Heinz Rudolf Kunze - Live 30.04.2001 in Meschede
 

Die nachfolgende Konzertkritik entstand für den German Rock e.V. Sie wurde in einer leicht veränderten Version in Heft Nr. 14 (April-Juni 2001) der German Rock News veröffentlicht.

Wir schreiben den 30.04.2001. In ganz Deutschland wird, wie jedes Jahr, in den Mai getanzt, so auch in Meschede (Sauerland). Doch was dort in der Stadthalle abging war kein normaler Maitanz. Deutschlands Rockpoet Heinz Rudolf Kunze machte im Rahmen seiner aktuellen Tournee im wahrsten Sinne des Wortes HALT! (auch Titel seiner aktuellen CD und seiner Tournee).

     

Da ich seine Musik zwar kenne, ihn aber bisher noch nicht live gesehen hatte, nutzte ich die Gelegenheit und fuhr in das 20 Kilometer entfernte Meschede, was sich später als äußerst lohnenswert herausstellen sollte.

Die mit ca. 800 Zuschauern besuchte Stadthalle war gut gefüllt. Schon zu Beginn konnte man sich im Zuschauerraum über mangelnde Wärme nicht beklagen. Im Laufe des Konzertes sollte sich dies noch steigern. Das Publikum war sehr gemischt. Neben Teenagern fanden sich auch Zuschauer in der Masse, die das 50. Lebensjahr schon um einiges überschritten hatten.

     

Pünktlich um 20.00 Uhr betrat HRK‘s vierköpfige Band die Bühne und begann mit dem Intro zu dem Stück "Fühlst du das". HRK kam dann ebenfalls auf die Bühne, schnappte sich das Mikro und begann zu singen. Das Stück, das auch seine aktuelle CD "HALT" eröffnet war schon ein guter Beginn, gehört es doch zu den besten Titeln der neuen Platte. HRK begrüßte das Publikum nach diesem ersten Stück und meinte, "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon mal im sauerländischen Meschede gespielt haben. Aber, wenn der Abend gut wird, kommen wir bestimmt wieder."

Dieser Eingangsworte hätte es gar nicht bedurft, denn das Publikum ging gleich vom ersten Ton an mit. Es wurde geklatscht, geschunkelt und getanzt, so dass eine echte Partystimmung aufkam. Der Saal wurde zum Hexenkessel, was dann nicht nur den Musikern, sondern auch dem Publikum die Schweißtropfen auf die Stirn und auf andere Körperteile trieb.

     

Wir erlebten an diesem Abend einen sehr gut aufgelegten Kunze. Man konnte ihm und seiner Band (Raoul Walton: Baß, Matthias Ulmer: Keyboards, CC Behrens: Schlagzeug und Heiner Lürig: Gitarre) anmerken, dass es ihnen sehr viel Spaß machte, vor diesem Publikum zu spielen. Auch die gebotene Show gefiel. Der Klang war einwandfrei und die Liveversionen der Stücke mitreißend, ja viel druckvoller und rockige als die Albumversionen. Das die Band so gut harmoniert liegt auch daran, dass diese Formation mittlerweile seit 1995 unverändert zusammenspielt. In dieser Besetzung haben sie auch die letzten vier Alben "Richterskala" (1996), "Alter Ego" (1997), "Korrekt" (1999) und "HALT" (2001) eingespielt. Heiner Lürig, der auch für die Komposition einiger Songs verantwortlich zeichnet, begleitet HRK sogar seit 1985.

Das in Meschede aufgeführte Programm bestand natürlich zum größten Teil aus Nummern des aktuellen Albums. Neben den 9 Titeln von "HALT" wurden noch weitere 14 ältere Titel gespielt. Die Titel im einzelnen:

 

1. Fühlst du das
2. Halt
3. Brille
4. Jesus Tomahawk
5. Stein
6. Sie müssen mich nicht mögen
7. Talk Show Schmutz
8. Wo warn wir stehengeblieben
9. Abschied muss man üben
10. Finderlohn
11. Der Abend vor dem Morgen danach
12. Pegasus
13. Ich will es wissen
14. Stirnenfuß
15. Eigene Wege
16. Ganz nah dran
17. Mörderballade
18. Aller Herren Länder
19. Ich steh dir bei
20. Wenn du nicht wieder kommst
21. So tun als ob
22. Nachts um halb drei
23. Romanze

 

Zwischen einigen Titeln brachte Heinz Rudolf poetische Einlagen. So prangerte er beispielsweise die Radiosendungen an, die heute nur noch volksverdummendes Zeug spielen. Dann meinte er, dass die Beatles auf seiner Heizung geschmolzen seien. Sie waren aus Blei. Er habe schließlich getrunken, was noch von ihnen übrig sei und so sei er die letzte Hoffnung des Rock ‘N‘ Roll. Dies kann man nach dem Konzert nur bestätigen. Heinz Rudolf bot an diesem Abend alles, was das Rockherz begehrt. Von absoluten Rocknummern über Mainstream bis hin zu mitreißenden Balladen. Ob er nur sang, Gitarre spielte, sich ans Klavier begab oder in die Mundharmonika blies, es passte einfach alles. Und seine Musiker standen ihm in nichts nach.

     

Nach gut 1 ¾ Stunden war dann der offizielle Teil des Konzertes beendet. Das Publikum tobte und klatschte und holte die Band noch einmal auf die Bühne. Bei dem Stück "Wenn du nicht wiederkommst" hielt er für den Refrain das Mikro ins Publikum welches aus 800 Mündern diesen dann aus voller Brust sang. Nachdem diese Zugabe beendet war, sang das Publikum so lange den Refrain "Wenn du nicht wiederkommst", bis die Band sich noch einmal erweichen ließ und auf die Bühne zurückkehrte. Insgesamt wurde sie viermal wieder auf die Bühne zurückgeholt.

Leider war sein bisher kommerziellster Erfolg "Dein ist mein ganzes Herz" aus dem Jahr 1985 nicht Teil des Programms. HRK meinte dazu gegenüber der lokalen Presse:

"Ich bin sogar ohne den Titel "Dein ist mein ganzes Herz" ausgekommen. Das ist ganz selten. Allerdings ist das nicht ein Zeichen für eine schlechte Veranstaltung - ganz im Gegenteil. Die Party ist so perfekt gewesen, da brauche ich die alten Kracher nicht, die ja sowieso in allen Varianten schon mal gesungen wurden."

     

Keine Frage, bei diesem euphorischen Publikum und den Beifallsbekundungen bleibt Heinz Rudolf gar nichts anderes übrig, er muss einfach wiederkommen.

Nach dem 2 ½-stündigen Konzert hatte ich das Gefühl, gerade einen Saunaaufenthalt hinter mich gebracht zu haben. Ich verließ den Ort mit einem sehr guten Gefühl. Das Konzert war jeden Pfennig des Eintrittsgeldes Wert.

Meine Empfehlung: Sollte Heinz Rudolf in eurer Nähe spielen, unbedingt hingehen.

Es muss nicht immer Westernhagen oder Grönemeyer - die ich auch sehr mag - sein. HRK hat sich spätestens mit seinem neuesten Werk - vor allem was die musikalische Qualität betrifft, die bis Anfang der 80‘er ein Manko bei ihm war - in die Elite der Deutschrocker gespielt, ganz zu schweigen von seinen Texten, die von jäh her eine Klasse für sich sind. HRK ist meines Erachtens der unterbewertetste Musiker in unserem Land und gehört für mich auf die gleiche Stufe mit den vorgenannten deutschen Musikern gestellt.

Stephan Schelle, Mai 2001