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Interview mit Chris Lang
am 06.04.2002 in Bad Sulza geführt

 

Der Thüringer Musiker Chris Lang hat zwar bisher noch keine eigene CD veröffentlicht, spielte jedoch mit Wolfram DER Spyra zwei hervorragende Konzerte beim 36-Stunden-Festival in Bad Sulza. Das war für mich Grund genug, ihm einige Fragen zu stellen, die er bereitwillig beantwortete.

Stephan: Chris, erzähl doch bitte, wie du zur elektronischen Musik gekommen bist.

Chris: Ja, und zwar, ich komme schon aus einer musikalischen Familie. Das heißt, mein Vater war damals beim Herbert Roth Zither-Spieler. Meine Eltern haben zu DDR-Zeiten volkstümliche Musik gemacht und das hat mir eigentlich nicht so behagt. Als jugendlicher habe ich mich für ganz andere Musikrichtungen interessiert. Ich hab mich dann auch so ein bisschen abgeschottet und zurückgezogen und so habe ich durch Zufall übers Fernsehen die elektronische Musik kennen gelernt. Das heißt über Film- oder Tierexpeditionen und hab immer so auf diese Hintergrundmusik geachtet. Das hat mir gefallen. Damals wusste ich noch nicht, ich war vielleicht sieben oder acht Jahre, was elektronische Musik ist oder was Synthesizer sind. Aber ich fand diesen Klang einfach interessant und so habe ich das kennen gelernt.


Chris im Hintergrund mit Spyra in Bad Sulza 2002

Stephan: Hast du denn zu DDR-Zeiten schon irgendwelche elektronische Musik gehört. Mir fällt da zum Beispiel die Gruppe Pond aus der ehemaligen DDR ein? Oder bist du sogar zu Konzerten gegangen?

Chris: Das ging eigentlich so in diese Richtung und zwar gab es zu DDR-Zeiten eine Radiosendung, die hieß "Duetts - Musik für den Rekorder", die mein großer Bruder immer auf Tonband mitgeschnitten hat. Und durch Zufall war da mal eine Aufnahme von Tangerine Dream dabei. Das war "Sphinx Lightning" von der LP "Hyperborea" und das hat mir so gut gefallen, dass ich ihm immer gesagt hab: "Spiel mir das noch mal vor." Und mein großer Bruder hat mir dann immer mal Tipps gegeben, weil es gibt ja Lakomy, es gibt Pond und ich hab mir dann aus der Bibliothek diese Platten, die damals erhältlich waren, ausgeliehen. Und so bin ich zur elektronischen Musik gekommen. Ich hab viele Leute kennen gelernt, zum Beispiel hat damals ein Bekannter von mir über die Urania einen Musikvortrag über elektronische Musik gehalten. Da waren dann auch Sachen von Klaus Schulze dabei. Im Grunde waren das Sachen, die ich noch nie gehört hatte. Das hat mich dann so fasziniert, dass ich auf die Leute zugegangen bin und sie gefragt habe, ob sie mir Platten besorgen können oder etwas überspielen würden. So ist man dann an diese Musikrichtung rangekommen. Mein großer Bruder war Tanzmusiker und er hatte sich zu DDR-Zeiten einen Samona/Famona???, so einen analogen Synthesizer gekauft. Wenn der nicht zu Hause war, dann habe ich das Teil allein angeschaltet, mit Echohallgeräten rumgespielt und Sequenzen von Hand gespielt. Nach der Wende kam dann der Wunsch, ein paar Synthesizer zu kaufen und etwas daraus zu machen, mal zu sehen, was sich daraus entwickelt.

Stephan: Wie sah dass denn Anfang der 90‘er aus? Hast du schon selbst komponiert oder dich vorerst auf das Nachspielen von Stücken beschränkt?

