Kraan live im Schlachthof, Soest 01.04.2011
   

     

Ich muss gestehen, dass ich die deutsche Rockband Kraan bisher nur auf der heimischen Anlage auf mich habe wirken lassen. Bisher war mir die Musik immer etwas zu sperrig, doch live sollen sie ja wirklich klasse sein, war zu lesen. Also machte ich mich zu ihrem Konzert am 01.04.2011 im Alten Schlachthof von Soest auf, ohne jede große Erwartung.

    

    

    

    

     

Traten die Experten für anspruchsvolle und vertrackte Jazzrockmusik mit Ethno- und Funkeinflüssen früher als Quartett auf, so ist die Band mittlerweile zum Trio, bestehend aus Peter Wolbrandt Gitarren, Gesang, Jan Fride Wolbrandt (Schlagzeug) und Helmut Hattler (Bass), geschrumpft. Wie Helmut, der die Ansagen zwischen den einzelnen Stücken machte, erklärte, ist dieses Trio auch immer schon der Grundstock bzw. Kern der Band gewesen.

    

    

     

       

    

Gestartet wurde mit einem Klassiker der Band, „Andy Nogger“. Gleich in diesem Stück zeigten die drei, welch Ausnahmemusiker sie sind. Und ich musste erleben, dass Studioalben mit einem Livekonzert von Kraan in keinster Weise vergleichbar sind. Was diese drei da für einen Sound, eine Spieltechnik und ein Verständnis für den richtigen Groove an den Tag legten, war schon sehen- und hörenswert. Während die beiden Brüder Jan Fride und Peter Wolbrandt eher unaufgeregt und gelassen an ihren Instrumenten auf der Bühne agierten, ließ Helmut Hattler am Bass so richtig die Kuh fliegen. Man sah ihm von der ersten Minute an, welchen Spaß es ihm bereitet, live auf der Bühne zu stehen. Und diesem, wohl besten Bassisten, den Deutschland zu bieten hat, bei seiner Arbeit zuzusehen, ist eine wahre Freude.

     

    

    

     

    

Zu den einzelnen Titeln wurden entsprechende, sehr ansehnliche Filme im Hintergrund auf einer großen Leinwand gezeigt. Mal bestanden die bewegten Bilder aus grafischen Mustern, dann zeigten sie Landschaftsbilder oder sogar Film- und Fotomaterial aus der früheren Bandgeschichte. Es war interessant die Musiker im Heute und Jetzt auf der Bühne zu sehen, während die Leinwand ihre Konterfeis in den 70’er und 80’er Jahren zeigte. Der Soundmixer leistete an diesem Abend ebenfalls ganze Arbeit, denn der Sound war perfekt. Er kam klar aus den Boxen und hatte dabei genug Druck, ohne dass es dem Ohr unangenehm war.

     

    

     

     

     

Nach dem Abstecher in die Frühphase der Band kam mit „Club 20“ ein Titel des aktuellen Albums „Diamonds“, das im letzten Jahr erschienen ist, an die Reihe. Besonders hervorzuheben – wenn das bei diesem stimmigen und in sich geschlossenen Set überhaupt geht – waren Stücke wie „Holiday am Marterhorn“ das atmosphärisch und druckvoll zugleich gespielt wurde, während es bei „The Schuh“ recht funkig zur Sache ging. Bei „Dinner For Two“ verließ Jan Fride Wolbrandt die Bühne und überließ Peter und Helmut das Parkett. Was die beiden jetzt zauberten, verschlug mir den Atem, denn sie agierten zunächst perfekt im Einklang. Sie spielten ein und dieselben Noten in einer absolut traumwandlerischen Art und rasend schnellen Frequenz, so wie man es selten erlebt.

    

     

    

     

    

Ein weiteres Highlight war „Borgward“ bei dem Helmut Hattler ein Solo am Bass hinlegte, was ich so noch nie gehört habe. Er hat einfach einen Groove und eine Spieltechnik wie kein zweiter. Nie habe ich ein Basssolo so melodisch und doch druckvoll mit unglaublicher Fingerfertigkeit gehört oder gesehen. Danach war dann der offizielle Teil beendet.

    

       

    

                        

Was folgte war dann die Zugabe „Nam Nam“, die ebenfalls mitreißend gespielt wurde. Am Ende holte Helmut das Publikum vor die Bühne, das nun einen Rhythmus durchgehend klatschen und einige Töne summen sollte. Darauf spielten die drei dann den Endteil von „Nam Nam“. Ein wirklich tolles Ende eines unglaublichen Konzertes.

    

     

    

     

Kraan, das sind drei Ausnahmemusiker, die Live unschlagbar sind. Und diese Qualität war an dem Abend in Soest deutlich zu spüren, obwohl ich nach dem Konzert erfuhr, dass Peter Wolbrandt gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe war. Dass er das Konzert trotzdem spielte und seine Fans nicht enttäuschte, ist ihm hoch anzurechnen. Wer die Band bisher noch nicht live erlebt hat, sollte dies unbedingt nachholen.

     

                   

Setlist

Andy Nogger

Club 20

Nachtfahrt

Silver Buildings

Jerk Of Life

Holiday am Marterhorn

The Schuh

Dinner For Two

Wintroper Echo

Kraan Arabia

Hallo Ja Ja – I Don’t Know

Let It Out

Borgward

 

Zugabe

Nam Nam

 
  Stephan Schelle, 02.04.2011