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Ansonsten standen neben Mark Westworth, der vor gut eineinhalb Jahren das Gründungsmitglied Martin Orford an den Tasten ersetzte, ein sehr energiegeladener John Jowitt am Bass, ein wie immer gut aufgelegter Michael Holmes an der Gitarre und der charismatische Sänger Peter Nicholls auf der Bühne. Peter hat einfach eine unglaubliche Ausstrahlung und macht jedes IQ-Konzert zu einem Genuss. Während er in der Vergangenheit öfter sein Outfit bei den Gigs wechselte, verzichtete er dieses Mal darauf und blieb über weite Strecken im schwarzen Anzug mit Krawatte recht bieder gestylt auf der Bühne. Erst bei „Narrow Margin“ kam er im weißen Hemd bzw. im roten Pulli. Das waren aber auch alle Showelemente (neben den wieder sehr ansprechenden Filmen auf der dreigeteilten Leinwand).
Hatte im letzten Jahr Peter aus gesundheitlichen Gründen beim Gig in Aschaffenburg den Auftritt ausfallen lassen müssen und John Jowitt die Gesangspassagen überlassen, so zeigte er sich in Essen wieder in ganzer Frische. Er war in beeindruckender stimmlicher Verfassung. Auch wenn er bei den Songs sehr theatralisch agierte, was Gesten und Mimik anbelangt, so merkte man zwischen den Zeilen doch, wie gut ihm dieser Auftritt bekam. Und die Fans machten es ihm und der Band auch leicht, denn es gab schon sehr früh Standing Ovations.
Mit zunächst kleineren technischen Problemen starteten IQ mit dem Titelstück ihres brandneuen Albums „Frequency“ in ihr Programm. Dieser Track machte schon eine Menge Appetit auf das Gesamtwerk, ging er doch im typischen IQ-Stil sofort ins Ohr. Neben vier Songs des neuen Albums, darunter auch die beiden Longtracks „Stronger Than Friction“ und „The Province“, die es jeweils auf eine Spielzeit von mehr als zehn Minuten bringen, hatten sie auch wieder einige ältere Songs aus ihrem umfangreichen Repertoire im Gepäck. „The Province“ feierte an diesem Abend sein Livedebüt, wurde das Stück doch in Essen zum ersten Mal live aufgeführt, was Peter etwas nervös wirken ließ. Dazu hatte er aber gar keinen Grund, denn die fünf boten eine wirklich tolle Vorstellung. Vielleicht lag es daran, dass der Song, der zunächst mit Keyboards, die an Alan Parsons erinnern, beginnt und dann in einer Art Hasardeurritt in einer Mischung aus 70’s Rock und Krautrock weitergeht um im späteren Verlauf wieder in NeoProg überzugehen. Das ist für IQ schon etwas ungewöhnlich, zeigt aber trotz alledem immer noch die typische musikalische Handschrift der Briten.
Bei Rockkonzerten ist es ja üblich, dass das Publikum bei besonders emotionalen oder balladesken Stücken Feuerzeuge brennen lässt. IQ übernahmen dies bei ihrem Stück „Guiding Light“ aber selbst. Lichtshow und Filme auf der Leinwand erzeugten eine Art Candlelight-Stimmung, die sehr intim war. Dazu dieser tolle, unter die Haut gehende Song, das erzeugte ein sehr dichte Atmosphäre.
Als letzten Song des offiziellen Sets hatten sich IQ das Stück „Narrow Margin“ vom „Subterranea“-Album ausgesucht, das schon länger nicht mehr im Liverepertoire der Band stand. Schon bei der Erwähnung sorgte dies für Begeisterung im Publikum. Ein Song der unter die Haut ging.
Die Zugaben begannen mit einem weiteren Klassiker, „Widow’s Peak“ vom 85’er Album „The Wake“. Bei diesem Stück, das am Anfang eine sehr schnell gespielte Keyboardpassage enthält, hatte Mark an den Tasten kleinere Probleme, da er etwas neben der Spur lag. Das macht aber ein Livekonzert aus, das nicht alles perfekt abläuft. Und er hatte sich auch schnell wieder im Griff. Bis auf diesen kleinen Fehler machte Mark einen sehr starken Eindruck und konnte durch sehr atmosphärische, an Mellotron erinnernde Keyboardpassagen oder gar schnelle Tastenkombinationen, die man beispielsweise von Rick Wakeman kennt, glänzen. „Widow’s Peak“ entwickelte sich zu einem ekstatisch gespielten Stück, bei dem sich alle fünf in einen Rausch zu spielen schienen. Mit „It All Stops Here“ endete ein gut 2 ½-stündiges, sensationelles Konzert, das für mich wie im Flug verging. IQ schafften es mit dem ersten Ton eine fesselnde Stimmung zu erzeugen, die sofort gefangen nahm und aus der man erst nach Beendigung plötzlich wieder rausgerissen wurde.
Nach dem Konzert zeigten die fünf Musiker eine große Nähe zum Publikum, mischten sie sich doch nach der Show für Gespräche und Autogrammwünsche unter die Besucher. Michaels ausgeprägter Humor zeigte sich noch einmal bei dieser Aktion, denn er hatte unglaublich viel Spaß Autogramme zu schreiben und nutzte dabei teilweise die ganze Fläche um seinen Namenszug auf Cover, Plakate oder Shirts zu schreiben. IQ, eine unwahrscheinlich sympathische und lustige Gruppe, die man sehen muss.
Stephan Schelle, 25.04.2009 |
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