Das Konzertjahr 2013 startete gleich mit
einem Knalleffekt in die neue Saison. Nachdem am Tag zuvor das Konzert in
Hamburg von Jeff Wayne’s Version von H.G. Wells Roman „War Of The Worlds“
ausfiel, stellte das Konzert in der König-Pilsener-Arena von Oberhausen
die Premiere der neuen Show „The New Generation“ auf deutschem Boden dar.
Bereits im Jahr 2009 verzauberte der aus Amerika stammende und in
Großbritannien lebende Wayne die Zuschauer mit einer atemberaubenden Show.
„The New Generation“ setzt da noch einmal einen drauf.
Mit großem Orchester und der Black Smoke
Band, in der unter anderem Rocklegenden wie Chris Spedding (Gitarre) und
Herbie Flowers (Bass) mitwirkten sowie zahlreichen Akteuren brachte Jeff
Wayne seine neue, überarbeitete Version von „War Of The Worlds“ in einer
atemberaubenden Show auf die Bühne.
Wie schon bei der 2009’er Show sorgte
zeitweise eine Kamera, die Zuschauer in der Halle einfing und auf die
riesige, ca. 30 Meter breite und 10 Meter hohe Leinwand in das Auge eines
Marsianerschiffes projizierte, für gute Stimmung vor dem Konzert. Man
konnte förmlich die Spannung im Saal spüren, während sich die Reihen
langsam füllten.
Jeff verriet mir nach dem Gig, dass er
einige Musikpassagen sowie fehlende Handlungsstränge aus dem Buch von H.G.
Wells, die in den 70’ern aufgrund der mangelnden Kapazität von
Vinyl-Scheiben nicht genutzt wurden, in die neue Version eingebaut hat.
Hatte Richard Burton im Original noch 70 Sequenzen, in denen er zu hören
war, so wurden diese für den neuen Sprecher Liam Neeson auf 90 Sequenzen
ausgebaut. Um hier eine deutliche Unterscheidung zum Original zu bekommen
hat er auch nicht auf Sängerinnen und Sänger zurückgegriffen, die bei dem
Original dabei waren. Aber auch die Sänger und Sängerinnen, die bei der
neuen Studioproduktion mitgewirkt haben, konnten leider aufgrund von
Terminschwierigkeiten nicht mit auf Tour gehen. So hat sich Wayne einige
andere sehr gute und darüber hinaus bekannte Namen für die Bühne an Bord
geholt.
Als Journalist, der die Geschichte
vorantreibt (hier war im Original Richard Burton zu hören und als
Computeranimation bei den Shows zu sehen) konnte Jeff den bekannten
Schauspieler Liam Neeson gewinnen, dessen Passagen gefilmt und auf zwei
durchsichtige Leinwände als Hologramme projiziert wurden (eine auf der
linken Bühnenseite - vom Publikum aus gesehen - und eine, die auf der
Bühne hochgefahren wurde, um Szenen darzustellen). Daneben wirkten noch
Marti Pellow (bekannt als Sänger der Gruppe Wet Wet Wet) als die Gedanken
des Journalisten, Ricky Wilson (Sänger der Band Kaiser Chiefs) als The
Artilleryman, Will Stapleton (Sänger der Rockband Jettblack) als Stimme
der Menschheit, Kerry Ellis als Beth und Jason Donovan (man kennt ihn aus
der australischen Serie „Neighbours“, bei der er an der Seite von Kylie
Minogue gespielt hat; mit ihr hat er auch vor vielen Jahren ein Duett
gesungen) als Parson Nathaniel mit.
Zur Beschreibung der musikalischen neuen
Version findet ihr Infos in der Rubrik CDs, in der ich eine Besprechung
des neuen Albums online gestellt habe
(zur
CD-Besprechung). Nur soviel sei gesagt, dass auch
live die Musik perfekt rüber kam. In der Halle war das Soundsystem so
aufgebaut, dass die Musik im Surroundsound genossen werden konnte. Das
wurde oftmals für herrliche Effekte genutzt. Und auch die Sängerinnen und
Sänger, die nur live mit dabei sind, machten ihre Sache hervorragend und
ließen die Interpreten der Studioversionen nicht vermissen. Darüber hinaus
waren die schauspielerischen Leistungen von Kerry Allis, Will
Stapleton, Ricky Wilson und vor allem Jason Donovan herausragend. Marti
Pellow’s Part war dagegen eher statisch, was aber an seiner Rolle lag.
