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Interview mit Ken Hensley
im Rahmen der "Blood On The Highway"-Veröffentlichung
Mit freundlicher Genehmigung von cmm.w-rott


Aus dem englischen übersetzt.

Erzähl mir bitte die Geschichte von “Blood on the Highway” in 4-5 Sätzen.

Es fing an, als William Jacobsen, der Kopf von „Membran“ die erste Ausgabe meines Buches las. Er fragte mich, ob wir die Geschichte nicht musikalisch „erzählen“ könnten und ich dachte darüber nach, guckte durch mein Songbook und sagte: „Ja, ich denke, das können wir machen.“ Ich hatte schon eine Songidee, es war „Blood on the Highway“. Ab da fing ich dann an, mehr und mehr Songs zu schreiben und wir trafen uns, um sie aufzunehmen. So ging eigentlich alles los.

Wo und wie hast Du die Songs geschrieben?

Ich habe alle Songs in meiner Wohnung in Spanien geschrieben, aber als ich einmal das Konzept fertig hatte, nämlich, dass es die Lebensgeschichte eines Musikers der 70er wird. Als das alles fertig war, war es einfach, die Dynamiken zu erarbeiten und die Songs über jeden von ihnen zu schreiben.

Kannst du deine Gefühle beschreiben, die du hast, wenn du an deine Karriere denkst? Vielleicht ein bisschen melancholisch?

Nach allem denke ich sehr positiv über meine Karriere, da es genau das war, was ich schon machen wollte, als ich ein kleiner Junge war und jetzt ist jeder dieser Träume wahr geworden und es ist mit der Zeit ein riesiger Erfolg geworden. Ich habe mir eine Karriere erarbeitet, die mir alles, was ich seitdem gemacht habe, ermöglicht hat. Zusammenfassend kann ich also sagen, dass ich positiv über die Karriere denke. In der CD selber wird schon ein bisschen Melancholie rübergebracht, da ich rückblickend auf die Zeit, die 70er, erkenne, dass diese nicht immer einfach war, es war echt wundervoll, aber halt nicht einfach. Es ist also eine kleine Warnung versteckt.

Wie viele Prozent des Albums handeln über deine Geschichte? Und wie viel über Kollegen und Freunde?

Ich würde sagen, dass der Großteil aus meiner Sicht erzählt ist, aber ich beziehe auch die hunderte von Musikern mit ein, die das gleiche machen wie ich. Es ist also hauptsächlich aus meiner Sicht erzählt, aber auch eine geteilte Erfahrung ist vorhanden.

Wer wurde in die Studioarbeit mit einbezogen?

Musiker aus Spanien, aus der Region, in der ich lebe. Der Schlagzeuger und der Bassist sind aus einer von Spaniens größten Progressive Rockbands, die „El Ultimo de la Fila“ und der Gittarist ist mein Nachbar, aber gleichzeitig einer von Spaniens Top-5 Gittaristen. Es ist jemand mit dem ich vorher schon viel zusammengearbeitet habe, es war also einfach, die Musiker auszuwählen.

Warum hast Du Glenn Hughes und Jorn Lande als Sänger ausgewählt?

Glenn und ich wollten schon seit Jahren mal zusammenarbeiten, wir haben uns immer gesagt, dass wir mal Zeit dafür finden werden und haben auch letztendlich eine Gelegenheit gefunden. Jorn Lande und ich haben in Norwegen zusammengearbeitet. Meine ganze Band kommt von dort. Die norwegische Musikszene ist sehr klein, sie kennen sich alle gegenseitig. Jorn hat schon vorher öfters mal eine Gastrolle in meinen (unseren) Stücken übernommen. Als ich also Stimmen suchte, die die Energie, den Charakter und den Enthusiasmus der in den 70ern existierte, in sich vereinen, war er meine Wahl. Er hat einfach den Charakter von Paul Rogers, Brian Adams usw. und er hat die Energie und den Enthusiasmus, die rohe Energie und den Enthusiasmus, die den Geist der 70er enthält.

Kommentiere bitte die Zusammenarbeit mit den beiden. War es eine Herausforderung für dich?

