Am 22.10.2011 ging das Leverkusener
Elektronikduo Pyramid Peak zum mittlerweile fünften Mal unter die Erde.
Das heißt, sie gaben erneut ein Konzert in der Iserlohner Dechenhöhle,
ca. 30 Meter unter der Erde. Gut neun Jahre ist es schon her, dass
dieses Trio in der Dechenhöhle ihr Debüt gab. Die positive Resonanz auf
ihr 2002'er Konzert hat dafür gesorgt, dass sie regelmäßig zu Gast in
der Tropfsteinhöhle wurden. Zuletzt 2009 aufgetreten, präsentieren sie
jedes Mal ein extra auf diese Location abgestimmtes Programm. Das
2009'er Konzert wurde mitgeschnitten und mit nur wenigen Eingriffen im
Studio als „The Cave“ auf den Markt gebracht.
Pyramid Peak, das sind Axel Stupplich,
Andreas Morsch und Uwe Denzer. Die drei hatten sich wie gewohnt vor fast
100 Besuchern auf der kleinen Bühne in der Kanzelgrotte der Dechenhöhle
platziert und gaben ihr wohl bis dato bestes Livekonzert. Das war auch
nach dem Konzert von einigen Besuchern, die die Gruppe schon mehrfach
gesehen hatten, zu hören.
Das Programm bestand am 22.10. zu
großen Teilen aus Material ihrer an diesem Tag veröffentlichten CD
„5vor12“ sowie aus komplett neuen, bisher unveröffentlichten Stücken.
Doch bevor die drei hinter ihren Instrumenten Platz nahmen, erklärte Dr.
Niggemann (Betreiber der Dechenhöhle) zunächst, das sich die Besucher in
einem Naturdenkmal, das 100.000sende von Jahren alt ist, befinden. Das
bedeutet, dass die Stalagtiten und Stlagmiten nicht berührt und die
festen Wege nicht verlassen werden dürfen. Für manchen ist diese
Information sicherlich hilfreich, kann es doch passieren, das man von
dieser natürlichen Schönheit so überwältigt ist, dass man sie auch
ertasten möchte. Nach dieser kurzen Ansprache startete das Programm.
Die drei kamen auf die Bühne und
ließen zunächst mystisch ihre Synthesizer zischen. Als Zuschauer hatte
man so den Eindruck in eine ganz andere Welt abzutauchen. Verstärkt
wurde dieser Eindruck noch durch die Atmosphäre in der Höhle selbst.
Nach wenigen Minuten kristallisierte sich dann eine herrliche
Harmonielinie heraus, zu dem dann ein Sequenzerrhythmus hinzugefügt
wurde. Das war der Start in ein hinreißendes Konzert. Langsam
entwickelte sich dieser erste Longtrack, der eine hypnotische Wirkung
verströmte. Und nach weiteren Minuten untermauerte Uwe an seinem Drumset
den Rhythmus des Sequenzers. Jetzt wurde der Rhythmus zu einem
stampfenden Motor, der den Track immer weiter nach vorn trieb. Dass man
als Zuschauer das Bedürfnis hatte sich zu bewegen und dies durch
rhythmische Bewegungen der Beine machen konnte, sorgte dafür, dass es
einem in der Grotte nicht zu kalt wurde, denn die Temperatur unter Tage
liegt das Jahr über konstant bei 10 Grad Celsius.
Während Axel und Andreas vornehmlich
an den Keyboards saßen und diese spielten, steuerte Uwe einen Großteil
der Rhythmusstrukturen bei. Er bediente neben seinen Keyboards vor allem
ein Drumset. Während er die Tasten im sitzen spielte, stand er bei den
rhythmischen Parts die meiste Zeit. Das machte den Auftritt von Pyramid
Peak noch dynamischer. Sehr gut gefiel mir bei diesem Gig, dass Axel,
Andreas und Uwe viel rhythmischer als in den Vorjahren zu Werke gingen.
Der zweite Track ging nahtlos vom
ersten über. Er hatte einen stampfenden Beat, der mich ein wenig an
„Killer“ von Seal erinnerte. Das Stück hatte aber ansonsten nichts mit
dem Dancehit zutun. Die beiden ersten Stücke waren absolut fesselnd und
so gut wie jeder hätte diese Stücke auch gern an diesem Tag auf einem
Silberling mit nach Hause genommen. Doch die Tracks sind so frisch, dass
sie nicht mal einen Titel besitzen. Es ist zu hoffen, dass Pyramid Peak
das Konzert mitgeschnitten haben und die Musik in nicht allzu ferner
Zukunft herausbringen werden, denn die treibenden Tracks haben wirklich
Format und sind es wert das Licht der Laser zu erblicken.
