Es ist Ende November 2012, die Tage
sind kurz und der Winter steht vor der Tür. Doch diesen grauen und mit
leichtem Schneefall als ersten Winterboten versehenen Tag erhellt ab
20:30 Uhr im ostwestfälischen Bielefeld die Sonne. Wie kann das angehen?
Ganz einfach Schiller präsentiert mit seiner Band das aktuelle Album
„Sonne“ und zeichnet den Anwesenden - die zahlreich erscheinen sind -
nicht nur ein Lächeln ins Gesicht sondern erleuchtet auch mit seinen
einfühlsamen und rhythmischen Klangskulpturen die Herzen.
Auf seiner „Sonne“-Tour 2012 machte
Christopher von Deylen aka Schiller & Band auch wieder Halt in
Bielefeld. Der Ringlokschuppen war Ort des Geschehens und die
Ostwestfalen sorgten wieder für eine prächtige Stimmung, die sich auch
auf die Musiker übertrug. Mit nur wenigen Minuten Verspätung kamen
Christopher von Dylen und sein „Beste Band der Welt“ auf die Bühne und
starteten in ein gut zweistündiges Konzert, das neben neuen Stücken auch
einige Klassiker bot.
Während die Band seit einigen Jahren
aus der Stammmannschaft (neben von Deylen, der elektronische Geräte
bedient) Christian Kretschmar (Keyboards), Cliff Hewitt (elektronisches
Schlagzeug), Ralf Gustke (Schlagzeug), Tissy Thiers (Bass) und Andreas
Binder (Akustik- und E-Gitarre) besteht, hatte sich Christopher für
diese Tour als musikalische Gäste die beiden bezaubernden Sängerinnen
Kate Havnevik (die Norwegerin war auch schon bei der 2010’er Tour mit
dabei) und die junge Amerikanerin Meredith Call ins Programm geholt.
Beide Sängerinnen teilten sich die Gesangsstücke gerecht auf, so dass
jede von ihnen drei Songs präsentierte. Der Rest des Programms bestand
aus Instrumentalstücken.
In Dortmund hatte Schiller bereits am
18.11.2012 einen Warm Up-Gig gespielt, bei dem die Ultra Limited
Editions des „Sonne“-Albums, das exklusiv bei Amazon eine Eintrittskarte
für diesen Gig bereit hielt, zum Einlass berechtigte. Gegenüber dem
Dortmunder Gig hatte Schiller drei Stücke mehr im Programm („Reach Out“
mit Meredith Call, „Leidenschaft“ und „Playing With Madness“). Darüber
hinaus war die Reihenfolge der Stücke an einigen Stellen leicht
verändert. Am auffälligsten war aber die Lightshow, die mit Dortmund
nicht zu vergleichen war. Während in Dortmund – wahrscheinlich der
Tastsache geschuldet, dass die Band in den Proben das Equipment nutzte -
ein Umbau zu aufwendig geworden wäre und somit auf die Lichtanlage des
FZW zurückgegriffen wurde, war in Bielefeld die Lichtanlage der Tour
vorhanden. Vor allem die runde Traverse mit den kreisförmig angelegten
Scheinwerfern über Christopher von Dylen erzeugt dabei einige sehr
schöne Effekte. Streckenweise schien Christopher in einem aus
Lichtkegeln bestehenden Käfig zu stehen.
Gestartet wurde der Gig mit einem
Intro, zu dem die Band auf die Bühne kam und nahtlos in das erste Stück
„Lichtermeer“ startete. Nach zwei weiteren Instrumentalstücken kam dann
als erstes die Norwegerin Kate Havnevik auf die Bühne um ihren Song „Velvet
Aeroplane“ zu präsentieren. Das Stück ist von einem herrlichen Rhythmus
bestimmt bei dem Kate’s sanfte Stimme für einen Gegenpol sorgt. Bei
diesem Stück wurde schon sehr gut deutlich, dass Liveauftritte von
Schiller vor allem durch den fetten und voluminösen Sound der beiden
Schlagzeuger geprägt sind. Es ist unglaublich, wie traumwandlerisch Ralf
und Cliff ihre Rhythmusmuster im Gleichklang oder auch mit
unterschiedlichen Schlagmustern zu einer perfekten Symbiose formen. Das
ist wirklich einzigartig. Dazu kommt dann noch der treibende Bass von
Tissy Thiers.
Mit dem Stück „Schiller“ setzte die
Band dann ein erstes Ausrufezeichen, denn jetzt ging das Publikum zum
ersten Mal richtig mit. Und auch hier zeigte sich wieder, dass die Band
perfekt aufeinander eingestimmt war. Bei Stücken wie diesen wird der
Druck und die Dynamik, der von der dreiköpfigen Rhythmusfraktion
ausgeht, besonders deutlich. Leider fiel Andreas Binder an der Gitarre
dabei etwas zurück, da er während des Konzertes nur einige klangliche
Farbtupfer einbrachte. Aber wenn er dann an den Saiten zu hören war,
dann kam auch ein rockiger Touch mit in den Sound der Band.
