|
Sie
sind hier, weil sie hier sind!
Köln ist also die vierte Station dieser kleinen, aber feinen Promo-Tour.
Dass Köln die Partnerstadt von Liverpool ist, will da nur zu gut in den
Rahmen dieses Abends passen. Nicht so gut passte der Band wohl das
Ergebnis des Vorabends. Nein, nicht von einem misslungenen Konzert ist
die Rede, sondern vom 0:0 zwischen England und Algerien – es ist WM-Zeit
(nun, da ich diese Zeilen schreibe, hat sich das für England eh
erledigt, aber das hat mit dem Konzert ja nichts zu tun).
Die Erwartungen an das Konzert im Kölner Luxor sind nach dem
hervorragenden Album „We are here because we are here“ an diesem Abend
hoch. Anathema sind zurück, obwohl sie eigentlich nie richtig weg waren.
Und so füllt sich der kleine Saal in der Kölner Südstadt ziemlich
schnell. Zu Beginn des Konzerts ist es dann brechend voll, und da das
Luxor nicht nur recht klein, sondern auch noch sehr niedrig ist, drängt
sich der Vergleich „bis unter die Decke gestapelt“ geradezu auf. Der
Stimmung tut das freilich keinen Abbruch, alle fiebern dem dritten
Auftritt in Deutschland entgegen. Entsprechend umjubelt ist dann auch
der Auftritt der Brüder Cavanagh (Vincent, Danny und Jamie), John
Douglas und Les Smith. War vor dem Konzert noch so was wie Katerstimmung
ob des Spieles am Vortag zu spüren, sind die Jungs jetzt in ihrem
Element.
Los geht es mit dem ersten Song des neuen Albums - „Thin Air“ -, der
zunächst verhalten beginnt, dann aber mit dem Publikum gemeinsam so
richtig abgeht. Gleich darauf folgt mit „Deep“, „Forgotten Hopes“ und „Destiny
is Dead“ der erste Ausflug in die musikalische Vergangenheit der Band.
Es ist nicht der letzte an diesem Abend. Die Fans nehmen wirklich jeden
Songs dankend an, ob alt oder neu. Bei den ruhigen Stücken sieht man
Männer mit langen Matten ebenso verträumt schwelgen wie bei den härteren
Stücken die gesamte Halle, pardon: Hütte, mitrocken. Das Gefühl, einem
Familientreffen beizuwohnen, löst sich am gesamten Abend nicht auf. Und
so wundert es auch nicht, dass Vincent dem Publikum bescheinigt: „Wir
waren schon so oft in Deutschland, aber eine solche Resonanz haben wir
noch nie erhalten!“ Besonders gut getan hat dem Konzert, dass endlich
auch einmal wieder Lee Douglas mit ihrer wunderschönen Stimme dabei war.
Sie gibt gerade den Balladen das gewisse Etwas und wird bei jedem ihrer
Auftritte von den gut 350 Fans gefeiert. Auf den letzten beiden
Anathema-Konzerten, die ich besucht habe (2009 in Osnabrück und 2008 in
Bochum) wurde sie jedenfalls schmerzlich vermisst. Hoffentlich wird sie
auch bei der großen Tour im Herbst mit von der Partie sein!
Der Wechsel von alt nach neu, von ruhig nach hart zieht sich durch das
ganze Konzert. Auch das tieftraurig-schöne „Are you there?“ darf
natürlich nicht fehlen. Danny spielt es als Solo und begleitet sich
selbst auf der Gitarre. Und trotz der mittlerweile stickigen Luft bin
ich sicher, nicht der Einzige zu sein, dem es kalt den Rücken
herunterläuft. Es folgen zwei weitere neue Songs, „Universal” und
„Hindsight”, ehe die Liverpooler mit „Shroud of False“ und „Fragile
Dreams“ von dem Meisterwerk „Alternative 4“ noch einmal richtig
aufdrehen. Mittlerweile steht die Band schon weit länger als zwei
Stunden ununterbrochen (!) auf der Bühne und gibt wirklich alles. Da ist
es nicht verwunderlich, dass es nur noch eine Zugabe gibt: „Kashmir“ von
Led Zeppelin beendet diesen tollen Abend. Und ich wünsche mir nach der
engen „Matrix“ in Bochum, der (winzig) „Kleinen Freiheit“ in Osnabrück
auch heute wieder, dass diese englische Band endlich mal in einem Rahmen
auftreten darf, der ihr gebührt.
Setlist
Thin Air
Deep
Forgotten Hopes
Destiny Is Dead
Dreaming Light
Everything
Inner Silence
One Last Goodbye
Empty
Lost Control
Angels Walk Among Us
A Simple Mistake
Closer
A Natural Disaster
Panic
Temporary Peace
Flying
Are You There?
Universal
Hindsigh
Shroud of False
Fragile Dreams
Zugabe
Kashmir (Led Zeppelin)
Hubertus Becker, 27.06.2010 |
|