Broekhuis, Keller & Schönwälder
Live in der Dorfkirche Repelen am 10
.03.2017

Es ist schon zur lieben Gewohnheit geworden im Frühjahr nach Repelen zu fahren um dort elektronische Musik in der dortigen Dorkirche zu genießen. Diese Tradition geht anno 2017 in die mittlerweile 13. Runde und der Erfolg ist auch in diesem Jahr garantiert, denn an zwei Tagen (den Gottesdienst am Sonntag nicht mitgerechnet) wird beste elektronische Musik von Bas Broekhuis, Detlef Keller und Mario Schönwälder (kurz BK&S), dem Trio, das seit 1992 Garant für qualitative Elektronikmusik ist, geboten. Den Anfang machte das britische Duo David Wright & Carys (s. gesonderten Bericht).


 

Nach nur einer kurzen Umbaupause starteten BK&S in ihr rein elektronisches Set. Detlef Keller war an diesem Abend wieder für die Harmonien und Melodien, Mario Schönwälder für die Sequenzerparts und Sounds und Bas Broekhuis vor allem für die rhythmischen Elemente verantwortlich.

    

Bas wollte neben seinen E-Drums eigentlich ein Hang spielen. Hier eine Beschreibung aus Wikipedia: Das Hang ist ein Musikinstrument. Es besteht aus zwei miteinander verklebten Halbkugelsegmenten aus Pang, einem gasnitriertem Stahlblech. Auf der oberen Halbschale befinden sich Klangfelder, die – ähnlich wie bei der Steelpan – mit Hämmern ins Blech eingearbeitet sind. Dieses Instrument wird nicht mehr angefertigt und ein gebrauchtes Hang kostet um die 10.000 Euro. Eine Firma in Spanien will nun aus Kunststoff das Instrument nachbauen (als Steuergerät) und die Klänge synthetisch auf einem IPad erzeugen. Da dies aber nicht rechtzeitigfertig wurde, musste Bas mit der Softwarevariante, die sich auf seinem IPad befand, vorliebnehmen. Das war aber nicht von minderer Qualität. Die Sounds, die er aus seinem elektronischen Helfer herausholte, waren einfach klasse.

    

    

Das Konzert des elektronischen Trios bestand aus zwei langen Tracks, die die Drei wieder extra für das Konzert ausgetüftelt hatten. Den ersten kündigte Detlef mit den Worten an: "Wir haben wieder bei mir im Keller Musik gemacht. Als wir uns überlegt haben, wie wir das nennen erinnert uns die Musik an TD. Und so nennen wir den ersten Track "TD-Jam Nummer 1". Und TD steht in erster Linie für tausend Dank." Das führt zu großem Gelächter, weil alle natürlich den Bezug zu Tangerine Dream herstellten. "Tausend Dank an euch, die ihr immer treu hier erscheint und tausend Dank an meine Freunde (Anmerkung: gemeint waren natürlich in erster Linie Bas Broekhuis und Mario Schönwälder)." Da die Musik zahlreiche Anleihen an Werke der Elektroniklegende aus Berlin aufwies, war dieser Abend wie eine Hommage an die Wegweisende Band und ihren viel zu früh gestorbenen Mastermind Edgar Froese. Wer aber nun dachte, es würde eine Tributveranstaltung, der irrte, denn BK&S hatten ihren ganz eigenen Stil wieder in den Vordergrund gestellt.

     

Die Drei hatten sich und ihre Instrumente (aufgrund des frühlingshaften Wetters?, Nein es sah einfach gut aus) in Moskitonetz eingehüllt. Detlef meinte dazu nur, „Wir haben hier jetzt auch Netz.“ Dazu gab es einige dezente Lichteffekte. Wie in den Vorjahren auch liegt bei dem Freitagskonzert der Fokus auf der Musik und erst am Samstag werden dann die optischen Lichteffekte und Showelemente wie Eva's Tanz ausgepackt.

