Auf
Fotos muss leider verzichtet werden, da ich leider keine Fotoerlaubnis für
dieses Event bekommen habe.
Am 16.10.2013 gastierte der Brite Peter
Gabriel im Rahmen seiner „Back To Front“-Tour im ISS Dome in Düsseldorf. Da
wo sonst die Düsseldorfer EG (und manchmal auch die Haie aus der
Nachbarstadt) ihre Bahnen auf dem Eis ziehen, hatte Peter
sich zu einem absolut mitreißenden Konzert, das die Herzen der Zuschauer
schon nach wenigen Momenten zum schmelzen brachte, eingefunden.
Bevor Peter sein Konzert startete betrat
er die Bühne und kündigte auf Deutsch die beiden schwedischen Musikerinnen
Jennie Abrahamson und Linnea Olsson an, die mit jeweils zwei Solostücken das
Vorprogramm bestritten. Während Jennie ihren Gesang beim ersten Stück nur
mit einem E-Drum artigen Instrument, dass Klänge wie ein Vibraphon erzeugte,
musikalisch untermauerte, saß sie beim zweiten Stück am Piano und wurde
zudem von Linnea am Cello unterstützt. Ihre Songs gingen schnell unter die
Haut und es zeigte sich, dass sie ein Gespür für Melodien hat und diese mit
ihrer glasklaren Stimme, die an Kate Bush erinnert, perfekt umsetzen kann.
Auch Linnea machte, nur durch ihr Cello begleitet, eine tolle Figur. Die
junge Musikerin, die auch Mitglied der schwedischen Formation Paintbox ist,
zauberte auf ihrem Cello die unglaublichsten Klänge. Das wurde vor allem
dadurch unterstützt, dass sie ihre Celloklänge durch ein Midi-Gerät
schleuste und so Töne verfremdete bzw. doppelte. Sie erzeugte so ein
größeres Soundvolumen. Auch ihre Songs (von ihrem aktuellen Album „Ah!“)
gingen unter die Haut und begeisterten die Zuschauer.
Peter Gabriels Konzert war, wie er zu
Beginn auf Deutsch sagte, wie ein mehrgängiges Menü aufgebaut. Es begann mit
der Vorspeise, ging dann mit einem Hauptgang weiter, um mit dem Dessert zu
enden. Gabriel, der seinen Text vom Blatt ablas und an einigen Stellen
sichtlich Schwierigkeiten mit der richtigen Aussprache hatte, nahm dies aber
mit viel Humor und so machte sich schon in diesen ersten Momenten eine
freundschaftliche und verbundene Stimmung breit, die den Boden für ein
grandioses Konzert legte.
Die ersten Stücke seines Sets bestanden
aus Akustiknummern, die Peter zunächst am Piano und zusammen mit Bassist
Tony Levin vortrug. Während dieses Teils der Show blieb die
Hallenbeleuchtung an, so dass hier eine eigenartige, lockere und persönliche
Stimmung aufkam. Songs wie „Come Talk To Me“ oder „Schock The Monkey“
bekamen durch die neuen Arrangements ein ganz neues Gesicht. Nach und nach
kamen auch die anderen Musiker David Sancious (Keyboards, Ziehharmonika),
David Rhodes (Gitarren) und Manu Katché (Schlagzeug, Perkussion) auf die
Bühne und vervollständigten die Band. In dieser Besetzung hatte Peter
Gabriel auch die „So“-Tour im Jahr 1987 gespielt. Zusätzlich hatte Peter
noch Jennie Abrahamson und Linnea Olsson als Backgroundsängerinnen mit ins
Team geholt.
Der Übergang vom Akustik- in den
elektrischen Teil des Konzertes ging dann nahtlos vonstatten, denn
plötzlich, während die Band den Schalter mitten im Stück umlegte,
verdunkelte sich die Halle und Peter zauberte mit seiner Band auf der – für
mich anfangs recht spärlich aussehenden – Bühne eine Show der Extraklasse.
Aber nicht nur die Show war außergewöhnlich, auch die Musiker, allen voran
der stimmlich sehr gut aufgelegte Peter Gabriel, zeigten ihr ganzen Können.
Das sorgte während des Auftrittes mehrfach für Gänsehaut.
In diesem zweiten Teil hatte Peter bekannte Stücke
ebenfalls neu arrangiert, so dass sie unheimlich frisch und dynamisch rüber
kamen. Und er konnte es sich sogar leisten ein Hammerstück wie „Solsbury
Hill“ – bei dem die Stimmung im Saal kochte – nicht als Zugabe (also als
Höhepunkt) zu platzieren, sondern diesen mitreißenden Klassiker in der Mitte
des Sets einzubauen. Während er diesen zweiten Part spielte waren auf der
riesigen rückwärtigen Leinwand sehr ansprechende und dezent eingesetzte
Licht- und Videoeffekte zu sehen. Als weitere Unterstützung fingen mehrere
Kameras Szenen in Nahaufnahmen ein, die dann an zwei weitere Leinwände
projiziert wurden.
