Pyramid Peak luden am 01.09.2007 zu
ihrem mittlerweile dritten unterirdischen Konzert in die Dechenhöhle
ins sauerländische Iserlohn ein. Wie in den Vorjahren platzierten sich
die drei Leverkusener Elektroniker, Axel Stupplich, Andreas Morsch und
Uwe Denzer in der Kanzelgrotte, 30 Meter unter der Erde.
Beim Aufbau der Gerätschaften in der Kanzelgrotte
Einleitende Worte vom Veranstalter
Für die Veranstaltungen, die in diesem
Naturdenkmal stattfinden, wurde vor gut einem Jahr ein Steinpodest in
die Grotte gemauert, das sich hervorragend in die Höhlenlandschaft
integriert. Auf diesem recht engem Podest war dann auch gerade Platz für
die elektronischen Gerätschaften der drei Elektroniker. Ich hatte die
Gelegenheit vor dem Konzert in die Höhle zu gehen und so konnte ich
erleben, wie schon der Aufbau wie eine Höhlenexpedition anmutete. Der
Aufbau der elektronischen Instrumente, der in einem totalen Kontrast zu
der Tropfsteinkulisse in der Höhle stand, war visuell sehr
beeindruckend.
Die kleine Bühne ermöglichte den
Besuchern einen recht guten Blick auf die Musiker, die sich im Gegensatz
zu den Vorjahren nicht hinter ihren, durch schwarze Laken verhängte
Instrumente verschanzten. Während bei den vorhergehenden Konzerten nur
die Köpfe der drei mal hinter ihren Instrumenten hervorlugten, hatte man
beim aktuellen Konzert die Musiker voll im Visier. Aufgrund einer
Besuchergruppe, die zuvor in der Höhle unterwegs war, konnte das Konzert
erst mit etwas Verspätung beginnen.
Der Auftritt von Pyramid Peak war in
zwei Parts unterteilt, die durch eine Pause, in der man sich vor allem
durch eine Tasse heißen Tee wieder etwas aufwärmen konnte (das war auch
erforderlich), unterbrochen wurde. Der erste etwas 40minütige Part
bestand aus komplett neuem, unveröffentlichtem Material, das die drei
für dieses Event komponiert hatten. Dieser erste Teil begann zunächst
mit sehr ruhigen, langsam dahinfließenden Flächen, so als würde man
langsam durch ein Höhlensystem immer weiter ins Erdinnere eindringen.
Nach wenigen Minuten setzte dann,
begleitet von einer sehr kurzen Passage mit Mönchsgesängen, der typische
Pyramid Peak-Stil ein, der durch sehr harmonische Melodielinien bestimmt
ist. Zunächst noch gemächlich, aber doch bestimmt, nahmen Sequenzer und
Rhythmusprogrammierung schon langsam Fahrt auf. Dieser Part gefiel mir
ganz gut. Nach einigen Minuten erklang dann ein Part, der bedrohlich,
futuristisch und auch zugleich phantasievoll klang. Ich hatte
streckenweise das Gefühl, als würde in einem Nebentunnel eine U-Bahn
vorbeirauschen. Es folgte ein grollender Herzschlagrhythmus um gleich
darauf wieder in einen futuristisch anmutenden Teil überzugehen. Das war
schon sehr experimentell und für Pyramid Peak-Verhältnisse doch recht
ungewöhnlich. Diese Stimmung hielt aber nicht lange vor, denn es folgte
ein Teil, der von einer unwiderstehlichen Melodielinie, die mir
Gänsehaut bereitete, bestimmt war. Diesen Part würzten die drei dann
auch noch mit einem recht poppigen Rhythmus. Nach gut 40 Minuten war
dann die erste Strecke des Konzertes beendet. Der erste Part des
Konzerts war für meinen Geschmack etwas durchwachsen. Neben sehr
schönen, Pyramid Peak typischen Melodien, waren vor allem die recht
düsteren und experimentellen Klänge nicht so eingängig.
Der zweite Part, der gut eine halbe
Stunde dauerte, wurde von dem neuen Stück „Evolution“, das von der
gleichnamigen CD stammt, die am Tag des Konzert erschienen ist,
ausgefüllt. Dieses Stück war von mehr Harmonien und Melodie durchzogen,
als der erster Longtrack. Sphärische Klänge, die mit Echo versehen waren
durchstreiften die Höhlengänge. Der Pyramid Peak-Sound, der auch ein
wenig an die Musik von Ron Boots erinnert, bestimmte nun das Bild. Die
Version dieses Stückes war um einige Minuten länger als die
Studioversion auf dem neuen Album.
Es folgten mit „Gravity“ vom neuen
Album „Evolution“ sowie einem brandneuen Stück von Axel Stupplich aka
Axess zwei Zugaben, womit das Konzert dann auf eine Gesamtlänge von
knapp über 90 Minuten kam. „Gravity“ ist ein Stück, das eine große
Ähnlichkeit zu Tangerine Dreams „White Eagle“-Phase aufweist.
Erinnerungen zu dem Stück „Das Mädchen auf der Treppe“ kommen bei diesem
Titel sofort auf. Der neue Track von Axess (Titel ist mir nicht bekannt,
er soll aber auf der nächsten Axess-CD veröffentlicht werden) war durch
sehr düstere Flächen bestimmt. Das hatte für mich etwas von Dark Ambient
und gefiel mir nicht so gut.
Als visuelle Komponente wurde die
Kanzelgrotte durch einige Spots (hier ist natürlich durch die
Örtlichkeit auch eine gewisse Grenze gesetzt) sehr ansprechend
ausgeleuchtet. Mal leuchtete sie in hellem Gelb, dann wieder in rotem,
grünem oder blauem Licht. Die hypnotischen Sounds und Melodiebögen
konnte man entweder mit geschlossenen Augen genießen, dann war man
innerhalb kürzester Zeit von dieser Welt entrückt, oder man starrte auf
diese unglaubliche, durch die Spots erleuchtete Grottendecke. Beides
hatte seinen ganz besonderen Reiz.
Das aktuelle Konzert war nicht das
Beste, was ich bisher von Pyramid Peak erlebt habe. Das lag vor allem
daran, dass die drei im ersten Teil doch eine für ihre Verhältnisse eher
ungewöhnlichen Mixtur aus experimentellen, ja teils düsteren Klängen und
ihren typischen Harmonien präsentierten. Im zweiten Teil des Konzertes
standen dann die Melodielinien wieder stärker im Vordergrund. Trotzdem
war es wieder ein Erlebnis, der elektronischen Musik von Pyramid Peak 30
Meter unter der Erde beizuwohnen.
Wer dieses ganz besondere Erlebnis mal
genießen möchte – im Übrigen lohnt aber auch ein normaler Besuch in der
Höhle – der sollte sich warm anziehen, denn sowohl Temperatur als auch
die hohe Luftfeuchtigkeit unter der Erde sorgen dafür, dass die Kälte
nach einiger Zeit sich langsam einen Weg in den eigenen Körper sucht.
Auch eine Sitzunterlage, wie zum Beispiel ein Kissen oder eine Decke
wirken Wunder.
Stephan Schelle, 02.09.2007
|