Am 13.05.2007 hatte ich die Gelegenheit
vor dem Konzert von Blind Ego mit dessen Mastermind, Kalle Wallner zu
sprechen. Hier ist das Ergebnis meines Interviews:
Stephan:
Mit Blind Ego hast du eine härtere
Gangart als bei RPWL eingeschlagen. Ich hatte gelesen, dass du auf dem
Album „Mirror“ Stücke verarbeitet hast, die du zum Teil schon früher
geschrieben hattest. Liegt der Grund für ein neues Projekt darin, dass
die Stücke nicht zu RPWL passten?
Kalle: Also, ich bin aufgrund meines musikalischen Backgrounds generell härter
unterwegs, als bei RPWL. Ich hatte früher lange Haare und hörte nur
Metal. (lacht) Da komme ich auch her. Ich mag es auch nach wie vor ein
bisschen straighter und rougher. Wenn man mit
einer Band zusammenarbeitet, dann muss man Kompromisse eingehen. Bei RPWL ist die Energie trotzdem noch da. Das ist
mir auch immer wichtig, dass man auch mal dynamischer Gas geben kann.
Deswegen ist es für mich auch kein Problem. Es ist für mich auch kein
fader oder fauler Kompromiss, weil ich auch sehr viele unterschiedliche
Musiksachen gern höre und auch mache. Ich experimentiere sehr gern.
Meine eigenen Sachen waren immer schon härter, auch die Songs, die bei RPWL auf den Platten landen. Entweder es ist eine richtige Ballade wie
„Hole In The Sky“, oder es gehört dann eher zu den härteren oder
flotteren Sachen. „Roses“ oder „Start The Fire“, das sind Songs,
die eher aus meiner Ecke kommen, die ein bisschen rockiger sind. Mit einer Band
muss man Kompromisse machen und bei uns ist
dann meist der Sänger der Filter. Wenn er mit einer Idee etwas anfangen
kann und sich damit wohl fühlt, bei RPWL ist das auf jeden Fall so, dann
passiert auch etwas mit dem Song. Wir arbeiten dann auch an vielen
Sachen weiter.
Ich hatte auch nebenher viele Sachen geschrieben, mit
denen Yogi nicht soviel anfangen konnte. Das hat gar nicht soviel mit
der Härte zu tun, sondern eher mit den Lines, also den Gesangslinien.
Ich habe von den Songs, die ich ursprünglich für „Mirror“ geplant hatte,
gar nicht mehr soviel auf die Platte genommen. Es ist nicht mehr soviel
übrig geblieben, weil beim Schreiben nach drei, vier Songs hat es mir
soviel Spaß gemacht, dass die weiteren Songs einfach so gepurzelt sind.
Es sind auch viele Ideen wieder raus gefallen. Das heißt, die liegen
jetzt immer noch irgendwo rum, aber das ist wohl auch gut so. Das soll
dann auch wohl so sein. (lacht)
Stephan:
Ich wollte auch gerade schon fragen ob du da noch irgendetwas für ein
nächstes Album in Petto hast.
Kalle: Ich hab schon wieder neue Songs für Blind Ego geschrieben, aber das
stelle ich jetzt erst mal ein bisschen hinten an, weil wir mit RPWL erst
mal wieder weitermachen.
Stephan:
Wie bist du auf den Namen Blind Ego gekommen? Ist das die andere Seite
von Kalle Wallner? Obwohl, du hast ja gerade schon gesagt, dass du aus
dem Metalbereich kommst.
Kalle: Ich fand das Wort Ego schön. Es gab bei der Violet District-Scheibe
einen Text (Anmerkung: Violet District ist die Vorgängerband von RPWL),
der hieß „Ego (The Hiddened One)“. Das ist glaube ich, die zweite Nummer auf
der Platte. Ich fand es irgendwie gut. Ich wollte gern irgendetwas mit meinem Ego
ausdrücken. Du hast zwei Aspekte. Der eine bedeutet, man muss keine
Kompromisse machen, das heißt man ist quasi mit seinem eigenen Ego
unterwegs und macht sich aber zum anderen auch blind gegenüber äußeren
Einflüssen. Deswegen hat es für mich auch super gepasst.
