik umsonst
bekommt, dann müssten wir das Albenproduzieren einstellen. Aber soweit
ist es Gott sei Dank ja noch nicht.
Stephan:
Seit „Artificial Paradise“ geht Ihr doch auch schon den Weg die CDs mit
aufwendigen Booklets auszustatten. Ich bin auch mit der LP groß
geworden. Für mich war und ist es immer das schönste, etwas in der Hand
zu halten, wo ich blättern und mir Texte, Infos oder auch Bilder ansehen
kann. Seit „Artificial Paradise“ habt Ihr immer wunderschöne Booklets
beigefügt. Das macht auch gerade viele Veröffentlichungen der Prog-Szene
aus. Das ist natürlich auch eine Geschichte, die der Band oder dem Label
Geld kostet.
Matthias:
Ja, das ist sicherlich ein wichtiges Mittel, um den Hörer zum Kauf eines
Originals zu bewegen!
Stephan:
Dazu kommt, dass die Prog-Szene auch nicht gerade groß ist. Wenn ich
sehe, wie viel Leute so zu den Konzerten kommen.
Matthias:
Richtig.

Pressefoto Sylvan
Stephan:
Man muss sich das ja nur heute mal umschauen. Als ich euch 2006 in der
Lindenbrauerei gesehen hab, da waren mal gerade 50 Leute da. Das tut
einem als Besucher schon weh, wenn man bedenkt, welchen Aufwand eine
Band betreiben muss, um ein Konzert auf die Beine zustellen.
Matthias:
Genau. Ende der 90’er, Anfang der 2000’er gab es, glaube ich, so ein
kleines Prog-Revival. Da sind die alten Prog-Bands dann aber auch alle
wieder aus ihren Löchern gekrochen gekommen. Und alle tourten sie wieder
und machen neue Alben. Und das zusammengenommen mit all den neuen
ProgRock-Bands generiert ein Überangebot in dieser Szene. Du hast
eigentlich das Gefühl, das es viel mehr Progressive Rock-Musiker gibt,
als Fans (lacht). Und da steht Sylvan eigentlich noch ganz gut da. Ich
will mich auch gar nicht beschweren. Es gibt viele Bands in dem Bereich,
denen geht es schlechter als uns. Aber, wie der Martin Orford von IQ
kürzlich sagte, es geht sicherlich in den nächsten Jahren an die
Substanz und man muss halt gucken, welche Bands es sich noch leisten
können, professionell Platten zu veröffentlichen.
Stephan:
Seit wann seid ihr jetzt schon in diesem professionelleren Bereich?
Schon seit „Artificial Paradise“? Das müsste doch seinerzeit die
Initialzündung für euch gewesen sein. Die Platte war für mich auch der
Einstieg in eure Musik.
Matthias:
„Deliverance“ war unsere erste CD, die wir gemacht haben. Das war 1998
und gleichzeitig die Geburtsstunde von Sylvan. Die moderne Form von
Sylvan, seitdem wir wirklich alles selber machen, begann ab der „Artificial
Paradise“. Da haben wir auch unser eigenes Label gegründet. Man darf
auch nicht vergessen, dass seit dieser Zeit unser begnadeter Bassist,
Sebastian, dabei ist (beide lachen). Das meine ich ganz im Ernst, denn
wir lieben uns ja alle.
Sebastian:
Das ist so toll.
Matthias:
Ich wohne ja auch mit Sebastian zusammen.
Stephan:
Habt ihr zusammen eine WG?
Matthias:
Eine WG ist das nicht. Wir wohnen beide in separaten Wohnungen im
gleichen Haus. Sebastian wohnt im Erdgeschoss und ich im obersten Stock.
Wir haben einen Dachbodenlager und ein Sylvan-Büro. Wir sind so ein
bisschen die Homebase von Sylvan, das pochende Herz.

Sylvan beim pROCKfest in Bünde 09.11.2007
Stephan:
Deswegen seid ihr jetzt auch die ersten der Band, die jetzt in der
Location auftauchen.
Matthias:
Wie immer. Wir sind auch immer die letzten, die gehen (lacht). Das ist
immer das gleiche.
Sebastian
(aus dem Hintergrund): Wenn wir überhaupt gehen.
Stephan:
Nun kann die Frage natürlich nicht ausbleiben, was mit eurem
langjährigen Gitarristen Kay Söhl ist. Er hat definitiv die Band
verlassen?
Matthias:
Ja.
Stephan:
Ihr habt ja, glaube ich, im Frühjahr oder Sommer diesen Jahres noch
gehofft, das er bei eurem Gig zur DVD-Produktion am 01.09.2007 in
Hamburg dabei sein würde. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, war er
nicht dabei. Er ist also nicht mehr bei Sylvan. Macht er nun sein
eigenes Ding?
Matthias:
Momentan macht er keine Musik. Vielleicht wird er irgendwann mal wieder
Musik machen, das wissen wir nicht. Sein Interesse an Sylvan schien am
Ende nicht mehr groß genug gewesen zu sein, um es mal diplomatisch
auszudrücken. Er hätte durchaus am 01.09.2007 mitspielen können, aber er
wollte nicht. Wir haben uns danach im beiderseitigen Einvernehmen
getrennt. Wir hatten uns im Endeffekt auseinander gelebt und nun brechen
wir auf, zu neuen Ufern. Wir haben heute Jan, unseren neuen Gitarristen
dabei.
Stephan:
Ihr habt aber auch mit Guido Bungenstock einen guten Gitarristen als
Ersatz gehabt, der zwar einen ganz anderen Stil als Kay hatte, aber es
doch sehr gut gemacht hat.
Matthias:
Guido ist ein Freund von uns. Mit ihm hab ich auch schon bei Rain For A
Day lange zusammen gespielt. Es war aber von vornherein klar, dass er
nur als Gastgitarrist bei Sylvan mitmachen würde. Jan ist jetzt der
neue, feste Gitarrist bei Sylvan.

