Stephan:
Wird man denn demnächst mal etwas rockiges und technomäßiges von Dir hören?
Eroc: Ja im Moment hat mich ja der Urs Fuchs gekrallt.
Und der macht ja nun Musik für die Nervenheilanstalt. Therapiemusik, Gedudel,
Elektronikgedudel möchte er gerne machen, aber möchte natürlich auch, daß es sich
verkauft. Hab ich ihm gleich gesagt, "Da darfst Du kein Gedudel machen, das verkaufst
Du nur an die Gedudelfritzen, die das mögen. Wenn Du Leute ziehen willst, mußt Du was
machen, was sich einer anhören kann, der gerade Krach mit seinem Chef hatte." Also
muß es auch ein bißchen übergreifend werden. Das heißt, Urs bringt schöne Ideen. Aber
wenn wir die so auf CD bringen, dann ist es wenig attraktiv. Dann kauft das das kleine
Grüppchen der Elektroniker, die das sowieso nur hören und das auch sofort gut finden.
Aber wenn wir damit was erreichen wollen, dann müssen wir auch ein bißchen mal gucken,
daß es moderner wird. Deswegen ist also Technorhythmen, Dancerhythmen gar nicht mal so
abwegig, durchaus. Und mein Herz für harte Gitarren hört man ja schon bei
"Cowboys". Ne härtere Gitarre hat ja wohl auch RAMMSTEIN noch nie gebracht. Ich
weiß nicht wohin es geht. Also der Urs ist für alles offen und ich freu mich, daß ich
zum ersten Mal auch wirklich nen Partner habe, der unglaublich Lust hat was zu
machen, der vom Handwerk her sehr gut ist und von den Ideen her also durchaus Sachen
bringt, die mir nicht einfallen würden. Und anders rum, ich bring auch wieder Sachen, auf
die er nicht kommt und es ergänzt sich sehr gut. Wieweit wir das jetzt treiben, daß wird
die Zukunft zeigen. Wir werden also im Herbst die ersten Sachen zusammen bauen. Er fertigt
was vor, ich fertige was vor, dann tauschen wirs aus und jeder fertigt was dazu und
dann gucken wir mal, was dabei rauskommt. Mit dem "Servants Of
Silence"-Stückchen "Aqua acclivis" hat es ja schon gepaßt. Das ist ja in
so einer Zusammenarbeit entstanden, für Schweden. Und deswegen wollen wir gucken, wohin
der Eroc driftet. Also zunächst mal als Duo-Projekt, wobei meine Richtung, die Du
angesprochen hast mit "Take It And Go", diese etwas englische ... Am ehesten
würde ich es noch mit THE TUBES oder sowas, solche Bands vergleichen. Die hatten so in
der Richtung solche Sounds. Das wiederum ist natürlich auch ein Hobby, was nicht jeder
nachvollziehen kann. Da brauchst du natürlich auch wieder Rockmusiker dazu.
Stephan: Um das komplett einzuspielen.
Eroc: Um das komplett einzuspielen, oder ums
auch mal live zu bringen, was ja nun auch sehr wichtig ist.
Stephan: Apropos Live. Du bist in Schweden gewesen,
hast mit dem Urs Fuchs und einem weiteren Musiker von der Band FARFARELLO...
Eroc: Dem Schweden.
Stephan: Dem Schweden, genau. Hast einen Liveauftritt
absolviert. Gekommen ist es dazu, daß Dich der Winfrid Trenkler drauf angesprochen hat.
Eroc: Ja. Der Trenkler ist ein ganz alter Freund von
mir. Er hat bekanntlich ja schon mal 1977 auf der Bühne gestanden, mit GROBSCHNITT. Ne,
es muß später gewesen sein.
Stephan: War das in Dortmund?