Stephan:
Wenn ich dich jetzt richtig verstanden
habe, brauchtest du jetzt keine kreative Pause von RPWL. Das hat also
gar nichts damit zu tun?
Kalle: Ne.
Stephan:
Du hattest einfach Lust mal wieder etwas anderes zu machen?
Kalle: Genau. Ich schreib relativ viel. Und es hat mir auch zu lange bis zur
nächsten Veröffentlichung gedauert. Dazu kommt, dass wir unsere Platten
ja auch auf unserem eigenen Label veröffentlichen und wir dadurch
natürlich nicht nur Künstler sind, sondern auch so noch am Label
arbeiten. Wir mussten auch erst einmal die Infrastruktur des Labels
aufbauen und stärken. Das hat uns auch einiges an Arbeit gekostet. Das
ist auch mit ein Grund, warum es mit der Veröffentlichung der nächsten RPWL-Platte ein bisschen länger dauert.

Kalle Wallner im Gespräch mit mir
Stephan:
Das heißt dass ein neues Studioalbum kommen wird?
Kalle: Genau.
Stephan:
Wenn man sich das Booklet ansieht, dann
fällt einem sofort auf, dass recht bekannte Namen aus der Szene
vertreten sind. Mit John Jowitt, John Mitchell und Paul Wrightson, ja
sogar Clive Nolan ist in den Credits beim Backgroundgesang angegeben.
Apropos Clive Nolan, den hab ich bei der Probe gerade nicht gesehen, ist
der nicht dabei?
Kalle:
Nee. Auf der Platte sind kaum Keyboards,
das sollte auch so sein. Paul Wrightson’s Gesang haben wir nicht bei uns
sondern bei Clive im Studio aufgenommen. Und er hat noch Chöre
beigesteuert, einiges arrangiert und mitgeholfen und deswegen ist er in
den Credits genannt. Er hat aber keine Keyboards auf der Platte
gespielt. Die Keyboards, die drauf sind, hab entweder ich oder Yogi
gespielt. Aber viel Keyboards gab’s da eh nicht.
Der John Mitchell muss
sich für die Tour entschuldigen lassen, der ist mit Arena derzeit derart
eingespannt, er hätte das gerne gemacht, aber es gab terminlich keine
Chance das zustande zu bringen. Es ist eh schon schwierig genug, da der
John Jowitt auch sehr viele Termine mit anderen Bands und Projekten, vor
allem mit IQ, hat.
Stephan:
John hat doch auch auf dem Album gesungen.
Kalle: John Mitchell hat drei Songs und Paul hat vier Songs auf dem Album
gesungen.
Stephan:
Heißt das dann, dass wir die drei von John gesungenen Stücke heute nicht
hören werden oder übernimmt Paul den Gesangspart?
Kalle: Doch wir spielen die heute. Paul singt alles. Es ist jetzt im Prinzip
auch einfacher, weil wir ja nicht in so großen Locations wie dem
Olympiastadion unterwegs sind. Viele Bühnen auf unserer Tour sind ja
auch viel enger und da macht es Sinn, wenn man ein kleines, kompaktes
Team ist. Wir haben keinen zweiten Gitarristen dabei, dafür spielt der
Yogi dann ein bisschen mehr Hammondorgel, das kann er nämlich richtig
gut.
Stephan:
Wenn man die Namen liest, dann kommt man zwangsläufig auf Arena …
Kalle: Es ist Zufall. Ich habe jetzt nicht auf die Arena-Ecke spekuliert. Ich
kannte die Band gar nicht. Ich hab sie das erste Mal auf dem
ECLIPSED-Festival gesehen. Ich wusste dass es die gibt, aber ich hab sie
das erste Mal auf dem Festival gehört. Dort habe ich dann auch John
Mitchell kennen gelernt. John Jowitt kannte ich schon vom Rosfest, das
in Philadelphia vor einiger Zeit stattgefunden hat. Da war er seinerzeit
mit Jadis unterwegs. Das die dann alle mit Arena verquickt waren, liegt
jetzt, glaube ich, eher daran, dass die generell alle miteinander
verquickt sind. Kein Wunder, es gab ja immer regen Besetzungswechsel...
