farfarello - live
Paul-Gerhardt-Haus
, Schwerte 11.02.2011
 


     

Unter dem Titel farfarello im Licht trat das Musikprojekt um Mastermind und Teufelsgeiger Mani Neumann am 11.02.2011 im Paul-Gerhardt-Haus in Schwerte auf. Bei dieser Location handelt es sich um eine evangelische Kirche mit angegliedertem Gemeindehaus. Es ist mittlerweile schon Tradition, dass farfarfello und der Lichtkünstler Jörg Rost in Schwerte ein audio-visuelles Konzert präsentieren. Lichtkünstler Rost aus Schwerte sorgte für die ansprechenden Lichtilluminationen. Bereits seit fünf Jahren bilden er und farfarello eine sehr gut funktionierende Symbiose, die im Ergebnis zu einer sehr ansprechenden Kombination aus visuellen und musikalischen Stimmungsbildern führt.

    

    

farfarello, die an diesem Abend als Trio auftraten (neben Mani an Geige und Flöten, waren Ulli Brand an der Akustikgitarre und Nippy Noya an Percussion mit auf der Bühne), hatten sich direkt vor dem Altar der Kirche aufgebaut. Das Kreuz auf dem Altar wurde, wie der gesamte Altarraum und die Glasbausteine auf der Altarrückseite sehr ansprechend mit in die Lichtgestaltung eingebunden.

     

    

farfarello haben gerade frisch ihr neues Album „Glück!“ auf dem Markt, da liegt es natürlich Nahe, dass ein Großteil der vorgetragenen Stücke von diesem Werk stammen. Neben fünf Stücken dieses neuen Albums boten die drei einen Streifzug durch das Repertoire der Band. Ausgesucht hatten sie vor allem Stücke, die in das Ambiente und die Akustik von Kirchen passt. Und diese Auswahl ist ihnen wirklich gut gelungen, denn die drei Ausnahmemusiker ließen Stücke voller Sehnsucht, Melancholie, Sanftheit genauso erklingen wie druckvolle, ekstatische, leidenschaftliche und fast erotische Klänge durch die Gemäuer der Kirche ziehen.

    

     

Zu Beginn – wie auch zwischen den Liedern – gab Mani einige Kommentare ab. So erklärte er beispielsweise, dass man dieses Mal von der Kirche in der Innenstadt ins Paul-Gerhardt-Haus gewechselt sei. „Wir haben es aber auch gefunden“ meinte er mit einem Augenzwinkern. Die sehr schönen Ansagen von Mani wurden teils sehr akzentuiert von Ulli an der Gitarre mit einigen Melodiebögen untermalt.

    

    

Das Konzert begann dann zunächst verträumt und verspielt mit dem Opener „Weite Felder“. Das Stück ist von einer zarten und atmosphärischen Stimmung geprägt, bei dem alle drei schon mal zeigten, welch Fingerfertigkeit und Musikverständnis sie besitzen. Während Ulli und Nippy aber zunächst recht souverän aber unaufgeregt zu Werke gingen, konnte man bei diesem ersten Stück schon erkennen, das Mani Neumann wirklich die Musik im Blut hat. Er hat das Attribut Teufelsgeiger wirklich verdient, denn er ging förmlich in der Musik auf. Seine Geige entwickelte sich zu einem dritten Arm, der mit dem Musiker zu verschmelzen schien, was sich in einem ekstatischen Spiel, das völlig aus dieser Welt entrückt war, zeigte.

    

     

Im zweiten Stücke „Jovano“ vom neuen Album, floss die Musik nur so aus Mani heraus. Ruhige, bedächtige Passagen wechselten sich bei diesem Stück mit energischen und mitreißenden Parts ab. Diese Version war noch druckvoller, als die Studioversion. Die drei entwickelten dabei eine unglaubliche Dynamik und das mit dem spartanischen technischen Equipment. Auch das folgende „Kämpferherz“, das zunächst mit einer herrlich verträumten Akustikgitarrenpassage beginnt, zu der zart die Geige erklingt, baute eine hohe Dynamik auf, bei der erstmals Nippy Noya so richtig aus sich rausging. Und bei „Feuer und Flamme“ bewies Mani, dass er es versteht immer wieder sehr akzentuiert Zwischentöne in die Stücke einzubauen, die aus den Liedern filigrane Kleinode machen. Das hatte ein Menge Gefühl und Rhythmik mit der die drei musikalische Grenzen überschritten. Mani meinte, dass ihre Musik von Rhythmen beseelt ist, die aus dem Großraum des Balkans - wie zum Beispiel aus Mazedonien - stammen. Und dieses Flair ist auch wesentlicher Bestandteil ihrer Musik.

    

    

„Sehnsucht nach Cassis“, das auf der neuen CD gerade mal 2:10 Minuten lang ist und nur von Ulli an der Akustikgitarre gespielt wird, war für das Konzert umarrangiert worden. Zum einen spielten alle drei zusammen, ohne dass das Lied seine Seele verlor. Ganz im Gegenteil, es wurde so in neue Sphären geführt. Zum anderen war es um einiges länger, als auf der StudioCD. Eine wirklich tolle und fesselnde Version, die die drei da boten.

