Schiller live in Düsseldorf, das war ein absolutes Ereignis. All diejenigen, die noch die Möglichkeit haben ein
Schiller-Konzert zu besuchen, denen kann ich nur empfehlen unbedingt
hinzugehen.
Schiller und Gäste
machten auf ihrer diesjährigen „Tag und Nacht“-Tour am 10.05.2006 Stop in
Düsseldorf. Genau wie vor zwei Jahren auf der Live-Erleben-Tour wurde das
Konzert hier wieder in Ton und Bild mitgeschnitten, wie Christopher von
Deylen sagte, um eine DVD zu erstellen.
Das Publikum war sehr
unterschiedlich. Man sah sowohl die unterschiedlichsten Altersgruppen, wie
auch am Outfit erkennbar, die unterschiedlichsten Musikliebhaber. Draußen
vor dem Eingang bekam ich schon ein Gespräch mit, das eigentlich alles sagt.
Ein Typ, der sehr heavy aussah, sagte zu einem anderen: „Ich höre eigentlich
nur Metal, aber Schiller find ich auch gut“. Und genau das ist das Geheimnis
von Christopher und seinen Mitstreitern, denn sie schaffen es, die
unterschiedlichsten Musiklager zusammenzuführen und zu begeistern.
Vor dem Programm lief
wie immer bei Schillerauftritten die speziell von Christopher komponierte
Einlassmusik, die man in der neuesten Version (Vol. 3) auch wieder am
Merchandise-Stand kaufen konnte. Zu dieser Musik wurden die Symbole der
aktuellen CD „Tag und Nacht“ auf den Bühnenvorhang projiziert. Der
Zeitpunkt des Auftrittes nahte, es sollte nämlich gegen 20.00 Uhr losgehen
und die Spannung im Publikum war förmlich greifbar. Doch Christopher und
seine Band ließen uns alle noch fast 20 Minuten zappeln. Dann erklangen
die Worte „Guten Abend in der neuen Welt von Schiller …“, auf die alle
gewartet hatten und mit dem druckvollen Sound des Openers „Willkommen“
begann der Auftritt. Während des Titels „Willkommen“ und den ersten Tönen
von „Nachtflug“ blieb der Vorhang noch geschlossen und die Musiker wurden
von hinten angestrahlt, so waren ihre überdimensionalen Silhouetten auf
dem Vorhang zu sehen. Währenddessen entzündeten die Hardcorefans in der
ersten Reihe ihre Wunderkerzen, was wirklich sehr stimmungsvoll aussah.
Die Unruhe und Vorfreude war fast unerträglich, dann fiel der Vorhang und
die tolle Show begann.
Schiller und Gäste live,
das waren an diesem Abend Christopher von Deylen (Keyboards), Mickey
Meinert (Gitarren), Tissy Thiers (Bass), Kristian Kretschmar (Keyboards),
Ralf Gustke, gefragter Studiomusiker, der schon mit den Söhnen Mannheims
spielte (Schlagzeug) und der Brite Cliff Hewitt, der auch schon mit
Jean-Michel Jarre und Apollo 440 unterwegs war (elektronisches
Schlagzeug). Und die beiden Schlagzeuge (auf den letzten Touren war der
Wirbelwind Garry Wallis der Rhythmusgeber) taten dem Sound auch sehr gut.
Es folgte „Morgentau“,
bei dem in der Studioversion die Leadgitarre von Mike Oldfield gespielt
wird. Live sorgte Mickey Meinert für den entsprechenden Sound und der
stand einem Oldfield in nichts nach. Ein Zuschauer rief gleich im ersten
Teil der Show den Musikern zu „Ihr seid einfach scheiße-geil!!!“ Was soll
ich da noch schreiben, der Mann hat einfach recht. Mit einigen wenigen
Ansprachen wandte sich Christopher von Deylen ans Publikum, um es zu
begrüßen und die Musiker vorzustellen.
