LÜÜL
Live Gasthaus Goeke, Bochum-Grumme, 29.11.2025

Am 29.11.2025 war der Berliner Musiker Lutz Graf-Ulbrich (LÜÜL, Ash Ra Tempel, 17 Hippies, The Agitation, Agitation Free) im Gasthaus Goeke in Bochum-Grumme beim EM-Breakfast, der vom Verein Schallwende e.V. bereits zum 28. Ausgetragen wurde, zu Gast. Das EM-Breakfast verbindet elektronischer Musik mit einem Frühstücksbuffet.

     

LÜÜL hatte im Liveprogramm sein komplettes Album „LÜÜLs Lab“, dessen Stücke er aber nicht in der Reichenfolge des Studioalbums spielte. Und als Zugabe gab es dann noch mit „Water“ eine neue Improvisation sowie mit „Frankfurter Allee“ ein Stück, das er zusammen mit Thomas Fanger und Mario Schönwälder im Jahr 2014 für das Album „Analog Overdose 5“ eingespielt hatte.

     

Im Laufe des Programms erzählte LÜÜL etwas über seine musikalische Karriere und die ersten Anfänge Musik zu machen. Er wurde ursprünglich vom Gitarrensound der Beatles beeindruckt und hat zu seinen Eltern im Alter von 12 Jahren gesagt, dass er eine Gitarre braucht, eine Band gründen und Musiker werden will. Er bekam eine Gitarre (für damals 45 DM) musste aber Unterricht in der Musikschule in Berlin nehmen. Dort traf er dann im Alter von 13 Jahren auf den gleichaltrigen Manuel Göttsching (Ash Ra Tempel, Ashra). Die Beiden haben dann lange zusammen Musik gemacht mit The Agitation, die sich später Agitation Free nannten, und auch mit Ash Ra Tempel. Nach einem Konzert im Jahr 2000 mit Ash Ra Tempel in Berlin wollte LÜÜL nicht mehr mit Göttsching auftreten, da dieser ein Alkoholproblem hatte. LÜÜL war dann u. a. mit den 17 Hippies sowie als LÜÜL & Band unterwegs. Erst 2016 hat er dann einen einmaligen Auftritt mit Manuel in Holland absolviert.

    

Als Manuel Göttsching im Dezember 2022 verstarb, was LÜÜL sehr mitgenommen hatte, entschied er sich seinen Traum wahr zu machen, eine richtige Soloplatte wie es Manuel als Gitarrist gemacht hat herauszubringen. Diese kam dann 2024 unter dem Titel „LÜÜLs Lab“ heraus, deren Stücke alle von LÜÜL zu Hause eingespielt wurden.

     

Während LÜÜL zu vorgegebenen Sounds aus dem Rechner Gitarre spielte, sorgten Visuals an der rückwärtigen Leinwand, die von LÜÜLs Frau Dani erstellt wurden (sie macht Visuals, die sie im Internet auf youtube in ihrem Dani Mystery Zone-Kanal veröffentlicht), für atmosphärische Bilder, die bestens zur Musik passten. Währenddessen konnten die Besucher dann genüsslich essen und trinken und sich auch teils unterhalten. Normalerweise ist dies nicht gerade dienlich für einen Künstler, doch die meisten Besucher folgten den atmosphärischen und manchmal auch leicht rockigen Klängen, die LÜÜL live spielte.

      

    

Sein Programm startete er mit dem Track „Sad And Hopeful“. Zunächst kamen Gitarrenartigen Sounds aus dem Rechner zu denen er eine eingängige Melodielinie spielte. Damit lag er – wie auch bei einigen Tracks des Albums – in der Nähe von Manuel Göttsching bzw. Ashra. Durch den Einsatz der E-Bow baute er zudem einige langgezogene Klänge in diesen Sound ein. Im Verlauf kam auch noch ein leichter Rhythmus aus dem Rechner mit hinzu. Das war schon mal ein gelungener Auftakt.

     

Ähnlich atmosphärisch, aber mit einem durchgängigen Groove, ging es mit „Motion Mode“ weiter. Ein ruhig dahinfließender Track, der durch den härteren Gitarrensound eine rockige Note bekam. Hypnotische Klänge und ein mäandernder, sanfter Rhythmus leiteten danach in das Stück „Morgentau“ ein. Der Track war recht sphärisch und enthielt auch wieder eine Passage, in der er mit dem E-Bow für langgezogene Klangmuster sorgte.

