Aphodyl - live
MS Heiterkeit, Berlin 29.06.2013
 


Nach 2012 enterten die Freunde der Berliner Band Aphodyl erneut die MS Heiterkeit um sich mit den Musikern zusammen wieder einmal eine Bootsfahrt der besonderen Art zu gönnen. Und es war gleichzeitig ein kleines Jubiläum für die Reederei, denn die Schiffs-Rockfahrt, unter der diese Veranstaltung läuft, ging am 29.06.2013 in die 30. Runde. Es ist schon ein außergewöhnliches Erlebnis mit dem Berliner Quartett bestehend aus Bine (Keyboards, Schlagzeug, Bass), Holly (Schlagzeug, Gesang, Gitarre), Arno (Bass) und Andre (Gitarre) sechs Stunden auf der Havel zu schippern.

    

    

Zwar war das Wetter nicht ganz so berauschend wie vor einem Jahr, aber Aphodyl schafften es mit ihrer intensiven Musik, deren Stil sehr an die deutsche Krautrockära der Marke Jane erinnert und darüber hinaus auch eigenständige Elemente enthält zu überzeugen. Mit ihrer Spielfreude und ihrem Sound konnten sie so manchen Regenschauer vertreiben und den Mitreisenden ein freudiges Strahlen ins Gesicht zaubern.

     

    

    

Ab 16 Uhr füllte sich das Schiff, die MS Heiterkeit - der Name ist hier ausnahmsweise mal Programm - langsam und Party-Stimmung machte sich unter den Anwesenden breit. Nach herzlichen Begrüßungen (inkl. Begrüßungsschnäppschen) mit den Bandmitgliedern und einem ersten „Hallo“ legte das Schiff pünktlich gegen 17 Uhr bei einsetzendem Regen vom Anleger ab und startete in einen wunderbaren Party-Ausflug.

     

    

Kurz nach dem Start griffen die vier Musiker zu ihren Instrumenten und begannen mit dem ersten von drei langen Sets (die Zugaben nicht berücksichtigt). Sie legten mit einer furiosen und druckvollen Version von „Hope“ los und zeigten damit allen, in welche Richtung es heute gehen sollte. Sofort kam prächtige Stimmung auf und Aphodyl ließen nicht locker und setzten darauf eine nicht minder eindrucksvolle und wunderbare Variante ihres Stückes „Hypnotic“.

    

    

Bei „Hypnotic“ ließ Bine ihre Keyboardsounds durch den Raum unter Deck des Schiffes - in ihrer unnachahmlichen Art - fliegen. Und auch Andre geizte nicht mit herrlichen Soli während die Rhythmusgeber Arno und Holli für einen kraftvollen Unterbau sorgten. Es ist kaum zu beschreiben wie die Musik wirkte, während sich das Schiff seinen Weg durch die Wassermassen bahnte. Eine wahre hypnotische Wirkung machte sich breit, die einem die Sinne zu rauben schien, während man im Ohr die Klänge hatte und vor dem Auge die herrliche Landschaft der Havelgegend vorbeizog. Gut 100 Reisende begleiteten Aphodyl so auf einem unglaublichen Trip durch die Berliner Havellandschaft mit ihren am Ufer bebauten teils feudalen Gebäuden und wunderbaren Grünflächen. Ein wahres Erlebnis, das sich da vor den Augen und Ohren der Gäste vollzog, die gut 6 Stunden in Partystimmung verweilten.

     

    

              

Beim Stück „Elektron“ sang Holli mit verfremdeter Stimme, was den rockig/popigen Song ein Flair von NDW verlieh. Irgendwie klang seine Stimme dabei völlig abgedreht und außerirdisch bzw. futuristisch. Zu diesem Zeitpunkt - es war gerade mal 18 Uhr - war die kleine Tanzfläche unter Deck bereits prall gefüllt und die Stimmung an Bord völlig ausgelassen. Und das blieb auch bis zum Ende des Ausfluges so. Das folgende „Cameltwist“ sorgte mit seinem Beat, der ein Flair von orientalischer Polka verströmte, für tolle Stimmung.

