Stephan: Klaus, die letzten
beiden Jahre standen wahrlich in deinem Zeichen. Kann man sagen, dass es
aufgrund der Zusammenarbeit mit Lisa Gerrard bei der „Farscape“-Veröffentlichung
und den Liveauftritten auf der Loreley, in Berlin und Warschau sowie
der darauf folgenden kurzen Europatour zu den wichtigsten Jahren der Ära
Schulze gehört, weil du erstmals seit 5 Jahren wieder auf der Bühne
standest? Welchen Stellenwert hatte dieses Konzert für dich nach so
langer Abstinenz?
Klaus: Das war schon eine sehr
riskante Sache, weil ich nicht wusste wie das klappt. Zumal die
Bühnenabstinenz auch länger gewesen ist, denn 2003 kannst du nicht
rechnen, weil ich da nur kurz in Polen war. Da hab ich nur eine halbe
Stunde gespielt. Es sind eigentlich fast schon 10 Jahre, wo ich nicht
mehr auf der Bühne war. Eigentlich waren es doch nur acht, denn ich trat
zwischendurch ja noch zusammen mit Manuel Göttsching in der Royal
Festival Hall in London auf. Ich bin aber trotzdem mit sehr gemischten
Gefühlen an den Loreley-Auftritt gegangen, vor allem weil ich nicht
allein, sondern mit Lisa auf die Bühne gegangen bin. Mit ihr hatte ich
ja zuvor nicht mal geübt und wir waren zuvor nie zusammen live
unterwegs. Durch die Platte (Anmerkung: gemeint ist „Farscape“) wusste
ich natürlich das sie fantastisch live reagieren kann und das wir
einfach improvisieren können. Es hat dann auch richtig Spaß gemacht. Und
die Leute fanden das ja wohl auch ganz gut, denn ich hab ja auch noch
drei Zugaben gegeben.
Stephan: Ich kann mich gut
erinnern, denn ich war bei deinem Konzert anwesend.
Klaus: Ach so, du warst auch
da. Es hat allen Spaß gemacht und mir dann auch. Wir haben dort sehr
schöne Musik gemacht. Viele Leute empfanden das Konzert als das Beste,
was ich seit ewigen Zeiten gemacht habe. Aber na gut … Ich fand den
Auftritt in Polen noch ein bisschen besser, aber das ist natürlich eine
Geschmacksfrage.
Stephan: Du bist nach dem
Konzert noch sehr lange am Zaun gestanden und hast förmlich in den
Zuschauern gebadet. Man konnte erkennen, dass du das Konzert förmlich in
dich aufgesaugt hast. Interpretiere ich das richtig?
Klaus: Ich mach das aber immer,
dass ich nach dem Konzert immer auf der Bühne und in diesem Fall am
Zaun, weil die Bühne ja so hoch war, zu den Leuten gehe und ihnen auch
noch Autogramme gebe. Oder auch um ihnen einige Antworten zu geben, wenn
sie besondere Fragen haben. Aber meistens läuft es auf Autogramme raus,
die ich auf ihre Plattenhüllen schreibe. Dann sehe ich auf einmal meine
alten Platten, noch so uralte Dinger auf Vinyl (lacht). Ich geh immer zu
den Fans, weil ich finde, dass wenn man schon so einen nahen Kontakt
hat, auch während des Konzertes, das merke ich, da ist man mit dem
Publikum sehr eng zusammen. Und nach dem Konzert kann man auch die
persönliche Atmosphäre einfach dadurch haben, das man noch mal
zusammenkommt. Das ist für mich ganz gut, weil der Druck dann raus ist.
Weißt du, vorher bin ich ja immer tierisch aufgeregt. Die Leute sagen
zwar, dass man das nicht merken würde, aber in mir vibriert es nur.
Stephan: Man merkt das als
Zuschauer aber wirklich nicht.
