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Interview mit Klaus Schulze
am 23.07.2010 per Telefon geführt


Stephan: Klaus, die letzten beiden Jahre standen wahrlich in deinem Zeichen. Kann man sagen, dass es aufgrund der Zusammenarbeit mit Lisa Gerrard bei der „Farscape“-Veröffentlichung und den Liveauftritten auf der Loreley, in Berlin und Warschau  sowie der darauf folgenden kurzen Europatour zu den wichtigsten Jahren der Ära Schulze gehört, weil du erstmals seit 5 Jahren wieder auf der Bühne standest? Welchen Stellenwert hatte dieses Konzert für dich nach so langer Abstinenz?

Klaus: Das war schon eine sehr riskante Sache, weil ich nicht wusste wie das klappt. Zumal die Bühnenabstinenz auch länger gewesen ist, denn 2003 kannst du nicht rechnen, weil ich da nur kurz in Polen war. Da hab ich nur eine halbe Stunde gespielt. Es sind eigentlich fast schon 10 Jahre, wo ich nicht mehr auf der Bühne war. Eigentlich waren es doch nur acht, denn ich trat zwischendurch ja noch zusammen mit Manuel Göttsching in der Royal Festival Hall in London auf. Ich bin aber trotzdem mit sehr gemischten Gefühlen an den Loreley-Auftritt gegangen, vor allem weil ich nicht allein, sondern mit Lisa auf die Bühne gegangen bin. Mit ihr hatte ich ja zuvor nicht mal geübt und wir waren zuvor nie zusammen live unterwegs. Durch die Platte (Anmerkung: gemeint ist „Farscape“) wusste ich natürlich das sie fantastisch live reagieren kann und das wir einfach improvisieren können. Es hat dann auch richtig Spaß gemacht. Und die Leute fanden das ja wohl auch ganz gut, denn ich hab ja auch noch drei Zugaben gegeben.

Stephan: Ich kann mich gut erinnern, denn ich war bei deinem Konzert anwesend.

Klaus: Ach so, du warst auch da. Es hat allen Spaß gemacht und mir dann auch. Wir haben dort sehr schöne Musik gemacht. Viele Leute empfanden das Konzert als das Beste, was ich seit ewigen Zeiten gemacht habe. Aber na gut … Ich fand den Auftritt in Polen noch ein bisschen besser, aber das ist natürlich eine Geschmacksfrage.

Stephan: Du bist nach dem Konzert noch sehr lange am Zaun gestanden und hast förmlich in den Zuschauern gebadet. Man konnte erkennen, dass du das Konzert förmlich in dich aufgesaugt hast. Interpretiere ich das richtig?

Klaus: Ich mach das aber immer, dass ich nach dem Konzert immer auf der Bühne und in diesem Fall am Zaun, weil die Bühne ja so hoch war, zu den Leuten gehe und ihnen auch noch Autogramme gebe. Oder auch um ihnen einige Antworten zu geben, wenn sie besondere Fragen haben. Aber meistens läuft es auf Autogramme raus, die ich auf ihre Plattenhüllen schreibe. Dann sehe ich auf einmal meine alten Platten, noch so uralte Dinger auf Vinyl (lacht). Ich geh immer zu den Fans, weil ich finde, dass wenn man schon so einen nahen Kontakt hat, auch während des Konzertes, das merke ich, da ist man mit dem Publikum sehr eng zusammen. Und nach dem Konzert kann man auch die persönliche Atmosphäre einfach dadurch haben, das man noch mal zusammenkommt. Das ist für mich ganz gut, weil der Druck dann raus ist. Weißt du, vorher bin ich ja immer tierisch aufgeregt. Die Leute sagen zwar, dass man das nicht merken würde, aber in mir vibriert es nur.

Stephan: Man merkt das als Zuschauer aber wirklich nicht.