Chris: Als noch kein Synthesizer vorhanden war, habe ich mich zu Hause ans Klavier gesetzt und habe versucht Musik von Jean Michel Jarre auf dem Klavier nachzuspielen. Das ist natürlich schwierig, da ein Klavier keinen Sequenzer hat und man muss alles, was so hörbar ist, mit der Hand spielen. Und deswegen wollte ich nach der Wende auch ein Keyboard haben. Mein erstes war das T3 von Korg mit Sequenzer, mit dem ich alles machen konnte. Angefangen von Schlagzeug Programmierung über Sequenzen oder Naturinstrumenten war ja alles im Gerät enthalten. Dazu habe ich mir dann noch einen Analog-Synthie gekauft, so dass man eine Melodiestimme dazuspielen konnte. Das hat mir dann sehr viel Spaß gemacht. Ich hab dann angefangen einige Vernissage-Konzerte im privaten Bereich und bei Ausstellungen zu geben. Viele Leute haben dann auch gesagt: "Du hast Talent. Mach bloß weiter."


Wolfram Spyra und Chris Lang in Bad Sulza 2002

Stephan: Und wie bist du dann mit Wolfram DER Spyra zusammengekommen?

Chris: Das war so: Ich war bei Mario Schönwälder in Berlin. Wir hatten da einen Tausch mit Instrumenten und Mehrspurrekordern vorgenommen und bei dieser Gelegenheit hat er mir die CD "Future And The Past" von Wolfram empfohlen. Ich kannte Wolfram damals noch nicht. Er spielte sie kurz an und meinte, dass sie mir garantiert gefallen würde, weil sie ähnlich der Musik von Klaus Schulze ist, schön mit Flächen und in Moll gehalten. Ich fand die so interessant, dass ich dann einfach mal bei Wolfram angerufen habe. Ich hab ihm dann per Telefon auch mal meine Musik vorgespielt und der Zufall wollte es, dass er in Apolda mal zu einer Kunstausstellung gespielt hat. Und ich habe ihn dann einfach ganz frech gefragt, "Ich nehme mal mein Keyboard mit. Kann ich da mal mitspielen? Ich begleite dich dann mal." Und so ist das Ganze dann ins Rollen gekommen. Wir haben uns musikalisch ganz gut verstanden und das war eigentlich so der Anfang.

Stephan: Du sprichst gerade Apolda an, dass ja hier in der Nähe liegt. Kommst du hier aus der Gegend?

Chris: Also, ich bin gebürtiger Thüringer. Ich stamme ursprünglich aus Kranichfeld und bin Anfang 90 nach Weimar gezogen. Aufgrund einer beruflichen Versetzung, ich bin bei der Eisenbahn tätig und da wurde ja überall abgebaut, wohne ich zur Zeit in Bebra, wo ich auch Arbeit gefunden habe.

Stephan: Ist das heutige Konzert mit Wolfram der zweite gemeinsame öffentliche Auftritt, oder habt ihr schon mehrfach zusammengespielt?

Chris: Wir haben schon mehrfach kleinere Konzerte gegeben. Das erste war halt für das Institut für Fügetechnik im Kunsthaus Apolda. Dann waren wir auch schon einige mal hier in der Therme, wo ich aber nur als Gast mitgewirkt habe, also einfach nur die Keyboards mitgenommen und dazu gespielt habe.

Ich hab in einem Zeitrahmen angefangen mit richtigen Analogsynthesizern Hintergrundsequenzen zu bauen. Es ist halt das Problem, das in der Therme hohe Temperaturen herrschen und man diese alte Technik gar nicht mitnehmen kann. Und da habe ich das einfach im Studio eingespielt und dann das Ganze auf 12Spur, also Harddiskrecording, aufgenommen und das wird heute zu hören sein. Das heißt die Hintergrundsequenzen sind sozusagen vorproduziert und die anderen Geschichten sind dann live.

Stephan: Du warst ja gestern schon bei Wolframs Auftritt mit dabei. Wenn ihr jetzt gleich auftretet, was erwartet uns dann? Spielt ihr den gleichen Set wie gestern oder hören wir was neues?

Chris: Gestern war das so, dass Wolfram seine eigene Musik präsentiert hat und ich hab im Grunde genommen dazugespielt. Heute machen wir das mal umgekehrt. Wir lassen heute mal meine Hintergrundsequenzen als Playback laufen und auf meine Musik wird dann reagiert. Das wird sozusagen ein geben und nehmen.