Klaus: Ja, ja, aber ich hab
richtig Gummi in den Knien, ich laufe dann auch immer so komisch. Meine
Crew, die weiß das ganz genau. Wenn das Konzert dann vorbei ist, weiß
man, es war schön, es hat Spaß gemacht. Und während des Konzertes tankt
man ja auch Energie auf, es ist ja nicht so, das man nur Energie
reinsteckt, das Publikum gibt durch seinen Applaus eine ganze Menge
zurück. Und dann sitzt man nach dem Konzert da mit den Leuten und die
sagen „Es war schön. Super“ und dann kommen da die Leute teilweise aus
Amerika, Frankreich, Holland oder sonst wo angereist. Das ist einfach
schön. Ich bin der Meinung, wenn man ein Konzert gibt, dann ist man auch
für das Publikum da. Und wenn man eine CD macht, dann ist das was ganz
anderes. Das ist dann Studioatmosphäre, da macht man das, was man selber
gerne machen will. Ich mach ja auch beim Konzert Musik für die Leute und
nicht so was ich mir so vorstelle.
Stephan: Das spürt man als
Zuschauer auch.
Klaus: Wenn die Leute dann
brüllen „Sequenzen“, dann spiel ich das auch.
Stephan: Würdest du das
Zusammentreffen mit Lisa als einen Glücksfall bezeichnen?
Klaus: Ja absolut. Ich hab
bisher mit keinem Musiker so ein Gefühl gehabt, das es so zusammen
passt, als ob es geprobt und arrangiert wäre. Lisa hat damals mit Dead
Can Dance auch schon mal so, sagen wir mal, schwere Musik gemacht. Wir
sind ja nun mal zwei verschiedene Menschen. Es ist ganz komisch aber wir
reden auch nie über Musik. Wenn wir zusammen sind und miteinander reden,
dann reden wir über Tiere oder was gerade so in der Welt passiert, also
mehr so allgemeine Themen. Als wir dann zum ersten Mal zusammen auf der
Loreley auf die Bühne gingen, da hab ich Lisa dann mal gefragt: „Sag Mal
Lisa, meinst nicht wir müssten vor dem Konzert mal üben?“ da sagte sie
dann: „Ach nee Klaus, weißt du, du spielst und ich singe, das ist schon
okay.“ Das haben wir dann auch gemacht und es hat geklappt. (lacht)
Obwohl man sagen kann … Also die Franzosen haben mich dann noch nach
Berlin begleitet und waren dann später auch noch bei der kurzen Tour in
Amsterdam, Belgien und Paris dabei. Die haben gesagt, dass sie die
Loreley als was ganz Besonderes empfunden haben. Aber das ist auch einer
der Gründe, warum Lisa unbedingt für ein Konzert nach Deutschland
gekommen ist, was sie ja sonst nie gemacht hat. Weil die Loreley so ein
besonderer Ort ist. Vor allem für mich so mit Wagner und Rheingold und
dieses alles. Ich muss auch dazu sagen dass es eine traumhafte Gegend
ist. Wenn man so von oben auf den Rhein runterblickt, muss ich schon
sagen, dass es eine wahnsinnstolle Gegend ist. Das es so schöne Gegenden
am Rhein gibt … Man kennt immer nur Düsseldorf, Köln, Bonn und so, aber
es ist ja fantastisch da. Und auch das Amphitheater hat so eine
bestimmte Atmosphäre. Ich fand das so super und deshalb haben wir auch
so sensibel, sehr leise und dann später auch laut gespielt. Wir haben
nicht so gespielt wie Tangerine Dream - wie man mir sagt - so einmal
voll aufgedreht und durchgehend bis ans Ende beibehalten. Für Lisa und
mich war das an dem Abend sozusagen die Feuerprobe und das hat halt eben
auch dafür gesorgt, dass wir danach auch erst einmal alle Konzerte
zusammen gemacht haben. Es hat uns beiden soviel Spaß gemacht, was wir
nicht erwartet hatten. Wir fanden beispielsweise das Konzert besser als
die Studioproduktion.
Stephan: Das kann ich nur
bestätigen. Die Livemusik gefällt mir auch wesentlich besser als die
Studioaufnahmen.
Klaus: Guck mal, beim Studio
hatte ich die Musik komplett fertig und habe sie dann drauf singen
lassen. Und bei dem Konzert habe ich gespielt und sie hat gesungen und
sorgte für Abwechslung. Ich hab auf sie reagiert und sie hat auf mich
reagiert. Da ist das natürlich klar, dass das mehr zusammen passt.
