Broekhuis, Keller, Schönwälder feat. Raughi Ebert und Thomas Kagermann
Live in der Dorfkirche Repelen am 07.02.2010
 

Zu Jahresbeginn ist es mittlerweile für den Elektronikfreund Usus, dass er/sie nach Moers-Repelen fährt, um dort in die evangelische Dorfkirche zu gehen. Grund ist das Neujahrskonzert von Broekhuis, Keller & Schönwälder feat. Raughi Ebert & Thomas Kagermann, das bisher immer im Januar über die Bühne, oder besser den Altar ging. In 2010 musste der Termin aber einige Wochen nach hinten gelegt werden, so dass das diesjährige Konzert erst am 07. Februar stattfand. Grund für die Verschiebung war eine Konzertreise von Raughi Ebert, der mit seiner Band eine mehrwöchige USA-Tour absolvierte.

Nun könnte man auf die Idee kommen, dass man eben auf Raughi verzichtet, da er ja „nur“ bei dieser Konzertreihe dabei ist. Kann man das wirklich? Meine eindeutige Antwort: Nein !!! Was die Fünf da am 07.02.2010 wieder an Musik zauberten, dass war wieder absolut berauschend. Und da darf einfach keiner fehlen, denn alle trugen zu diesem gelungenen Auftritt mit ihrer ganz speziellen Art bei und machten den Auftritt wieder zu einem echten Genuss.


    

    

In den Vorjahren wurden immer neue Stücke aufgeführt zu denen die Fünf mächtig improvisierten, das dieses Mal etwas anders. Bereits im September 2009 hatte das elektronisch/akustische Quintett den Grundstock für das Konzert gelegt, denn sie hatten die Stücke bereits fertig und eingespielt. Das hatte zur Folge, dass die Besucher erstmals bei dem Besuch in der Dorfkirche die dargebotenen Stücke auf CD mit nach Hause nehmen konnten. Das Album mit der aktuellen Musik heißt schlicht „Repelen 3“. Gleichzeitig war an diesem Tag eine auf 100 Exemplare limitierte CDR mit dem Titel „Meditationen zum Gottesdienst“ erhältlich. Hierauf ist die Musik, die BKS während des morgendlichen Gottesdienstes beisteuerten.

    

    

Wer aber nun denkt, dass man hier den Besuchern Musik aus der Konserve vorsetzt, der sieht sich arg getäuscht, denn auf einigen fertigen Sequenzen und Grundmustern agierten die Fünf in gewohnt souveräner Manier. Die Konzertversionen waren nicht nur länger (während die CD sieben Stücke mit einer Gesamtlänge von 71:33 Minuten bietet, dauerte das Konzert mit eben denselben Stücken ca. 90 Minuten) sondern wurden wesentlich intensiver, druckvoller und mit Improvisationen versetzt gespielt. Und die visuelle Untermalung der einzelnen Stücke war auch wieder vom feinsten.

    

                   

Den Beginn machte das Stück „Stormchaser“, das mit herrlichen Sequenzen und Flächen begann. Darauf legte Thomas Kagermann einen unglaublich einfühlsamen Melodiebogen, den nur er zustande bringt. Einfach göttlich. Während dieses Stückes trat dann auch erstmals Eva Kagermann auf, die zu dem Stück in sehr anmutiger Form eine Tanzeinlage bot. Ihr mit kleinen Glöckchen versehenes Outfit gab dem ganzen einen gewissen orientalischen Flair. Nahtlos ging dieser Titel dann in das nächste Stück „Sunset Cafe“ über, bei dem Detlef mal eben kurz den Satz „Willkommen in der alten Welt von BKS“ raushaute und dazu eine kurze melodische Anspielung an Schiller einbaute. Ein gelungener augenzwinkernder Gruß an den großen Kollegen. Während dieses Stückes griff Bas Broekhuis dann auch mal kurzerhand zu seinem Dynacord (einem Bassähnlichen Rhythmusgerät). BKS feat. Ebert & Kagermann boten hier eine sehr relaxte Nummer.

    

    

Dann folgte „Sunrise“ zu dem der Altarraum in ein rot/gelbes Licht gehüllt wurde. Man sah eine Art Sonneneruption und weitere herrliche Lichteffekte, die hier wie bei allen anderen Stücken auch, für eine tolle Atmosphäre sorgten. Während ein unwiderstehlicher Sequenzerrhythmus die Grundlage für diesen hypnotischen Track bot, setzt Raughi Ebert mit seiner Akustikgitarre ebenfalls einen Rhythmus dagegen zu dem dann Thomas Kagermann traumhafte Violinenpassagen beisteuerte. Das war Gänsehautfeeling pur.

    

    

Vor zwei Jahren hatte der Madrigal-Chor sein Debüt bei einem BKS-Konzert in Repelen. Im letzten Jahr war er leider verhindert, aber 2010 kam der Chor mit einer ganzen Anzahl von Sängerinnen und Sängern wieder auf die Bühne. Das Ergebnis konnte sich wahrlich hören lassen. Das Stück, das BKS für die Zusammenarbeit mit dem Chor geschrieben hatten, hieß schlicht und einfach „Madrigal“. Durch den vielstimmigen Gesang bekam der Track eine gewisse sakrale und klassische Note, was für weitere Abwechslung im Set sorgte. Bas Broekhuis wechselt für dieses Stück kurzerhand ans Cajun (einem akustischen Rhythmusgerät, das aussieht wie eine einfache Holzkiste).