    

     

Die Lichtilluminationen wirkten während des kompletten Konzertes sehr dezent und der musikalischen Stimmung angepasst. Dabei hatte Jörg Rost den kompletten Altarraum mit einbezogen und auch einige Scheinwerfer außen vor der rückwärtigen Glasbausteinwand platziert. So wurde die Farbe dieser Steine in das Lichtspiel mit integriert.

    

    

Mit dem ausufernden „Herr der Zeit“ ging dann der erste Teil des Konzertes nach gut einer Stunde zu Ende. Das Stück hatte anfangs stilistische Formen von Weltmusik, was durch die asiatische Stimmung, die durch Mani’s Flötenspiel und Nippy’s Perkussionarbeit hervorgerufen wurde, entstand. Der erste Teil bestand aus Musik die zum abheben, abtauchen oder einfach nur zum Wohlfühlen bestimmt war. Dann folgte ein Part, in dem Ulli seine Gitarrensaiten in bester Genesis-Manier (Steve Hackett bzw. Anthony Phillips ließen grüßen) bearbeitete. Das klang stark nach der Frühphase der britischen Prog-Rock-Legende, die, wie mir Ulli nach dem Konzert verriet, zu seinen Favoriten zählt. Und Nippy sorgt stellenweise mit seinem Triangel-Spiel für besondere Momente. Ich kenne das Instrument von der Schule her und es war mir immer recht eintönig, doch was Nippy mit diesem Gerät für Töne zauberte, war unglaublich. Der Klang der Triangel war streckenweise nicht mehr als solcher zu erkennen.

     

    

Nach einer gut halbstündigen Pause ging es dann in den zweiten, ebenfalls eine Stunde dauernden Teil des Konzertes. Los ging es mit „Saturn“ zu dem die Musiker auf der Bühne mit hellen Lichtpunkten übersät wurden, während der restliche Raum abgedunkelt war. Das sah sehr beeindruckend aus. Nach dem verträumten „Schwerelos“ ging es dann nach „Bali“ in Richtung Asien. Mani zauberte mit wenigen Tönen seiner Geige ein gefangen nehmendes asiatisches Flair, nur um einige Momente später in ekstatische Melodiebögen zu verfallen. Bei dieser Aktion riss ihm im Eifer des Gefechts eine Seite seines Instrumentes, die er aber mal eben so nebenbei wechselte, während er wieder einige Worte an das Publikum richtete. Davon lässt sich ein Vollblutmusiker auch nicht aus der Ruhe bringen.

                    

    

„Die Tänzerin“ entwickelte eine folkloristische Leichtigkeit, die sowohl hier in die Kirchenumgebung, wie auch auf einen Mittelaltermarkt passt. Zum Ende des Stückes, bei dem Mani die Flöte spielte, ließ er den letzten Ton unendlich erklingen und es schien, als wollte er gar nicht aufhören. Der Gitarrenlauf im folgenden Stück „Brandung“ zog dann richtig fett durch den Kirchensaal. Ulli spielte diesen Part in einer unglaublich hypnotischen Form. Dazu stiegen Perkussionist Nippy und Mani an der Flöte und später auch an der Geige mit unwiderstehlichen Melodie- und Rhythmusbögen ein. Sehr ansprechend war auch die Projektion des blauen, Wolken verhangenen Himmels, der über die Musiker an die Decke geworfen wurde.

                   

    

In diesem zweiten Teil kam Nippy Noya dann auch noch zu seinem Perkussionsolo. In diesem Solo stellte er sein ganzes Können unter Beweis, denn was er da so aus den unterschiedlichen Rhythmusgeräten herausholte war einfach nur klasse. Voller Gefühl, Harmonie, akzentuierter Rhythmus und einer unglaublichen Leichtigkeit zaubert er ein stimmungsvolles Rhythmusgebilde, das auch noch sehr melodisch wirkte. Dabei flogen seine Handgelenke in traumwandlerischer Art über seine Gerätschaften. Mit der Zugabe „Rhapsodie für Marcin“, das schon bei der Nennung im Publikum für Begeisterung sorgte, endete dann ein sehr stimmungsvolles und mitreißendes Konzert.

    

     

farfarello live, das sind Leidenschaft, starke Emotionen, zarte Melancholie, Dynamik, Ekstase (an den Instrumenten), Klassik, traumhafte Melodien gepaart mit dem Flair des Balkan. Egal in welcher Formation, farfarello sollte man sich unbedingt einmal ansehen.

 

 
 

Setlist

Erstes Set

Weite Felder
Jovano
Kämpferherz
Feuer und Flamme
Sehnsucht nach Cassis
Saravah
Herr der Zeit

Zweites Set

Saturn
Schwerelos
Bali
Die Tänzerin
Brandung
Unter dem Flüsterbogen
Finale

Zugabe

Rhapsodie für Marcin

 

Stephan Schelle, 13.02.2011