Stephan: Wenn man euch beiden
auf der Bühne agieren sieht oder eure Kommentare in den Dokumentationen
der DVDs zuhört, dann macht es den Eindruck, als ob sich zwei gleich
gesinnte musikalische Seelen gefunden haben.
Klaus: Ja das empfinde ich auch
so. So ein ähnliches Gefühl habe ich auch noch mit Manuel Göttsching,
weißt du bei ihm hab ich auch das Gefühl alles machen zu können was ich
will. Manuel ist auch voll darauf eingestellt und umgekehrt. Mit ihm
verstehe ich mich auch, wir brauchen auch nicht zu üben. Wie damals bei
der „Gin Rose“. Aber da muss ich auch sagen, dass Manuel und ich uns
auch schon 40 Jahre kennen, seit 1970. Wir haben so viele Platten und
Konzerte zusammen gemacht, da ist das eigentlich auch normal. Aber mit
Lisa hatte ich vorher gar nichts gemacht. Bis auf die Studioproduktion,
aber das war ja wie gesagt fertige Musik auf der sie gesungen hat. Aber
auch da hat sie gesagt: „Ne, ich brauch das vorher nicht hören. Drück
einfach auf Aufnahme und dann is jut“. Das hat jedenfalls schon super
Spaß gemacht und ich muss wirklich dazu sagen das passiert nur einmal: „Once
in a lifetime“, dass man so einen Menschen trifft, mit dem man auf der
anderen Seite auch privat die gleichen Vorstellungen hat. Aber über
Musik reden wir einfach gar nicht. Ich finde es auch gut, dass das wie
so ein kleines Mysterium über uns schwebt, das es klappt und das darf
man dann nicht zerreden, weißt du? Wir wollen das auch nicht
rationalisieren, in dem wir die Musik analysieren, nachdem wir sie
gemacht haben. Sondern wir sagen einfach: „Komm, das klappt super, dann
lass es so.“
Stephan: Bist du denn vom
neuerlichen Erfolg überrascht gewesen?
Klaus: Natürlich. Es war ja
dann auch so, dass wir in Berlin im Tempodrome gespielt haben. Und
Berlin, das weißt du ja selber, da ist das Publikum auch immer sehr
kritisch, wo ich auch immer einen ziemlichen Horror vor habe. Aber da
haben wir Standing Ovations gekriegt und das beim Berliner Publikum
(lacht), das ist schon eine tolle Sache. Amsterdam war auch schön, dann
eben auch Belgien. Und alles war ausverkauft. Das ging uns dann so wie
im Rausch. Wir haben ja nur in Hauptstädten in ganz Europa gespielt,
also Polen, Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich. In Paris im La
Cigale, wo ich ja immer gerne spiele und auch die Halle in Belgien, die
Ancienne Belgique, das ist eine tolle Halle. Die hat mehrere Stockwerke,
wo du so nach oben guckst und das Publikum siehst. Es war rappelvoll,
das Ding. Das macht richtig Spaß. Das schöne ist ja, das wir eigentlich
zwei verschieden gepolte Zuhörer haben. Die einen kommen mehr so aus der
- sagen wir mal - Grufti-Szene, aufgrund von Dead Can Dance und daneben
gibt es dann noch die Schulze-Fans. Und beide Lager haben sich bei den
Konzerten supergut verstanden. Wir hatten noch nie das Gefühl, das es da
Unruhe gibt, sondern jeder hat von dem anderen das mitgenommen, was sie
auch gut fanden. Das unterschiedliche Publikum hat supergut zusammen
gepasst und es kam mir dann vor wie ein geschlossenes Publikum. Und das
war halt ganz besonders, weil das Publikum ja aus zwei verschiedenen
Ecken kam. Das hat mich auch für Lisa gefreut, denn sie war ja auch sei
langem erstmals wieder live zu sehen.