    

     

Der Start erwies sich aber als etwas holprig, denn irgendwie kam der Einsatz bzw. die erste Einspielung nicht. Detlef erklärte dann, dass wir hier in einer Kirche sind und nun das "Vater unser" als Einstieg folgen würde. Er meinte, dass es aber nicht mitgesprochen werden muss. Es zeigte sich, dass er diesen Satz nicht ohne Grund brachte, denn der Text, der nun vom Band kam, war sehr unverständlich. War es polnisch oder gar arabisch? Auf jeden Fall klang es wie eine Art Gebet. Dann setzten die Synthies mit fetten Klängen ein. Die Drei startet zu einer mitreißenden und hypnotischen musikalischen Reise, die es in sich hatte. Mystische, dröhnende und zirpende Sounds, zogen mit einer hohen Dynamik durch die Kirche. Nach vier Minuten schälten sich dann langsam wunderbare Harmonien und ein toller Sequenzerrhythmus heraus. Dieser unwiderstehliche Sequenzerrhythmus nahm langsam immer mehr Fahrt auf und zog einen als Zuschauer immer mehr in seinen Sog. Langsam entwickelte sich dieser Longrack, der aus verschiedenen Passagen bestand. Grandios, was die Jungs da aus ihrem Equipment zauberten. Es wurde immer treibender, vor allem als Bas dann zu seinen Stöcken griff und seine E-Drum bearbeitet. Vertraute Klänge trafen auf neuartige Musik. Immer mal wieder blitzten dann Mosaiksteine auf, die an TD erinnerten um sich im nächsten Moment in den Stil von BK&S zu transformieren.

    

Nach etwas mehr als 20 Minuten schaltete Detlef dann seine Laserharfe an und spielte Minutenlang auf diesem eindrucksvollen Instrument. Nach weiteren sphärischen Klanggebilden startete Mario wieder den Sequenzer und holte zunächst akzentuierte Rhythmusmuster aus der Maschine, die dann wieder in einen hypnotischen Part übergingen, der sich mit fetten basslastigen Synthieklängen vermählte. Wer noch keine Gänsehaut hatte, dem wuchsen nun die Erpelknospen auf dem ganzen Körper. Dem setzte Detlef dann eine romantische Pianomelodie entgegen. Und weiter ging es mit herrlichen Flächen, Akkorden und Harmonien, die sich auf den immer noch hypnotischen Sounds legten. Bas verstärkte dies durch Rhythmen an den E-Drums. Zum Ende hin wurde es dann wieder ruhiger und Klänge, die von unterhalb der Wasseroberfläche zu kommen schienen, waren zu hören. Diese wechselten dann in einen pulsierenden Rhythmus und im weiteren Verlauf in eine fast tanzbare Passage überzugehen. Dann ging es langsam und sanft ins Ende, bei dem Mellotron- und Pianosounds die Dominanz übernahmen. Wow, was für ein Stück.

    

    

Während der anschließenden Vorstellung der Bandmitglieder gab Bas eine Kostprobe von den Klängen, die er mit der Hang-Software aus seinem IPad zaubern konnte. Das war schon beeindruckend.

    

Als letzten Titel gab es dann noch das ca. 14minütige "TD Jam Nummer 2". Nach einem hymnischen Beginn kamen wieder Sounds auf, die an Tangerine Dream erinnerten. Wunderschöne, betörende Melodiebögen zogen durch den Raum. Dann legte der Sequenzer wieder los und es kam wieder Drive in die Musik. Dieser zweite Track war von gleicher Qualität wie Track Nummer 1. Auch in diesem schaltete Detlef wieder seine Laserharfe an und sorgte erneut für einen optischen Leckerbissen. Auch wenn ein Paar Töne an der Harfe daneben gingen - that's live - bauten die Drei perfekte Klanggebilde auf, die sehr harmonisch und melodiös daherkamen,. Ein klasse Konzert das alle Zuschauer mitriss. Hier wünsche ich mir einen Mitschnitt auf CD.

                   

Stephan Schelle, März 2017