Nein, es war definitiv eine Herausforderung für die beiden, ich habe Glenn die Songs drei und vier Wochen vorher gegeben und er kam dann zum Studio, um sie aufzunehmen. Das Arbeiten mit ihm war wirklich sehr leicht und spaßig für jeden von uns. Seine Performance war einfach unglaublich. Es war jedoch eine größere Herausforderung für Jorn. Die Umgebung und diese Art von Geschichte waren neu für ihn und wir alle hatten viel Arbeit damit, uns auf die Geschichte zu konzentrieren. Er hatte viel Mühle, sich an das neue Umfeld zu gewöhnen, doch im Endeffekt war die Zusammenarbeit toll, er ist ein fantastischer Sänger.

Wie war es die Arbeit mit John Lawton wieder aufzunehmen?

Sehr professionell. John kam gut mit dem Song klar, was ich schon gedacht und gehofft hatte. Alles in allem hat der den Job sehr professionell gemacht.

Bist Du mit John Lawton gut befreundet?

John und ich waren niemals enge Freunde, das waren wir nie und wir werden es nie sein. Wir haben ziemlich gut zusammengearbeitet, aber es war eine rein geschäftliche Entscheidung. Es ist ein toller Song mit John, er hat immer sehr professionell gearbeitet.

Wo hast Du Eve Gallagher, die Sängerin, entdeckt?

Sie wurde mir vom Schweizer Sprecher unserer Plattenfirma vorgestellt. Eve hat viel mit Boy George in den 90ern zusammengearbeitet und hatte einige Disco-Hits, dadurch war sie bei uns relativ bekannt. Wenn man sich die Demos auf ihrer Website anhört, ist da ein spezieller Song, der „Relationship-Song“, der die Stimme enthielt, die ich für den Song brauchte, in dem es über Rock ’n’ Roll geht, dafür brauchte ich eine weibliche Stimme und sie hat einen exzellenten Job gemacht, ich hatte also Glück, sie ausgewählt zu haben.

Du hast zwei Stücke selbst gesungen. Warum hast Du die beiden Songs ausgewählt?

Das hat eigentlich keinen speziellen Grund. „I did it all“ ist ein sehr persönlicher Song, vom Text her, es erzählt viel über mein Leben und meine Karriere, zum Beispiel über die Zeit, in der ich berühmt war und wie ich jetzt mit der Situation umgehe. Es ist also ein persönlicher Song, den ich singen wollte. „There comes a time“ ist auch sehr persönlich, da es eine Zeit in meinem Leben gab, in der ich schwere Entscheidungen treffen musste, die die Zukunft betreffen. Er ist also aus meiner Sicht geschrieben, ein persönlicher Song eben. Es sind beides Balladen, ich hatte das Gefühl, die Songs besser managen zu können, im Endeffekt sind sie auch gut ins Album eingearbeitet.

Der Titel „Blood on the Highway“ hört sich wirklich rau an. Waren die 70er eine raue, harte Zeit für Musiker?

In vielen Hinsichten: Ja. Gucken Sie sich mal die Anzahl guter Musiker, Gitarristen und Entertainer an, die beim erforschen des neuen Pfades, Rock ’n’ Roll gestorben sind. Natürlich eher durch Unfälle. Es war wirklich rau und hart, aber in gewisser Weise hat es Spaß gemacht. Ich meine, es gab keine Security an Flughäfen und bei Auftritten, kein AIDS. Wir übernahmen die Denkweise von vielen Jugendbewegungen. Dadurch ergaben sich rebellische Lieder, es war eine wirklich spannende Zeit, aber es war auch hart. Wir reisten tausende Kilometer per Flugzeug oder über Straßen und das betraf nicht nur mich, es betraf hunderttausende von Leuten. Es war also in mehreren Gesichtspunkten hart und rau, aber ich kann auch die andere Seite der Geschichte erzählen, die von Erfolg und Spaß, die weitaus mehr Leute interessiert und von ihnen beachtet wird.

Zurückblickend auf Deine komplette Karriere: Was waren die schönsten Zeiten und welche Zeiten gab es, in denen du Schwierigkeiten hattest?

Die größten Schwierigkeiten hat mir meine Kokainsucht gebracht, da sie mich in meinem professionellen und persönlichen Leben beeinträchtigt hat. Das war schon schwer für mich, obwohl ein Leben im Rock ’n’ Roll schwer genug ist: Plattenfirmen, die vielen Reisen etc. Die Kokainsucht war wirklich die schlimmste Zeit meines Lebens.

Die schönsten und erfolgreichsten waren die Plattenerfolge. Wir haben in Amerika über eine halbe Millionen Platten verkauft. Ich meine, selbst als kleines Kind, wo ich schon den Traum hatte, hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich so etwas schaffe. Ich könnte Tausend andere Momente aufzählen, aber die „Goldene Platte“, die wir in Chicago überreicht bekamen, war der glücklichste Moment meiner Karriere.

