Es ist mal wieder Pfingsten in
Deutschland. Das bedeutet für einige unerbittliche Kreaturen, zumeist in
Deutschland beheimatet, aber durchaus auch aus ganz Europa anreisend,
ihre Verwandtschaft alleine in der Hölle des Kaffeetrinkens und Braten
Essens zu lassen, um lieber in die Abgründe der Rockmusik abzutauchen.
Hierzu lädt schon seit einigen Jahren
der eigene Schirmpapa, Willem von Swamproom Records, regelmäßig ein. Nun
zum zweiten Mal in die schöne Location des alterwürdigen Bad´s im
Herrenhäuser Park zu Hannover gelegen. Dieses Jahr wurde die
Organisation nochmals verbessert. Das Zelten fand diesmal ca. 500 Meter
entfernt vom Bad auf einem nahe gelegenem Grundstück eines
Tennisvereines statt. Diese zunächst als etwas ungünstig angesehene
Änderung (man musste halt etwas mehr laufen, um mal neu erstandene
Tonträger wegzubringen oder sich etwas Ruhe zu gönnen) entpuppte sich
jedoch schnell als gute Lösung, denn so fand man auf dem Zeltplatz nicht
nur viel mehr Platz und stolperte nicht über die dicht an dicht
stehenden Zelte sondern man fand auch mehr Ruhe, die man durchaus ab und
an mal braucht, um dem Spektakel von ca. 30 Bands in zwei Nächten
standzuhalten.
Wolkenbruch über dem Festivalgelände
Blick ins Publikum
Auch die meiner Meinung nach
normalerweise nicht so tolle Idee, eine zweite Bühne zu präsentieren,
auf der kleinere oder andersartige Bands auftraten, entpuppte sich als
gut geplant und gute Neuerung. Denn so drängte es sich diesmal nicht
ganz so sehr vor der Hauptbühne und man konnte auch mal bei Interpreten,
die einem nicht so lagen, eine Runde drehen und an der anderen Bühne
etwas verweilen.
Doch nun zur Musik und zum
vorweggeschicktem Resümee: Obwohl man jedes Jahr sagt, keine Steigerung
möglich, es war wieder eine da und das 2007er Happening darf getrost als
das beste der vergangenen Jahre bezeichnet werden. Hierzu trug auch die
zweite Bühne bei, denn so spielten (bis auf die Ausnahme Noetics, dazu
später mehr) die oftmals nicht so in die Setlist passenden Bands dort
und auf der Hauptbühne reihte sich Kracher auf Kracher. Bis auf wenige
Ausnahmen wurde auf der Hauptbühne gerockt, gestonert, psychedelischen
Klängen gefrönt oder für musikalische Exkursionen in die Tiefen des Alls
(halt Spacerock) Platz geboten, bis der (Ohren)arzt kommt.
Bei der Menge an Bands ist es
naturgemäß unmöglich, jeder einzelnen Platz zu bieten, darum im
Folgendem die Highlights der beiden Tage.
Nacht von Samstag,
den 26.05.2007 auf Sonntag den 27.05.2007
Es wurde pünktlich um 18:00 Uhr
gestartet und gleich die ersten beiden Bands (Toner Low und Under
Brooklyn Palms) boten einen straffen Psychedlic bzw. Spacerock, um die
langsam eintrudelnden Besucher gut anzuheizen. Wie jedes Jahr bildete
die Mandra Gora Lightshow Society den zentralen Gig gegen 23:00 Uhr. Die
Band von Swamp Room Macher Willem bot einen guten Querschnitt ihres
Schaffens, einige kürzere und ruhigere psychedelische Ohrwürmer, aber
auch zwei ausufernde psychedelische Monster, die mit straffem Groove
unter der Soundwand richtig abgingen. Und als Höhepunkt sprang Gitarrist
Willem dann zum abschließenden Solo ins Publikum, wälzte sich in
Rockermanier auf dem Boden und schmiss unter Johlen sein Instrument
zurück auf die Bühne. Da unter dem Dargebotenem viel neues Material war,
bleibt die Frage, wann endlich ein neues Studiowerk von Deutschlands,
wenn nicht sogar der Weltbesten Sixties Psychedelic Rockband erscheint.
