Ron Boots
Live in der Dorfkirche Repelen am 15.03.2019

Im Sinne von „Alle Jahre wieder” treffen sich die Freunde der elektronischen Musik im März zu den Konzerten von Bas Broekhuis, Detlef Keller und Mario Schönwälder (kurz BK&S) in der Dorfkirche von Repelen. Jedes Jahr bietet das Trio zusammen mit weiteren Musikern ein sehr ansprechendes Programm, so auch am Wochenende 15. und 16.03.2019.

Am Freitag den 15.03.2019 startete das Trio wie gewohnt sehr elektronisch und ließ mit dem bekannten und beliebten niederländischen Elektronikmusiker, Inhaber des Groove Unlimited Labels und Organisator der Elektronikfestivals E-Day und E-Live, Ron Boots, zunächst dem Gast den Vortritt.



Ron Boots absolvierte an diesem Abend sein Set allein. Normalerweise begleitet ihn seit Jahren sein Freund, der Schlagzeuger Harold van der Heijden und auch Frank Dorittke aka F.D. Project sorgt seit langem live mit seiner E-Gitarre für weitere Akzente. Da aber, wie Ron sagte, auf der Bühne zu wenig Platz für einen der beiden bzw. beide ist, musste er allein den Abend bestreiten. Dieses vermeintliche Manko schmälerte den Genuss an seinem Auftritt aber keineswegs.

     

Neben einem Stück von seinem aktuellen Album „Once The Dust Settles“ griff er tief in sein Repertoire und holte einige tolle ältere Stücke wieder hervor. Bis ins Jahr 1994 reichte der Rückblick von Ron Boots. Den Beginn machte aber das Stück „The Hour Of The Wolf“ von seinem 2008’er Soloalbum „See Beyond Times, Look Beyond Words“ in einer ca. zehnminütigen Fassung. Fette Synthiesounds durchzogen von Beginn an die Halle der Kirche. Ron hatte schon zu diesem frühen Beginn einige Sounds übereinander gestapelt, so dass die Stücke seines Gigs sehr voluminös rüberkamen. Darauf platzierte er dann - wie im Opener - die Melodielinien. Die erste Hälfte des Stückes zeigte sich noch sehr getragen und ruhig, wechselte dann aber in einen druckvollen Part, als der Sequenzer seine Arbeit aufnahm. Das war schon mal ein gelungener Einstieg in die musikalische Welt von Ron Boots.

    

     

„Detachements Of Worldly Affiars Part“ gehört zu Ron’s besten Werken und fand mit Part II des Titelstückes Einzug in seine Setlist. Voluminöse Synthiesounds wurden in diesem Stück mit einem stoischen Sequenzerrhythmus und leicht hämmernde rhythmische Sounds verwoben, die dann den Unterboden für das fast neunminütige Stück darstellten. Eine herrliche Melodie, die sofort ins Ohr geht, bzw. die sich, wenn man die Alben von Ron kennt, sofort wieder im Gedächtnis aufbauen und ein wohliges Gefühl erzeugen. Diese legte er dann über die Grundstruktur dieses Stückes aus dem Jahr 1994. Es war damit der älteste Track seines Gigs. Man könnte hier schon von einem Klassiker sprechen.

    

                    

Ein Rhythmus, der wie ein Zug klingt, der über Eisenbahnschwellen rauscht, leitete dann in den nächsten Track ein, mit dem Ron dann einen Zeitsprung von 21 Jahren machte, denn „Closed Eyes“ stammt von seinem 2015’er Album „Standing In The Rain“. Dieses neunminütige, sehr einfühlsame Stück wurde von einer Klavierpassage bestimmt. Hier zeigt sich die Vorliebe von Ron für Soundtrackmusik, die er auf dem 2015’er Werk in den Fokus seiner Musik gestellt hat.

    

     

Dem folgte ein zweites Stück aus seinem 2015’er Album „Standing In The Rain“. Fanfarenartig startete er in diesen Track erneut sehr voluminös, dem dann ein treibender Groove unterlegt wurde, der sich stetig durch große Teile des Titels zog. Die zweite Hälfte bestach dann durch die sehr schöne Hauptmelodie, die ebenfalls sofort Erinnerungen wachrief, da die typischen Zutaten von Ron hierin enthalten waren. Ron erklärte danach, dass er bei diesem letzten Stück immer Helikopter vor Augen hat, die ins Sonnenlicht fliegen während der Held der Geschichte die von ihm gerettete Schönheit an der Hand hält.

    

     

Als nächstes ging es dann mit dem längsten Stück des aktuellen Albums „Once The Dust Settles“ weiter, das Ron ein wenig gekürzt hatte. „Orbital Path“, das auf der CD eine Spielzeit von 22:37 Minuten aufweist, wurde für das Konzert in einer gut 16minütigen Version von ihm gespielt. Bedrohliche Sounds standen am Anfang des Stückes. Dem folgten dann erste melodische Formationen nach gut anderthalb Minuten. Zudem wurde auch ein Rhythmusmuster aus sich wiederholenden Taktraten hinzugefügt. Nach weiteren Minuten sorgten dann typische Boots-Harmonien für ein wohliges Gefühl, auch wenn die Soundschichtungen recht dicht und umfangreich waren. Ron entwickelte das Stück über die Laufzeit immer weiter.

    

    

Auf seinem 2006’er Album „Acoustic Shadows“ hatte er sich einem ernsten Thema, nämlich dem Krieg und seinen Auswirkungen beschäftigt. Hier eine kurze Beschreibung aus Wikipaedia: „Ein Schallschatten (engl. acoustic shadow) oder eine Schallabschattung entsteht, wenn sich auf dem direkten Schallweg von der Schallquelle zum Hörer oder zum Mikrofon Hindernisse befinden, z. B. Säulen oder Menschen. Die entstehende Abschattung (Schattenraum) ist ein Gebiet verminderten Schalldrucks oder Schalldruckpegels auf der schallquellen-abgewandten Seite des Hindernisses.“ Dieser Track, in dem von einem Sprecher die Bedeutung des Acoustic Shadows in englischer Sprache eingebaut ist, gehört zu den melancholischeren Stücken von Ron Boots. Es ist ein sehr intensives Stück, das von der ersten Minute an fesselt, was Ron auch bei dieser Liveversion gelang. Bei mir erzeugt dieser Track immer wieder eine Gänsehaut. Damit schloss ein eindrucksvolles Konzert des wohl beliebtesten Elektronikmusikers aus unserem Nachbarland.

     

    

 

Setlist

The Hour Of The Wolf
Detatchment Of Worldly Affairs
Closed Eyes
A Brand New Day
Orbital Paths
Acoustic Shadows

Stephan Schelle, März 2019