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Dann hatten Sieges Even ihren sensationellen
Auftritt. Aufgrund der recht beengten Örtlichkeit gab es keinen
Backstage-Bereich aus dem die Band direkt auf die Bühne gehen konnte. So
sah man, wie sich die vier vor dem Konzert erst einmal abklatschten. Das
hatte was von einer verschworenen Freundesgemeinschaft. Dann ging es auf
die Bühne und die Jungs starteten mit „When Alpha And Omega Collide“,
dem Opener ihrer aktuellen CD „Paramount“.

Faszinierten mich bisher allein schon die ersten
drei Tracks ihres neuen Albums (mittlerweile erwische ich mich dabei,
wie ich die CD immer öfter in den Player lege und komplett durchhöre),
so gefällt mir das Album bei jedem Durchgang, vor allem aufgrund der
sehr ausgeklügelten und spieltechnisch auf höchstem Niveau liegenden
Songs, immer besser. Da stellte sich mir die Frage, wie werden sie das
Material auf die Bühne bringen. Na, was soll ich sagen, sie machen es
perfekt. Dass Alex Holzwarth ein Könner seines Faches ist, bewies er
gleich beim Eröffnungsstück, denn diese schwierige Rhythmussequenz, die
dieses Stück nach vorn treibt, spielte er quasi blind. Aufgrund der
kleinen Bühne konnte man gut erkennen, dass er bei dieser komplizierten
Schlagtechnik noch eine Menge Spaß hatte.

Es folgte mit „Tidal“ ein weiteres Highlight der
neuen CD. Allein bei diesem Refrain geht mir das Herz auf, so auch bei
dem Konzert. Es war einfach faszinierend Markus Steffen (Gitarren) und
Oliver Holzwarth (Bass) dabei zu beobachten, wie sie mit ihren flinken
Fingern für den Beobachtenden traumwandlerisch und scheinbar spielend
leicht über die Saiten ihrer Instrumente fegten. Auf die Frage nach dem
Konzert, ob man sich bei derartigen schnellen Griffen keinen Krampf holt
und wie es die beiden Gitarristen schaffen bei den durch manchen Break
unterbrochenen Parts trotzdem synchron zu bleiben meinte Oliver
sinngemäß: „Das muss einfach schnell gehen. Die Griffe gehen dir nach
und nach in Fleisch und Blut über, das ist wie beim Auto fahren, da
schaltest du dann auch automatisch, ohne zu denken. Es ist ganz wichtig,
dass man den Kopf frei hat und nicht nachdenkt. Sind deine Gedanken erst
einmal wo anders, dann bist du schnell mal aus dem Rhythmus. Das merkt
der Zuschauer aber nicht, weil die Abfolge in unseren Stücken so schnell
ist und man auch sofort wieder im Song ist. Um den Einsatz der Riffs
gleichzeitig hinzubekommen musst du nur richtig mitzählen. Wir wissen
wie Alex spielt und da ist das kein Problem.“


Nicht unerwähnt bleiben darf Sänger Arno Menses,
einziger Nicht-Bayer, der seine Heimat in den Niederlanden hat. Aus
diesem Grund erfolgen die Ansagen auch in englischer Sprache. Arno’s
Stimme ist eine absolute Bereicherung für die Band. Dazu kommt, dass er
die Gesangsparts, die vor allem in den älteren Stücken ebenso wie die
Instrumentalpassagen vertrackt angelegt sind, hervorragend beherrscht.
Auf der aktuellen CD hat er alle Stimmen selbst eingesungen, auch den
kompletten Satzgesang. Da die Band der Meinung ist, dass die Stimmen der
anderen nicht zu den Songs passen, wurden die Background-Stimmen
gesampelt und während des Konzertes eingespielt, auf denen Arno dann die
Hauptlinie sang. Das passte recht gut und war perfekt in die Songs
eingebaut.

Ein weiterer Höhepunkt war für mich das Gänsehaut
treibende „Eyes Wide Open“. Diese herrliche Ballade präsentierten die
Jungs als Akustiknummer. Arno wurde während des Stückes von Markus an
der Akustikgitarre begleitet und das Publikum sang auf Aufforderung von
Arno den Refrain. Erst ganz am Ende setzten dann Alex und Oliver mit ein
und sorgten für einen voluminösen Schluss des Titels. Dieser Song ist
dafür gemacht, in einer Halle mit großem Publikum, das Wunderkerzen und
Feuerzeuge schwenkt, gespielt zu werden.


Neben insgesamt sechs Songs der aktuellen CD
spielten sie auch vier Titel vom vorangegangenen Album „The Art Of
Navigating By The Stars“, gingen auch noch weiter in ihre Vergangenheit
zurück und präsentierten mit „The Waking Hours“ und „These Empty Places“
zwei Stücke ihres 91’er Albums „A Sense Of Change“. Nach Beendigung des
offiziellen Teils standen die vier vor dem Problem: „Wie verlassen wir
die Bühne, um zu einer Zugabe zurück zu kommen?“. Die Lösung wurde von
ihnen spontan und recht humorvoll umgesetzt. Ein Kollege der Roadcrew
hob ein schwarzes Laken, das nicht gerade groß war und hinter dem sich
nicht alle verstecken konnten. Man sah wie lustig sie das selbst in dem
Moment empfanden. Der große Applaus ließ sie dann wieder „auf die Bühne
kommen“ und das „Intro“ der CD „The Art Of Navigating By The Stars“
ertönte, gefolgt vom letzten Song des Abends „The Weight“. Bis auf die
zweite Zugabe waren die Stücke der Setlist mit denen des Gigs in
Oberhausen identisch, bei dem sie zusätzlich „Life Cycle“ spielten.

Die vier lieferten einen, wie ich meine,
sensationellen Auftritt vor kleiner Kulisse ab. Dabei sah man deutlich,
wie viel Spaß es ihnen bereitete, auf der Bühne zu stehen. Arno poste
beispielsweise auf der Bühne in dem er quasi Luftgitarre spielte oder er
klatschte sich im Rhythmus des Schlagzeugs auf Schenkel oder Oberkörper.
Zum Ende hin gab es dann auch noch eine kleine Verfolgungsjagd auf der
Bühne, in dem quasi ein kurzes Katz und Maus Spiel zwischen Arno und
Oliver stattfand. Das sprühte förmlich vor Freude.

Die sympathischen
Süddeutschen nahmen sich nach der Show noch reichlich Zeit um
Autogrammwünsche zu erfüllen und hatten auf alle Fragen der Fans eine
Antwort. Sieges Even, wie auch die Vorband, haben eindeutig
ein größeres Publikum verdient. Sieges Even ist eine Rockband, die in
Stilvielfalt und Spieltechnik ihres gleichen sucht. Wer die Alben liebt,
muss sie live erlebt haben.

Setlist
When Alpha And Omega Collide
Tidal
Unbreakable
The Waking Hours
Iconic
These Empty Places
Stigmata
Leftovers
Eyes Wide Open
Duende
Paramount
Lonely Views Of Condors
Zugabe
Intro: Navigating By The Stars
The Weight
Stephan Schelle, 16.10.2007
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