Pyramid Peak
Dechenhöhle, Iserlohn, 11.09.2021


    

Der Normalzustand ist, wenn das Elektronikprojekt Pyramid Peak alle zwei Jahre ein Konzert in der Dechenhöhle in Iserlohn gibt. Aber was ist schon in den letzten beiden Corona-Jahren normal? Aus diesem Grund musste das für 2020 geplante Konzert (das letzte Konzert fand am 22.09.2018 statt), wie so viele andere, ausfallen. Um nicht noch ein Jahr ohne Livemusik verstreichen zu lassen, haben sich Axel Stupplich und Andreas Morsch, die beiden Protagonisten von Pyramid Peak, für 2021 ein Streamingkonzert aus der Dechenhöhle einfallen lassen. Und das wurde am 11.09.2021 ab 20 Uhr live auf youtube.com kostenlos ins Internet gestellt.

     

Zu verdanken ist dies auch dem Engagement des Verantwortlichen für die Dechenhöhle, Dr. Stefan Niggemann. Er sorgte auch für den Kontakt zu Bernd Mestermann, der die Musik an diesem Abend mit einer beeindruckenden Lasershow in der Höhle untermalte. Ich hatte das Vergnügen live in der Höhle dabei zu sein um einige Fotos für die Band zu machen.

    

     

Üblicherweise finden die Konzerte in der Kanzelgrotte statt, doch aufgrund der heftigen Regenfälle in diesem Sommer war dieser Bereich immer noch zu nass um dort die Instrumente schadlos zu betreiben. Aus diesem Grund wich man in die Wolfsschlucht, einer etwas kleineren Höhlengrotte, aus. Besucher des 2018’er Electric Cave Festivals am 22.09.2018 kennen diesen Bereich bereits, bei dem die ersten der fünf Acts in der Wolfschlucht live auftraten.

    

Auf dem Programm des gut anderthalbstündigen Sets von Pyramid Peak standen Stücke ihrer letzten drei Alben („Symmetry“ (2020), „Roots“ (2017) und „Anatomy“ (2013)), von denen der Hauptteil auf dem letzten Album lag.

     

    

Neben Deckenstrahlern, die die Grotte hinter den Musikern in rotes oder blaues Licht tauchten, waren es vor allem die zwei Laser, die für so manchen visuellen Effekt sorgten. Aufgrund der Feuchtigkeit fiel kurz vor Konzertbeginn ein Laser aus, der aber zum Glück rechtzeitig wieder betriebsbereit gemacht werden konnte. So konnten die Fans vor dem heimischen Bildschirm die beeindruckenden Laserformationen und -motive, die die Höhle in ein ganz besonders Farbenmeer tauchten, genießen. Bernd Mestermann steuerte die hinter den Musikern angebrachten Laser live bzw. rief live zur Musik die Muster ab. Das passte perfekt zu den elektronischen Klängen. Die Musiker konnten allerdings nur als Schemen wahrgenommen werden, da sie von den Lasern rückseitig angestrahlt und auch teilweise verdeckt wurden. Das hatte allerdings auch etwas Mystisches und hatte auch etwas von einem Schattenspiel.

     

Das Konzert startete mit dem Track „Countdown“ vom aktuellen Album „Symmetry“. Das passte perfekt zu dem Beginn des Konzertes, da der Track mit einem gesprochenen Countdown, der von 10 auf 0 runterzählt, beginnt. Untermalt war das Ganze von Flächen und einem Sequenzerrhythmus. Das erhöhte zum einen die Erwartung und bot einen gewissen Spannungsaufbau. Dann legten die Beiden mit ihrem herrlichen Sequenzer betonten Stück los und es entwickelte sich zusammen mit den Laserkaskaden eine hypnotische Stimmung. Die Laser waberten und umspielten ein ums andere Mal vor allem Andreas Morsch, der direkt von hinten angestrahlt wurde. So ergaben sich Fächerformen, um im nächsten Moment flächenartig die Musiker zu ummanteln und sich kurzdarauf strahlenförmig zu verteilen.