Waren Drogen wichtig für Dich? Waren die 70er ein Jahrzehnt der Drogensucht?

Ich weiß nicht, ob es ein Jahrzehnt der Drogensucht war, weil ich weiß, dass die Leute davor schon Drogen konsumiert hatten. Kurt Kobain war noch ein Baby in den 70ern, vielleicht war er noch nicht einmal geboren, aber ich denke, es war alles Teil der Reise. Wir haben Regeln gebrochen und unsere eigenen gemacht, die Drogen dienten dem Exzess. Es war alles ein Teil der Rebellion und des Experimentes. Die Kokainsucht war Teil einer Zwangsvorstellung für mich, die mit der Zeit wichtiger wurde, als alles andere. Sie hat mein Leben für mehrere Jahre beherrscht und ich würde heute das Gegenteil behaupten. Drogen sind unwichtig, aber es gab einen Punkt in meinem Leben, wo ich dachte, sie wären notwendig. Manche Leute nehmen Drogen, um in Mode zu sein und um ein Teil der Rock  ‘n’ Roll-Gemeinschaft zu sein, ich bin eigentlich nur traurig, süchtig gewesen zu sein.

In wieweit hat sich die Rock-Szene verändert? Waren die Dinge früher einfacher oder war es aufwändiger?

Das ist eine gute Frage, es ist schwer, diese genau zu beantworten. Ich würde sagen, dass es viel einfacher in den 70ern war, da Rock ’n’ Roll noch nicht ganz so populär war. Es gab viel weniger Bands, die versuchten mit der Musik Geld zu machen, heute sind es mehr, die auch durch das Internet (Myspace) berühmter werden. Wie ich schon sagte, es gab keine Securities etc., es war schon fast wie Freiheit, die mit einer Riesenfeier begann. Als die Plattenfirmen realisierten, dass man mit Rock ’n’ Roll viel Geld machen kann, wurde daraus eine Industrie, die durch Sony usw. geprägt wurden. Heute ist es wie eine Maschine, was ich schade finde, da viele tolle Sänger und Songwriter unbekannt bleiben.

Besitzt „Blood on the Highway“ eine besondere Moral oder eine Botschaft für jüngere Musiker?

Ich würde es eher eine Warnung nennen, was jetzt nicht schlecht gemeint ist. Junge Leute, die heutzutage in die Musikindustrie einsteigen, müssen die Wahrheit über die Dinge wissen. „Blood on the Highway“ entspricht der Wahrheit, aus der Sicht, dass Rock ’n’ Roll schon sehr böse sein kann, wenn man nicht aufpasst. Heutige Musiker sind meiner Meinung nach besser ausgebildet und realistischer, d. h. sie gehen realistischer an ihre Karriere ran, als wir es früher getan haben.

Wie würdest Du das Album musikalisch beschreiben? Ein traditionelles Rock-Album?

Es ist ein lyrisches Album. Wenn man eine Geschichte erzählen will, braucht man gute Texte. Ich weiß nicht, ob man es ein traditionelles Rock-Album nennen kann. Ich habe dem Drummer und dem Bassisten viel Spielraum gelassen, deswegen würde ich es als eine Mischung zwischen traditionellem Rock und einem typischen Ken Hensley-Album nennen. Durch die ganzen Gastsänger sollte es sich von einem Solo-Album unterscheiden, was uns durch harte Arbeit auch gelang.

Was ist die größte Stärke von „Blood on the Highway“

Die größte Stärke liegt in dem Freiraum, den ich hatte, um zu schreiben und mich auszudrücken. Die Botschaft: Ich musste mich nicht an bestimmte Grenzen halten, z. B. wie viele Songs Balladen sein sollten usw. Jeder Song zeigt meiner Meinung nach, dass ich frei und nach meinem Geschmack schreiben konnte.

Welche Gruppe soll das Album ansprechen?

Ich weiß nicht genau, also es soll nicht meine und die Fans von Uriah Heep alleine ansprechen. Es soll eigentlich auch zusätzlich viele Hörer finden, auch die, die uns früher unterstützt haben, jetzt aber Kinder, Verantwortung etc. haben. Ich hoffe, dass Jorn auch neue Leute zu dieser Art von Musik bringt, vielleicht auch jüngere. Ich glaube außerdem, dass wir eine gute Promotion und Werbung für das Album hatten, im Gegensatz zu meinen älteren Aufnahmen.

