Liquid Sound Festival
(Toskana Therme, Bad Orb 05. bis 06.11.2011)


    

    

Die Toskana Thermen in Bad Orb, Bad Schandau und Bad Sulza veranstalteten vom 05.11. auf den 06.11.2011 wieder ihr Liquid Sound Festival. Unter der Bezeichnung „Drei Thermen bilden einen Klang“ war das Festival der Höhepunkt der drei Thermen im Veranstaltungskalender 2011. Das bedeutet, dass diese Thermen eine ganze Nacht lang Konzerte, Performances und Installationen im und am Wasser boten. In allen drei Thermen waren dabei Künstler aus der Elektronikszene zu sehen und zu hören. In Bad Orb waren dies Detlef Keller & Bas Broekhuis (der angekündigte Mario Schönwälder musste aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen) sowie Thomas und Eva Kagermann. In Bad Schandau trat Stephan Kaske aka Mythos und in Bad Sulza u. a. Chris Lang auf. Ich selbst habe das Event in Bad Orb besucht. In allen Bädern thronten die Musiker hoch über den Becken auf einer runden Plattform, so dass sie von vielen Stellen im Bad gesehen werden können.

                   

    

Bei den Toskana Thermen handelt es sich um Solebäder, in denen ständig eine hohe Lufttemperatur und -feuchtigkeit besteht. Die Wassertemperatur in den verschiedenen Becken (sowohl innen wie auch außen) ist ebenfalls recht hoch, so dass man im Wasser sehr gut Körper und Geist entspannen kann. Die Musik kann in den Bädern sowohl über wie auch unter Wasser genossen werden, da sich überall Lautsprecher befinden. Leider war der Klang in Bad Orb unter Wasser nicht so gut wie in Bad Sulza und auch das Soundsystem außerhalb des Wassers schien mir eine Spur kleiner zu sein, als es in Bad Sulza der Fall ist, was den Genuss aber nicht weiter störte.

                   

                   

    

Das Programm startete gegen 17:30 Uhr am Samstag und endete gegen ca. 13:00 Uhr am Sonntagmittag. Für diejenigen, die sich die ganze Zeit in der Therme aufhielten, kein Problem, denn im angesiedelten Restaurant konnte man sich rund um die Uhr mit Speisen und Getränken versorgen.

    

    

Zwischen den Liveveranstaltungen sorgten Liveübertragungen der Klänge aus den anderen Thermen nach Bad Orb (und auch in die anderen Thermen) dafür, dass die relaxte Stimmung nicht abbrach. So war dann am Abend in Bad Orb zum Beispiel ein Stück von Chris Lang zu hören, der für seinen Stil, der sehr nahe am Sound vom Großmeister Klaus Schulze ausgerichtet ist, bekannt ist.

    

     

                   

In Bad Orb ging es aber mit Thomas Kagermann los (Electronics, Violine, Flöte, Gesang), der schon zu Beginn für eine sehr relaxte Stimmung sorgte. Auf herrlichen Synthieflächen und Harmoniebögen, die ohne bzw. nur mit einem getragenen Rhythmus auskamen, versetzte er die Therme in angenehme Schwingungen. Mal spielte er auf seinem Keyboard, dann wiederum begleitete er die von ihm vorproduzierten Sounds auf der Violine oder Flöte. Auch seine Stimme brachte er ein ums andere Mal in den Sound mit ein.

     

    

Als visuelle Unterstützung tanzten zunächst drei junge Frauen, die in Kostümen als Wassernixen oder -feen auftraten, zu den sphärischen Klängen. Was bei den drei Frauen noch recht hölzern wirkte, toppte Kleito (aka Eva Maria Kagermann) durch ihren gefangen nehmenden Ausdruckstanz. Sie unterstützte ihre ausdrucksstarke Performance durch weiße Bänder, die sie an Stäben befestigt hatte und grazil zur schwebenden Musik bewegte. Das war ein erster richtiger Blickfang. Als weitere visuelle Unterstützung wurden Computergrafiken und Animationen unterschiedlichster Art an die Deckenwand der Therme projiziert, was dem Ganzen noch mal eine recht psychedelische Note verlieh.

    

     

    

Gegen 20 Uhr wären dann Broekhuis / Keller / Schönwälder live an der Reihe gewesen, doch leider hatte es kurz vor dem Wochenende Mario Schönwälder gesundheitlich aus der Bahn geworfen, so dass er nicht anreisen konnte. Umso erfreulicher war es, dass Detlef Keller & Bas Broekhuis kurzerhand das Konzert alleine bestritten, was ihnen hervorragend gelang, denn ihr Set fiel nicht minder genial aus.

    

     

Die beiden begannen mit einem Stück, das sich zunächst nach Vangelis bzw. auch nach dem Stil eines David Wright anhörte. Dieses Gefühl wurde vor allem durch die verwendeten Sounds erzeugt. Im Vergleich zu Thomas Kagermann wurde der Set von Broekhuis & Keller gleich melodischer und rhythmischer, aber nicht minder relaxt. Sehr langsam und mit eingehenden Melodien entwickelte sich die Musik der beiden.