    

    

Nach einer Pause, die sich Band und Publikum wahrlich verdient hatten startete der zweite Set mit einer ausufernden Version ihres Longtracks „Fly“, der um eine Session erweitert wurde. Es war absolut treibend und fesselnd, was die Vier da dem Publikum vorsetzten. Danach schickten Aphodyl einen Gruß in Richtung der Deutsch-/Krautrocklegende Jane mit der Interpretation der beiden Stücke „Daytime“ und „Hangman“ die sie ebenfalls äußerst atmosphärisch spielten. Die Stücke fügten sich perfekt in ihren Set ein (wie auch die anderen Coverversionen bekannter Rocksongs). Aphodyl’s Versionen der Jane-Klassiker waren so intensiv und ausufernd, dass sie dem Original locker das Wasser reichen bzw. sie noch toppen konnten.

    

     

Im folgenden Cover von Motörhead’s „Nightmare Dreamtime“ (vom Album „1916“), dem einzigen Stück bei dem die Metalband Keyboards eingesetzt hat, wurde es dann heftig und rockig zugleich. Diesen Song ließen sie dann in ein Medley von Deep Purple’s Klassiker „Child InTime“ und der Led Zeppelin Nummer „Rock’N’Roll“ übergehen. Mit ihrem Stück „Magnet“ hauten sie dann noch einmal einen Kracher vor der nächsten Pause raus. Bei diesem Stück machte Andre der „Bottleneck-Technik“ alle Ehre, bearbeitete er seine Gitarrensaite doch streckenweise mit einer Bierflasche, was tolle Soundeffekte gab.

              

    

     

Das dritte Set, zu dem die Band nun ihre Instrumente umgebaut hatte, begann dann mit „Pain“. Bine war nun hinter das Schlagzeug gerückt, während Holli die zweite E-Gitarre spielte. Bine vollführte in diesem Set wieder das Kunststück gleichzeitig Schlagzeug und Keyboard zu spielen. Es ist immer wieder ein Erlebnis ihr bei dieser Einlage zuzusehen. Es folgten weitere Stücke, bei denen das Publikum ordentlich abrockte, während sich draußen langsam die Nacht breit machte.

    

    

Als Zugaben spielten Aphodyl ihr Monsterwerk „Evolution“, das wohl das „Solar Music“ der Berliner Band darstellt. Das Stück zelebrierten sie wie gewohnt in einer ausufernden Variante. Passend dazu passierte das Schiff eine kleine Ortschaft, in der ein wunderbares Feuerwerk abgebrannt wurde.

    

    

     

Das war aber noch nicht ganz der krönende Abschluss eines berauschenden Konzertereignisses, denn es folgte noch ein Medley der UFO-Stücke „Prince Kajuku“, „Boogie“ und „…“, das Sabine, Andre und Holli als SAH (Anfangsbuchstaben der Vornamen) gaben. Hierzu wechselten die Musiker erneut die Instrumente. Während Holli wieder an hinter seine Schießbude Platz nahm wechselte Bine an den Bass und machte auch dort eine sehr gute Figur. Und auch Petrus hatte mittlerweile ein Einsehen, denn der Himmel klarte langsam auf und präsentierte einen schönen Abendhimmel, der so langsam aber sicher auf den Sommer hinwies, der eigentlich statt der etwas unterkühlten Wetterlage herrschen sollte. Aber auch so waren die Klänge auf der MS Heiterkeit dazu angetan, die Besucher zu aphodylisieren und sie in eine zufriedene, glückliche Stimmung zu versetzten. Wer eine der wenigen Karten ordern konnte - die Veranstaltung war schon seit geraumer Zeit ausgebucht - der konnte sich glücklich schätzen.

    

    
 

 
 

Setlist

Hope
Hypnotic
U2
Illusion
Myra
Elektron
Cameltwist

Fly
Session
Daytime
Hangman
Motörhead (Nightmare, Dreamtime)
Deep Purple (Child In Time)
Led Zeppelin (Rock’N’Roll)
Magnet

Pain
Ghost
Rubberstamp
Rain
God Machine
Star

Evolution
Pink Floyd (Nile Song)

Letzte Zugaben als SAH
(Sabine, Arno,Holli)

 

UFO (Prince Kajuku, Boogie, …)

 

Stephan Schelle, 04.07.2013