Die noch sehr junge
Bremer Sängerin Jette von Roth hatte dann mit „Drifting“ (den Titel kannte
ich bis dahin noch nicht) und dem herrlichen „What’s Coming“ ihren
Auftritt und eröffnete den Reigen der Gastmusiker, die bei Schiller für
die Gesangseinlagen zuständig sind. Jette hat eine sehr zerbrechliche
Stimme, die an die isländische Sängerin Björk erinnert. Während dieser
Stücke war die Bühne in ein sattes rot getaucht, und auch Jette war im
komplett roten Outfit zu sehen.
Es folgte mit „Schiller“
ein erster Ausflug in die vorhergehenden Alben. Das Stück war sehr rockig
gespielt und zeigte schon, dass Schiller keine Weichspülmusik macht. Die
Jungs rockten, was das Zeug hielt. Die DVD wird in einigen Monaten den
Beweis antreten.
Nachdem das Stück
„Sommerregen“ verklungen war erschienen drei Buchstaben auf den
rückwärtigen Flächen mit einer Art Leuchtdioden, die als sehr
eindrucksvolle Lightshow dienten – das kennen wir schon von der „Live-Erleben“-Tour.
Diese drei Buchstaben (K I M) kündigten einen weiteren Gast an, der im
Publikum ein Raunen und Jubel auslöste, denn es kam Kim Sanders auf die
Bühne. Sie ist im Übrigen die einzige, die auf allen Schiller-Alben
vertreten ist. Und diese Frau hat eine Ausstrahlung und eine Klasse, die
sofort ansteckt. Kaum war sie auf der Bühne, fand ein Dialog zwischen ihr
und dem Publikum statt. Sie begrüßte die Anwesenden mit Sätzen wie „Hallo
Düsseldorf“, „Wie geht’s?“, auf die die Leute sofort ansprangen. So etwas
kennt man auch von anderen, aber Kim’s Art ist einfach faszinierend, da
springt sofort ein Funke rüber. Mit „I Saved You“ und „I Know“
präsentierte sie zwei Stücke vom neuen Album „Tag und Nacht“. Als drittes
kam dann – wie sie erklärte – ihr Lieblingsstück „Distance“. Da sie
ursprünglich aus dem Dancebereich kommt, liegt ihr dieser Song speziell am
Herzen. Doch bevor es losging entwickelte sich eine kleine Einlage, die so
nicht geplant war. Ob wegen eines kurzen technischen Problems oder Kim’s
Temperament, weiß ich nicht, auf jeden Fall fing sie an etwas zu plaudern.
Es fing ganz harmlos mit der Frage an „Wer kennt den Titel des neuen
Albums?“. Ein Zwischenruf eines Zuschauers „Dein deutsch ist besser als
das letzte Mal“. Das war der Auslöser für eine heitere Unterhaltung
zwischen Kim und dem Publikum denn sie erklärte, dass „ihre große Liebe
deutsch sei.“ Kurze Pause, dann die Erklärung „Jürgen Prochnow“ - großes
Gelächter. Sie finde den Mann so toll und sein vernarbtes Gesicht hätte
nichts mit Akne zu tun, das sei Lebenserfahrung. Und sie stehe halt auf
Männer mit Lebenserfahrung. Dann meinte sie lauthals: „Jürgen ich will ein
Kind von dir“ Die Antwort aus dem Publikum ließ nicht lange auf sich
warten, denn ein Fan schrie: „Kim, vergiss Jürgen, mach ein Kind mit mir“,
riesen Jubel in der Halle. Doch sie antwortete schlagfertig: „Bist du denn
schon 65 Jahre alt?“ Das war ein klarer Punktsieg für Kim.
Als sie dann „Distance“
singen wollte, klappte noch etwas mit der Technik nicht und sie schob
kurzerhand eine kleine Werbeparodie „Mammi ich will Kinderschokolade“,
„Nein Kind du hast schlechte Zähne …“ ein, was erneut zur Erheiterung
führte. Die Frau ist, mit ihrer Bühnenpräsenz, schlicht der Hammer. Dann
sang sie schließlich „Distance“, das in dieser Version eine Menge Groove
hatte.
