Am 22.05.2007 kamen wir (Horst Coels
und ich) einer Einladung nach, die Düsseldorfer Band Flaming Bess in
ihrem Studio zu besuchen.
In einem Düsseldorfer Hinterhof
befindet sich der Eingang zu einem ungewöhnlichen Keller, der das Studio
des Quintetts beherbergt. Die Tür öffnet sich und der erste Blick geht
eine Treppe hinunter, die von afrikanischen Kunstwerken gesäumt ist.
Bandmitglied Hans Wende, der als Experte für afrikanische Kunst weit
über die Grenzen bekannt ist, hat hier sein Lager, in dem sich
zahlreiche Exponate befinden. Mit jedem Schritt in diesen Keller hat man
das Gefühl, eine ganz andere Welt zu betreten.

von links nach rechts:
Achim Wierschem, Hans Wende, Dieter Joswig und Peter Figge
Im Anschluss an diese herrlichen
Kunstwerke geht es in einen kleinen Durchgangsraum. Hier treffen wir mit
Dieter Joswig, Achim Wierschem, Peter Figge und Hans Wende vier der
sympathischen Musiker. Lediglich der Jüngste, Claas Reimer fehlt an
diesem Abend. Gleich der erste Eindruck zeigt, dass hier vier (mit Claas
eigentlich fünf) Freunde am Werk sind. In lockerer Atmosphäre sinnieren
die vier in der gemütlichen Sitzecke über die Gründungszeit von Flaming
Bess, die bis ins Jahr 1969 zurückgeht sowie die weitere Zusammenarbeit
in anderen Projekten und über die letzten Veröffentlichungen. Umrahmt
wird das Ganze von den Zeitdokumenten (Bilder, Artikel und
Schallplatten), die sich an den Wänden befinden.
Die fünf sind derzeit fleißig an der
neuen Produktion ihres mittlerweile fünften Flaming Bess-Albums, das
sich aber noch in der Rohfassung befindet. Mehrere Konzepte hatten sich
die fünf für das neue Album, es trägt derzeit noch keinen Namen,
überlegt. Das Grundgerüst steht fest, es wird eine Fortsetzung der
Fantasiegeschichte um Flaming Bess und Arkana geben. Damit führen sie
das Konzept aus ansprechender Rockmusik und Fantasystory, das den Reiz
dieser Band seit mehr als 27 Jahren ausmacht, fort. Und ehrlich gesagt,
genau das erwartet der Fan auch. Allerdings wird die Hörer etwas Neues
erwarten, so viel wurde schon mal verraten. Die neue CD wird im wahrsten
Sinne des Wortes räumlicher als alle bisherigen Veröffentlichungen der
Band. Was das sein wird, haben sie uns schon geflüstert, nur soviel sei
verraten: auf das Endprodukt kann man sehr gespannt sein.
Dann ging es in den angrenzenden
Studioraum, in dem uns die vier schon mal einige Rohfassungen
vorspielten. Die Texte, die die Geschichte erzählen und vorantreiben
sollen waren allerdings noch nicht aufgenommen, so dass sich die
Vorführung auf die reinen Songs beschränkte. Das Knistern eines
Lagerfeuers und darüber gelegte Atmosphären und vertrackt angelegte
Keyboardakkorde, so stellt sich derzeit das Intro zur neuen Flaming
Bess-Scheibe dar. Das grenzt an eine Art Soundtrack und erzeugt schon
eine gewisse Spannung und Vorfreude. Auch ohne die Texte kann man sich
in diesem frühen Stadium den Opener gut vorstellen. Die Rohfassung
enthält noch typische Progelemente, die sehr an Genesis erinnern und
gehen dann in einen sehr schönen Gitarrenpart über. Zum jetzigen
Zeitpunkt will die Band diese Passage jedoch etwas zurückschrauben, was
meiner Meinung nach aber schade wäre, denn sie klingt schon sehr
ausgereift und bringt auch ein gewisses Retro-Feeling mit, bei dem ich
mich sofort zu hause fühle. Jungs, lasst die Passagen bitte drin.

Der erste Eindruck der neuen Tracks
ist sehr gut. Sie machen schon einen nahezu fertigen Eindruck bei dem
lediglich der Feinschliff und zum Teil neu einzusingende Parts notwendig
sind. Auf einigen der Stücke wurden Texte von Peter Figgen gesungen, die
noch geändert werden und von anderen Sängern aufgenommen werden sollen.
Sie sollen derzeit lediglich das Klangbild der Songs widerspiegeln.
Durch Peter’s Art zu singen hören sich die Songs an einigen Stellen an,
als stammten sie von der deutschen 70’er Band Eloy.
Was auch sofort auffällt, ist die
Zunahme der Gitarrenparts gegenüber dem Vorgänger „Finstere Sonne“.
Dadurch klingen die Aufnahmen noch rockiger, stellenweise kommt mir gar
ein Vergleich zu Maxxess in den Sinn.
Aber nicht nur die Gitarrenarbeit von
Achim Wierschem fällt auf, auch die modernen Synthie-Grooves gehen gut
ab. Die Kombination aus diesen beiden Elementen macht aus dem neuen Werk
ein tolles Hörerlebnis, das kann man auch zu diesem Zeitpunkt schon
feststellen. Zwischendurch sind Gitarrenpassagen, die eindeutig die
Flaming Bess Handschrift tragen zu hören, dann entdeckt man sehr
floydige Parts, oder es erklingen einige Töne, bei denen ich sofort an
Jeff Wayne’s „War Of The Worlds“ denken muss. Zur Abrundung der
Produktion wurden auch Perkussions-Samples eingesetzt, die einigen
Tracks einen gewissen ethnischen Touch verleihen. Das passt sehr gut.
Daneben sollen in der fertigen Produktion die Songs und die Geschichte
durch Geräuschsamples, die die Geschichte weiter nach vorne bringen
werden, verfeinert werden.

An der Präsentation ihrer neuen Stücke
hatten die vier sichtlich Spaß. So griff Achim zu seiner nicht
angeschlossenen E-Gitarre und spielte einige Passagen mit, oder die
Jungs erklärten an einigen Stellen die Hintergründe und
Aufnahmetechniken. Dabei konnte man deutlich erkennen, wie viel Herzblut
jeder von ihnen in die Musik gelegt hat. Und das hört man den Stücken
auch deutlich an.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann man schon
sagen, dass mit dem fünften Album das wohl ausgereifteste und beste Werk
der Düsseldorfer Formation Flaming Bess erscheinen wird. Wenn alles nach
Plan läuft soll es noch Ende 2007 auf den Markt kommen.
An dieser Stelle möchte
ich mich auch noch mal für den herzlichen Empfang und den tollen Abend
bei den vier Musikern bedanken.
Stephan Schelle, 23.05.2007