John sagt immer spaßeshalber, er möchte
der einzige Bassist aus England sein, deswegen bringt er alle anderen
um, oder (lacht) kickt sie raus. Ich fand es
lustig, dass mir manche Leute gesagt haben „Na, das klingt ja manchmal
ein bisschen nach Kino und manchmal klingt es nach Arena“.
Stephan:
Das Gefühl hab ich bei dem ein oder anderen Stück allerdings auch.
Kalle: Ich hab’s nie gehört, aber das zeigt ja auch, dass die Charaktere der
Musiker und ihre Interpretation auch sehr stark sind. Und das darf man
ja auch zulassen. Das ist auch ausdrücklich von mir gewünscht, dass die
auch was von sich einbringen. Und dann erinnert natürlich ein Sänger,
den man von Kino kennt, auch an die Band. Also „Roses“ (Anmerkung: Stück
von RPWL, das von Ray Wilson gesunden wird) wird dann auch ein Stückchen
nach Stiltskin klingen, weil einfach der Ray Wilson seinen Stempel als
Sänger dem Stück aufdrückt. Und das ist bestimmt auch bei den Stücken
von Blind Ego genauso.
Stephan:
John Mitchell kennt man als Sänger hautsächlich von Kino ….
Kalle: Wobei der ja eigentlich Gitarrist ist.
Stephan:
Das stimmt.
Kalle: Das wäre natürlich toll gewesen, da hätte ich mich richtig gefreut,
wenn wir da zu zweit mit unseren Gitarren auf der Bühne gewesen wären.
Das wäre schon ein Riesenspaß gewesen. Dann hätten wir wahrscheinlich
eher die Keyboards weggelassen. So haben wir aber Yogi an den Keyboards
dabei. Der Yogi freut sich riesig mal wieder nur Keyboards spielen
zu dürfen. Das ist richtig toll.
Stephan:
Du hast ja gerade schon die Arbeitsweise
mit den anderen angedeutet. Wie einfach/schwierig war es die Jungs für
dein Projekt zu begeistern?
Kalle: Ganz einfach. Das Schöne ist ja jetzt, dass wir mit RPWL ja schon ein
Stückchen weit unterwegs sind. Es macht einen dann auch ein bisschen
Stolz, und man freut sich da auch drüber, wenn man relativ bekannten
Mitmusikern, die auch viel unterwegs sind, einfach mal ein Demo
zuschickt und die das dann toll finden. Es war auch schön John Jowitt
und John Mitchell bei uns im Studio zu haben, wir haben ja bei uns
aufgenommen. Und das hat richtig Spaß gemacht. Also das war überhaupt
nicht schwer. Die sind auch für jeden Spaß zu haben. Die Engländer sind
da wahnsinnig unkompliziert. Das hat ganz einfach funktioniert.

Kalle Wallner beim Blind Ego-Konzert (2007)
Stephan:
Das heißt also, dass du auch andere
Musiker kennst, die komplizierter sind.
Kalle: Komplizierte Musiker gibt’s ganz viele (lacht).
Stephan:
Wie stellt sich die Arbeitsweise mit den
anderen dar, sie wohnen ja nicht gleich um die Ecke? Ihr habt ja euer
Studio in München …
Kalle: Ja eigentlich fast am Münchner Flughafen. Das macht es noch einfacher.
Ich glaube das Wesentliche bei der Aktion das es so einfach funktioniert
hat, war, dass die Musiker entsprechend gut sind und weil ich in der
Verantwortung und vom Arbeitsanfall alles selber mache. Ich habe fertige
Demosongs gemacht, die waren noch mit einem anderen Sänger aufgenommen,
der sie für mich erst einmal eingesungen hat. Den
habe ich erst einmal als Layout genutzt.
Stephan:
Das war aber nicht Yogi?
Kalle: Nein, nicht Yogi. Weil Yogi hat da für mich,
für diese Songs die falsche Stimme.