Erst am Ende der Show schien er aus sich herauszugehen und strahlte über
das ganze Gesicht.
Kurz vor Beginn des Konzertes tauchten
schon die ersten neuen Charaktere auf. Ein Paar, bestehend aus Lily
Osborne - sie spielte Vera May - und Michael Falzon - er übernahm die
Rolle von William Rowland - bauten ein Teleskop am Bühnenrand auf. Dieses
Paar war das erste, das ein gleißendes Licht vom Mars wahrnimmt. Lily und
Michael waren der Zeit, in der die Geschichte spielt (Ende des
19., Anfang des 20. Jahrhunderts), entsprechend gekleidet. Und auch die
Filmsequenzen, die während des kompletten Konzertes auf einer gut 30
Meter breiten und 10 Meter hohen Leinwand zu sehen waren, zeigten Menschen
und Gebäude in diesem Stil. Lediglich die Marsianer und ihre Gerätschaften
bzw. Vehikel wirkten dagegen eher modern, was der aktuellen
Computertechnik entspricht. Und dann brach plötzlich ein Sturm los, was durch stark
wehende Nebelschwaden und reichlich herumwirbelnde Blätter dargestellt
wurde. Das war das Startzeichen für eine mehr
als anderthalb Stunden dauernde Show mit atemberaubender Livemusik.
Liam
Neesons Kopf war an der linken Bühnenseite zu sehen, während er seine
Erzählungen in englischer Sprache darbot. Unter der Leinwand, auf der sein
Kopf projiziert wurde, war eine LED-Anzeige zu sehen, auf der die deutsche
Übersetzung als Untertitel abzulesen war. Die Platzierung der Untertitel war das einzige Manko der
Show, denn die Anzeige war nicht von allen Plätzen aus zu sehen. Ansonsten
wurde aber eine perfekte Show geboten, die keine Wünsche offen ließ.
Nachdem die Szenerien auf dem Mars zu sehen waren und Jeff die Overtuere
spielen ließ („Eve Of The War“) wurden bereits alle Akteure mit großen
Bildern auf der Leinwand vorgestellt. Als erster Sänger präsentierte sich
dann Marti Pellow live auf der Bühne, der die gesungenen Gedanken des
Journalisten darstellte.
Nachdem die Marsianer auf der Erde
gelandet waren, sah man auf der Leinwand eine Kanone aus dem Raumschiff
ragen und zerstörende Feuerstrahlen absenden, was in dem Stück „Horsell
Common And The Heat Ray“ verarbeit wird. Als Ergebnis dieser Attacken
brannte - zur Überraschung der Zuschauer - der Bühnenrand. Lichterloh
ragten die Flammen an mehreren Stellen zur Decke empor. In der fünften
Reihe waren noch die Hitzwellen, die die Flammen verbreiteten, zu spüren.
Etwas später
kamen in
diesem Stück auch zwei Zeitungsjungen (gespielt von Lily Osborne
und Michael Falzon) auf die Bühne, während die Headlines der Zeitungen auf
der Leinwand anpriesen, das Marsmenschen auf der Erde gelandet seien. In
diesem Stück legte Chris Spedding dann auch ein schönes Gitarrensolo ein,
zu dem er an den Bühnenrand trat.