Nach den folgenden
Instrumentalstücken „Feuerwerk“, das eine ungeheure Dynamik durch den
satten Schlagzeugsound hatte und „Irrlicht“, das umarrangiert wurde und
nun mit einer von Mickey herrlich gespielten Akustikgitarre aufwartete,
kam Jette von Roth noch einmal auf die Bühne. Dieses Mal erschien sie in
„Unschulds-Weiß“. Als erstes stand das sehr einfühlsame „Sleepy Storm“,
bei der die Art ihres Gesangs sehr deutlich in Richtung sanfte Björk geht,
auf dem Programm. Das klang sehr zerbrechlich und ging sofort unter die
Haut. Es folgte darauf die aktuelle Schiller-Single „Der Tag“, bei dem das
Publikum wieder ordentlich mitging. Den verdienten Lohn in Form von
anhaltendem Applaus erntete Jette danach und verließ die Bühne um für
einen Schiller-Klassiker Platz zu machen.
Es folgte „Ruhe“. Doch
ruhig war es keinesfalls. Nie war „Ruhe“ so kraftvoll und rockig. Die
Jungs auf der Bühne hauten da einen Sound raus, der einen förmlich an die
Wand drückte. Tissy hatte soviel Spaß dabei, dass er auf der Bühne wie ein
Derwisch rumhopste. Mickey lieferte sich mit Christopher ein Duell Gitarre
vs. Keyboard ab. Das war eine wirklich tolle Version, die da zum Besten
gegeben wurde.
Nach soviel Druck
brauchte man erst mal eine Erholungspause und die kam mit der irischen
Sängerin Moya Brennan (bekannt von der Band Clanned). Sie brachte ihre
beiden ruhigeren Songs „Falling“ und „Miles & Miles“. Danach läuteten die
ersten Klänge, die sofort ein asiatisches Flair verströmten, eines meiner
Lieblingsstücke „Berlin Bombay“ vom neuen Album ein. Auch dieser Track
wurde sehr druckvoll und mitreißend gespielt.
Dann verdunkelte sich
die Bühne und man sah, dass eine weitere Person auf die Bühne kam. Ein
Zuschauer, der eine kleine Taschenlampe bei sich trug, leuchtete in die
Richtung des Ankömmlings, dessen Umrisse dadurch leicht angedeutet wurden.
Sofort war erkennbar, dass es sich um Peter Heppner handelte und die Menge
fing an zu applaudieren und zu jubeln. Die Lights erstrahlten und es
folgte eine hinreißende Version von „Dream Of You“, bei der sofort die
Arme der Besucher in die Höhe gingen um rhythmisch mitzuklatschen.
Eigentlich braucht Peter nicht viel machen, er steht etwas schüchtern und
zurückhaltend auf der Bühne vor seinem Notenständer mit den Songtexten und
singt. Warum braucht der Mann eigentlich eine Textvorlage? Naja,
vielleicht gehört das auch zur Show. Das Publikum liebt ihn sowieso.
Danach folgte noch „Leben … I Feel You“ und Peter verließ unter tosendem
Applaus die Bühne.
Mit „Ein schöner Tag“
stand dann nach fast zwei Stunden das Hauptprogramm kurz vor seinem Ende,
jedoch nicht bevor Thomas D. das Rampenlicht betrat und „Die Nacht“ sang.
Schon bei der Nennung seines Namens ging noch mal ein Toben durch den Saal
und Thomas legte ordentlich los. Die Frauenstimme, für die auf der
Studioproduktion noch die Frau von Thomas D. verantwortlich zeichnete,
übernahm beim Livekonzert Jette von Roth. Eventuell war es Aufregung bzw.
das Lampenfieber, was dazu führte, dass sie bei dem Stück stimmlich etwas
dünn rüber kam, aber trotz dessen und ihrer noch spürbaren Schüchternheit
wird Jette ihren Weg erfolgreich bestreiten, da bin ich mir ganz sicher.