    

Mit „Oasis“ hatte LÜÜL dann ein Stück im Programm, das ursprünglich von Manuel Göttsching stammt und auf dem Ashra-Album „Correlations“ 1979 veröffentlicht wurde. LÜÜL hat schon eine eigene Version auf seinem Album „LÜÜLs Lab“ eingespielt, die sich nahe am Original orientiert. Dieses Stück präsentierte er auch in der Form in Bochum. Eine tolle Hommage an den leider zu früh verstorbenen Musiker. Das Publikum zeigte sich von dieser Hommage begeistert. Im Hintergrund liefen auf der Leinwand passend zum Titel des Stückes Bilder von einer Wüstenlandschaft.

     

     

Im Stück „Monolog“ ließ LÜÜL dann seine Gitarre förmlich singen, während das Ganze vom Rechner durch einen dezenten Rhythmus untermauert wurde. „April Suite“ verband dann sanfte Synthesizerharmonien mit einer leicht melancholischen Gitarrenmelodie. Am Ende sorgten sägende Gitarrenklänge und ein Rhythmus für eine Atmosphäre, wie bei einem Wüstenritt auf einem Kamel.

    

Einige schräge Gitarrenklänge gab es dann in dem Stück „Der wilde Ritt“. LÜÜL haute dazu auch einige heftige Riffs raus, was gut zu dem Titel passte. Es war zugleich auch das vielleicht „schrägste“ Stück im Programm. Mit dem Stück „Mystic Road“ endete der offizielle Teil des Konzertes. In dieses Stück wob LÜÜL Klänge ein, die recht orientalisch anmuteten.

     

    

Nach einer Pause ging es dann mit den Zugaben weiter. Er startete mit dem Stück „Water“, einer ca. zwölfminütigen Improvisation. Hier loopte LÜÜL einige rhythmische Passagen, die er auf der Gitarre spielte und legte darauf dann weitere Klänge und Harmonien mit seiner Gitarre. In der zweiten Hälfte untermauerte LÜÜL dies dann noch mit vorprogrammierten Rhythmen. Ein sehr hypnotisches Stück.

     

Als letzte Zugabe spielte LÜÜL dann mit „Frankfurter Allee“ quasi ein Quartett. Das Stück wurde seinerzeit von Thomas Fanger, Mario Schönwälder und LÜÜL eingespielt, während sie in einem VW-Bus durch die Frankfurter Allee in Berlin fuhren. Fanger und Schönwälder hatten dabei nur ein Minimalequipment dabei und luden LÜÜL mit seiner E-Gitarre ins Auto. Dabei wurde dann improvisiert. Beim Konzert in Bochum ließ LÜÜL den Film (das Video ist auch bei youtube zu sehen) von der damaligen Autofahrt, die mit drei Kameras aufgenommen wurde, auf der Leinwand ablaufen. Dazu kam die Musik von damals aus dem Rechner und LÜÜL spielte weitere Gitarrenmotive zu diesem gut 27minütigen Stück. Das war wohl für viele – neben „Oasis“ - das absolute Highlight seines Konzertes. Er baute wunderbare neue Klänge in diesen Longtrack ein. Dieser hypnotische Track, deren Rhythmussequenzen vom leider zu früh verstorbenen Thomas Fanger unerreicht bleiben, wurden durch LÜÜLs hinzugespielten Gitarrenpassagen noch mal auf ein höheres Level gehoben. Es war schön, die Protagonisten von damals dabei auf der Leinwand zu sehen.

    

     

Lutz Graf-Ulbrich aka LÜÜL lieferte ein wunderbares Solokonzert ab, das sehr atmosphärisch war. Es war eine Freude ihm beim Gitarrespielen zuzusehen und zu beobachten wie traumwandlerisch seine Finger über die Saiten seines Instrumentes glitten. Er ist eben ein grandioser und vor allem auch vielseitiger Musiker, was ja auch seinen bisherigen Output auf ca. 80 Alben mit verschiedenen Musikern beweist. Schon am Tag darauf spielte er ein Konzert mit Agitation Free.

     

    

Setlist

Sad And Hopeful
Motion Mode
Morgentau
Oasis
Molonog
April Suite
Der wilde Ritt
Mystical Road

Zugabe 

Water
Frankfurter Allee

Stephan Schelle, Dezember 2025