Schiller Dortmund 2008
Schiller live in der Dortmunder Westfalenhalle am 15.05.2008

Fast auf den Tag zwei Jahre ist es her, dass ich Schiller letztmals live gesehen habe. Das war in Düsseldorf während der „Tag und Nacht“-Tour. Jetzt, im Mai 2008 ist Christopher von Deylen wieder live auf Tour. Wie es sich gehört, mit seinem neuen Album „Sehnsucht“.

Nach einem langen stressigen Tag war ich erst gar nicht für ein Konzert aufgelegt. Da mir aber die Atmosphäre vor zwei Jahren so gut gefallen und ich schließlich eine Karte hatte, ging es doch nach Dortmund in die Westfalenhalle 2, wo mit mir gut 2.300 Besucher dem Konzert beiwohnten. Während draußen, nach den schönen Frühsommertagen der erste Regen fiel, herrschte schon in der Stunde vor dem Konzert in der Halle eine Luft, wie in einem Treibhaus. Und das sollte sich an diesem Abend noch verstärken.

    
Rechts: die Scheinwerfer beleuchten den noch geschlossenen Vorhang

    

Gegen 20:00 Uhr verloschen die Lichter im Saal und nur die Scheinwerfer, die auf den Bühnenvorhang gerichtet waren, blieben an. Dazu steigerte sich die ambientmäßige Einlassmusik aus der Anlage, die vor jedem Schillerkonzert läuft (sie wird für jede Tour neu von Christopher komponiert), in den Rhythmus des Titelstückes „Sehnsucht“. Diese Phase dauerte noch mal 15 Minuten, so dass Christopher mit seinen Mitstreitern das Konzert erst mit einer viertelstündigen Verspätung startete. Doch dann erlosch das Licht komplett und die ersten Livetöne wurden von Spots untermalt, die direkt von der Bühne auf den noch verschlossenen Bühnenvorhang strahlten. Das sah richtig gut aus. Dann fiel der Vorhang und ab ging es.

    
Jette von Roth

                   

Neben von Christopher von Deylen standen mit Mickey Meinert (Gitarren), Tissy Thiers (Bass), Kristian Kretschmar (Keyboards), Ralf Gustke (Schlagzeug) und dem Briten Cliff Hewitt (elektronisches Schlagzeug) einige „alte Bekannte“ auf der Bühne, denn diese Truppe hatte auch schon die „Tag und Nacht“-Tour absolviert. Als Sängerinnen waren Kim Sanders, Jette von Roth und erstmals die Schweizerin Jaël mit dabei.

    

    

Bei Schiller-Konzerten wird bekanntlich immer ein Mix aus instrumentalen und gesungenen Stücken abwechselnd gespielt. Sie starteten zunächst mit „Sehnsucht“ in der Instrumentalfassung und „Wunschtraum“ ihren mehr als zweistündigen Set. Wie immer gab es eine tolle Lightshow, bei der neben beweglichen Scheinwerfern über Leuchtdioden-Wände Schriftzüge, Grafiken, Bilder oder Filmesequenzen gezeigt wurden. Das war alles wieder sehr stimmig.

    

    
Kim Sanders hat das Publikum im Griff

Vom Set war ich nicht ganz so überzeugt, da gerade der erste Teil etwas steril wirkte, so als würden einige Stücke runtergespult. Da war wenig Bewegung auf der Bühne, lediglich der Auftritt von Kim Sanders sorgte schon bei ihrem ersten Erscheinen für Unruhe im Saal. Die Frau hat es einfach drauf, die Zuschauer zu fesseln. Bei dem Stücke „Schiller“ kam das erste Mal mehr Stimmung im Saal auf, die sich dann beim „Glockenspiel“ richtig steigerte. Und auch Thissy Thiers, der am Bass auf der Bühne richtig abgehen kann, kam bei diesem Stück erstmals so richtig in Fahrt. Gerade die älteren Stücke rissen an diesem Abend das Publikum am meisten mit.

