farfarello - live
Alter Schlachthof
, Soest 30.09.2011
 


    

farfarello ist eine Band, die über das Jahr verteilt eine hohe Anzahl an Konzerten in unterschiedlichen Besetzungen spielt. Im Februar 2011 hatte ich das Vergnügen sie erstmals live zu erleben, seinerzeit als Trio bestehend aus Mani Neumann (Geige, Flöten), Ulli Brand (Akustikgitarre) und Nippy Noya (Perkussion). Am 30.09.2011 gaben farfarello - nach sechsjähriger Pause - wieder ein Gastspiel im nordrhein-westfälischen Soest. Zu ihrem Auftritt im Alten Schlachthof kamen zahlreiche Besucher, die den Auftritt sichtlich genossen.

     

    

Da in der Vorankündigung als LineUp „Stammbesetzung“ stand und mit dem aktuellen Album „Glück!“ geworben wurde, erwartete ich eine andere, viel rockigere Zusammensetzung – also mit Bass, Gesang und Schlagzeug – als das in Schwerte der Fall war. Gleich beim Eintritt in den Schlachthof überkam mich allerdings ein enttäuschendes Gefühl, denn neben Geige, Flöten und Akustikgitarren fanden sich nur die Bassgitarren von Joschi Kappl auf der Bühne. Von Perkussion oder gar Schlagzeug war leider nichts zu sehen. Also mal abwarten, ob die Band diesen fehlenden Rhythmusgeber kompensieren kann.

     

    

Das Konzert bestritten an diesem Abend Mani Neumann (Geige, Flöten), Ulli Brand (Akustikgitarre), DIA (Gesang) und Joschi Kappl (Bass). Entsprechend der Ankündigung stand natürlich das aktuelle Album „Glück!“ im Vordergrund des Auftrittes. Und mit „Kämpferherz“, dem Opener des Albums startete die Band zunächst als Trio recht furios in das Konzert. Mani, Ulli und Joschi gingen von der ersten Minute an mit viel Herzblut an die Interpretation der Stücke und ließen mich das vermeintlich fehlende Schlagwerk schnell vergessen. Vor allem Ulli und Joschi bauten ein ums andere Mal ein richtiges Rhythmusfeuerwerk auf, das Mani dann als Grundlage für seine virtuosen und fast schon ekstatischen Melodieläufe nutzte. Durch die Leidenschaft, die diese drei an den Tag legten und die recht humorvollen Ansagen von Mani merkte man, welchen Spaß es ihnen macht, auf der Bühne zu stehen.

     

    

Mani erzählte zwischen den Stücken einige Geschichten, so zum Beispiel die Entstehung des Namens „Kämpferherz“, denn diesen Titel hatten sie live aufgeführt ohne ihm einen Namen zu geben. In der Pause sei dann ein kleiner Junge gekommen und habe gesagt, „Der Titel heißt Kämpferherz“. Oder Mani’s Hinweis zur neuen CD „Glück!“, als er meinte: „Wir wollten den Zustand ändern, das man Glück nicht kaufen kann“.

    

    

    

Zwischen den Instrumentaltiteln streuten farfarello dann immer wieder Gesangsstücke des neuen Albums, die von der bezaubernden DIA interpretiert wurden, ein. Das brachte noch einmal eine gehörige Portion Abwechslung in den Auftritt und bereicherte die Musik. Nach dem, auf einem mazedonischen Traditional basierenden „Jovano“, bei dem das auf der Studiofassung gespielte Akkordeon beim Livegig nicht vermisst wurde, kam mit „Wiege meine Seele“ der erste gesungene Titel. Immer dann, wenn die Gesangstitel anstanden, kam DIA auf die Bühne, ansonsten bestritten die drei Musiker den Auftritt allein.

     

    

DIA’s stimme schob sich gleich in diesem ersten gesungenen Stück unter die Haut. Auch live macht sie (nicht nur) stimmlich eine sehr gute Figur. Während Mani förmlich mit seinen Instrumenten verschmolz und ein teils ekstatisches Spiel lieferte, zeigte Ulli, dass er ein Ausnahmemusiker an den sechs Saiten seines Instrumentes ist. Joschi blieb dagegen eher der ruhende Pol, denn er absolvierte seine Rhythmusarbeit sehr souverän und gelassen.

     

    

Mit „Felix“ kam dann auch eine Interpretation des berühmten Violinenkonzertes in e-moll von Felix Mendelssohn Bartholdy mit ins Programm. Wie Mani augenzwinkernd meinte, habe der klassische Komponist ihm damals diesen Song geschrieben, ohne es zu wissen. Die Interpretation ging weit über das Original hinaus und farfarello verliehen ihm, wie schon auf der CD „Glück!“ eine recht rockige Note. In der zweiten Hälfte des Liedes sorgte Ulli dann durch seine Akustikgitarre für ein gewisses mediterranes Flair. In diesem Stück spielten die drei dann auch mit kraftvollen lauten und zarten leisen Tönen, was für eine erhebliche Spannung sorgte. Mit „Leb mit mir“ hatten sie dann noch einen neuen, von DIA gesungenen  Titel im Programm, der bisher unveröffentlicht ist. Er fügte sich sehr gut ins Programm ein und macht Appetit auf das nächste Album.