Klaus: Ja, ja, aber ich hab richtig Gummi in den Knien, ich laufe dann auch immer so komisch. Meine Crew, die weiß das ganz genau. Wenn das Konzert dann vorbei ist, weiß man, es war schön, es hat Spaß gemacht. Und während des Konzertes tankt man ja auch Energie auf, es ist ja nicht so, das man nur Energie reinsteckt, das Publikum gibt durch seinen Applaus eine ganze Menge zurück. Und dann sitzt man nach dem Konzert da mit den Leuten und die sagen „Es war schön. Super“ und dann kommen da die Leute teilweise aus Amerika, Frankreich, Holland oder sonst wo angereist. Das ist einfach schön. Ich bin der Meinung, wenn man ein Konzert gibt, dann ist man auch für das Publikum da. Und wenn man eine CD macht, dann ist das was ganz anderes. Das ist dann Studioatmosphäre, da macht man das, was man selber gerne machen will. Ich mach ja auch beim Konzert Musik für die Leute und nicht so was ich mir so vorstelle.

Stephan: Das spürt man als Zuschauer auch.

Klaus: Wenn die Leute dann brüllen „Sequenzen“, dann spiel ich das auch.

Stephan: Würdest du das Zusammentreffen mit Lisa als einen Glücksfall bezeichnen?

Klaus: Ja absolut. Ich hab bisher mit keinem Musiker so ein Gefühl gehabt, das es so zusammen passt, als ob es geprobt und arrangiert wäre. Lisa hat damals mit Dead Can Dance auch schon mal so, sagen wir mal, schwere Musik gemacht. Wir sind ja nun mal zwei verschiedene Menschen. Es ist ganz komisch aber wir reden auch nie über Musik. Wenn wir zusammen sind und miteinander reden, dann reden wir über Tiere oder was gerade so in der Welt passiert, also mehr so allgemeine Themen. Als wir dann zum ersten Mal zusammen auf der Loreley auf die Bühne gingen, da hab ich Lisa dann mal gefragt: „Sag Mal Lisa, meinst nicht wir müssten vor dem Konzert mal üben?“ da sagte sie dann: „Ach nee Klaus, weißt du, du spielst und ich singe, das ist schon okay.“ Das haben wir dann auch gemacht und es hat geklappt. (lacht) Obwohl man sagen kann … Also die Franzosen haben mich dann noch nach Berlin begleitet und waren dann später auch noch bei der kurzen Tour in Amsterdam, Belgien und Paris dabei. Die haben gesagt, dass sie die Loreley als was ganz Besonderes empfunden haben. Aber das ist auch einer der Gründe, warum Lisa unbedingt für ein Konzert nach Deutschland gekommen ist, was sie ja sonst nie gemacht hat. Weil die Loreley so ein besonderer Ort ist. Vor allem für mich so mit Wagner und Rheingold und dieses alles. Ich muss auch dazu sagen dass es eine traumhafte Gegend ist. Wenn man so von oben auf den Rhein runterblickt, muss ich schon sagen, dass es eine wahnsinnstolle Gegend ist. Das es so schöne Gegenden am Rhein gibt … Man kennt immer nur Düsseldorf, Köln, Bonn und so, aber es ist ja fantastisch da. Und auch das Amphitheater hat so eine bestimmte Atmosphäre. Ich fand das so super und deshalb haben wir auch so sensibel, sehr leise und dann später auch laut gespielt. Wir haben nicht so gespielt wie Tangerine Dream - wie man mir sagt - so einmal voll aufgedreht und durchgehend bis ans Ende beibehalten. Für Lisa und mich war das an dem Abend sozusagen die Feuerprobe und das hat halt eben auch dafür gesorgt, dass wir danach auch erst einmal alle Konzerte zusammen gemacht haben. Es hat uns beiden soviel Spaß gemacht, was wir nicht erwartet hatten. Wir fanden beispielsweise das Konzert besser als die Studioproduktion.

Stephan: Das kann ich nur bestätigen. Die Livemusik gefällt mir auch wesentlich besser als die Studioaufnahmen.

Klaus: Guck mal, beim Studio hatte ich die Musik komplett fertig und habe sie dann drauf singen lassen. Und bei dem Konzert habe ich gespielt und sie hat gesungen und sorgte für Abwechslung. Ich hab auf sie reagiert und sie hat auf mich reagiert. Da ist das natürlich klar, dass das mehr zusammen passt.