Die Kleingeldprinzessin Blackcab
Die Holländer von Orange Sunshine
mischten das Publikum dann mit ihrem an Blue Cheer erinnernden rauem
Rock auf. Klingen ihre Platten ein wenig zu sauber, so sind sie Life
einfach nur rockig und dreckig, hauen die Solos raus wie nichts Gutes
und lassen den Schweiß in Strömen fließen. Auch die Liquid
Visions-Nachfolgeband The Magnificent Brotherhood of Eternal Love
wussten mit ihrem etwas rauer gewordenem und nicht mehr so verspieltem
Psychrock zu begeistern, allerdings reichen sie in meinen Ohren nicht
mehr an die begeisternden Gigs der Vorgängerband heran. Ein Wenig
deplaziert, aber beileibe nicht schlecht war dann noch Die
Kleingeldprinzessin. Eine schöne Frauenstimme begleitet nur von Akustik-
und elektrischer Gitarre bietet alltägliche und sozialkritische Texte,
die nicht peinlich wirken an. Aber wie gesagt, in den ansonsten durchweg
rockigen Kontext passte sie nicht, deshalb mühte sie sich redlich, hatte
aber eigentlich keine Chance.
Mandra Gora Lightshow Society
Ich nutzte die Zeit dann, um einmal
nach der anderen Bühne zu schauen, und hier wurde dann wirklich etwas
Wahnsinniges geboten. Hier gaben die Noetics, die deutsche Antwort auf
Orzic Tentacles und Co, in Verbindung mit einem DJ als Noetics
Soundsystem einen vier oder noch mehrstündigen Gig, der aus ihren
treibenden Rhythmen (produziert von einem Schlagzeuger und einem
Bongospieler und Unmengen an Sounds und Beats aus dem Rechner),
ambienten, spacigen bis psychedelischen Keyboards, sowie schwebender bis
kreischender Gitarre bestand und einen in Rage tanzen lassen konnte. Die
offensichtlich live in unendliche Weiten und Längen getriebenen Werke
ließen einen wirklich in andere Welten abdriften – schade, das man, so
man auch etwas von der anderen Bühne sehen wollte, nicht immer hier sein
konnte. Auf der Hauptbühne driftete nun langsam alles seinem Finale zu,
doch zuvor musste man gegen ca. 4:00 Uhr morgens erst einmal noch durch
die Auftritte von Van Helsing und den Tors of Dartmoor gehen. Van
Helsing sind ja schon quasi Inventar des Festivals, doch ihr recht
schnörkelloser Heavy Rock liegt mir einfach nicht so. Die Tors sind
Gothic pur, doch man möge mir verzeihen, das ist recht altbacken und die
Sisters und Fields dieser Welt können bzw. konnten das besser, also zog
es mich zurück in die Welt der Noetics auf der kleinen Bühne.
Mandra Gora Lightshow Society
So gegen 5:30 Uhr kam dann der
Hauptact mit ca. anderthalb Stunden Verspätung auf die Bühne, die
Engländer von Litmus. Und die ließen es dann mit einem Spacerock vom
Feinsten bis morgens gegen 7:00 Uhr noch mal so richtig gehen. Fette
Bässe, schwirrende Sounds und Keyboards und saftige, fliegende
Gitarrensolis ließen uns gen Morgenhimmel ins All entschwinden, und bei
den härteren Songs wurde dann das Mutterschiff der feindlichen ET´s
zerstört (einer der Titel). Schade ist einfach immer nur, dass für die
Bands, die eigentlich als Hauptband spielen, zu dieser Zeit meistens nur
noch 20 – 30 letzte Besucher übrig sind. Diese hielten aber wacker durch
und ließen sich dann in die Zelte beamen.
Nacht von Sonntag,
den 27.05.2007 auf Montag den 28.05.2007
Dieses Jahr wurde bereits um 14:00
Uhr mit dem Programm begonnen. Ich halte das für keine so gute Idee,
denn einerseits muss der Mensch auch mal regenerieren und dies galt
dieses Jahr besonders, denn Dank sinnflutartiger Regenfälle in der Nacht
musste zumindest der Autor dieses Berichtes erst im Auto dösen, dann
sein Zelt trocken legen um dann ca. gegen 10:30 noch ein paar Stunden
Ruhe im Zelt suchen zu können. Dementsprechend habe ich auf einige der
Bands, die zwischen 14:00 und 18:00 spielten verzichtet, was bei kurzem
Lauschen beim Tonträgereinkauf teilweise sicherlich schade war. Also
ging es für mich erst so richtig gegen 17:00 Uhr los. War es am ersten
Festivaltag eigentlich von Anfang an bis ca. gegen 4:00 Uhr morgens
rappelvoll, so war es am zweiten Tag leider über die ganze Länge
beträchtlich leerer. Ob das am Bandangebot lag, am schlechten Wetter
oder woran auch immer, ich weiß es nicht. So schade das für die Macher
und die Bands war, für den Einzelnen hatte es durchaus auch Vorteile,
denn die Luft war besser und man konnte jederzeit einen schönen Platz
vor der Bühne erhaschen.