     

    

Mit dem ausufernden „Herr der Zeit“ endete der erste Teil des Konzertes nach gut einer Stunde. Mani griff bei diesem Stück das erste Mal zur Flöte und brachte dadurch einen ethnischen Touch in das Konzert. Das Stück begann zunächst sehr atmosphärisch, entwickelte sich über die Spielzeit aber immer mehr, bis Joschi gar seinen Bass in jazzige Gefilde trieb. Die drei präsentierten eine tolle Interpretation dieses Stückes. Dann ging es in eine gut 20minütige Pause.

     

    

Mit dem verträumten Stück „Schwerelos“ stiegen die drei dann in den zweiten Teil des Konzertes ein. Es folgte die traumhafte Gesangsnummer „Seit dieser Nacht“, die sich schnell ins Ohr bohrte. Danach entführte uns die Band in den fernen Osten, denn es stand eine Reise nach „Bali“ an. Bei diesem Stück entfalteten farfarello ein asiatisches Flair. Sie spielten das Stück, das in den Titel „Brandung“ überging, sehr atmosphärisch und mit viel Gefühl. Im weiteren Verlauf wurde es dann immer ekstatischer und nahm an Druck zu.

    

     

Danach kam eine Interpretation von Aram Chatschaturjan’s bekanntem „Säbeltanz“. In dieser Form mischten farfarello klassische Elemente mit jazzigen Motiven, was dem Stück sichtlich gut zu Gesicht stand. Es folgte dann das Titelstück des aktuellen Albums „Glück!“.

    

    
Ulli wechselt während des Solo's eine Gitarrensaite

Das Highlight des Abends war für mich allerdings das Lied „Durchzug“. Was dieses Stück so besonders machte war das minutenlange Gitarrensolo von Ulli Brand, der hier sein ganzes Können zur Schau stellte. Der Clou an diesem Solo war aber, dass Ulli eine Gitarrenseite riss, die er, während er das Solo weiterspielte, auswechselte. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen. Und das Stimmen der neuen Seite baute er auch noch in sein Solo ein, so als wenn es das Natürlichste von der Welt sei. Für dieses Solo erntete er dann auch brandenden Applaus des Publikums, das sichtlich aus dem Häuschen war.

    

    

Nach dieser aufwühlenden Nummer war dann mit „Unter dem Flüsterbogen“ eine Ruhepause angesagt. Bei diesem balladesken Stück verließ Mani die Bühne und mischte sich Geige spielend unter das Publikum. Das gab dem Ganzen eine besondere Note. Beim abschließenden „Finale“ zogen sie dann noch mal alle Register und Ulli und Joschi lieferten sich in einem wahren Feuerwerk ein Duell an ihren Saiteninstrumenten. Dabei mischten sie mal eben eine kurze Passage des Manfred Mann-Klassiker’s „Davy’s On The Road Again“ in den Titel. Nach gut zwei Stunden war der offizielle Teil des Konzertes beendet.

                  
Mani auf dem Weg durchs Publikum

    

Als Zugabe gab es dann noch die „Rhapsodie für Marcin“, das Mani mit den Worten einleitete: „In welcher Gegend sind wir hier eigentlich? Sauerland oder Nordrhein-Westfalen? Ich habe das nächste Stück quasi für die Gegend zwischen Westfalen und Sauerland geschrieben, also für Soest. Es heißt ‚Rhapsodie für das Niemandsland’“. Nach dieser ersten Zugabe folgte noch das Stück „Ein Freund“, bei dem Mani mit einem ausufernden, zarten und einfühlsamen Intro begann. Hierzu verließ er erneut die Bühne um im Publikum zu spielen. Nach einigen Momenten stieg dann Ulli an der Gitarre ein und DIA betrat die Bühne um diesen Abschlusssong zu singen. Wieder so ein Gänsehauttitel, der das Konzert abrundete. Nach mehr als zwei Stunden war dann dieses intensive und mitreißende Konzert beendet. Unterstützt wurden farfarello von einer sehr ansprechenden Lightshow, die die Musiker ins rechte Licht setzte.

    

     

Als Fazit bleibt zu sagen, dass farfarello, egal in welcher Kombination sie spielen, ein absoluter Hochgenuss sind. Ihre Mischung der verschiedenen Musikstile wie Klassik, Pop, Rock, Jazz oder Weltmusik – vermischt mit einem gewissen Zigeunermusik-Flair – ist wirklich fesselnd. Wer die Gelegenheit hat diese Band live zu erleben, der sollte dies unbedingt wahrnehmen.

     

    

 

 
 

Setlist

Erstes Set

Kämpferherz
Jovano
Wiege meine Seele
Feuer und Flamme
Felix
Leb mit mir
Herr der Zeit

Zweites Set

Schwerelos
Seit dieser Nacht
Bali / Brandung
Säbeltanz
Glück
Durchzug
Unter dem Flüsterbogen
Finale

Zugabe

Rhapsodie für Marcin
Ein Freund

Stephan Schelle, 01.10.2011