Der absolute Hauptact des Abends war aber
zweifelsfrei die Hagener Band Grobschnitt. Gut anderthalb Jahre waren seit
dem letzten offiziellen Rockkonzert der Band (die Konzerte mit dem
Symphonischen Orchester Hagen in diesem Sommer nicht eingerechnet)
vergangen. So lange waren Stücke wie „Könige der Welt“ und „Solar Music“
nicht mehr live zu erleben. Die Spannung der zahlreichen Fans war vor dem
Auftritt, spätestens aber beim Start des Vorprogramms, deutlich zu spüren.
Kurz nach 22:00 Uhr starteten Grobschnitt
mit einem zweistündigen Programm. Leider musste die Band auf ihren
Lichtdesigner und Sänger Toni Moff Mollo krankheitsbedingt verzichten. Den
Gesangspart von Toni übernahm in den Stücken dann Milla Kapolke. Man kann an
dieser Stelle schon bemerken, dass er seine Sache sehr gut gemacht hat. Für
die Fans, die die Stücke genau kennen, war der Unterschied - aufgrund
Milla’s anderen Tonlage - zwar zu hören, ihren Reiz verloren die Songs
dadurch aber in keinster Weise.
Gleich ohne große Vorreden kam die Band
auf die Bühne und legte zunächst mal mit einem Paukenschlag, einer
druckvollen Kombination der Stücke „Razzia/Illegal“ los. Schon bei diesem
ersten Stück konnte man deutlich spüren, dass die Band an diesem Abend die
Bässe erstklassig eingestellt hatten, so dass neben Milla’s Moog-Synthie
auch Tatti’s Keyboards und Rolf’s Bass-Drum für ordentlich Druck sorgten,
was man als Zuschauer sehr schön körperlich wahrnehmen konnte. Bulli
Danielak ist aber dafür bekannt, dass der Sound so ausgesteuert ist, dass er
nicht im Ohr schmerzt. Im Gegensatz zu den beiden Gigs von Birth Control und
Epitaph, bei denen Ohrstöpsel nötig waren, brauchte man hier keinen
Ohrenschutz.
linkes Bild: Milla im Sprung !!!
Die Stimmung war schnell auf dem
Höhepunkt, denn die Showelemente wie zum Beispiel die „Pozilisten“ und die
Pyroeinlagen, waren wie immer perfekt umgesetzt. Auf diese Eröffnung folgte
dann „Vater Schmidt’s Wandertag“, das bei so manchen Fans ganz oben auf der
Favoritenliste steht. Den größten Hit, den Grobschnitt je hatten, „Wir
wollen leben“, schlossen sie direkt an und hunderte von Zuschauern sangen
dieses Stück aus voller Brust mit.
Nach diesen ersten Songs kam dann auch von
Willi Wildschwein eine Ansage. Er drückte seine Freude über den Auftritt in
der Grugahalle aus, in dem er noch einmal an die Bedeutung dieser
traditionsreichen Halle erinnerte. Zahlreiche Rockpalast-Nächte wurden hier
zelebriert und weitere Auftritte von Bands mitgeschnitten. Grobschnitt waren
am 08.12.1978 zu Gast im Rockpalast und wurden nach der Ausstrahlung von den
Zuschauern des WDR zur beliebtesten Rock-Palast-Gruppe des Jahres gewählt.
Am 08.05.1981 fand das Abschlusskonzert
der „Illegal“-Tour in eben dieser Grugahalle statt, bei dem gut 5.000
Besucher anwesend waren. Willi meinte das aus diesem Grund einige Stücke vom
„Illegal“-Album auf dem Programm stünden, die sie jetzt hintereinander
spielen würden. Insgesamt fünf der acht Stücke des Albums wurden an diesem
Abend gespielt. Neben dem eröffnenden Titelstück ging es nun mit „Simple
Dimple“ weiter. In dieser Version glänzte vor allem Nuki mit einem sehr
schönen Gitarrensolo.
Auf dieses Stück folgte dann ein
energiereiches „Mary Green“, dessen Thema wie Milla sagte, heute immer noch
so aktuell ist wie damals. Natürlich durfte bei diesem Stück auch „Mary
Green“ in Persona nicht fehlen. Danach gab es erst Mal ein Lied für zwei „Laminat-Gitarren“.