Und dann geht man her und nimmt im Prinzip ganz normal auf.
Man lädt erst den Schlagzeuger ein, dann lädt man den Bassisten ein. Es
wäre aber noch schöner gewesen, wenn man noch mehr Zeit miteinander
verbracht hätte, um möglichst die Basics gemeinsam aufnehmen zu können.
Das machen wir auch ganz gern so. Aber das war logistisch so nicht zu
organisieren. Das dauert dann schon so ein bisschen. Die Platte hätte
auch viel schneller aufgenommen werden können, wenn man das alles sehr
geballt machen kann. Aber dann muss man wieder gucken, wann hat der eine
Zeit, wann kann der andere mal für zwei, drei Tage kommen. Da wir die
ganze Infrastruktur zur Verfügung gestellt und quasi nicht das ganze
künstlerische in die Hand genommen haben, war das so relativ einfach.
Wäre es eine Band, wäre das natürlich komplizierter abgelaufen. Da
kommen dann viele eigene Egos dazu (lacht).
Stephan:
Trotzdem hört man aber doch die anderen Musiker, die dabei sind. Du hast
gerade erwähnt, dass du die Songs schon vorproduziert hast. Das heißt,
dass die Jungs nach deinen Vorgaben spielen und du hast ihnen dann
trotzdem freien Lauf gelassen?
Kalle: Ja. Yogi war als Produzent quasi die letzte Instanz. Es ist natürlich
ausdrücklich erwünscht, dass jemand etwas von seinem Feeling, von seiner
Besonderheit in die Musik mit reinbringt. Aber es ging jetzt nicht so
weit, dass Texte oder Vocallines umgeschrieben wurden. Es ist schon so,
dass dieser kreative Input, den die anderen Musiker gegeben haben, mit
eingeflossen ist. Es wäre ja schade, wenn man das beschneiden würde.
Ganz im Gegenteil, das sollte man auch rauskitzeln. Es hat allen Spaß
gemacht, das hört man den Songs auch an.
Stephan:
Beim Song „Don’t Ask Me Why“ hört man
meiner Meinung nach eindeutig RPWL heraus. Ich habe mir beim Hören
gedacht, dass den auch Yogi hätte singen können, aber dann wäre es
wahrscheinlich wirklich ein RPWL-Song geworden. Wie siehst du das?
Kalle: Von der Stimmung her würde ich dir zustimmen. Aber bei diesem Song habe
ich eher so das Gefühl, ihm einen Alternative-Einschlag verpasst zu
haben. Das finde ich jetzt gar nicht so RPWL-mäßig. „Forbidden To Remain“
geht meiner Meinung eher in die Richtung. Das ist auch der älteste Song.
Das Thema ist auf jeden Fall relativ alt. Das war aber auch ein Song,
den wir als RPWL nie gemacht haben. Aber einen Balladen-Überschuss gibt
es bei RPWL immer. Ähnlichkeiten zu RPWL muss man ja auch hören. Es ist
schon so, dass die meisten Ideen bei RPWL auch erst einmal von mir
kommen. Also ich initiiere vielleicht die meisten RPWL-Ideen, wir machen
die Songs dann schon gemeinsam. Und deswegen gibt es natürlich auch bei
Blind Ego Ähnlichkeiten. Das ist vielleicht nur eine andere Seite, aber
letztendlich ist es ja auch nur ein Mensch und ich bin ja auch Gitarrist
in beiden Bands und daher ergeben sich dann Gemeinsamkeiten.
Stephan:
Aber Yogi und du, ihr seid schon ein
eingespieltes Team?
Kalle: Ja, wir kennen uns einfach schon so lange. Wir haben damals unser
Studio, Farmlands, ja auch für RPWL zusammen aufgebaut.
Stephan:
Ihr seid also beide Eigentümer?