Stephan: Wenn man euch beiden auf der Bühne agieren sieht oder eure Kommentare in den Dokumentationen der DVDs zuhört, dann macht es den Eindruck, als ob sich zwei gleich gesinnte musikalische Seelen gefunden haben.

Klaus: Ja das empfinde ich auch so. So ein ähnliches Gefühl habe ich auch noch mit Manuel Göttsching, weißt du bei ihm hab ich auch das Gefühl alles machen zu können was ich will. Manuel ist auch voll darauf eingestellt und umgekehrt. Mit ihm verstehe ich mich auch, wir brauchen auch nicht zu üben. Wie damals bei der „Gin Rose“. Aber da muss ich auch sagen, dass Manuel und ich uns auch schon 40 Jahre kennen, seit 1970. Wir haben so viele Platten und Konzerte zusammen gemacht, da ist das eigentlich auch normal. Aber mit Lisa hatte ich vorher gar nichts gemacht. Bis auf die Studioproduktion, aber das war ja wie gesagt fertige Musik auf der sie gesungen hat. Aber auch da hat sie gesagt: „Ne, ich brauch das vorher nicht hören. Drück einfach auf Aufnahme und dann is jut“. Das hat jedenfalls schon super Spaß gemacht und ich muss wirklich dazu sagen das passiert nur einmal: „Once in a lifetime“, dass man so einen Menschen trifft, mit dem man auf der anderen Seite auch privat die gleichen Vorstellungen hat. Aber über Musik reden wir einfach gar nicht. Ich finde es auch gut, dass das wie so ein kleines Mysterium über uns schwebt, das es klappt und das darf man dann nicht zerreden, weißt du? Wir wollen das auch nicht rationalisieren, in dem wir die Musik analysieren, nachdem wir sie gemacht haben. Sondern wir sagen einfach: „Komm, das klappt super, dann lass es so.“

Stephan: Bist du denn vom neuerlichen Erfolg überrascht gewesen?

Klaus: Natürlich. Es war ja dann auch so, dass wir in Berlin im Tempodrome gespielt haben. Und Berlin, das weißt du ja selber, da ist das Publikum auch immer sehr kritisch, wo ich auch immer einen ziemlichen Horror vor habe. Aber da haben wir Standing Ovations gekriegt und das beim Berliner Publikum (lacht), das ist schon eine tolle Sache. Amsterdam war auch schön, dann eben auch Belgien. Und alles war ausverkauft. Das ging uns dann so wie im Rausch. Wir haben ja nur in Hauptstädten in ganz Europa gespielt, also Polen, Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich. In Paris im La Cigale, wo ich ja immer gerne spiele und auch die Halle in Belgien, die Ancienne Belgique, das ist eine tolle Halle. Die hat mehrere Stockwerke, wo du so nach oben guckst und das Publikum siehst. Es war rappelvoll, das Ding. Das macht richtig Spaß. Das schöne ist ja, das wir eigentlich zwei verschieden gepolte Zuhörer haben. Die einen kommen mehr so aus der - sagen wir mal - Grufti-Szene, aufgrund von Dead Can Dance und daneben gibt es dann noch die Schulze-Fans. Und beide Lager haben sich bei den Konzerten supergut verstanden. Wir hatten noch nie das Gefühl, das es da Unruhe gibt, sondern jeder hat von dem anderen das mitgenommen, was sie auch gut fanden. Das unterschiedliche Publikum hat supergut zusammen gepasst und es kam mir dann vor wie ein geschlossenes Publikum. Und das war halt ganz besonders, weil das Publikum ja aus zwei verschiedenen Ecken kam. Das hat mich auch für Lisa gefreut, denn sie war ja auch sei langem erstmals wieder live zu sehen.