    

    

Der nächste Track „Old Kids On The Stick“ hatte wieder eine außergewöhnliche Performance zu bieten denn Bas, Detlef und Mario kamen mit seltsamen Instrumenten auf die Bühne. Die Teile sahen aus wie große, schmale Kontrabässe bzw. wie die berühmten Sticks von Bassist Tony Levin (Bassist von Peter Gabriel), der in Begleitung auch als Stickman auftritt. Allerdings handelte es sich um elektronische Eigenbauten der Marke Broekhuis. Das Gerät nennt er C-Stick, da es, wie Detlef sagte, einem Cello ähnlich sieht. Wenn man sich die Teile mal etwas genauer anschaute, dann kam man zu dem Ergebnis, dass Bas wohl einen Schrank der Großmutter auseinander genommen und mit technischem Gerät verfeinert hatte. Ganz schön clever dieser Bas.

     

    

Das Stück hatte einen gewissen asiatischen Einschlag, was vor allem auch an Thomas Spielweise lag. Zwischendurch sang er dazu einige Male in sein Violinenmikrophon, was sich dann teilweise wie ein rufender Muezzin anhörte.

     

    

Dann folgte „Babylon Road“, bei dem erstmals der Laser zum Einsatz kam. Sanfte Synthesizerklänge durchschwebten das Kircheninnere, nur unterbrochen von einigen schrägen Einwürfen an Raughi’s E-Gitarre. Diese, auf den ersten Blick disharmonischen Licks, passten aber ganz hervorragend zum Sound. Während sich das Stück langsam aufbaute kam Eva Kagermann erneut auf die Bühne. Dieses Mal war sie in der Verkleidung eines Harlekins zu sehen – passend zur Faschingzeit, wie sie mir nach dem Konzert verriet. Mit sehr grazilen Bewegungen unterstrich sie die hypnotischen Sounds der Musiker und zog, auch durch ihre sehr schöne Maske und Verkleidung, die Blicke auf sich. Als das Stück quasi schon zu Ende war und BKS schon aufgehört hatten zu spielen, da steuerte Thomas noch einige Striche auf seiner Violine bei, zu deren Klänge seine Frau geplant von der Bühne stolperte. Ein gelungener Abgang, an dem nicht nur das Publikum seine Freude hatte.

    

    

Das letzte Stück des offiziellen Teils war dann ein Track, der ein bisschen aus der Rolle fiel, denn mit „Skinner’s Run“ kam ein Track voller Energie und rockigen Anklängen. Das der von Detlef komponierte Track, wie er zu Beginn ankündigte, eine Hommage an die „Akte X“-Serie sei, merkte man schon bei den ersten Klängen, denn er hatte einige Sounds bzw. Tonfolgen des Soundtracks in den Track eingearbeitet. Besonders hervorheben muss man aber Raughi’s Gitarrenarbeit, die war einfach sensationell und gab dem Stück diesen Rock-Charakter. Ich hatte das Gefühl (auch wegen Raughi’s Spielweise), als würde ich einer Verfolgungsjagd in einem Bondfilm zusehen. Ein Hammerstück, das auf dem Album leider nicht die Dynamik wie in der Liveversion besitzt.

     

     

Die ersten 90 Minuten vergingen wie im Flug und nach einer kurzen Ansprache und Danksagungen ging es in den Zugabenteil. Den ersten Part übernahm der Madrigal-Chor, der, wie Detlef erklärte, nun endlich beweisen konnte, dass er nicht nur „aahs und oohs“ singen kann (Detlef kann nach eigener Aussage nämlich keine Songtexte schreiben). Als Beweis wurde mit „Ato trinita beata“ ein sakrales Stück aus dem 15. Jahrhundert dargeboten. Dieses Lied passte sehr gut zur Location und auch zum Konzert.

    

     

Dann hatte Detlef Keller noch einmal einen besonderen Auftritt, denn bei der letzten Zugabe „Source Of Living“ griff er in seine Laserharfe. Dieser, mit Folkeinschlag gespielte Track, wurde schon mehrfach von BKS gespielt und kommt immer wieder gut. Während Detlef in der Bühnenmitte in die Strahlen griff, schwebten fächerförmig über seinem Kopf weitere Laserstrahlen, was einen sehr beeindruckenden Anblick bot.

    

    

Obwohl mir Thomas verriet, das er bei den Proben nicht dabei war (vor dem Konzert hörte er sich die CD noch einmal im Auto an) und auch Raughi kaum Übungsmöglichkeiten hatte, war das Zusammenspiel der Fünf perfekt. Das zeigt wieder mal, welche musikalische Klasse in ihnen steckt. BKS feat. Ebert & Kagermann haben es geschafft die Stücke live noch intensiver und druckvoller zu spielen. Zwar ist es schade, dass man die Energie nicht auf der CD mit nach Hause nehmen kann, auf der anderen Seite sind so ihre Konzerte aber auch immer ein Erlebnis. Das Konzert wurde mit mehreren Kameras mitgeschnitten und soll demnächst als DVD erhältlich sein. Man kann also gespannt sein.

    

     

Stephan Schelle, 08.02.2010