Als nächstes folgte „Artilleryman And
The Fighting Machine“, bei dem zunächst Ricky Wilson seinen Auftritt
hatte. Während er auf der Bühne agierte fuhr die Leinwand auf der Bühne
hoch und Liam Neeson war in voller Größe zu bewundern. Die moderne Technik
machte es möglich, dass nun eine Konversation auf Augenhöhe (die
Proportionen zwischen Hologramm und Akteur waren sehr gut aufeinander
abgestimmt) zwischen ihm und dem Artilleryman entstand. Als sehr schönen
Gag überreichte der imaginäre Neeson dem Artilleryman ein Glas Whiskey,
das dieser dann plötzlich in der Hand hielt und austrank. Eine tolle
Illusion. Hier zeigte sich schon, welche großen und kleinen Details die
neue Version bzw. „The New Generation“ von der 2009’er Show unterscheidet.
Nachdem der Artilleryman von der Bühne flüchtete und dabei durch den
Zuschauerraum lief, kam das Unheil von der Decke herunter.
Langsam und bedrohlich senkte sich die
dreibeinige Kampfmaschine der Marsianer von der Decke, bis sie mit allen
drei Beinen fest auf der Bühne stand. Jeff Wayne stand mit seinem
Dirigentenpult direkt unter dem Körper der Kampfmaschine. Ab jetzt war
Kampf angesagt, denn die Kampfmaschine spie Feuerstrahlen, die auf der
Bühne zu Explosionen führten. Den Feuerstrahlen folgten lautstarke
Explosionen, die so manchen im Publikum erschreckten, denn es knallte von
allen Seiten wie bei einem richtigen Gefecht. Ein echter
Knalleffekt!!! Dieser Kampfmaschine stellten sich dann die Soldaten an
ihren Kanonen entgegen. Die Treffer, die sie an dem Dreibein erzielten,
wurden durch kleine Explosionen und Funkenregen an diesem dargestellt.
Als nächstes stand dann „Forever Autumn“
auf dem Programm, zu dem wieder Marti Pellow auf die Bühne kam. Zu den
herbstlichen Bildern auf der Leinwand fielen von der Decke zahlreiche
Papierschnipsel zu Boden. Was erst auf den zweiten Blick deutlich wurde,
war, dass diese Schnipsel die Form und Farbe von herbstlichem Laub hatten.
Nicht nur hier war die Liebe zum Detail zu erkennen, mit der Jeff das Werk
umgesetzt hat. Gerade diese kleinen Details sind es, die die Präsentation
so liebenswürdig und fesselnd machten.
Diesem Stück folgte dann „Thunder Child“,
bei dem Sänger Will Stapleton an die Reihe kam. Wie alle anderen
überzeugte auch er durch eine sehr eindringliche Performance. Und wieder
wurde der Kampf des Zerstörers und der Kampfmaschine mit viel Feuer und
Explosionen dargestellt. Mit diesem Feuerzauber endet der schweißtreibende
erste Akt der Aufführung und es ging in eine Pause, in der die
Kampfmaschine wieder ihre Parkstellung unter der Decke einnahm.
Der zweite Akt begann dann mit „Red Weed
(Part 1)“ zu dem nicht nur rote, pflanzenartige Gebilde die Szenarien auf
der Leinwand einnahmen, sondern auch die Scheinwerfer die Bühne in
gleißendes Rot tauchten. Daneben waberten herrliche Trockeneisnebel über
die Bühne, die so ein unwirtliches, bedrohliches Bild boten. Und mitten drin
Jeff Wayne an seinem Dirigentenpult, der an diesem Abend wirklich
körperliche Höchstleistung bot, so intensiv, konzentriert und voller
Energie ging er zu Werke.
Dann hatten Kerry Ellis als Beth und
Jason Donovan als Parson Nathaniel bei dem Stück „Spirit Of Man“ ihren
großen Auftritt. Was diese beiden da an schauspielerischer Leistung neben
ihrem Gesang boten, war schon bemerkenswert. Man war von diesen beiden
Charakteren und ihrer Mimik förmlich gefangen. Und auch hier gab es wieder
ein Gimmick, das die liebevolle Umsetzung unterstrich. In einer Szene gab
der imaginäre Neeson dem immer dem Wahnsinn verfallenden Parson Nathaniel
einen Kinnhaken, der daraufhin zu Boden ging. In dem anschließenden Stück
„Red Weed (Part 2)“ erschien die getötete Beth dann im weißen Umhang und
wurde zur Decke hoch gezogen, was darstellen sollte, dass die Marsianer
ihre Beute einsammeln. Und auch Parson Nathaniel fand in diesem Teil sein Ende.