Eroc: Nein, das war in Duisburg und zwar haben wir da
schon ... Nee doch, es muß 1977 gewesen sein. Bei "Solar Music" kommt ja die
Nebelpolizei vor, Schwimmflossen, Blaulichter, Schilder, Schwerter und Winfrid Trenkler
war einer von den Nebelpolizisten. Er wollte unbedingt einen GROBSCHNITT-Auftritt
mitmachen, weil er uns damals soviel interviewt hat. Da stand er hinter der Bühne, ja und
dann wurde ihm gleich die Maske aufgesetzt. Und er wollte gar nicht. Und zack, stand er
auf der Bühne und mußte mitmachen. Wir haben uns krank gelacht. Und er, "Nein, mach
ich nicht. Ja, ja ich machs doch. Und blabla, blabla." Da erzählt er heute
noch davon. Also das ist ein ganz alter Freund von uns, der ja auch schon 1974, 1975, 1976
in seiner Radiothek damals die Wahnsinnsinterviews mit GROBSCHNITT gemacht hat, die
Happenings, die damals passierten. Und der Kontakt ist über die Jahre nie abgerissen. Er
hat also auch in seinen Schwingungen mich hin und wieder interviewt, über meinen
Fortgang. Hat Sachen über mich gebracht, mit "Wolkenreise" und den Stücken,
die ich danach gemacht habe. "Space Shuffle" zum Beispiel von "Changing
Skies" ist erklärtermaßen eins seiner Lieblingsstücke. Und als der Winfrid jetzt
beim WDR da quasi so unrühmlich abgesägt wurde, hab ich ja nun wirklich mitgekämpft.
Ich hab ja auch dem Pleitgen noch die Hölle heiß gemacht und Faxe an diesen blöden
Sender geschickt. Und dann hieß es ja plötzlich, Schwingungen bleibt, es stand sogar in
der Zeitung. Dann habe ich das dem Trenkler rübergefaxt, der räumte gerade sein Haus
aus, oben in Norddeutschland und zog nach Schweden. Der ist vom Stuhl gefallen, er hat
geheult vor Freude. Dann entpuppte sich das ganze wieder als Ente, das war ein hin und
her, das kann sich keiner vorstellen. Und dadurch bin ich mit Winfrid immer gut in Kontakt
gewesen. Er hat mich hier ein Paar mal besucht, hat hier übernachtet und wir haben
nächtelang über Musik gequatscht. Und er hat immer wieder gesagt, "Eroc, Du mußt
einfach mal wieder was neues machen." Ja was soll der Eroc neues machen? Seine
rockige Art, seine Ziehharmonika Art, seine elektronische Art, seine GROBSCHNITT Art,
seinen Witz? "Ja, nun mach doch mal wieder was elektronisches." "Ach nee,
das is mir zu fade, das Gedudele da, das mach ich doch vorm Frühstück. Synthesizer
an und Sequenzer, das befriedigt mich nicht. Bin Trommler, muß arbeiten." "Ja
aber die Leute möchten das und bla bla und so." Ja und dann hat er gesagt,
"Paß auf, spiel mit in Duisburg bei dem Hochofen-Festival. Da kommt der Klaus
Schulze und den kennst Du ja auch von früher." "Ja," ich sag "gut,
was soll ich da denn machen? Alleine? Dann muß ich erst mal ein Musikstück machen."
Und zu der Zeit habe ich im Studio sehr viel produziert und habe dann zum Winfrid gesagt,
"Ich schaffes nicht." Jetzt kam er wieder an und sagte, "Hör mal,
Schweden." Das heißt, er hatte mich hier besucht und erzählte mir was von dieser
kleinen schwedischen Insel. Das ist schon zwei Jahre her. Er träumte immer davon da was
zu machen. Und irgendwann rief er an und sagte, "Hör mal, ich mach da was. Ich wär
froh, wenn Du da mitmachst." Ich sagte, "Winfrid, Nägel mit Köppen. Ich mach
mit. Egal und wenn ich mich mit der Ziehharmonika auf die Bühne setze." Und dann
ergab es sich. Dann hab ich überlegt: was könnte ich machen? Und dann war zufällig Urs
Fuchs da, der hatte im Woodhouse-Studio für eine Produktion für mich einen Baß
einzuspielen. Ich hab dem Urs was erzählt von dem Festival und Urs sagte, "Hör mal,
ich hab ne Kassette mit nem Stück, das hab ich gemacht, das könnte von Dir
sein." Und da kam er dann mit diesem Thema an, mit diesem Gitarrenthema. Ich sagte,
"Es gefällt mir gut. Urs, könnte ich was draus machen." "Ja" sagt
er, "bitte. Ich bitte darum." Ich sagte, "Urs, komm doch mit nach
Schweden." "Jau ich komm mit nach Schweden." Und so hat sich das gefunden.