Das Akustikinstrumental „Silent Movie“ stand auf dem Programm. Die ersten
Klänge des nächsten Stückes wiesen auf den Song „Könige der Welt“ hin, doch
aus irgendeinem Grund hielt der Song nach den ersten Takten an. Wie Willi
meinte, hatte dies ein kurzer Stromausfall bewirkt, weswegen man kurzerhand
mit dem Akustikstück „Raintime“ im Programm fortfuhr. Bei diesem Stück hatte
die Band dann einen in weiße Schutzkleidung verpackten Roadie als
Showelement eingebunden, der mit einem Geigerzähler Messungen vornahm und
daraufhin mit einer Wasserspritze die ersten Reihen dekontermenierte.
linkes Bild: Nuki im Sprung!!!
Nach diesen beiden Akustiknummern kam dann
mit „Könige der Welt“ ein Stück, das sich seit Beginn der neuen Formation im
Jahr 2007 zu einem absoluten Livekracher gemausert hat. So gehörte auch
dieses Stück beim Auftritt in der Grugahalle zu den Highlights des
Konzertes. Milla ließ seinen Moog-Synthie und Rolf seine Bass-Drum so fett
durch den Raum fliegen, dass es einem fast die Schuhe auszog.
Normalerweise machen die Groben immer vor
dem „kürzesten Stück der Band“ eine kleine Pause, nicht in Essen, denn der
Zeitplan ließ bei diesem Festival keine Zwischenpausen zu. Nahtlos schlossen
Grobschnitt dann mit dem Stück an, das bei keinem Auftritt fehlen darf (im
Stadttheater Hagen - mit Orchester - stand es aber nicht auf dem Programm).
Anderthalb Jahre mussten die Fans warten, bis dieses unglaubliche Stück -
dargeboten in der „Sonnentanz“-Version mit dem Zeitfenster, dass „Solar
Music“-Elemente der beliebten Version aus den 70’ern enthält - endlich
wieder live gespielt wurde. Man hatte das Gefühl, dass die Jungs besonders
viel Freude an dieser Aufführung hatten und ihnen ebenfalls in den letzten
Monaten dieses Stück gefehlt hat, denn alle legten sich gehörig ins Zeug und
bauten wieder herrliche Soli ein. Da schlich sich doch beispielsweise mal
eben wieder ein „Pink Panther“ in das Gitarrensoli von Nuki ein. Und mit dem
Zeitfenster verbinden sie zwei Dekaden dieses Ausnahmestückes auf
hypnotische Weise. So boten sie eine ca. einstündige musikalische Traumreise
mit solaren Klangwelten, die es in sich hatte.
Nach „Powerplay“, bei dem die Band
vorgestellt wurde, gab es als Zugabe dann noch das Finale von „Solar Music“,
bei dem der Wikinger mit seinem brennenden Kerzenleuchte (in den 70’ern
hatte die Band ein brennendes Kreuz benutzt) seinen Auftritt hatte. Wie
immer war dies ein sehr stimmungsvoller und bewegender Moment für die vielen
Fans in der Halle.
Die zwei Stunden vergingen wie im Flug und
ein weiteres Konzert dieser grandiosen Rockformation, bestehend aus zwei
Generationen, war Geschichte. Auch ohne den fehlenden zweiten Sänger Toni
Moff Mollo gaben die Hagener Rockmusiker eine gute Figur ab. Sie agierten
wieder in gewohnter Spielfreude und zauberten unter anderem wieder eine
hinreißende Version von „Solar Music“ in der „Sonnentanz“-Version. Allein
dieses Stück ist es immer wieder Wert ihre Konzerte zu besuchen. Und dass es
den Besuchern gefallen hatte, zeigte sich in dem abschließenden Fangesang
„Oh, wie ist das schön“. So etwas hat die Essener Grugahalle wohl auch nicht
alle Tage gesehen bzw. gehört.
Es ist zu hoffen, dass noch einige
Konzerte folgen werden und die vielen, die es immer noch nicht mitbekommen
haben, dass Grobschnitt wieder auf den Bühnen des Landes aktiv ist, noch die
Möglichkeit bekommen diese Ausnahmeband zu sehen. Man muss diese Show
gesehen haben.
rechtes Bild: Willi im Sprung!!!
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