Es folgte mit „Tears Of Joy“ ein neuer
Track vom brandneuen Album „5vor12“. Während auf der Studioversion Max „Maxxess“
Schiefele die E-Gitarre spielt, mussten Pyramid Peak an diesem Abend
ohne ihn auskommen, weil es ihm, wie Axel betonte, „unter der Erde zu
kalt sei“. Der wahre Grund ist aber die Entfernung, die Max für diesen
Auftritt hätte zurücklegen müssen, wohnt er doch in Bayern. Aber auch
ohne die E-Gitarre konnte dieser Track überzeugen. Danach legten alle
erst einmal eine Pause ein, um sich mit warmen Getränken zu stärken, die
Beine zu vertreten oder einfach eine CD am Stand der Musiker zu kaufen.
Nach der Pause ging es dann mit dem
Stück „Lost In Dreams“ weiter. Und wieder stiegen die drei mit
mystischen Klängen in ihren Set ein. Ich hatte das Gefühl, als würden
sie uns am Eingang abholen und dann klanglich mit dem Fahrstuhl in eine
Art Unterwelt transportieren. Es folgte ein neues Stück, das zunächst
klang, als wollten die drei Kraftwerk’s eine Mixtur aus den bekannten Stücken „Autobahn“
und
„TEE“
spielen. Doch dann entwickelte sich der Track in eine andere Richtung.
Sehr gelungen waren in diesem Stück auch Andreas’ Worte, die er
einbrachte und die vom Synthie verfremdet durch die Grotte zogen. Worte
wie „Iserlohn“, „Dechenhöhle“, „Elektronik“, „Musik“ und gar „Dr.
Niggemann“ (letzterer ist Verantwortlich für die Höhle) baute er so in
den Track ein.
Das Stück „Dr. Blofeld und die Waldorf
Schüler“ ist vom Titel etwas verwirrend. Es hat weder etwas mit den
James Bond Filmen (Blofeld ist in mehreren Filmen ein hartnäckiger
Gegenspieler von James Bond), noch mit der gleichnamigen Waldorfschule
zu tun. Vielmehr bezieht sich der Titel auf ein Keyboard der Firma
Waldorf, das den Namen Blofeld trägt. Andreas und Axel, die beide dieses
Keyboard erst seit kurzem besitzen (sie hatten es auch auf der Bühne
dabei), experimentierten mit diesem Teil etwas herum und daraus
entwickelte sich eine tolle Sequenz. Aufgrund dieses Umstandes kamen sie
(auch als Wortspiel in Anlehnung an Bond und die berühmte Schule) auf
den Titel „Dr. Blofeld und die Waldorf Schüler“. Außerdem zeigte dieses
Stück auch einige Elemente der „Berliner Schule“.
Den Abschluss bildete dann, nach „Random
Event“, das die erste Zugabe darstellte, das Titelstück ihrer neuen, an
diesem Tag erschienenen CD „5vor12“. Das ist allerdings kein
Endzeittitel, vielmehr deutet er darauf hin, dass sie mit dem Stück /
der CD erst auf den letzten Drücker fertig wurden. Während in der
Studiofassung Max Schiefele für den nötigen Drive sorgt, blieb dieses
Stück, das als weitere Zugabe gespielt wurde, bei dem Liveauftritt etwas
blutleer. Das ist aber nur ein klitzekleiner Wermutstropfen dieses
herrlichen Konzertes.
Der Klang in der Kanzelgrotte war
wieder ganz hervorragend und durch die erweiterten LED-Spots wurden die
drei auch noch besser ins rechte Licht gesetzt, als es früher der Fall
war. Da zogen herrliche Farbmuster, die sich auch noch farblich
veränderten an der unebenen Grottendecke entlang und sorgten für schon
fast psychedelische Lichtspiele.
Die drei lieferten ein tolles Konzert,
bei dem einfach alles stimmte. Musik, Sound, Licht und Atmosphäre waren
phänomenal. Wer bisher noch keines dieser einzigartigen Konzerte erlebt
hat, der sollte dies dringend nachholen, denn es wird sicherlich ein
nächstes Mal geben, da bin ich mir (aufgrund der positiven
Zuschauerreaktionen) sicher.
Blofeld-Keyboard der Fa. Waldorf
CD-Stand von Pyramid Peak