Urs hat mich unterstützt mit nach Schweden zu fahren. Wir haben uns gegenseitig
gefeatured und es gab nur Schwierigkeiten. Wir haben gekämpft bis einen Tag vorher haben
wir..., war noch die Frist. Ich hab gesagt, wenn bis um halb drei diese verdammte
Digitalmaschine nicht läuft, wir waren da im Studio am abmischen, dann sag ich ab. Es
stand also immer noch auf der Kippe, machen wir mit oder nicht. Und wir hatten
unglaubliche Schwierigkeiten. Nicht nur daß das Auto kaputt ging, sondern das
tatsächlich auch Geräte kaputt gingen, daß Produktionen nicht liefen, daß dies schief
ging, das schief ging. Und dann klappte auch die Buchung irgendwie mit der Fähre nicht
und es war nur Theater. Wir haben bis zum Schluß gekämpft und trotz aller
Schwierigkeiten gesagt, "Wir machen das." Und dann haben wir das gemacht und
Gott sei Dank haben wir es gemacht. Es war also so schön. Und es hat irgendwie den
Grundstein für die Zusammenarbeit gelegt. Also werden wir mal gucken, was dabei
herauskommt. Wenn mir das gefällt, was dabei rauskommt, machen wir weiter.
Stephan: Auch Live?
Eroc: Das sollte kein Problem sein, wir sind beide
gestandene Handwerker. Der Urs spielt ja nach wie vor bei FARFARELLO und die spielen ja
nun sehr oft. Und ich hab auch keine Angst vor der Bühne. Ich hab das weiße Licht ja
mehr als 1.000 Mal gesehen. Es ist also durchaus möglich, daß wir das live machen. Nur
wenn, dann im exklusiven Rahmen. Also nicht in jeder Kneipe an der Ecke, auch nicht wie
GROBSCHNITT früher auf jedem sauerländer Schützenfest, sondern doch bei ausgewählten
Sachen, ebenso wie in Schweden. Wobei beim Trenkler, soweit ich weiß, tatsächlich schon
der Wunsch gewachsen ist, daß wir im nächsten Jahr in Schweden wieder mit dabei sind. Er
will zwar nicht das gleiche noch mal präsentieren, aber er möchte gern das wir noch mal
mit dabei sind. Vielleicht wird das ja was.
Peter: Aber es wird dann von der Zusammenarbeit mit Urs
Fuchs auch noch was zu hören sein?
Eroc: Ja, wir werden zunächst mal dieses Stück, was
wir da gemacht haben, das "Aqua acclivis", was auf diesem Sampler, auf unserer
kleinen CD drauf ist, noch mal überarbeiten. Es sind zwei, drei Stellen da drin, die sind
mir einfach zu langweilig, die müssen raus. Und es ist mischtechnisch ganz auf die
schnelle, innerhalb von einer Stunde in einem kleinen Studio, mal eben so
zusammengemischt. Dafür ist es verdammt gut, aber ich weiß was man noch rausholen kann.
Und wenn ich mit CDs an die Öffentlichkeit gehe, dann also nicht mehr
Amateurklasse. Dann nur noch Weltklasse vom Klang her, daß wirklich die Leute auch
merken, daß da was dahinter steckt. Und da wollen wir das Stück noch mal überarbeiten,
das wird dann da drauf sein und eben mehrere neue. Das ganze Ding soll bei Repertoire
rauskommen, die haben also schon Interesse bekundet, was ich sehr gut finde. Denn da wird
Repertoire eine Linie aufreißen, die ich also für wichtig halte. Nämlich mit alten,
oder sagen wir besser mit etablierten Künstlern was aktuelles zu machen. Die haben ja nun
verschiedene Oldies in ihrem Programm und ich bezeichne mich ja auch als Oldie mit
GROBSCHNITT. Aber ich mach ja was, ich bin ja der einzige von GROBSCHNITT, der noch aktiv
was macht in der CD-Produktion und Kompositorik. Und der einzige, dessen Namen man ja also
immer mal wieder hört und sieht. Von den anderen kommt ja nichts. Und von daher gesehen,
kriegen wir Repertoire vielleicht dahin, daß sie auch ein bißchen in der aktuellen Szene
mitreden.
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