Interview mit Jörg Henneböle aka Blue George
Per Email im Juli 2024 geführt

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Das Blue George Trio aus Köln spielte am Freitag, den 21.06.2024 ein Konzert in Egen 4, einer kleinen gemütlichen Location im Bergischen Land. Es war das zweite Konzert des Trios, das seit Anfang 2024 in einer neuen Besetzung (Klaus Kappmeyer am Bass und Ralph Schläger am Schlagzeug). unterwegs ist. Kopf der Band ist der Gitarrist, Sänger und Songwriter Blue George, mit bürgerlichem Namen Jörg Henneböle. Das Programm des Konzertes nannte sich „Blues & Groove“, was den Stil ihrer Musik sehr gut traf, denn neben der Grundzutat Blues, die sich in allen Songs wiederfand, würzten sie ihre Stücke auch mit Jazz, Southern Rock, Rock’n’Roll, Funk, Soul und sogar Disco.

Das aktuellste/letzte Album „Blues & Groove (I-VI)“, das mit ca. 25 Minuten Spielzeit doch recht kurz ausfällt, stammt aus dem Jahr 2014. In Egen 4 präsentierte das Trio aber ein zweistündiges Set, das aus Eigenkompositionen bestand.

Das Stück „I thought that love could wait - Disco Blues No. 1“ gehört zu den außergewöhnlichsten Stücken von Blue George. Ähnlich wie Pain Of Salvations „Disco Queen“, die in diesem Stück Progmetal mit Disco würzen, versprüht auch der „Disco Blues“ von Blue George eine ungeheure Anziehungskraft, da das Stück einen grandiosen Groove besitzt und den Blues dabei nicht vernachlässigt.

Jörg, du hast bei deinem Konzert erzählt, dass du unter anderem von t-bone Walker, B.B. King und Albert Collins beeinflusst wurdest. Bitte erzähl doch zunächst etwas zu deinen musikalischen Wurzeln.

         

Ich denke, der 70er-Jahre Sound mit dem Blues-Rock, Funk & Soul, aber auch die radiotaugliche Pop-Musik aus dieser Zeit haben mich in meiner Jugend sehr beeinflusst. Meine Liebe zu dem Blues habe ich erst als Erwachsener entdeckt. Da waren tatsächlich t-bone, B.B. und Albert meine ersten Vorbilder. Später kamen noch Blues-Gitarristen mit jazzigem Approach bzw. Jazz-Gitarristen mit bluesigem Ton hinzu, wie zum Beispiel Ronnie Earl, Robben Ford, Wes Montgomery und John Scofield.

Du hast dir als Musiker den Namen Blue George ausgewählt. Was bedeutet das Pseudonym und wie bist du darauf gekommen?

Das ist schnell erklärt. Meinen westfälischen Nachnamen „Henneböle“ konnte sich kein Veranstalter merken, geschweige denn notieren. Da habe ich aus Jörg kurzerhand George gemacht und das Blue (für Blues) davorgesetzt. Fertig.

Bist du Autodidakt im Bezug auf dein Gitarrenspiel, oder hast du das Gitarrenspiel von Grund auf erlernt?

Eine Mischung aus beidem. Zu Beginn war ich Autodidakt, habe Bücher gekauft und mit einem Freund Platten und Kassetten abgehört. Die gute alte Schule… J Später habe ich zwar nicht Musik studiert, aber dafür privaten Unterricht bei den Dozenten einiger Jazz-Musikhochschulen genommen, insbes. Axel Zinowsky (Essen) und Frank Haunschild (Köln). Das hat vor allem mein Harmonie­verständnis stark verbessert.

Seit wann bist du als Musiker live unterwegs? Hast du mit Coverversionen von Bluesgrößen angefangen?