Wir haben aber jetzt erst einmal für uns eine Pause gemacht, denn Lisa hat gerade ihre Soloplatte „Black Opal“ und das Album „Departum“ zusammen mit Marcello De Francisci fertig gestellt. Ich arbeite andererseits an den mig-Releases der „La Vie Electronique“-Reihe und auch so langsam an dem Mitschnitt des Japan-Livekonzertes. Ich war ja jetzt noch mal in Japan und da wurde eine DVD gemacht. Da sind wir derzeit noch am gucken und am mischen. Ich hab ja in Japan an zwei aufeinander folgenden Tagen in der gleichen Halle gespielt und da wurde alles aufgenommen. Derzeit sind die Japaner noch am mischen und wir warten noch auf das Rohmaterial, weil die Japaner im NTSC-Format für Japan und Amerika produzieren, und wir mischen das für Europa auf PAL selber. Deshalb brauchen wir das Bildmaterial. Die Musik haben wir hier schon vorliegen.

Stephan: Die wird dieses Jahr aber noch erscheinen?

Klaus: Soll irgendwann im September rauskommen.

Stephan: Wird es von euch beiden (also Lisa und dir) noch eine weitere Kollaboration geben?

Klaus: Auf jeden Fall, nur nicht jetzt sofort. Wir müssen uns jetzt erst einmal beide um unsere eigenen Karrieren kümmern. Sie muss ihre Sachen machen und sie macht ja auch irrsinnig viele Filmmusiken. Auf ihrer Seite kann man das alles nachlesen. Sie hat schon viele Preise bekommen und macht auch Musik für Animationsfilme aus Hollywood. Die Zusammenarbeit ist einfach so toll, dass wir da bestimmt weitermachen. Man kann es auch billig machen, wenn man das dann durchgehend produziert, das wollen wir aber nicht, Wir warten jetzt mal so zwei oder drei Jahre und dann setzten wir uns mit neuen Erfahrungen wieder zusammen, dann wird es auch wieder was anderes werden. Und das ist auch bestimmt schön.

Stephan: Nach den beiden sehr schönen DVD-Veröffentlichungen, bist du da jetzt auf den Geschmack gekommen? Haben wir die Hoffnung, dass es auch aus den Archiven noch Material ans Licht der DVD-Player schaffen wird?

Klaus: Das ist schwer, weil ich ja von damals keine Bilder habe. Früher war das Filmen ja auch so teuer. Heutzutage ist das ja so, dass durch die Plattenfirmen, die ganze Digitaltechnik, die Kameras und so alles viel billiger geworden ist. Obwohl die Produktion, die ich gemacht hab trotzdem recht teuer war. Wir waren ja bei Peter Gabriel im Realworld-Studio und haben dort die Audio-Spuren gemischt. Wir haben auch mit acht Kameras in High-Definition aufgenommen. Und ich hab mir gesagt, wenn ich schon mal eine DVD mache, dann muss das auch eine Top-Qualität sein. Da ich aber von den alten Sachen keine Bilder habe, wird es von den früheren Konzerten nichts geben. Aber von den aktuellen Sachen, wie die Polen-Tour, die haben wir komplett aufgenommen, wird es sicherlich was geben. Aber das weiß ich noch nicht genau. Ich will auch nicht die Masse so übersättigen, weißt du, dann macht man alles so billig. Wenn das dann so viel ist, dann sagen alle, jetzt fängt der auch noch an nur noch DVDs zu machen. Das soll alles eher etwas Besonderes sein. Das Konzert in Japan wird auf Wunsch der Japaner als DVD erscheinen. Da bin ich Solo, ohne Lisa aufgetreten. In Europa wird sie aber etwas später als in Japan erscheinen. Wir bekommen das Material erst später, wenn die DVD fertig ist und dann müssen wir die noch mischen. Die Japaner machen das aber auch so gut, dass wir vielleicht sagen, wir übernehmen das einfach.

Du hast ja bei „Rheingold“ wahrscheinlich die Bonus-DVD von dem französischen Filmregisseur gesehen. Der würde dann die Schnitte, die von den Japanern nicht so gut gemacht sind, neu mischen. Und das dauert dann halt eine Weile, weil ja mit acht Kameras aufgenommen wurde. Da hast du dann 16 Stunden Film und das will erst mal durchgesehen und zusammen geschnitten sein. Die DVD würde dann aber irgendwann im November rauskommen, auf jeden Fall noch in diesem Jahr.

