Fast auf den Tag zwei Jahre ist es
her, dass ich Schiller letztmals live gesehen habe. Das war in
Düsseldorf während der „Tag und Nacht“-Tour. Jetzt, im Mai 2008 ist
Christopher von Deylen wieder live auf Tour. Wie es sich gehört, mit
seinem neuen Album „Sehnsucht“.
Nach einem langen stressigen Tag war
ich erst gar nicht für ein Konzert aufgelegt. Da mir aber die Atmosphäre
vor zwei Jahren so gut gefallen und ich schließlich eine Karte hatte,
ging es doch nach Dortmund in die Westfalenhalle 2, wo mit mir gut 2.300
Besucher dem Konzert beiwohnten. Während draußen, nach den schönen
Frühsommertagen der erste Regen fiel, herrschte schon in der Stunde vor
dem Konzert in der Halle eine Luft, wie in einem Treibhaus. Und das
sollte sich an diesem Abend noch verstärken.
Rechts: die Scheinwerfer beleuchten den noch
geschlossenen Vorhang
Gegen 20:00 Uhr verloschen die Lichter
im Saal und nur die Scheinwerfer, die auf den Bühnenvorhang gerichtet
waren, blieben an. Dazu steigerte sich die ambientmäßige Einlassmusik
aus der Anlage, die vor jedem Schillerkonzert läuft (sie wird für jede
Tour neu von Christopher komponiert), in den Rhythmus des Titelstückes
„Sehnsucht“. Diese Phase dauerte noch mal 15 Minuten, so dass
Christopher mit seinen Mitstreitern das Konzert erst mit einer
viertelstündigen Verspätung startete. Doch dann erlosch das Licht
komplett und die ersten Livetöne wurden von Spots untermalt, die direkt
von der Bühne auf den noch verschlossenen Bühnenvorhang strahlten. Das
sah richtig gut aus. Dann fiel der Vorhang und ab ging es.
Jette von Roth
Neben von Christopher von Deylen
standen mit Mickey Meinert (Gitarren), Tissy Thiers (Bass), Kristian
Kretschmar (Keyboards), Ralf Gustke (Schlagzeug) und dem Briten Cliff
Hewitt (elektronisches Schlagzeug) einige „alte Bekannte“ auf der Bühne,
denn diese Truppe hatte auch schon die „Tag und Nacht“-Tour absolviert.
Als Sängerinnen waren Kim Sanders, Jette von Roth und erstmals die
Schweizerin Jaël mit dabei.
Bei Schiller-Konzerten wird
bekanntlich immer ein Mix aus instrumentalen und gesungenen Stücken
abwechselnd gespielt. Sie starteten zunächst mit „Sehnsucht“ in der
Instrumentalfassung und „Wunschtraum“ ihren mehr als zweistündigen Set.
Wie immer gab es eine tolle Lightshow, bei der neben beweglichen
Scheinwerfern über Leuchtdioden-Wände Schriftzüge, Grafiken, Bilder oder
Filmesequenzen gezeigt wurden. Das war alles wieder sehr stimmig.
Kim Sanders hat das Publikum im Griff
Vom Set war ich nicht ganz so
überzeugt, da gerade der erste Teil etwas steril wirkte, so als würden
einige Stücke runtergespult. Da war wenig Bewegung auf der Bühne,
lediglich der Auftritt von Kim Sanders sorgte schon bei ihrem ersten
Erscheinen für Unruhe im Saal. Die Frau hat es einfach drauf, die
Zuschauer zu fesseln. Bei dem Stücke „Schiller“ kam das erste Mal mehr
Stimmung im Saal auf, die sich dann beim „Glockenspiel“ richtig
steigerte. Und auch Thissy Thiers, der am Bass auf der Bühne richtig
abgehen kann, kam bei diesem Stück erstmals so richtig in Fahrt. Gerade
die älteren Stücke rissen an diesem Abend das Publikum am meisten mit.
Bei dem Instrumentalstück „Denn wer
liebt“ wechselte Kristian Kretschmar vom Keyboard zum Cello, auf dem er
das Leitmotiv spielte. Die Schweizerin Jaël war erstmalig bei der „Sehnsucht“-Produktion
dabei und so auch das erste Mal mit Schiller auf der Bühne. Die junge
Sängerin meisterte ihre Aufgabe bei den beiden Stücken „I Need You“ und
„Tired“ aber sehr gut.
Jaël bei ihren zwei
Songs
Der nächste Knaller war dann mit „Ein
schöner Tag“ wieder ein älteres Stück des Schiller-Universums. Und
sofort war das Publikum wieder da. Die immer etwas schüchtern wirkende
Jette von Roth, die mit ihrer zarten Stimme einige Stücke veredelte,
durfte an diesem Abend vier Songs präsentieren, wobei mir auch hier die
beiden vom vorletzten Album „Tag und Nacht“ am besten gefielen. Beim
folgenden „Sommernacht“ vom neuen „Sehnsucht“-Album gingen die Jungs
dann das erste Mal bei einem neueren Stück auf der Bühne ab. Dieses
Instrumental wies stilistisch Ähnlichkeiten zu Alan Parsons auf.
Jette von Roth (links) und Kim Sanders (rechts)
Dann hatte Kim Sanders einen weiteren
Auftritt. Nach „Dancing With Loneliness“ zog sie ihre Schuhe aus, was
wieder mal für mächtig Stimmung sorgte. Dann meinte, sie, sie hätte
gerade einen Zuschauer gähnen sehen. Das nächste, ihr Lieblingsstück –
hier durfte die Frage ans Publikum, „Wer weiß, wie das Stück heißt?“,
natürlich nicht fehlen – wollte sie dann mit einer entsprechenden
Strophe für den „Gähner“ vervollständigen. Bei diesem Stück animierte
sie das Publikum zum Mitsingen, was auch hervorragend klappte. Als
nächstes musste dann ein Ordner, der mit dem Rücken zur Bühne stand und
die Arme verschränkt hielt, dran glauben, denn während Kim sang,
postierte sie sich hinter ihn und ahmte ihn nach. Zum Schluss tätschelte
sie ihm dann noch lächelnd und zärtlich sein schütteres Haupt, was
zumindest beim Publikum gut ankam. Der letzte Titel des offiziellen
Teils war die neue Single „Let Me Love You“, ebenfalls von Kim gesungen.
Ein tolles Stück, bei dem die ganze Halle mitsang.
Kim Sanders postiert sich hinter dem
Security-Mitarbeiter
Der frenetische Jubel und die
Zugabenrufe holte die Band erneut auf die Bühne und die präsentierten
dann nach „Nachtflug“ eine sehr rockige Variante von „Ruhe“, bei dem
noch mal alle abgingen. Wer gehofft hatte, dass Xavier Naidoo ebenfalls
mit auf Tour geht, um den Titelsong zu singen, der wurde leider
enttäuscht.
Nach mehr als zwei Stunden waren dann
nicht nur die Musiker nass, auch den Zuschauern lief während des
Konzertes der Schweiß in Strömen. Ich fühlte mich danach zwar wie durch
die Mangel gedreht, aber der Altagsfrust war effektvoll abgebaut. Ein
tolles Konzert war zu Ende, obwohl ich resümieren muss, dass mir die
2006’er Tour wesentlich besser gefallen hat. Das lag vor allem daran,
dass die Musiker wesentlich intensiver zu Werke gingen. Bei diesem
Konzert blitzte dieser Spielwitz nur an einigen Stellen (vor allem bei
den älteren Stücken, wenn sie dann so richtig die Sau raus ließen) auf.
Trotzdem sind Schiller-Konzerte für mich ein Muss.