Live-Auftritte sind das Größte! Das habe ich früh für mich entdeckt. Es begann schon in der Schulband, wo wir u.a. ZZ Top und Clapton gecovert haben. Später habe ich viele Jahre eher Pop und Rock gecovert und damit Geld verdient. Insofern kann man aus heutiger Sicht sagen, dass ich einen längeren Umweg genommen habe, um letztendlich beim Blues zu landen. Und da sind mir eigene Texte sehr wichtig.

Was mir besonders gut gefällt ist, dass du deinen Blues mit Funk-, Soul- und Jazz-Elementen versetzt. Was bedeuten diese anderen Musikstile für dich und wie kam es zu dieser Fusion?

Das ist das Ergebnis meines Werdegangs. Da der Blues zeitlich eher am Ende aufgetaucht ist, integriere ich alles Vorherige. Das finde ich sehr spannend.

Wie gehst du an das Schreiben neuer Stücke heran? Steht zunächst der Text oder komponierst du zuerst die Musik?

Typischerweise steht der Groove bzw. ein bestimmtes Gitarren-Riff am Anfang des Prozesses. Das passiert nicht selten auf der Akustik-Gitarre vor dem Frühstück, im Urlaub oder spontan nach einem stark emotionalen Moment. Später werden die Harmonien ausgefeilt. Den Text schreibe ich am Ende, wobei ich immer wieder entdecke, dass die Worte wiederum Melodien und auch Harmonien stark beeinflussen. Schlussendlich bin ich sehr glücklich, wenn alles „verzahnt“ ist und ich auch eine Botschaft habe. Das ist wohl der kleine Singer-/Songwriter in mir…

    
Blue George Trio live Egen 4

Bisher sind erst zwei CDs erschienen. Hast du nicht so den Fokus auf Veröffentlichungen, sondern hauptsächlich auf Liveauftritte gelegt oder ergab sich das so?

Es ergab sich leider so. Die erste CD (damals spielte ich noch im Sextett) war eine teure Angelegenheit. Davon musste ich mich erst finanziell erholen. Die zweite CD war als Promo-CD für das Trio gedacht, daher auch nur der eher technische Titel „Blues & Groove I- VI“. Geplant war, im Anschluss mit der Veröffentlichung von Song Nr. 7 etc. weiterzumachen. Aber einige private Rückschläge haben mich davon abgehalten. Mittlerweile lege ich den Fokus auf die Liveauftritte.

Das letzte Album stammt aus 2014. Planst du in naher Zukunft mal wieder etwas zu veröffentlichen? Wenn ja, wie wird dies aussehen?

Das neue Trio entwickelt sich sehr gut. Erste Überlegungen für eine dritte CD kreisen in meinem Kopf herum. Tendenziell würde ich im Studio einige Gast-Musiker (Organisten und Bläser) hinzunehmen, um noch mehr Farben zu kreieren. Vielleicht 2025…

Am 21.06.2024 bist du zum zweiten Mal im Egen 4 aufgetreten. Das ist eine kleine, sehr intime Location. Wie ist es für dich in so einer Atmosphäre zu spielen?

Das liebe ich besonders! Der nahe Kontakt zum Publikum erlaubt mir z.B. bei der Moderation Einiges zu dem jeweiligen Song zu erzählen. Nicht umsonst nenne ich das Programm manchmal „Blues, Groove & Kurzgeschichten“.

Sag doch bitte auch noch etwas zu den beiden Musikern, Klaus Kappmeyer am Bass und Ralph Schläger am Schlagzeug. Du sagtest, dass ihr in dieser Besetzung erst seit Anfang 2024 auftretet.

Es sind zwei Voll-Profis. Klaus kenne ich schon viele Jahre. Er hat mich bereits in einigen Coverbands begleitet. Sein jazziger Hintergrund (er spielt auch Kontrabass!) und seine Groove-Fähigkeiten sind einzigartig. Ich bin sehr froh, ihn an meiner Seite zu haben. Das Gleiche gilt für Ralph Schläger. Ihn habe ich erst vor einem guten Jahr kennengelernt, aber seine Art, den Rhythmus aufzufassen, hat mich sofort überzeugt. Ob Blues-Shuffle oder straight Funk, ein Wahnsinns-Trommler!