Nach diesem Klassiker kam dann die
junge amerikanische Sängerin Meredith Call auf die Bühne um die beiden
Songs „The Silence“ und „Reach Out“ zu interpretieren. Dabei hatte die
zierliche blonde Sängerin nur einen Hauch von einem Kleid (hier passt
der Begriff „kleines Schwarzes“ sehr gut) an. Mit ihrem Outfit und der
zarten, einfühlsamen Stimme verzauberte sie die Zuschauer.
Bei „Sommernacht“ waren vor allem die
Basstöne super fett, so dass sich ein gewisser (angenehmer) Druck auf
dem Brustkorb bemerkbar machte. Musik muss man schließlich auch spüren!
Und in diesem Stück hatte dann Ralf Gustke ein kleines, aber feines
Drumsolo eingebaut, bei dem das Publikum auch wieder voll dabei war. Man
sah den Musikern während dieses Stückes an, welchen Spaß sie auf der
Bühne hatten. Das folgende „Berlin Moskau“ bestach durch einen
hypnotischen Beat, der durch Mark und Bein ging. Ralf und Cliff spielten
im Stück „Leidenschaft“ streckenweise eine identische Rhythmusstruktur,
was dem Gesamtsound ein ungeheures Volumen verpasste.
Als nächstes war Kate Havnevik wieder
mit zwei Songs an der Reihe, darunter „The Fire“ vom „Atemlos“-Album und
„Ghost“, das bisher nur als Download erhältlich war. Das Highlight
dieser beiden Stück war „The Fire“, das je länger der Song dauerte, er
immer schneller und druckvoller wurde. Das gipfelte dann in einer wahren
Rhythmusorgie in die sich beide Drummer steigerten. Wow, was für eine
Version. Beim folgenden „Sehnsucht“ sorgten zunächst pumpende
Synthiesounds für eine magische Stimmung, die dann in fette
Schlagzeugrhythmen übergingen. Von diesem Rhythmus ließ sich auch Tissy
Thiers anstecken, der wieder rhythmisch über die Bühne groovte. Ich
liebe es, wenn er an seinem Bass abgeht und sich dazu rhythmisch bewegt.
Da zeigt sich pure Lebensfreude.
Spätestens beim nächsten Stück war das
Publikum in der Halle dann nicht mehr zu halten, denn Schiller
präsentierten eine druckvolle Version von „Das Glockenspiel“, bei dem
rhythmisch geklatscht und getanzt wurde. Nach dieser Schweiß treibenden
Version streuten von Deylen & Co. dann mit „Einklang“ erst einmal ein
ruhiges Stück - sozusagen als atmosphärisches Zwischenspiel - zum
Durchatmen ein. Zum Ende dieses Stückes wurde es aber immer rhythmischer
und mündete in einer Art Ska-Rhythmik, bei der Tissy’s Bass-Spiel ein
wenig an den Supermax-Hit „Lovemachine“ erinnerte.
Danach durfte dann Meredith Call ihren
dritten Song des Abends, „Epic Shores“ singen, bei dem sich ihr sanfter
Gesang mit fetten Rhythmen paarte. Mit dem instrumentalen „Heimathafen“
beendeten Schiller dann den offiziellen Teil ihres Gigs. Nach kurzer
Verschnaufpause ging es dann mit einem langen Zugabenteil weiter. Den
Beginn machte die Instrumentalversion von „Playing With Madness“, bei
dem vor allem die in der Mitte der Halle platzierten Besucher den
Raumklang genießen konnten.
Als zweite Zugabe präsentierte die
Band das Stück „Nachtflug“, bei dem sich nun die kreisrund angelegten
Scheinwerfer über Christopher von Deylen’s Kopf in Bewegung setzten.
Zeitweise hatte man das Gefühl, als wäre man live in den
Hollywood-Klassiker von Steven Spielberg „Unheimliche Begegnung der 3.
Art“ gebeamt worden. Die Lichter wirkten auf mich wie ein sich
bewegendes UFO. Das passte perfekt zur Musik.
Dem folgte dann mit „Ein schöner Tag“
ein weiterer Klassiker. Hier setzte Andreas Binder dann einige Akzente
an der akustischen Gitarre. Das Publikum skandierte Lautstark Beifall
und holte eine weitere Zugabe heraus, die in einer ekstatischen Version
von „Ruhe“ gipfelte. So endete dann ein Schweiß treibendes, intensives
Konzert, dass die Energie der warmen Sonne in die kalte Winteratmosphäre
Ostwestfalens brachte. Wie immer präsentierten sich Christopher von
Deylen und Band in Bestform.