    

    

„Constellation“ begann sehr ruhig mit sehr einschmeichelnden, flächigen Harmoniebögen auf die dann eine Pianomelodie gesetzt wurde, zu der nach wenigen Momenten ein Sequenzerrhythmus hinzugefügt wurde, der ein wenig an Tangerine Dream erinnerte. Auch durch den Einsatz von elektronischem Schlagzeug wurde die Stimmung nicht unterbrochen. Diese verträumte Atmosphäre wurde zunächst von roten Laserstrahlen, die in das blaue Licht an den Felswänden gebettet waren, visuell unterstützt. Vor allem der flackernde Laser wirkte fast synchron mit dem Sequenzer.

      

Mit seinen beginnenden echohaften Sounds passte das Stück „Milestones“ perfekt in die Höhlenumgebung. Diese Klänge waren wie gemacht für die unterirdische Landschaft. Soundmäßig kamen Pyramid Peak bei diesem Stück in die 70’er Jahre-Phase von Tangerine Dream. Sobald der Sequenzer ab ca. Minute Vier angeworfen wurde, bekam der Track aber einen gehörigen Schub und zeigte die ganze Qualität von Pyramid Peak. Ein klasse Track.

    

      

„Symmetry“ startete ebenfalls sehr ruhig und Soundtrack mäßig. Dieser Track baute sich langsam auf und wirkte durch seine Streichersounds erhaben. Diese Passage wurde mit einem bläulichen Lichtkranz ausgeleuchtet, der sich in ein mehrfarbiges, bewegendes Spektrum verwandelte, als der Sequenzer den Takt übernahm. Durch die schattenhaften Musiker und die bunte, unterirdische Lichtwelt hatte das Ganze etwas Außerirdisches.

    

„The Voyage“ wirkte durch die weiten Flächen sehr erhaben, was dann auch durch eher flächige Laserstrahlen sanft beleuchtet wurde. Sobald es rhythmischer wurde, kombinierte Bernd Mestermann seine zwei Laser zu einem wie eine Sonne nach allen Seiten strahlende Formation, über der sich farbige Laser mal als bunte Strahlen, dann wieder als farbige Flächenmuster erhoben. Die Lichtstrahlen tanzten so zu den Rhythmen von Andreas und Axel.

                        

Das 14:30minütige, epische „Dimension X“ startete mit rhythmischen Mustern, die sich immer weiter steigerten und durch einen gesprochenen Text nach gut zwei Minuten an Atmosphäre zunahmen. Nach einigen Momenten kam dann für gut zweieinhalb Minuten ein pumpender Beat hinzu. Danach wechselten die Beiden in einen ruhigen, fast schon minimalistischen Part, der dann aber spätestens ab der Hälfte wieder an Dynamik und Rhythmus zunahm.

    

    

Den Abschluss des Konzertes bildete das Stück „Injection“, bei dem - aufgrund der Feuchtigkeit und Kälte in der Höhle - einige technische Probleme auftraten. Eines der Keyboards von Andreas Morsch wollte nicht mehr so richtig funktionieren. Die Beiden spielten aber trotzdem einen guten Abschlusstrack, der sich im Umfeld der „Berliner Schule bewegte.

     

Pyramid Peak lieferten wie gewohnt ein tolles Höhlenkonzert ab und streamten dies kostenlos ins Netz. Es ist aber zu hoffen, dass es im nächsten Jahr wieder ein Konzert in „normaler“ Form, also mit Besuchern vor Ort, geben wird. Das Konzert ist weiterhin im Internet zum kostenlosen Abruf eingestellt. Der Link lautet: https://www.youtube.com/watch?v=WRiXzpwf12Y. Wer also das Konzert nicht live mitverfolgt hat, der sollte dies unbedingt nachholen.

    

Setlist

Countdown
Constellation
Milestones
Symmetry
The Voyage
Dimension X
Injection

Stephan Schelle, September 2021