Kalle: Ja. Wir haben mittlerweile auch noch ein Label, eine Booking- und
Event-Agentur und einen Musikverlag mit dabei. Wir haben uns so ein
altes Bauernhaus hergerichtet, haben dort viel Platz und machen da unser
Ding. So richtig kennen gelernt haben wir uns 1991 bei der Violet
District-Produktion. Man kannte sich zwar vorher schon so ein bisschen,
aber da haben wir uns richtig kennen gelernt. Yogi hatte die Violet
District damals produziert. Und seither sind wir relativ eng zusammen,
haben ganz viele unterschiedliche musikalische Sachen zusammen gemacht.
Auch Produkte für Werbung.
Stephan:
Eure musikalische Arbeit beschränkt sich dann nicht allein auf den
Rockbereich?
Kalle: Nein, nicht nur. Von RPWL lassen sich natürlich nicht fünf Mann
ernähren. Von daher haben wir natürlich viele andere musikalische
Sachen, die man noch nebenher macht.

Kalle Wallner beim Blind
Ego-Konzert (2007)
Stephan:
Ihr macht jetzt eine Kurztour, die dauert jetzt wie lange? Wie viel Gigs
macht ihr jetzt?
Kalle: Es waren jetzt
erst einmal sieben Gigs in acht Tage. Es sind dann noch
ein paar Festivals in Planung. Bei der Musik kann man natürlich nicht
über die normalen Kanäle, wie zum Beispiel die Tagesschau, gehen. Das
dauert ja auch seine Zeit, bis sich das rumspricht. Wir spielen im
Sommer beim Artrockfestival, sind dann noch mal in England für ein paar
Konzerte unterwegs. So wie es ausschaut wird dann auch Pallas mit dabei
sein. Dann ist für nächstes Jahr das Rosfest in Amerika bestätigt. Es
geht auf jeden Fall weiter. Das nehmen wir natürlich alles gerne mit und
dann kann man natürlich auch über ein zweites Album nachdenken, wenn man
merkt, dass die Stimmung gut ist und die Leute da Bock drauf haben. Da
kann man dann auch drüber nachdenken, das nächste Album in der
Besetzung, in der wir live gespielt haben, aufzunehmen.
Stephan:
Wenn eine Band auf Tour geht, heißt das ja erst einmal, dass die Songs
geprobt werden müssen. War es schwierig mit den Jungs für die Gigs zu
proben?
Kalle: Es war wahnsinnig unkompliziert. Das liegt auch daran, dass alle
Musiker gnadenlos gut und auch vorbereitet sind. Man darf sich jetzt
nicht vorstellen, dass wir zwei Wochen zur Verfügung hatten. Es
kommt schon darauf an, dass jeder sehr gut vorbereitet ist. In der Zeit,
die man dann effektiv zum Proben hat, geht es darum, dass man zusammen
spielt. Die ersten ein, zwei Gigs so einer Tour sind natürlich noch ein
bisschen „wackelig“. Ich glaub nicht, dass man es so richtig merkt, da
musst du schon ganz genau hingucken und schauen. Aber nach zwei Gigs
merkt man dann schon, dass die Band lockerer ist, aber noch nicht so,
als hätten wir schon 200 Gigs gespielt (lacht). Aber man wird zumindest
lockerer und kennt seine Laufwege, würde man jetzt beim Fußball sagen.
Man spielt dann noch besser zusammen. Aber dadurch, dass die Leute alle
so gut sind, muss man nicht ans eingemachte gehen, sondern es macht
riesigen Spaß.
Stephan:
Du sagst, ihr hattet keine zwei Wochen zur Verfügung. Wie lange habt ihr
denn dann geprobt?
Kalle: Wir haben mit John schon für die Release-Party geprobt. Damals hatten
wir vier Tage zur Verfügung. Diesmal waren es drei, vier Tage, die wir
hatten. Man muss ja die Leute auch einfliegen und einen Termin finden.
Aber es hat soweit alles wunderbar geklappt.
Stephan:
Bisher ist „Mirror“ die erste Scheibe von
Blind Ego, die wäre für den Gig heute sicherlich nicht ausreichend. Was
wird es außer den Stücken des Albums auf der Tour noch zu hören geben?
Werden auch Stücke von Arena und RPWL geboten? Vorhin beim Soundcheck
meine ich schon einen Titel von Rainbow gehört zu haben, ist das
richtig?