Wir haben aber jetzt erst einmal für
uns eine Pause gemacht, denn Lisa hat gerade ihre Soloplatte „Black
Opal“ und das Album „Departum“ zusammen mit Marcello De Francisci fertig
gestellt. Ich arbeite andererseits an den mig-Releases der „La Vie
Electronique“-Reihe und auch so langsam an dem Mitschnitt des
Japan-Livekonzertes. Ich war ja jetzt noch mal in Japan und da wurde
eine DVD gemacht. Da sind wir derzeit noch am gucken und am mischen. Ich
hab ja in Japan an zwei aufeinander folgenden Tagen in der gleichen
Halle gespielt und da wurde alles aufgenommen. Derzeit sind die Japaner
noch am mischen und wir warten noch auf das Rohmaterial, weil die
Japaner im NTSC-Format für Japan und Amerika produzieren, und wir
mischen das für Europa auf PAL selber. Deshalb brauchen wir das
Bildmaterial. Die Musik haben wir hier schon vorliegen.
Stephan: Die wird dieses Jahr
aber noch erscheinen?
Klaus: Soll irgendwann im
September rauskommen.
Stephan: Wird es von euch
beiden (also Lisa und dir) noch eine weitere Kollaboration geben?
Klaus: Auf jeden Fall, nur
nicht jetzt sofort. Wir müssen uns jetzt erst einmal beide um unsere
eigenen Karrieren kümmern. Sie muss ihre Sachen machen und sie macht ja
auch irrsinnig viele Filmmusiken. Auf ihrer Seite kann man das alles
nachlesen. Sie hat schon viele Preise bekommen und macht auch Musik für
Animationsfilme aus Hollywood. Die Zusammenarbeit ist einfach so toll,
dass wir da bestimmt weitermachen. Man kann es auch billig machen, wenn
man das dann durchgehend produziert, das wollen wir aber nicht, Wir
warten jetzt mal so zwei oder drei Jahre und dann setzten wir uns mit
neuen Erfahrungen wieder zusammen, dann wird es auch wieder was anderes
werden. Und das ist auch bestimmt schön.
Stephan: Nach den beiden sehr
schönen DVD-Veröffentlichungen, bist du da jetzt auf den Geschmack
gekommen? Haben wir die Hoffnung, dass es auch aus den Archiven noch
Material ans Licht der DVD-Player schaffen wird?
Klaus: Das ist schwer, weil ich
ja von damals keine Bilder habe. Früher war das Filmen ja auch so teuer.
Heutzutage ist das ja so, dass durch die Plattenfirmen, die ganze
Digitaltechnik, die Kameras und so alles viel billiger geworden ist.
Obwohl die Produktion, die ich gemacht hab trotzdem recht teuer war. Wir
waren ja bei Peter Gabriel im Realworld-Studio und haben dort die
Audio-Spuren gemischt. Wir haben auch mit acht Kameras in
High-Definition aufgenommen. Und ich hab mir gesagt, wenn ich schon mal
eine DVD mache, dann muss das auch eine Top-Qualität sein. Da ich aber
von den alten Sachen keine Bilder habe, wird es von den früheren
Konzerten nichts geben. Aber von den aktuellen Sachen, wie die
Polen-Tour, die haben wir komplett aufgenommen, wird es sicherlich was
geben. Aber das weiß ich noch nicht genau. Ich will auch nicht die Masse
so übersättigen, weißt du, dann macht man alles so billig. Wenn das dann
so viel ist, dann sagen alle, jetzt fängt der auch noch an nur noch DVDs
zu machen. Das soll alles eher etwas Besonderes sein. Das Konzert in
Japan wird auf Wunsch der Japaner als DVD erscheinen. Da bin ich Solo,
ohne Lisa aufgetreten. In Europa wird sie aber etwas später als in Japan
erscheinen. Wir bekommen das Material erst später, wenn die DVD fertig
ist und dann müssen wir die noch mischen. Die Japaner machen das aber
auch so gut, dass wir vielleicht sagen, wir übernehmen das einfach.
Du hast ja bei „Rheingold“
wahrscheinlich die Bonus-DVD von dem französischen Filmregisseur
gesehen. Der würde dann die Schnitte, die von den Japanern nicht so gut
gemacht sind, neu mischen. Und das dauert dann halt eine Weile, weil ja
mit acht Kameras aufgenommen wurde. Da hast du dann 16 Stunden Film und
das will erst mal durchgesehen und zusammen geschnitten sein. Die DVD
würde dann aber irgendwann im November rauskommen, auf jeden Fall noch
in diesem Jahr.
