Anathema   live
Köln, Luxor 19.06.2010
 


Sie sind hier, weil sie hier sind!

    

Köln ist also die vierte Station dieser kleinen, aber feinen Promo-Tour. Dass Köln die Partnerstadt von Liverpool ist, will da nur zu gut in den Rahmen dieses Abends passen. Nicht so gut passte der Band wohl das Ergebnis des Vorabends. Nein, nicht von einem misslungenen Konzert ist die Rede, sondern vom 0:0 zwischen England und Algerien – es ist WM-Zeit (nun, da ich diese Zeilen schreibe, hat sich das für England eh erledigt, aber das hat mit dem Konzert ja nichts zu tun).

    

    

    

Die Erwartungen an das Konzert im Kölner Luxor sind nach dem hervorragenden Album „We are here because we are here“ an diesem Abend hoch. Anathema sind zurück, obwohl sie eigentlich nie richtig weg waren. Und so füllt sich der kleine Saal in der Kölner Südstadt ziemlich schnell. Zu Beginn des Konzerts ist es dann brechend voll, und da das Luxor nicht nur recht klein, sondern auch noch sehr niedrig ist, drängt sich der Vergleich „bis unter die Decke gestapelt“ geradezu auf. Der Stimmung tut das freilich keinen Abbruch, alle fiebern dem dritten Auftritt in Deutschland entgegen. Entsprechend umjubelt ist dann auch der Auftritt der Brüder Cavanagh (Vincent, Danny und Jamie), John Douglas und Les Smith. War vor dem Konzert noch so was wie Katerstimmung ob des Spieles am Vortag zu spüren, sind die Jungs jetzt in ihrem Element.

    

    

    

Los geht es mit dem ersten Song des neuen Albums - „Thin Air“ -, der zunächst verhalten beginnt, dann aber mit dem Publikum gemeinsam so richtig abgeht. Gleich darauf folgt mit „Deep“, „Forgotten Hopes“  und „Destiny is Dead“ der erste Ausflug in die musikalische Vergangenheit der Band. Es ist nicht der letzte an diesem Abend. Die Fans nehmen wirklich jeden Songs dankend an, ob alt oder neu. Bei den ruhigen Stücken sieht man Männer mit langen Matten ebenso verträumt schwelgen wie bei den härteren Stücken die gesamte Halle, pardon: Hütte, mitrocken. Das Gefühl, einem Familientreffen beizuwohnen, löst sich am gesamten Abend nicht auf. Und so wundert es auch nicht, dass Vincent dem Publikum bescheinigt: „Wir waren schon so oft in Deutschland, aber eine solche Resonanz haben wir noch nie erhalten!“ Besonders gut getan hat dem Konzert, dass endlich auch einmal wieder Lee Douglas mit ihrer wunderschönen Stimme dabei war. Sie gibt gerade den Balladen das gewisse Etwas und wird bei jedem ihrer Auftritte von den gut 350 Fans gefeiert. Auf den letzten beiden Anathema-Konzerten, die ich besucht habe (2009 in Osnabrück und 2008 in Bochum) wurde sie jedenfalls schmerzlich vermisst. Hoffentlich wird sie auch bei der großen Tour im Herbst mit von der Partie sein!

    

    

    

Der Wechsel von alt nach neu, von ruhig nach hart zieht sich durch das ganze Konzert. Auch das tieftraurig-schöne „Are you there?“ darf natürlich nicht fehlen. Danny spielt es als Solo und begleitet sich selbst auf der Gitarre. Und trotz der mittlerweile stickigen Luft bin ich sicher, nicht der Einzige zu sein, dem es kalt den Rücken herunterläuft. Es folgen zwei weitere neue Songs, „Universal” und „Hindsight”, ehe die Liverpooler mit „Shroud of False“ und „Fragile Dreams“ von dem Meisterwerk „Alternative 4“ noch einmal richtig aufdrehen. Mittlerweile steht die Band schon weit länger als zwei Stunden ununterbrochen (!) auf der Bühne und gibt wirklich alles. Da ist es nicht verwunderlich, dass es nur noch eine Zugabe gibt: „Kashmir“ von Led Zeppelin beendet diesen tollen Abend. Und ich wünsche mir nach der engen „Matrix“ in Bochum, der (winzig) „Kleinen Freiheit“ in Osnabrück auch heute wieder, dass diese englische Band endlich mal in einem Rahmen auftreten darf, der ihr gebührt.

    

    

    

Setlist

Thin Air

Deep

Forgotten Hopes

Destiny Is Dead

Dreaming Light

Everything

Inner Silence

One Last Goodbye

Empty

Lost Control

Angels Walk Among Us

A Simple Mistake

Closer

A Natural Disaster

Panic

Temporary Peace

Flying

Are You There?

Universal

Hindsigh

Shroud of False

Fragile Dreams

 

Zugabe

Kashmir (Led Zeppelin)

Hubertus Becker, 27.06.2010