Der neue Gitarrist Jan
Petersen (beim
pROCKfest 2007)
Stephan:
Also ein typisch norddeutscher Name. Wie lange ist er jetzt schon dabei?
Tritt er heute zum ersten Mal mit euch auf oder war er auch schon am
01.09.2007 dabei?
Matthias:
Er ist relativ spontan dazugekommen, hat aber auch schon am 01.09. beim
Auftritt mitgewirkt. Wir kennen ihn auch schon etwas länger, da er auch
schon bei Rain For A Day mitgespielt hat. Wir haben am 01.09.
festgestellt, das er wirklich zu uns passt. Er weiß wirklich, was die
Musik von Sylvan bedeutet und weiß respektvoll mit der Arbeit von Kay
umzugehen. Er ist darüber hinaus aber auch noch ein fantastischer
Gitarrist und total zuverlässig. Er passt einfach in die Band. Es wäre
einfach verrückt, mit diesem Menschen nicht weiter zu arbeiten.
Stephan:
Im Fußball würde man wahrscheinlich sagen, dass er eure Laufwege kennt.
Matthias:
Total. Es ist echt cool. Wir haben es jetzt noch nicht offiziell
gemacht, das werden wir wohl im Laufe der nächsten Wochen machen. Mal
gucken wann wir das machen, vielleicht in Kreuztal oder sogar heute
Abend (lacht).
Stephan:
Wie sehen eure Pläne für 2008 aus?
Matthias:
Oh, wir haben große Pläne.
Sebastian (wieder von hinten):
Auf jeden Fall eine Welttournee.
Matthias:
(lacht) Nein. Wir haben ein paar kleinere Pläne. Das wird wahrscheinlich
mit einer Polen-Tour im März beginnen. Dann werden wir hoffentlich im
Frühjahr die DVD veröffentlichen. Dazu wird es dann noch einmal zu einem
tollen Konzert in Hamburg kommen. Mehr wird aber noch nicht verraten.
Und dann werden wir sicherlich noch das ein oder andere Festivalkonzert
im Sommer spielen und vielleicht im Spätsommer mit unserem achten
Studioalbum beginnen.
Stephan:
Müsste das nicht euer siebtes sein?
Matthias:
Das siebte ist das Livealbum.
Stephan:
Das heißt also, dass es neben der DVD auch noch ein Livealbum geben
wird?
Matthias:
Ja richtig, das haben wir ja noch gar nicht erzählt. Es wird eine
Live-DVD geben. Auf dieser DVD befindet sich „Posthumous Silence“
komplett plus ein paar Bonustracks und ein wenig Hintergrundmaterial
bzw. Tourvideos. Was davon genau drauf kommt, muss noch entschieden
werden.
Stephan:
Also Material aus diesem Jahr.
Matthias:
Eventuell auch noch von früher.
Stephan:
Habt denn früher auch schon gefilmt?
Matthias:
Wir haben schon so viel in unserem Leben gefilmt. Wir können auch Sachen
aus Mexiko von 2001 zeigen. Wir haben wirklich so tolle Bilder, da
könnten wir wohl allein schon drei DVDs von machen. Und dann gibt es
auch noch für die Leute, die sich nicht so gern Live-DVDs kaufen, eine
normale Live-CD. Wahrscheinlich wird das ein Doppelalbum werden.
Stephan:
Vom gleichen Konzert?
Matthias:
Ja. Da wird dann fast die komplette Show drauf sein. Wir haben ja auch
noch neben „Posthumous Silence“ eine Art Best-Of-Show gespielt.
Stephan:
Du sagtest vorhin, dass ihr nächstes Jahr ins Studio geht und eine neue
Platte aufnehmen werdet. Fangt ich dann im Studio an die Stücke zu
komponieren oder stehen die zum Teil vorher schon? Hat man da jetzt
schon Ideen.
Matthias:
Ja. Es gibt eigentlich immer Ideen für neue Songs. Nur bedarf es eine
Art Startschuss, bevor wir anfangen, daran zu arbeiten. Jeder von uns
hat sicherlich bereits die ein oder andere musikalische Idee für das
neue Album im Kopf.
Stephan:
Vielen Dank für das ausführliche Interview.