Stephan: Tom Dams ist seit geraumer Zeit dein Cheftechniker. Er hat nebenbei ja auch das Musikprojekt Solar Moon, mit dem du ja auf der „Contemporary Works Vol. 1“ schon zusammengearbeitet hast. Wird es wieder mal ein gemeinsames Werk geben oder kannst du dir vorstellen mit Tom zusammen ein Album aufzunehmen?

Klaus: Bei uns ist das sporadisch. Wir haben ja mit dem Geiger Thomas Kagermann noch so ein Projekt, das wir auch weitermachen wollen. Im Moment ist es so, dass Tom sehr intensiv an seinem eigenen Germaniacs-Projekt arbeitet und ansonsten hat er viel mit dem Remastern meiner Alben zu tun. Und das dauert ja auch seine Zeit, so 30 – 40 CDs auf einen Schlag zu remastern. Das sind gleich immer solch große Brocken, die da auf ihn zukommen. Die Gruppe Solar Moon funktioniert derzeit nicht so richtig, die sind nicht mehr zusammen. Der eine ist in Köln, zwei wohnen auf Ibiza und dann ist da noch der Tom. Tom Dams, Thomas Kagermann und ich haben aber so ein Projekt, das sich Die drei von der Tankstelle nennt. Das ist nach einem alten deutschen Film benannt. Wir drei haben jetzt auch schon viel Material aufgenommen und wir wollen damit auch weitermachen. Da wird auch sicherlich mal eine Produktion rauskommen. Die beiden sind richtig gute Musiker und es macht Spaß mit ihnen zu arbeiten.

Stephan: Ja, ich kenne Thomas persönlich. Ich hab ihn schon bei einer ganzen Reihe von Konzerten gesehen. Er ist ein ganz toller Mensch und Musiker.

Klaus: Ja, der ist super.

Stephan: Christopher von Dylen aka Schiller ist ein Musiker, der die Elektronik der Masse zugänglich macht. Auf dem vorletzten Schiller-Album „Sehnsucht“ hast du mit Christopher von Deylen das Stück „Zenit“ gemacht. Erzähl doch ein bisschen über die Zusammenarbeit und die Zusammenkunft.

Klaus: Das war einfach eine nette Sache. Ich brauchte damals einen Schlagzeuger und wollte diesen Schlagzeuger haben, der auch schon bei Pink Floyd getrommelt hat, den Gary Wallis, den hatte Christopher auf der Live-Erleben-Tour dabei. Ich hab dann den Christopher angerufen und ihn nach der Telefonnummer von Gary gefragt. Er hat mir die dann auch gemailt, aber der Gary war zu dem Zeitpunkt mit der Barbara Streisand auf Tour und daher ging das leider nicht. Christophers Eltern wohnen hier in der Nähe von mir und da sagte er „Mensch ich besuch meine Eltern, da komme ich mal vorbei. Ich würde mir dein Studio gerne mal begucken.“ Und dann kam er und brachte mir dann auch was von seinen Sachen mit.