Stephan: Tom Dams ist seit
geraumer Zeit dein Cheftechniker. Er hat nebenbei ja auch das
Musikprojekt Solar Moon, mit dem du ja auf der „Contemporary Works Vol.
1“ schon zusammengearbeitet hast. Wird es wieder mal ein gemeinsames
Werk geben oder kannst du dir vorstellen mit Tom zusammen ein Album
aufzunehmen?
Klaus: Bei uns ist das
sporadisch. Wir haben ja mit dem Geiger Thomas Kagermann noch so ein
Projekt, das wir auch weitermachen wollen. Im Moment ist es so, dass Tom
sehr intensiv an seinem eigenen Germaniacs-Projekt arbeitet und
ansonsten hat er viel mit dem Remastern meiner Alben zu tun. Und das
dauert ja auch seine Zeit, so 30 – 40 CDs auf einen Schlag zu remastern.
Das sind gleich immer solch große Brocken, die da auf ihn zukommen. Die
Gruppe Solar Moon funktioniert derzeit nicht so richtig, die sind nicht
mehr zusammen. Der eine ist in Köln, zwei wohnen auf Ibiza und dann ist
da noch der Tom. Tom Dams, Thomas Kagermann und ich haben aber so ein
Projekt, das sich Die drei von der Tankstelle nennt. Das ist nach einem
alten deutschen Film benannt. Wir drei haben jetzt auch schon viel
Material aufgenommen und wir wollen damit auch weitermachen. Da wird
auch sicherlich mal eine Produktion rauskommen. Die beiden sind richtig
gute Musiker und es macht Spaß mit ihnen zu arbeiten.
Stephan: Ja, ich kenne Thomas
persönlich. Ich hab ihn schon bei einer ganzen Reihe von Konzerten
gesehen. Er ist ein ganz toller Mensch und Musiker.
Klaus: Ja, der ist super.
Stephan: Christopher von Dylen
aka Schiller ist ein Musiker, der die Elektronik der Masse zugänglich
macht. Auf dem vorletzten Schiller-Album „Sehnsucht“ hast du mit
Christopher von Deylen das Stück „Zenit“ gemacht. Erzähl doch ein
bisschen über die Zusammenarbeit und die Zusammenkunft.
Klaus: Das war einfach eine
nette Sache. Ich brauchte damals einen Schlagzeuger und wollte diesen
Schlagzeuger haben, der auch schon bei Pink Floyd getrommelt hat, den
Gary Wallis, den hatte Christopher auf der Live-Erleben-Tour dabei. Ich
hab dann den Christopher angerufen und ihn nach der Telefonnummer von
Gary gefragt. Er hat mir die dann auch gemailt, aber der Gary war zu dem
Zeitpunkt mit der Barbara Streisand auf Tour und daher ging das leider
nicht. Christophers Eltern wohnen hier in der Nähe von mir und da sagte
er „Mensch ich besuch meine Eltern, da komme ich mal vorbei. Ich würde
mir dein Studio gerne mal begucken.“ Und dann kam er und brachte mir
dann auch was von seinen Sachen mit.