Chris im Hintergrund mit Spyra in Bad Sulza 2002

Stephan: Das stelle ich mir sehr interessant vor. Wolfram hat gestern gesagt, dass der Mario bisher keine Musik von dir veröffentlicht hätte, weil deine Musik zu sehr nach Klaus Schulze klingen würde. Was ist denn da dran?

Chris: Ja, ich bin im Grunde genommen ein totaler Klaus Schulze-Fan. Das hat sich eigentlich schon so ergeben, dass man schon als Kind, als ich Klaus Schulze noch nicht kannte, noch nie gehörte hatte, schon von der Klassik her immer auf diesem Mollklang stand. Diese Mollakkorde haben mir so gut gefallen, die habe ich eigentlich bei Klaus Schulze wiedergefunden und ich hab sie selber auch gespielt. Mir gefällt einfach diese Langatmigkeit der Musik. Es ist einfach so, wie der Klaus Schulze schon selber gesagt hat, man hört sich normale Popmusik ne Weile an und irgendwann kennt man dann die ganzen Strukturen, dass man dann nach einer Weile das nicht mehr hören kann. Man kennt es und ist der Auffassung dass es nett gemacht ist aber es ist nichts neues. Und bei der elektronischen Musik ist es eben so, man hat totalen Freiraum, das heißt man kann zum Beispiel dann Hintergrundsequenzen bauen und hat dann die Möglichkeit, jedes mal anders dazu zu spielen. Mit anderen Sounds, mit anderen Synthesizern und man kann diese Hintergrundsequenzen über bestimmte Technik wieder filtern, so dass dann jedes Mal wieder etwas anderes dabei herauskommt. Bei Mario ist es ganz einfach so, ich hab mir noch nicht zugetraut eine CD zu machen. Ich hab mir auch einfach gesagt, es gibt wahnsinnig viele Leute, die CDs produzieren. Musik ist ja mittlerweile schon keine Kunstform mehr, sondern ein Massenprodukt geworden, so dass ich gesagt habe, "Die warten auch gerade noch auf mich". Ich kann aber doch sagen, dass sich vielleicht doch mal etwas ergibt, dass da mal was von mir zu hören ist, aber es ist bis jetzt noch nichts konkretes geplant.

Stephan: Ich denke, dass sicherlich auch die Resonanz auf deine Musik heute Abend ausschlaggebend sein wird.

Chris: Ich gehe mal davon aus - ich weiß es nicht genau - dass der Mario diese Musik vom 36-Stunden-Konzert veröffentlichen wird. Das heißt als Cd-Box oder Compilation und ich könnte mir vorstellen, dass auch von uns was dabei sein wird.

Stephan: Ich glaube dass er nicht das komplette Konzert veröffentlichen wird, denn 36 Stunden auf CD ist schon heftig.

Chris: Ja, der Klaus Schulze hat es ja schon versucht mit seiner 25‘er Box oder 50‘er Box. Aber ich denke, dass da von jedem Künstler vielleicht zwei drei Stücke drauf sein werden.

Stephan: Hast du noch etwas, worüber du sprechen möchtest?

Chris: Ganz einfach. Ich finde das interessant, dass die elektronische Musik speziell hier in der Therme dem Publikum hörbar gemacht wird, weil man macht ja oft die Erfahrung, dass die Leute, die diese Art von Musik gar nicht kennen, wenn ihnen das über so eine Einrichtung nahe gebracht wird, sich dann sagen: "Wir haben das schon mal gehört, teils im Fernsehen. Ach ja, da war doch mal irgendwas mit Planetarium und da lief da auch so eine Musik."

Und in der Werbung läuft ja auch viel elektronische Musik. Das ist einfach so, dass es heute mehr elektronische Musik gibt denn je, aber dass die im Grunde genommen nicht mehr wahrgenommen wird. Wie gesagt, man wird überall beschallt. In so einer Einrichtung wie der Therme kann man das wirklich dann bewusst hören. Und das ist halt hoch interessant, dass diese Musikrichtung dem allgemeinen Publikum mal nahe gebracht wird.

Stephan: Vielen Dank Chris für das Interview.

PS: Bei Manikin Records soll eine CD von einem Spyra/Lang-Konzert erscheinen. Auf diese Veröffentlichung kann man schon sehr gespannt sein. Sie wird Chris sicherlich bekannter in der Szene machen.

 

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