     
Jörg Henneböle, Ralph Schläger und Klaus Kappmeyer live Egen 4

Du hast immer in wechselnden Besetzungen gespielt. Wie kam es zu den unterschiedlichen LineUps und zur aktuellen Trio-Besetzung?

Einige Jahre haben mich im Trio Henrik Herzmann (Leverkusen) am Bass und Paul Mayland (Wermelskirchen) am Schlagzeug begleitet. Insgesamt etwas rockiger als jetzt, aber auch eine tolle Zeit. Dann kam leider Corona und irgendwie war danach die „Luft raus“. Ich habe im Anschluss Einiges ausprobiert und habe jetzt die ideale Besetzung zusammen.

Bei deinem Auftritt hast du einen Song gespielt in dessen Text du 13 Songtitel aus den 80’er Jahren verarbeitet hast. Wie kamst du auf die Idee und war der Text vor der Melodie da?

Auch bei dem Song „Back in time“ stand das Riff an erster Stelle, aber dann kam der Zufall ins Spiel. Im Internet las ich etwas über vergangene Jahrzehnte und bei den 80ern bin ich irgendwie hängen geblieben. Da sprangen mir Musiktitel ins Auge, die ich alle kannte. Ich dachte mir, wenn ich mich erinnere, dann tun das meine Zuhörer vielleicht auch? Gesagt, getan…

Daneben hast du auch noch einen weiteren Song gespielt, der außergewöhnlich war. In „I thought that love could wait - Disco Blues No. 1“ vermischt du Discogrooves mit Blues. Wie kam es zu diesem außergewöhnlichen Song, der richtig Spaß macht?

Da war ich wieder in meinen heißgeliebten 70er Jahren. Ich wollte etwas Neues ausprobieren und dachte zunächst an Hard-Rock-Blues oder Punk-Rock-Blues. Aber es fielen mir plötzlich all die wunderbaren Gitarren-Riffs von Nile Rodgers (Chic, Sister Sledge, Diana Ross) ein, die Melodien und Harmonien von Gloria Gaynor und die Coolheit von Barry White. Das war die Geburtsstunde des „Disco-Blues“.

In den Texten des Blues geht es ja oft etwas depressiv zu. Oft werden Beziehungsprobleme thematisiert. Welche Themen wählst du für deine Texte aus?

Das stimmt, Beziehungsprobleme stehen an erster Stelle. Die besten Texte entstehen in emotionalen Zeiten, seien es traurige oder fröhliche Tage. Mittlerweile mische ich (eher unauffällig) auch ein paar politische Statements mit ein. Das ist wohl meine Art, mit den Krisen und Konflikten auf dieser Welt umzugehen.

In Köln wo du lebst, besteht eine sehr große Musikszene. Gibt es da für dich als Bluesmusiker genug Resonanz?

Ich habe früh entdeckt, dass Musiker-Sessions eine wunderbare Plattform sind, um sich auszuprobieren und Kontakte zu knüpfen, sei es zu anderen Musikern und Musikerinnen, aber auch zu Veranstaltern. Zudem habe ich glücklicherweise meinen persönlichen Gitarren-Stil so „ausgefeilt“, dass mich mittlerweile viele nach wenigen Tönen erkennen. Das ist ein Glück! Dadurch entsteht genug Resonanz.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Musikalisch möchte ich das perfekt aufeinander eingespielte Trio weiter ausformen. Wir werden dabei immer wieder Live-Aufnahmen machen, um am Ende all unsere „Laufwege“ zu kennen, ähnlich wie die spanische Fußball-Nationalmannschaft J. Privat geht es erstmal mit meiner lieben Freundin in den Campingurlaub, natürlich mit Akustik-Gitarre im Gepäck.

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.

Stephan Schelle

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