Das war mit ihm so eine Sache, wo ich
mich mal so richtig vertan hab. Für mich kam er immer so rüber, als ob
er die Musik einfach so leichtfertig macht, weil sie poppig ist. Er
fragte mich dann, ob wir nicht mal was zusammen machen könnten, diese
Frage steht ja auch immer in der Luft, wenn sich Musiker treffen. Ich
sagte dann „Ja, warum nicht.“ Ich hab ihm dann einerseits meine
vorbereitete Musik geschickt, dann hat er seinen Kram dazu gemacht und
dann kam er wieder hierher ins Studio und da haben wir die Sachen dann
zusammen gemischt. Dabei habe ich dann gemerkt, dass Christopher ein
sehr ernsthafter Musiker ist, der sich viele Gedanken darüber macht. Das
hat mich wirklich total überrascht. Und da hab ich mir gesagt: „Da hast
du dich mal in deiner Menschenkenntnis gehörig vertan.“ Die
Zusammenarbeit hat auch eine Menge Spaß gemacht und wir finden beide
das Ergebnis sehr gut. Er ist jetzt sogar soweit gegangen, dass er seine
Musik in Richtung der Pioniere der Elektronik, sprich Tangerine Dream
oder Klaus Schulze macht. Das hat er ja auch so angekündigt. Obwohl ich
ihm gesagt hab: „Sei vorsichtig. Ich weiß nicht, ob dein Publikum so
flexibel ist.“ Mit den ganzen Sängerinnen und den Schlagzeugern, das war
ja doch „anspruchsvolle Popmusik“, die einen Songorientierten Aufbau
hatte. Jetzt aber solche epischen Elektronik/Instrumentalwerke zu
machen, ist schon was anderes. „Sei vorsichtig, nicht das du dein ganzes
Publikum verwirrst. Das wird für die unwahrscheinlich schwierig werden,
das kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen.“ Auf der anderen Seite
wollte er es aber nun machen. Da hab ich dann gesagt: „Da bin ich ja mal
gespannt, was er da jetzt macht.“ Ich hab ihm aber auch angeboten ihm
jederzeit zu helfen. Seitdem sind wir auch immer in Kontakt. Wie gesagt,
wir telefonieren öfters. Letztens hat er ja hier in Hannover ein Konzert
gegeben, da konnte ich aber leider nicht hin. Ich bin aber zu seinem
Konzert nach Braunschweig gefahren und wir haben dann danach getroffen.
Ich schätze ihn sehr und halte ihn für einen sehr ernsthaften Musiker.
Da hab ich mich am Anfang doch irgendwie vertan. Wir haben ja auch immer
sehr viel zu tun, aber wenn wir beide mal wieder so eine Lücke
erwischen, wenn wir mal beide wieder gleichzeitig Zeit haben, werden wir
auch bestimmt mal wieder etwas zusammen machen.
Stephan:
Ich hatte dich ja schon vor gut fünf Jahren mal auf ein Projekt
angesprochen. Was ist aus deiner Oper „Die Erfindung der Engel“
geworden? Liegt die noch auf Eis oder hast du die Veröffentlichung
mittlerweile ganz dran gegeben?
Klaus: Die schlummert vor sich
hin. Da muss die aber gerade fertig gewesen sein, als wir damals drüber
gesprochen haben.
Stephan: Du hattest damals
gesagt, dass die vielleicht bei Sony oder bei einem Label für Klassik
rauskommen sollte.
Klaus: Die sollte bei der
Grammophon rauskommen und dann auf einmal gibbet die nicht mehr. Das ist
ja auch mit den Plattenfirmen im Moment so eine Sache. Wenn du
beispielsweise mit einem Artchef von einer Plattenfirma Kontakt hast und
rufst den nach einigen Wochen wieder an, dann gibt es die Firma schon
nicht mehr. Genauso ging es auch mit den Labels, da gingen ja auch
einige plötzlich unter. Ich schätze mal dass wir bald nur noch zwei
große Firmen haben werden. Höchstwahrscheinlich CBS, sprich Sony und was
weiß ich wen. EMI ist auch am wackeln. Die WEA gibt’s da noch oder auch
Universal. Aber diese ganzen anderen unteren Label gibbet ja gar nicht
mehr. Selbst Virgin ist bei EMI. Dann wird es nur noch ein Monopol an
Labeln geben, was die sich sicherlich wünschen, denn dann können die die
Musik diktieren, weil es keine Konkurrenz mehr gibt. Dann kannst du nur
noch die Musik kaufen, die die produzieren. Das ist ja auch irgendwie
langweilig.
Stephan: Genau.
Klaus: Dafür ist aber diese
Freiheit ganz gut, über das Netz Musik zum Download anzubieten. Das ist
relativ einfach und es ist von der Produktion her gesehen kostenlos. Man
muss keine Cover machen, keine CD pressen. Man kann das alles für sich
machen und im Downloadverfahren kann man das dann ausdrucken lassen. Es
ist also nicht mehr so teuer. Auf der anderen Seite ist das aber auch
so, wenn alle das machen, dann gibt es wieder einen so riesigen,
unüberschaubaren Markt im Netz, das wieder keiner was findet.