Die Nacht arbeitete sich dann über
Desert Sun mit trockenem Stonerrock zu den The Great Escape Nachfolgern
M Sleeping Karma, die einen angespacten, sehr atmosphärischem Stoner
spielten, zum Hauptact vor. The Unfuzzbarn boten dann bis in die frühen
Morgenstunden (irgendetwas nach 7:00 Uhr) flippigen Acid und Stonerrock.
Und damit einen schönen Abschluss des gelungenen Happenings.
Rund um das Festival fand noch ein
kleiner Mittelaltermarkt (Eine kleine Bäckerei, Bogenschießen und ein
Lederwarenstand sowie ein großes Lagerfeuer) statt und es gab auf dem
ganzen Gelände verteilt kuschelige Sitzgelegenheiten. Das Wetter war
leider sehr wechselhaft, doch hat man sich hieran in den letzten Jahren
schon fast gewöhnt. Und wenn ich dem Festival inkl. der Bandauswahl
rundum gute Noten geben möchte, sei auch ein klein wenig Kritik geübt.
Zählt man die Interpreten auf der kleinen Bühne mit, gab es diesmal weit
über 30 Bands und Interpreten zu bewundern. Das gibt einerseits eine
große Vielfalt und Abwechslung, andererseits bietet es mit 30 – 45
Minuten (bis auf die Hauptacts) nur recht kurze Auftritte der Bands. Und
bei manchen, insbesondere der Psych- und Spacefraktion, limitiert das
schon sehr und man wünschte sich doch etwas mehr von ihnen zu hören. Von
daher wäre in dieser Beziehung vielleicht etwas Weniger doch Mehr.
Batlord
Aber das war es auch schon an Kritik,
das Swamp Room Happening mausert sich von Jahr zu Jahr und findet
inzwischen in der Szene weltweite Beachtung. Und als Abschlussgruß an
die Veranstalter anderer Festivals oder gar Einzelbands, die seit
längerer Zeit schon anstatt mit vernünftigen Shows nur noch mit den
Ticketpreisen einem die Tränen in die Augen treffen einmal faktisch kurz
aufgezählt:
2 Tage
38 Bands
ca. 30 Stunden Musik
inkl. Zeltplatzkosten
Preis: 30,00 €
Also, lieber nächstes Jahr mit 3 - 4
guten Freunden ein geiles Swamproom Wochenende verbringen als zum selben
Preis alleine die Genesis Show Wiederholung von 1993 anschauen, oder?
Wolfgang Kabsch, Juni 2007
Bandlist
Nacht von Samstag,
den 26.05.2007 auf Sonntag den 27.05.2007
18.00
TONER LOW
18.45 UNDER BROOKLYN PALMS
19.30 SONIC BEAT EXPLOSION
20.15 MAGNIFICENT BROTHERHOOD OF ETERNAL LOVE
21.00 OTIS OPTIC & THE OPTION PEOPLE
21.45 DIE KLEINGELDPRINZESSIN
22.30 MANDRA GORA LIGHTSHOW SOCIETY
23.15 ORANGE SUNSHINE
24.00 FREAKY FUKIN WEIRDOZ
01.15 NIM VIND
02.00 DIGGER & THE PUSSYCATS
02.45 VAN HELLSING
03.30 TORS OF DARTMOOR
04.15 LITMUS
Auf der Bühne von DUDES DIENSTAG ab 21.00 Uhr:
HACK MACK JACKSON
A PONY NAMED OLGA
ZOONAMI
ROTOR
+ DJ: NOETICS SOUNDSYSTHEM
im BATCAFE ab 20.00 Uhr MONSTERTANZ
Nacht von Samstag,
den 26.05.2007 auf Sonntag den 27.05.2007
Bühne
im Saal:
14.00 SWAMP ROOM SCHNÄPPCHEN AUKTION
14.15 ARUNDO
15.00 MATMOSPHERE
15.45 HERMELIN
16.30 FRANK AND ME
17.15 HINTERLAND
18.00 HORE
18.45 DRIVE BY SHOOTING
19.30 DESERT SUN
20.15 ON TRIAL
21.00 ULME
21.45 KAMIKAZE TRIO
22.30 PSYKICKS
23.15 LOS PLANTRONICS
24.00 DEFECTORS
24.45 BATLORD
01.30 BLACK CAB
02.15 MEXICOLA OIL COMPANY
03.00 MONKEY 3
03.45 MY SLEEPING KARMA
04.30 THE UNFUZZBARN