Kalle: Das war von Deep Purple. Also wir haben ein paar Überraschungen dabei.
Wir spielen im Prinzip das komplette Album und haben dann noch zwei,
drei Überraschungen dabei.
Stephan:
Ich hab jetzt damit gerechnet noch irgendeinen Titel von Arena zu hören.
Wenn die Leute dabei sind, macht es ja eigentlich schon Sinn.
Kalle: Jaa, und von RPWL ist auch was dabei.
Stephan:
Das hatte ich auch gehofft.
Kalle: Allerdings ungewöhnlich. Also wir machen nicht das, was wir eh die
ganze Zeit mit RPWL spielen, das wäre ja auch doof. Wir spielen einen
von den Songs, den wir nur auf einer Tour gespielt haben und das ist
auch ein Song der besser in den Gesamtkonsens passt. Und da gibt es von
RPWL nicht ganz so viele (lacht). Dann gibt es noch einen zu hören, ein
besonderes Cover von …. Soll ich es dir sagen oder willst du es selber
raten?
Stephan:
Erzähl mal.
Kalle: Wir machen eine Nummer von Queensryche.
Stephan:
Das ist nicht meine Richtung, daher würde ich die nicht erkennen.
Kalle: Wir, John, Paul und ich, haben irgendwann im Pub festgestellt, dass wir
gemeinsam so einige Bands aus den 80’ern sehr gern gemocht haben.
Queensryche war eine davon. Und weil Paul das auch gut singen kann,
haben wir ein Stück davon genommen. Seine Stimme passt auch.
Stephan:
Als ich nach längerer Zeit wieder in den
Progbereich reinkam, hab ich vor allem Sylvan und RPWL als die besten
deutschen Progbands für mich entdeckt. Sylvan, mit denen ihr die
Doubleheadliner-Tour macht, haben durch die letzten Produktionen einiges
an neuen Fans gewonnen. Wie ist denn so die Zusammenarbeit während der
Tour? Gibt es da Unterschiede, wer zuerst beginnt? Wechselt ihr da schon
mal?
Kalle: Das hat sich so ergeben, was dann auch dem Veranstalter so am liebsten
war. Dass wir in Hamburg, sozusagen bei ihrem Homekonzert, als
erste anfangen, das hat sich von selbst verstanden. In Bremen war es
auch so. Aber es hat dann gewechselt. Gestern in Zoetermeer, das ist ja
auch so eine Arena-Hochburg, da haben wir, wie bei einigen Gigs zuvor,
als zweites gespielt. Aber unter uns sind wir alle gleichberechtigt. Wir
haben die gleichen Spielzeiten, das ist auch heute Abend so. Und das
soll auch beweisen, dass wir gleichberechtigt unterwegs sind. Wir haben
da so ein bisschen ein Nord-/Süd-Gefälle. Wobei, das kann man gar nicht
sagen, denn es sind ja auch die Engländer dabei.
Stephan:
Ein Konkurrenzdenken gibt es da gar nicht?
Kalle: Nein. Das gab es früher aber auch nie. Jeder muss irgendwie sein Ding
machen, das ist ja klar. Das muss eher ein miteinander sein, man muss
sich da helfen und ist auch aufeinander angewiesen. Ich sehe da keine
Konkurrenz
Stephan:
Jetzt mache ich einen Sprung zurück zu
RPWL. Seit geraumer Zeit ist eine DVD angekündigt. Wann kann man mit dem
Silberling rechnen?
Kalle: Uns ist das Konzert zu wenig. Wir würden gerne noch einen Film über
RPWL machen.
Stephan:
Also eine Art Dokumentation?
Kalle: Ja. Und das kostet uns sehr viel Zeit und wir können auch aus
finanziellen Gründen nicht immer durchgängig daran arbeiten. Letztes
Jahr hatten wir noch ein paar Sachen, die wir noch machen wollten und da
hat uns dann das Wetter im August einen Riesenstrich durch die Rechnung
gemacht. Und dann liegt es leider erst einmal wieder auf Eis, weil die
nächsten Sachen kommen, die man abarbeiten muss. Wir machen es sicher
noch, aber es wird wohl noch ein bisschen dauern. Das wird irgendwann
mal nebenher passieren. Das Hauptaugenmerk ist jetzt tatsächlich die
neue Platte. Da haben wir bereits angefangen einige Ideen auszutauschen
und über Themen der Texte zu sprechen. Also da fängt der Zug jetzt an zu
rollen.