Wie würdest Du das Album beschreiben, mal abgesehen davon, dass es ein typisches Ken Hensley-Album  ist? Gibt es neue Fortschritte?

Ja, es gibt Fortschritte, da ich die Dinge nicht nur auf meine Art gemacht habe, das wollte ich nicht. Von Anfang an haben wir als Team entschieden, dass wir Gaststimmen auf dem Album haben wollten. Da war das, was ich schon immer mit Uriah Heep machen wollte, auf dem Album waren die Einflüsse stärker und variierter. Es beantwortet die Frage vielleicht nicht ganz genau, aber ich wollte ein Album mit mehr Denkweisen als nur meiner.

Formuliere bitte einen oder zwei Sätze über das Buch, das Du geschrieben hast.

Es ist eine Autobiografie. Ich wollte eine Geschichte erzählen, ich hatte noch nie ein Buch geschrieben und weiß auch nicht, wie ich es tun sollte. Es ist nicht so, wie Songs zu schreiben. Der zweite Teil wird länger, da Matthias mir geholfen hat, mehr aus mir herauszukitzeln. Es ist auch viel interessanter, da ich viel mehr Themen anspreche, die im aktuellen Buch nicht vorhanden sind. Ich hoffe, dass es ein ehrliches Buch wird, in dem ich ehrlich über meine Erfahrungen schreibe, um auch Leute anzusprechen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Am besten wäre es, wenn die Leute ein paar Lebensweisheiten aus dem Buch behalten würden.

Wie viel Prozent des neuen Buches handeln von Uriah Heep?

Uriah Heep sind 60 Prozent meiner Musikkarriere, aber nur 10 Prozent meines Lebens. Sie haben einen hinreichenden Platz im Buch eingenommen.

Wie ist Deine emotionelle Beziehung zu Uriah Heep heute?

Es ist schwer, darüber in wenigen Sätzen zu reden, da Uriah Heep nicht mehr Uriah Heep ist. Zwei Mitglieder sind tot, der Schlagzeuger ist aus gesundheitlichen Gründen gegangen. Ich habe eigentlich keine Beziehung  mehr zu ihnen, nur wenn Fragen anstehen, die uns alle betreffen. Ich gehe jetzt meinen eigenen Weg und ich hoffe, dass Mick auch Erfolg haben wird, aber ich blicke lieber nach vorne. Mick muss sich erst einen Ruf etc. erarbeiten, dass muss ich nicht mehr.

Was können wir von „Blood on the Highway“ auf der Bühne erwarten und was erwartest Du?

Eigentlich nichts, ich weiß, dass ich nicht zu viel erwaten darf, weil ich enttäuscht werden könnte, aber ich habe einen Plan, der hoffentlich aufgeht. Wir werden das ganze Programm mit allen Gastsängern usw. durchführen. Der zweite Teil der Show wird von mir und meiner norwegischen Band gestaltet, wir werden Songs wie „The Wizard“, „Circle of Hands“ etc. spielen. Zum großen Finale werden dann noch ein paar Gastsänger auf die Bühne kommen. Wenn alles gut geht, wird es ein toller Abend für alle, für das Publikum, die Band und die Plattenfirma, da es etwas Besonderes ist. Die Show wird außerdem aufgenommen und als DVD erhältlich sein.

Keine Chance für eine komplette Tour?

Darüber haben wir Gestern noch gesprochen, es wäre echt super, wenn wir so die CD promoten würden, aber anstelle der Gastsänger würde meine Band spielen und singen. Ich bin mir sicher, dass es eine tolle Show wäre, es ist nur die Frage, ob es Sinn macht. Wir werden beobachten, ob es genug Andrang und Nachfrage nach solch einer Show gibt und dann darüber diskutieren. Im Moment steht noch keine Tour fest.

Die letzte Frage: Was wäre Dein freier Wunsch für den Rest von 2007?

Die paar Tage, ich bin seit letztem Jahr im Studio und glaube langsam, dass ich dort wohne. Wenn ich mit der Produktion der deutschen Band Necks and the Miners fertig bin, werde ich drei Wochen bis zur Show haben, in denen ich hart üben werde. Nach der Show hoffe ich Zeit, ein wenig Zeit mit meiner Frau und den Tieren auf meiner Farm verbringen zu können.

2007

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