Der dritte Teil bestand dann aus dem
komplett gespielten Album „So“. Peter’s 86’er Werk hat soviel Substanz, dass
er es sich leisten kann, die Stücke in der Originalreihenfolge des Albums zu
spielen, ohne hier dramaturgisch die Stücke anders anzuordnen. Los ging es
mit dem intensiven „Red Rain“, bei dem die Bühne in intensives Rot getaucht
wurde, während auf der Leinwand rote Tropfen herabregneten. Danach kam sein
Hit „Sledgehammer“, den er mit einigen Klangtupfern begann, die noch nicht
auf das Lied hinwiesen, aber von vielen Fans schon erkannt wurde. Bevor
Peter & Band die markante Eröffnung spielten, sangen schon einige Fans im
Publikum diese Tonfolge. Das erzeugte eine unglaubliche Stimmung, die für
Gänsehaut pur sorgte.
Im Song „Don’t Give Up“ lieferte sich
Peter Gabriel mit der Sängerin Jennie Abrahamson ein unter die Haut gehendes
Duett, so wie es Peter auf dem Album mit Kate Bush vollzog. „Mercy Street“
wurde von ihm in einer äußerst intimen Version dargeboten. Auf der Mitte der
Bühne liegend sang er den Text während die Scheinwerferkräne sich um ihn
aufbauten und die Lichter ihn förmlich einkreisten, ja fast umarmten. Von
mehreren Kameras wurde dieser intime Moment eingefangen und auf die beiden
seitlichen Leinwände projiziert. Diese Stimmung nahm sofort gefangen und man
konnte sich von den Bildern und der Musik nicht einen Moment losreißen.
Peter, Tony und David hatten, wie schon
bei den früheren Touren, wieder einige synchrone Tanzschritte einstudiert.
Wie Peter Gabriel in seinem Tourbook humorvoll schreibt, haben sie die
Performance vom Label „Meister der Vatertanzschritte“ auf das Label „Meister
der Großvatertanzschritte“ anheben können. Allerdings muss man sagen dass
diese Einlagen alles andere als hölzern oder antiquiert wirkten. Vielmehr
drückten sie den Spaß aus, den die Jungs da in ihrem Alter immer noch auf
der Bühne haben. Ich habe das Gefühl, das Peter Gabriel sowie seine
Mitmusiker reifen wie ein guter Wein, denn sie scheinen im gesetzten Alter
immer noch an Qualität und Würze zuzulegen.
Nach dem wunderbaren „In Your Eyes“ das
aus tausenden von Kehlen mitgesungen wurde, war der „So“-Part und damit auch
der offizielle Teil des Konzertes beendet. Peter ließ sich aber nicht lange
bitten und lieferte noch zwei Zugaben. Als erstes spielte er „The Tower That
Ate People“ zu dem er sich in der Bühnenmitte positionierte. Langsam
schwebte von der Bühnendecke ein Scheinwerferring herab und hüllte Gabriel
ein. Dann wurde dieser wieder hochgezogen und beleuchtet von
stroboskopischen Lichteffekten zeigte sich plötzlich ein turmähnliches
Gebilde aus weißem Stoff und spiralförmigen Ringen, das dann nach wenigen
Momenten zusammenfiel und Gabriel wieder freigab.
Den Abschluss bildete dann das intensive „Biko“,
das er dem afrikanischen Bürgerrechtler Stephen Bantu Biko gewidmet hat. So
endete ein berauschendes Konzert, das die ganze Klasse dieses britischen
Ausnahmemusikers zeigte. Nach derzeitigen Erkenntnissen wird es in 2014 eine
Fortsetzung der Konzertreihe auf deutschem Boden geben. Wer Peter Gabriel
bisher live nicht gesehen hat, der sollte dies unbedingt im nächsten Jahr
nachholen.
Besonders bemerkenswert ist auch, dass Gabriel
bei seiner Tour nicht auf reine Computertechnik setzt, sondern vielmehr als
Arbeitgeber zahlreiche Menschen in seinem Team beschäftigt. So waren
beispielsweise sieben Beleuchter an Scheinwerfern über der Bühne mit der
perfekten Ausleuchtung beschäftigt. Und auch die fünf Scheinwerferkräne, die
ein ums andere Mal sehr akzentuiert eingesetzt wurden, wurden von mindestens
je drei Personen bedient. Gabriel, der sich immer schon für Menschenrechte
einsetzt, zeigt so, dass er auch für Arbeitsplätze sorgt (auch wenn das
sicherlich einen begrenzten Zeitraum betrifft). Ich finde das in der
heutigen Zeit sehr bemerkenswert.
Setlist
Akustiksession
01 O But
02 Come Talk To Me
03 Shock The Monkey
04 Family Snapshot
Elektrisches Set
05 Digging In The Dirt
06 Secret World
07 The Family And The Fishing Net
08 No Self Control
09 Solsbury Hill
10 Why Don’t You Show Yourself?
So live
11 Red Rain
12 Sledgehammer
13 Don’t Give Up
14 That Voice Again
15 Mercy Street
16 Big Time
17 We Do What We’re Told (Milgram’s 37)
18 This Is The Picture (Excellent Birds)
19 In Your Eyes
Zugabe
20 The Tower That Ate People
21 Biko
Stephan Schelle, 22.10.2013