Das war mit ihm so eine Sache, wo ich mich mal so richtig vertan hab. Für mich kam er immer so rüber, als ob er die Musik einfach so leichtfertig macht, weil sie poppig ist. Er fragte mich dann, ob wir nicht mal was zusammen machen könnten, diese Frage steht ja auch immer in der Luft, wenn sich Musiker treffen. Ich sagte dann „Ja, warum nicht.“ Ich hab ihm dann einerseits meine vorbereitete Musik geschickt, dann hat er seinen Kram dazu gemacht und dann kam er wieder hierher ins Studio und da haben wir die Sachen dann zusammen gemischt. Dabei habe ich dann gemerkt, dass Christopher ein sehr ernsthafter Musiker ist, der sich viele Gedanken darüber macht. Das hat mich wirklich total überrascht. Und da hab ich mir gesagt: „Da hast du dich mal in deiner Menschenkenntnis gehörig vertan.“ Die Zusammenarbeit  hat auch eine Menge Spaß gemacht und wir finden beide das Ergebnis sehr gut. Er ist jetzt sogar soweit gegangen, dass er seine Musik in Richtung der Pioniere der Elektronik, sprich Tangerine Dream oder Klaus Schulze macht. Das hat er ja auch so angekündigt. Obwohl ich ihm gesagt hab: „Sei vorsichtig. Ich weiß nicht, ob dein Publikum so flexibel ist.“ Mit den ganzen Sängerinnen und den Schlagzeugern, das war ja doch „anspruchsvolle Popmusik“, die einen Songorientierten Aufbau hatte. Jetzt aber solche epischen Elektronik/Instrumentalwerke zu machen, ist schon was anderes. „Sei vorsichtig, nicht das du dein ganzes Publikum verwirrst. Das wird für die unwahrscheinlich schwierig werden, das kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen.“ Auf der anderen Seite wollte er es aber nun machen. Da hab ich dann gesagt: „Da bin ich ja mal gespannt, was er da jetzt macht.“ Ich hab ihm aber auch angeboten ihm jederzeit zu helfen. Seitdem sind wir auch immer in Kontakt. Wie gesagt, wir telefonieren öfters. Letztens hat er ja hier in Hannover ein Konzert gegeben, da konnte ich aber leider nicht hin. Ich bin aber zu seinem Konzert nach Braunschweig gefahren und wir haben dann danach getroffen. Ich schätze ihn sehr und halte ihn für einen sehr ernsthaften Musiker. Da hab ich mich am Anfang doch irgendwie vertan. Wir haben ja auch immer sehr viel zu tun, aber wenn wir beide mal wieder so eine Lücke erwischen, wenn wir mal beide wieder gleichzeitig Zeit haben, werden wir auch bestimmt mal wieder etwas zusammen machen.

Stephan: Ich hatte dich ja schon vor gut fünf Jahren mal auf ein Projekt angesprochen. Was ist aus deiner Oper „Die Erfindung der Engel“ geworden? Liegt die noch auf Eis oder hast du die Veröffentlichung mittlerweile ganz dran gegeben?

Klaus: Die schlummert vor sich hin. Da muss die aber gerade fertig gewesen sein, als wir damals drüber gesprochen haben.

Stephan: Du hattest damals gesagt, dass die vielleicht bei Sony oder bei einem Label für Klassik rauskommen sollte.

Klaus: Die sollte bei der Grammophon rauskommen und dann auf einmal gibbet die nicht mehr. Das ist ja auch mit den Plattenfirmen im Moment so eine Sache. Wenn du beispielsweise mit einem Artchef von einer Plattenfirma Kontakt hast und rufst den nach einigen Wochen wieder an, dann gibt es die Firma schon nicht mehr. Genauso ging es auch mit den Labels, da gingen ja auch einige plötzlich unter. Ich schätze mal dass wir bald nur noch zwei große Firmen haben werden. Höchstwahrscheinlich CBS, sprich Sony und was weiß ich wen. EMI ist auch am wackeln. Die WEA gibt’s da noch oder auch Universal. Aber diese ganzen anderen unteren Label gibbet ja gar nicht mehr. Selbst Virgin ist bei EMI. Dann wird es nur noch ein Monopol an Labeln geben, was die sich sicherlich wünschen, denn dann können die die Musik diktieren, weil es keine Konkurrenz mehr gibt. Dann kannst du nur noch die Musik kaufen, die die produzieren. Das ist ja auch irgendwie langweilig.

Stephan: Genau.

Klaus: Dafür ist aber diese Freiheit ganz gut, über das Netz Musik zum Download anzubieten. Das ist relativ einfach und es ist von der Produktion her gesehen kostenlos. Man muss keine Cover machen, keine CD pressen. Man kann das alles für sich machen und im Downloadverfahren kann man das dann ausdrucken lassen. Es ist also nicht mehr so teuer. Auf der anderen Seite ist das aber auch so, wenn alle das machen, dann gibt es wieder einen so riesigen, unüberschaubaren Markt im Netz, das wieder keiner was findet.