    

                   

Bei dem Instrumentalstück „Denn wer liebt“ wechselte Kristian Kretschmar vom Keyboard zum Cello, auf dem er das Leitmotiv spielte. Die Schweizerin Jaël war erstmalig bei der „Sehnsucht“-Produktion dabei und so auch das erste Mal mit Schiller auf der Bühne. Die junge Sängerin meisterte ihre Aufgabe bei den beiden Stücken „I Need You“ und „Tired“ aber sehr gut.

    

    
Jaël bei ihren zwei Songs

Der nächste Knaller war dann mit „Ein schöner Tag“ wieder ein älteres Stück des Schiller-Universums. Und sofort war das Publikum wieder da. Die immer etwas schüchtern wirkende Jette von Roth, die mit ihrer zarten Stimme einige Stücke veredelte, durfte an diesem Abend vier Songs präsentieren, wobei mir auch hier die beiden vom vorletzten Album „Tag und Nacht“ am besten gefielen. Beim folgenden „Sommernacht“ vom neuen „Sehnsucht“-Album gingen die Jungs dann das erste Mal bei einem neueren Stück auf der Bühne ab. Dieses Instrumental wies stilistisch Ähnlichkeiten zu Alan Parsons auf.

    
Jette von Roth (links) und Kim Sanders (rechts)

Dann hatte Kim Sanders einen weiteren Auftritt. Nach „Dancing With Loneliness“ zog sie ihre Schuhe aus, was wieder mal für mächtig Stimmung sorgte. Dann meinte, sie, sie hätte gerade einen Zuschauer gähnen sehen. Das nächste, ihr Lieblingsstück – hier durfte die Frage ans Publikum, „Wer weiß, wie das Stück heißt?“, natürlich nicht fehlen – wollte sie dann mit einer entsprechenden Strophe für den „Gähner“ vervollständigen. Bei diesem Stück animierte sie das Publikum zum Mitsingen, was auch hervorragend klappte. Als nächstes musste dann ein Ordner, der mit dem Rücken zur Bühne stand und die Arme verschränkt hielt, dran glauben, denn während Kim sang, postierte sie sich hinter ihn und ahmte ihn nach. Zum Schluss tätschelte sie ihm dann noch lächelnd und zärtlich sein schütteres Haupt, was zumindest beim Publikum gut ankam. Der letzte Titel des offiziellen Teils war die neue Single „Let Me Love You“, ebenfalls von Kim gesungen. Ein tolles Stück, bei dem die ganze Halle mitsang.

                   
Kim Sanders postiert sich hinter dem Security-Mitarbeiter

Der frenetische Jubel und die Zugabenrufe holte die Band erneut auf die Bühne und die präsentierten dann nach „Nachtflug“ eine sehr rockige Variante von „Ruhe“, bei dem noch mal alle abgingen. Wer gehofft hatte, dass Xavier Naidoo ebenfalls mit auf Tour geht, um den Titelsong zu singen, der wurde leider enttäuscht.

Nach mehr als zwei Stunden waren dann nicht nur die Musiker nass, auch den Zuschauern lief während des Konzertes der Schweiß in Strömen. Ich fühlte mich danach zwar wie durch die Mangel gedreht, aber der Altagsfrust war effektvoll abgebaut. Ein tolles Konzert war zu Ende, obwohl ich resümieren muss, dass mir die 2006’er Tour wesentlich besser gefallen hat. Das lag vor allem daran, dass die Musiker wesentlich intensiver zu Werke gingen. Bei diesem Konzert blitzte dieser Spielwitz nur an einigen Stellen (vor allem bei den älteren Stücken, wenn sie dann so richtig die Sau raus ließen) auf. Trotzdem sind Schiller-Konzerte für mich ein Muss.

    

Setlist:

Sehnsucht
Wunschtraum
Der Tag - Jette von Roth
Black - Jette von Roth
Schiller
Herzschlag
I Know – Kim Sanders
Forever – Kim Sanders
Denn wer liebt
Das Glockenspiel
I Need You - jaël
Tired - jaël
Irrlicht
Ein schöner Tag
In The Dark - Jette von Roth
Sleepy Storm - Jette von Roth
Sommernacht
Dancing With Loneliness – Kim Sanders
Distance – Kim Sanders
Let Me Love You – Kim Sanders

Zugabe

Nachtflug
Ruhe

Stephan Schelle, 16.05.2008