    

                   

    

Im nächsten Track sorgte dann Bas Broekhuis für organische Perkussion an seinem elektronischen Perkussiongerät. Dieser Rhythmus war perfekt auf die wunderbaren Flächen von Detlef abgestimmt. Es folgte ein Track, der ganz im Stile der „Berliner Schule“ ausfiel. Der nach Klaus Schulze klingende Track war absolut hypnotisch und das empfand auch Thomas Kagermann, der gerade von einem Bad aus dem Becken zurück war und sich sofort rhythmisch zur Musik bewegte. Eva stieg ebenfalls in diesen Tanz mit ein und die beiden präsentierten eine sehr anmutende Performance. Vor allem Eva bewegte sich hypnotisch und teilweise in Zeitlupenartiger Form zu der schwebenden Musik, so dass sie mit den Klängen zu verschmelzen schien. Sie zeigte ein unglaubliches musikalisches Verständnis und konnte sich mit fließenden Bewegungen sofort auf die Klänge und Rhythmusstrukturen einlassen. Dazu sorgten die Projektionen auf ihrem Körper (sie bewegte sich im Lichtstrahl eines Projektors) für einen unglaublich ästhetischen Anblick. Man konnte die Augen nicht abwenden und war von Musik und Tanz förmlich gefangen.

     

    

Das letzte Stück, eine Improvisation, klang ebenfalls nach „Berliner Schule“, dieses Mal verschrieben sich die beiden allerdings dem Sound von Tangerine Dream der 80’er Jahre. Allerdings hielt diese Stimmung nicht allzu lange vor, denn durch die Melodielinien, die Detlef auf dieses Grundmuster spielte, ging der Track dann doch mehr in die romantisch, verträumte Richtung eines Detlef Keller’s.

                   

    

    

Es folgte eine zweistündige Livepause, in der die Musiker die Möglichkeit hatten sich zu regenerieren. Um kurz nach 0:00 Uhr ging es dann in die nächste Runde von Broekhuis & Keller. Dieses Mal allerdings unterstützt von Thomas Kagermann an Tasten und Violine. Dieser Teil des Festivals nannte sich „Tiefenentspannung“ und so war die Musik um diese Uhrzeit auch sehr sphärisch und ruhig. Dabei konnte man in absolut relaxter Stimmung einfach die Seele baumeln lassen und auf den Liegen ruhen oder im Wasser dahinschweben. Einzig die Temperatur in der Therme selbst, bei der man sich wie in einer Sauna fühlte, konnte einem zu schaffen machen.

    

     

Das erste Stück war ein Track, der auch schon in Repelen aufgeführt wurde, hier aber in einer wesentlich erweiterten Form und viel ruhiger angelegt war. Die drei harmonierten dabei ganz hervorragend und Thomas wandelte mit seinem Violinenspiel traumwandlerisch auf Detelf’s Flächen und Bas sanften Rhythmen.

    

    

     

Zum zweiten Stück übernahm Eva aka Kleito dann wieder die tänzerische Performance. Dieses Mal war sie in ein mystisches Kostüm gewandet (Besucher von den Repelen-Konzerten werden dies kennen). Mit einem blauen Umhang und einer Maske, die den Mond darstellte, huldigte sie der Nacht zu den sanften Klängen, die durch die Therme zogen. Auch die drei jungen Wassernixen waren wieder mit dabei. Dieses Mal bewegten sie sich sanft im Becken, umringt von Wasserrosenblättern und Kerzen.

    

                   

Wenn dann mal die Perkussion aufkam, dann blieb sie aber immer sehr dezent im Hintergrund und unterstützte die ambienten Sounds. Es war teilweise zu dieser Stunde (es ging stark auf 2:00 Uhr zu) recht schwierig die Augen auf zu behalten und so konnte man bei diesen herrlichen Klängen schnell mal ins Reich der Träume abdriften. Wer sich nicht wach halten konnte verpasste aber noch einmal einen sehr anmutenden Tanz von Kleito, denn Eva hatte sich für diese Performance einen goldfarbenen Umhang, der wie große Flügel wirkte, umgeworfen. Diesen Umhang bewegte sie, als würde ein großer Vogel oder goldener Engel sanft seine Schwingen ausbreiten und wieder zusammen nehmen. Das sah einfach nur erhaben und wunderschön aus.

    

    

     

Gegen 2:00 Uhr waren dann die Livekonzerte beendet, die dann aber durch weitere Musik von DJ’s dargeboten wurden. Die Veranstaltung war äußerst gelungen und man hatte als Besucher wieder das Gefühl einen Kurzurlaub aus dem Alltag genommen zu haben. Ich kann die Liquid Sound Festivals nur jedem empfehlen, denn man kann die herrliche Musik in einem tollen Ambiente genießen und sich dann auch noch mit den Musikern in Ruhe unterhalten, denn es gibt genug Möglichkeiten zwischen den Liveauftritten. Und das Ganze dann auch noch in einer sehr relaxten Atmosphäre. Und wann kann man sonst schon mal Musiker in Badehose an ihren Instrumenten agieren sehen?

    

    

Jedem der dieses Event einmal mitmachen möchte kann ich aber nur wärmstens empfehlen, gleich ein Zimmer im angeschlossenen Hotel mitzubuchen. So ist es möglich vom Hotel direkt (mit zur Verfügung gestellten Bademänteln) in die Therme zu gelangen, was für den Aufenthalt sehr von Vorteil ist.

     

    

    

Stephan Schelle, 07.11.2011