Stephan: Das stimmt. Ich gehöre
auch zu den Leuten die nicht gerne etwas downloaden, sondern stattdessen
lieber eine ordentliche CD in den Händen halten. Vor allem ein gutes
Artwork und ein umfangreiches Booklet können bei mir immer punkten.
Klaus: Das finde ich auch. Ich
glaube das ist auch einer der Erfolge von meinen ReReleases, die so
aufwendig im Digipack, einem extra Booklet und dem Layout mit den
schwarzen CDs, die so ein bisschen nach Vinyl aussehen, herauskommen.
Ich glaube dass das auch der Grund ist, warum wir davon so viele
verkaufen. Einerseits haben die Leute auch was in der Hand und
andererseits ist das etwas, das auch viel mehr bringt und Wert ist, als
diese früheren Releases, die nur im Jewelcase von Universal oder so
rausgekommen sind.
Stephan: Das denke ich auch.
Klaus: Ich bin eigentlich auch
so einer, der auf solche Sachen steht, obwohl ich muss dazu sagen, dass
ich noch lieber Vinyl in der Hand hätte. Die Plattenhüllen sind einfach
größer und es hat doch was, so ein Doppelalbum auseinander zu klappen.
Dagegen ist ein CD-Cover schon fast so etwas wie eine Briefmarke. Das
finde ich nicht so schön, aber es geht halt nicht anders.
Stephan: Nachdem insideout ja
mit der Widerveröffentlichung deiner Alben begonnen hat und die Firma
dann leider in den Konkurs ging, wie froh bist du darüber, das es jetzt
mit mig weitergeht? Und vor allem in der gleichen Qualität.
Klaus: Das ist ja der gleiche
Typ, der das damals auch bei SPV gemacht hat.
Stephan: Der Eckie Stieg.
Klaus: Eckie einerseits und
dann der Manfred Schütz, der auch der Chef von SPV war. Er hat das mig
für sich gemacht und ist dort auch Chef der Firma. Die machen das in dem
gleichen Sinn und mit dem gleichen Aufwand und dem gleichen Verständnis
weiter und das finde ich auch sehr schön. Die Fans waren es ja jetzt
darauf vorbereitet, dass es die ReRelease 1 bis 10 geben sollte
(Anmerkung: gemeint ist die „La Vie Electronique“-Reihe) und nach der
Nummer 4 war dann auf einmal Schluss. Das hat die natürlich auch ein
bisschen irritiert. Seit gut drei Wochen sind glaube ich, die Versionen
5 und 6 draußen.
Stephan: Genau und die Nummer 7
steht schon in den Startlöchern.
Klaus: Ja, und die 8 kommt dann
irgendwann im August. Die Nummern 9 und 10 werden dann schätzungsweise
irgendwann um Weihnachten rum oder Anfang nächsten Jahres herauskommen.
Und dann ist die Serie 1 – 10 auch abgeschlossen. Die CDs haben auch ein
gutes Design. Der Grafiker ist ja auch der gleiche, der die anderen
ReRelease gemacht hat. Der hatte direkt mit SPV auch nichts zu tun und
hat das alles weitergemacht und deshalb ist das auch alles im gleichen
Stil. Es steht im Grunde genommen nur ein anderer Firmenname drauf. Sie
haben die gleiche Qualität, da haben wir auch nicht dran gespart.
Stephan: Was wird es denn neues
von dir auf CD geben? Von der DVD hast du ja schon gesprochen …
Klaus: Wie gesagt wird es auch
das Japan-Konzert auf CD geben und dann muss ich langsam anfangen wieder
eine Soloplatte zu machen, nur nicht dieses Jahr. Guck mal, da kommt
dieses Jahr noch das Japankonzert auf DVD und DoppelCD heraus und dann
noch die letzten Teile der „La Vie Electronique“, da kann man die Leute
ja auch nicht überlasten. Und dann wird ich wahrscheinlich so im
November / Dezember wieder an einer Soloplatte arbeiten, die dann so
ungefähr nächstes Jahr im März herauskommen wird.
Stephan: Vielen Dank Klaus, für
das aufschlussreiche und sehr angenehme Gespräch.
August 2010