Stephan:
Das heißt dann also, dass eine neue
Platte von RPWL Vorrang hätte vor einer neuen Blind Ego-Scheibe?
Kalle: Hätte es für mich aber sowieso. Es liegt ja alles in meiner, oder in
unserer gemeinsamen Hand, deswegen können wir uns das so einteilen, wie
wir es für richtig halten. Aber, ehrlich gesagt, eine Blind Ego-Platte
ist sicherlich auch einfacher und schneller zu produzieren, als das bei
RPWL der Fall ist. Das haben jetzt auch die Aufnahmen gezeigt. Weil ich
für mich einfach nebenher arbeiten kann, die Songs machen kann, alles
arrangieren kann und das geht dann relativ flott. RPWL ist noch eine
Spur filigraner, noch verspielter und mit noch mehr Perfektionismus
behaftet. Da kommt halt alles zusammen. Und es kommen vor allem mehr
Leute zusammen. Da gibt es dann schon mal ein paar mehr Diskussionen
(lacht). Von der ganzen Produktion ist es dann schon eine ganze Nummer
größer.
Stephan:
Konntest du merken, ob die ganzen RPWL-Fans auch zu Blind Ego gestoßen
sind? Hast du Resonanz von denen bekommen?
Kalle: Ich könnte mir gut vorstellen, dass einige Leute, wenn sie die Platte
auspacken und den ersten Song hören, „uuhhh“ gesagt haben.

Kalle Wallner mit RPWL live (2005)
Stephan:
Aber gerade den ersten Song finde ich klasse.
Kalle: Dankeschön. Ich wollte aber auch gleich ein Ausrufezeichen setzen. Auf
der Platte geht es ja gleich ohne großes Pipapo los. Das machen wir
heute Abend auch, einfach drauf losrocken. Weil das macht auch ne Menge
Spaß. Und da wollte ich den Unterschied zu RPWL auch gleich schon am
Anfang der Platte klar machen. Ich glaube, nicht jeder, der RPWL mag,
latscht los und kauft blind die Solosachen des Gitarristen. Auch beim
Gesang scheiden sich ja oft die Geister. Ich glaube, nicht jeder kann
mit der Alternative-Stimme von John Mitchell etwas anfangen. Viele
können sicher auch nicht so viel mit dem mehr theatralischen Gesang von
Paul Wrightson etwas anfangen. Für mich war es einfach nur spannend, mal
loszugehen und zu sehen, was passiert. Wenn man das alles damit bewegen
kann, ist es einfach toll. Ich freue mich einfach schon die ganze Woche
(lacht).
Stephan:
Ich hab mich auch schon sehr auf dieses Doppelkonzert gefreut.
Kalle: Ja, es ist auch mit Sylvan zusammen ein Riesenspaß. Es ist auch
musikalisch für jeden etwas Besonderes, mit zwei Bands, die sich
ergänzen. Sylvan sind mit Sicherheit ein bisschen ruhiger,
während es bei uns schon eins auf die Ohren gibt. Ich hoffe, dass es
nicht zu laut sein wird.
Stephan:
Also beim Soundcheck war das schon sehr laut, da hab ich schon einen
Schrecken bekommen.
Kalle: Hast du was für die Ohren dabei? Weil wir haben einen brutal lauten
Schlagzeuger. Der Tommy Eberhardt ist ein richtiges Viech, sagt man in
Bayern. Das ist ein richtiges Tier. Wir haben aber einen guten Mischer dabei,
der mischt auch immer die Konzerte von RPWL und macht immer einen
tollen Sound. Aber es gibt musikalisch Grenzen für alles. Wird schon.
Stephan:
Vielen Dank für das ausführliche
Interview.
Kalle: Ja, gerne.