Als Zugaben gab es eine
sehr rockige und druckvolle Version von „Das Glockenspiel“ und dann mein
Lieblingsstück, bei dem mir laufend – wie auch hier – die wohligen Schauer
den Rücken runter laufen. Die unvergleichliche Kim Sanders sang „I’ve Seen
It All“, das absolute Highlight für mich, vor allem wenn Kim ihn singt (in
der Studio-Version wird er von Maya Saban interpretiert). Dabei nahm sie
das ganze Publikum sofort mit, in dem sie zum Mitklatschen und Mitsingen
auffordert, was dann auch alle machten. Nach gut zwei Stunden und zwanzig
Minuten war dann das Konzert beendet und die Musiker ließen sich in
Minutenlangen Ovationen feiern. Zu Recht, denn Schiller live ist mit den
Studioalben in keinster Weise zu vergleichen. Diese unbändige Energie der
Musiker ist kaum einzufangen. Nach diesem Konzert kann ich es kaum
abwarten, bis die DVD endlich im Handel ist. Christopher beeile dich, denn
das Konzert hatte einen hohen Suchtfaktor. Allerdings wurde beim Konzert
auch deutlich, das sich Melodie, Rhythmus und Sounds einiger Stücke doch
sehr ähneln. Es ist Christopher zu wünschen, dass er durch neue
Stilelemente seine Musik weiterentwickeln kann, um sie so noch
abwechslungsreicher zu gestalten.
Einziger Kritikpunkt des
Konzertes, wenn es denn einen gab, war, dass zwischen einzelnen Songs
teils kurze Pausen entstanden, in denen Christopher Sounds nachzuladen
schien. Das führte gelegentlich zu Unruhe im Publikum. Ansonsten war es
ein 1A-Auftritt von allen Beteiligten.
Der Sound in der
Philipshalle war ausgezeichnet. Zwar war es an einigen Stellen so laut,
dass es sich die Bässe auf dem eigenen Brustkorb gemütlich machten, aber
trotz alledem war der Sound so gut ausgesteuert, das jeder Ton
hervorragend rüber kam. Auch die Gesangseinlagen der Sänger - vor allem
Jette von Roth mit ihrer sehr zerbrechlich wirkenden Stimme - waren gut
mit den übrigen Instrumenten abgemischt. Ein Lob an dieser Stelle an den
Tontechniker.
Auch die Lightshow war allererster Güte.
Wie schon von der Vorgängertour im Jahr 2004 waren auf der Rückseite
schwenkbare Rechtecke mit Leuchtdioden bzw. Lampen angeordnet, auf denen
die unterschiedlichsten Farbspiele und Symbole angezeigt wurden. Dazu gab
es noch eine Reihe von Spots, die für weitere Effekte sorgten. Einfach
perfekt. Eigentlich schade, dass nach mehr als 2 ¼ Stunden toller
Livemusik schon Schluss war, denn Schiller machte die Nacht zum Tag. Ich
glaub die Zuschauer hätten die ganze Nacht vor der Bühne stehen bleiben
können.
Setliste:
Willkommen Nachtflug Morgentau Drifting – Jette von Roth
What’s
Coming – Jette von Roth Schiller Sommerregen I Saved You – Kim Sanders I Know – Kim Sanders Distance – Kim Sanders
Feuerwerk Irrlicht Sleepy Storm – Jette von Roth Der Tag – Jette von Roth Ruhe
Falling
– Moya Brennan Miles And Miles – Moya Brennan Berlin Bombay Dream Of You – Heppner
Leben … I Feel You –
Heppner Ein Schöner Tag Die Nacht – Thomas D
Zugaben:
Das Glockenspiel
I’ve
Seen It All – Kim Sanders
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