Stephan: Das stimmt. Ich gehöre auch zu den Leuten die nicht gerne etwas downloaden, sondern stattdessen lieber eine ordentliche CD in den Händen halten. Vor allem ein gutes Artwork und ein umfangreiches Booklet können bei mir immer punkten.

Klaus: Das finde ich auch. Ich glaube das ist auch einer der Erfolge von meinen ReReleases, die so aufwendig im Digipack, einem extra Booklet und dem Layout mit den schwarzen CDs, die so ein bisschen nach Vinyl aussehen, herauskommen. Ich glaube dass das auch der Grund ist, warum wir davon so viele verkaufen. Einerseits haben die Leute auch was in der Hand und andererseits ist das etwas, das auch viel mehr bringt und Wert ist, als diese früheren Releases, die nur im Jewelcase von Universal oder so rausgekommen sind.

Stephan: Das denke ich auch.

Klaus: Ich bin eigentlich auch so einer, der auf solche Sachen steht, obwohl ich muss dazu sagen, dass ich noch lieber Vinyl in der Hand hätte. Die Plattenhüllen sind einfach größer und es hat doch was, so ein Doppelalbum auseinander zu klappen. Dagegen ist ein CD-Cover schon fast so etwas wie eine Briefmarke. Das finde ich nicht so schön, aber es geht halt nicht anders.

Stephan: Nachdem insideout ja mit der Widerveröffentlichung deiner Alben begonnen hat und die Firma dann leider in den Konkurs ging, wie froh bist du darüber, das es jetzt mit mig weitergeht? Und vor allem in der gleichen Qualität.

Klaus: Das ist ja der gleiche Typ, der das damals auch bei SPV gemacht hat.

Stephan: Der Eckie Stieg.

Klaus: Eckie einerseits und dann der Manfred Schütz, der auch der Chef von SPV war. Er hat das mig für sich gemacht und ist dort auch Chef der Firma. Die machen das in dem gleichen Sinn und mit dem gleichen Aufwand und dem gleichen Verständnis weiter und das finde ich auch sehr schön. Die Fans waren es ja jetzt darauf vorbereitet, dass es die ReRelease 1 bis 10 geben sollte (Anmerkung: gemeint ist die „La Vie Electronique“-Reihe) und nach der Nummer 4 war dann auf einmal Schluss. Das hat die natürlich auch ein bisschen irritiert. Seit gut drei Wochen sind glaube ich, die Versionen 5 und 6 draußen.

Stephan: Genau und die Nummer 7 steht schon in den Startlöchern.

Klaus: Ja, und die 8 kommt dann irgendwann im August. Die Nummern 9 und 10 werden dann schätzungsweise irgendwann um Weihnachten rum oder Anfang nächsten Jahres herauskommen. Und dann ist die Serie 1 – 10 auch abgeschlossen. Die CDs haben auch ein gutes Design. Der Grafiker ist ja auch der gleiche, der die anderen ReRelease gemacht hat. Der hatte direkt mit SPV auch nichts zu tun und hat das alles weitergemacht und deshalb ist das auch alles im gleichen Stil. Es steht im Grunde genommen nur ein anderer Firmenname drauf. Sie haben die gleiche Qualität, da haben wir auch nicht dran gespart.

Stephan: Was wird es denn neues von dir auf CD geben? Von der DVD hast du ja schon gesprochen …

Klaus: Wie gesagt wird es auch das Japan-Konzert auf CD geben und dann muss ich langsam anfangen wieder eine Soloplatte zu machen, nur nicht dieses Jahr. Guck mal, da kommt dieses Jahr noch das Japankonzert auf DVD und DoppelCD heraus und dann noch die letzten Teile der „La Vie Electronique“, da kann man die Leute ja auch nicht überlasten. Und dann wird ich wahrscheinlich so im November / Dezember wieder an einer Soloplatte arbeiten, die dann so ungefähr nächstes Jahr im März herauskommen wird.

Stephan: Vielen Dank Klaus, für das aufschlussreiche und sehr angenehme Gespräch.

August 2010

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