Dann ging es mit „Artilleryman Returns“
und „Brave New World“ erneut sehr aufwendig und beeindruckend weiter. Der
Artilleryman erschien und erklärte seine Idee, eine Stadt unter der Erde
aufzubauen, um so - im Schutz vor den Marsianern - weiterleben zu können.
Dazu schwebte eine Brücke von der Decke. In diesem Part lieferte Ricky
Wilson erneut eine beeindruckende Leistung. Er kletterte hoch oben, über
den Köpfen der Zuschauer, auf der Brücke herum oder nahm sich eine
Schaufel und fing an ein Loch zu graben, während er auf der Bühne immer
mehr in den Untergrund sank (wieder so eine schönes Detail). Die im
Vergleich zur 2009’er Show veränderte Brücke hatte nun einige aktive
Elemente wie ein bewegliches Seitenteil oder drehbare Zahnräder, die in die
Performance mit eingebunden wurden.
In den beiden Parts von „Dead London“
kam dann die Kampfmaschine noch einmal von der Decke herab. Ihr Sterben
wurde durch viel Rauch aus dem Innern des Vehikels sowie ein
Zusammensinken der Maschine, das bedrohlich instabil wirkte, dargestellt.
Das Ganze sah so echt aus, das man Angst um Jeff hatte, der ja direkt
unter dem Körper der Maschine seine Arbeit verrichtete. Während der „Epilogue
(Part 1)“ das Ende der Show einläutete, hielt es die Zuschauer nicht
länger auf den Sitzen. Hatten sie in den kurzen Momenten bei den
Übergängen der Stücke, in denen kleine Pausen eintraten, schon
Zwischenapplaus spendiert, skandierte die ganze Halle nun Standing
Ovations. Dazu passend betraten die Akteure noch einmal die Bühne und
präsentierten sich dem Publikum.
Die Show, die lediglich das komplette
Album „War Of The Worlds The New Generation“ beinhaltete und keine Zugabe
bereit hielt (es ist halt ein Konzeptwerk, das durch seine Kompaktheit
besteht und durch eine Zugabe ihren Reiz verloren hätte), wurde aber noch
mit einem letzten Knalleffekt abgeschlossen. Dieser bestand im „Epilogue
(Part 2) NASA“. Auf der Bühne war eine Art Büro der NASA Control zu sehen,
in dem Michael Falzon den Angestellten spielte, der mit Bermuda Control
kommuniziert. Als die Leitungen unterbrochen werden und die bedrohlichen
Klänge der Marsianer ertönten, schoss die Kampfmaschine einen letzten
Strahl auf die Büroszenerie (NASA Control), die in einer tosenden
Explosion auseinander flog. Nur Momente später zeigte sich ein zerstörtes
Bild und Michael Falzon war wie vom Boden verschluckt. Ein klasse
Effekt zum Ende der Show, die jeden Besucher von der ersten Sekunde in
Atem hielt.
Nach der Show konnte ich bei Jeff
persönlich in Erfahrung bringen, dass er, sobald er von der Tour wieder
daheim ist, mit dem Surroundmix der Aufnahmen aus der O2 Arena in London
beginnen wird. Das Konzert in Europas größter Arena wurde mit mehreren
Kameras aufgenommen und soll voraussichtlich Ende des Jahres auf DVD
erscheinen. Nachdem was ich in Oberhausen gesehen habe, stellt diese
Veröffentlichung ein Muss für jeden Musikfreund dar. Man darf sich also
schon auf das Ende des Jahres freuen. Aber noch besser ist es diese
unglaubliche Show live erleben zu dürfen. Als weitere Pläne hat sich Jeff
vorgenommen sein „Spartacus“-Werk neu aufzunehmen und es eventuell auch
live zu präsentieren. Auch neues Material könnte das Licht der Welt
erblicken, denn Jeff hat eine Vertonung eines Jack London-Klassikers in
Petto.