Voice In The Attic – After Songdown
Betsy Belfry records (2015)

(15 Stücke, 49:54 Minuten Spielzeit)

BC Bogey ist die Stimme im Dachboden (VOICE IN THE ATTIC). Er ist ein anerkannter Songwriter, Multi-Instrumentalist, preisgekrönter Musikvideo-Regisseur und klassisch ausgebildeter Sänger, dessen live performances als archetypische Welt präziser Klangbilder gepriesen werden. „Ich mag Musik, die organisch ist“, sagt Bogey. „In unserem quantisierten, ‘hyperrealen’ Zeitalter suche ich im Aufnahmeprozess oft diejenigen takes aus, die weniger perfekt klingen, aber den natürlichen vibe des live Spiels einfangen. Ich nenne es den ‘vermenschlichenden Ansatz’ (humanizing approach).“ O-Ton BC zu seiner Musik.


BC Bogey hat am Konservatorium Düsseldorf eine Zeit lang eine klassische Ausbildung zum Opernsänger genossen. Da ihm dieses „Korsett aber zu eng wurde“, da es in der Klassik nicht auf eigene Kreativität ankommt, hat er sich entschlossen einen anderen Weg einzuschlagen. Ein Grund dafür war auch, dass er wusste, dass Prog-Rock-Sänger wie Geoff Tate (Queensryche) und James LaBrie (Dream Theater) opera coaches hatten und deswegen technisch so gut waren. Allerdings schwebte ihm immer schon vor, seinen ganz eigenen Stil zu suchen. Seine Stimme klingt daher nicht nach den zuvor genannten, vielmehr kommen an einigen Stellen Ähnlichkeiten zu Tom Waits & Co. auf.

Der im Kölner Raum ansässige BC Bogey, aus dessen Feder alle Songs sind, hat sein Album „After Songdown“ mit Freunden aus der Region um Köln herum eingespielt. Anzumerken ist, dass es sich dabei um Profimusiker handelt, die in so unterschiedlichen Genres wie Klassik, Jazz oder Rock zu Hause sind. BC selbst hat aber neben dem Gesang auch Gitarre und Klavier gespielt. Herausgekommen ist ein Werk im Singer/Songwriter-Stil, das aber weitere Elemente wie Folk, Rock und groovigem Jazz mit klassischer Musik verbindet.

Eine Akustikgitarre und ein Vintage-Klavier, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts gefertigt wurde, bilden das Rückgrat der Musik. Gemeinsam mit Violinen, einer Viola, einem Cello, einem Kontrabass, Schlagzeug, Perkussionsinstrumenten (Cajón, Marimba, Shaker & Tamburin), zarten backings und der charismatischen Stimme von BC Bogey erschaffen sie den einzigartigen Klang des Albums.

Dass die Stücke live im Studio aufgenommen wurden, hört man nicht nur an dem sehr organischen Sound. Legt man die CD in den Player, dann ist in den ersten beiden Sekunden (bei laut eingestellter Anlage) das Wort „jetzt“ zu hören, dass dem Perkussionisten den Einsatz an seinem Cajon vermittelt. Dann setzen Cajon und Gitarre sowie ein mehrstimmiger Backgroundgesang ein. BC hat seine Ansage, die nur bei genauem Hinhören ersichtlich wird, nicht herausgeschnitten, um die Aufnahmen so authentisch wie möglich zu belassen. Sobald BC dann seinen Gesangseinsatz hat, tritt seine markante Stimme in den Vordergrund. Das hat schon was von Waits & Co., verbreitet aber auch einen ganz eigenen Charme. Das liegt sicherlich auch an der lockeren Melodie und der Instrumentierung mit z. B. dem Cello. Dieser erste Track ist auch gleich schon die Blaupause für das komplette Album.

Eine leichte Jazznote kommt am Anfang des zarten, verträumten Instrumentalstückes „Glass“ auf, wenn das Piano einsetzt. Dies wird um einen klassischen Ansatz durch das Cello erweitert. Eine sehr intensive Nummer. Der Song „On“ liegt in zwei Varianten vor. Als erstes findet sich der SloMoMix auf der CD. Dem Zusatz entsprechend handelt es sich um eine Downtempoversion, die aber einen gewissen Reiz hat und in einem akustischen Gewand daher kommt. BCs Stimme wirkt hier sehr kratzig und kauzig, so wie es auch Tom Waits der Fall ist. Der MoveMyAzzMix, den BC ziemlich ans Ende gesetzt hat, ist dynamischer und rockiger angelegt. Zwei hochgradig interessante Versionen des gleichen Songs.

Darauf folgt dann mit „Reminisce“ wieder ein recht klassisches Stück mit zweistimmigem Piano und Cello. Eine Mischung aus Folk und Klassik kommt dann bei „Ablaze (JazzMyAzzMix)“ auf. BC interpretiert den Song so, als würde er ihn in einer verrauchten Hotelbar spielen. Später kommt dann mit dem Schlagzeug, das mit einem Besen bearbeitet wird, noch eine leicht jazzige Note hinzu. Dieser Song ist aber in keiner weiteren Version auf dem Silberling enthalten. Während „Tear (WatershedMix)“ ehr verträumt und zerbrechlich klingt, wird es im Instrumental „Irsicendent“ leicht rockig mit einer Spur Folk.

In diesem Stil ist die ganze Platte gehalten. Die Stücke wirken durch ihre Instrumentierung und teilweise auch Reduzierung auf das Notwendigste sehr homogen und organisch. Die Mischung stimmt und die charismatische und teilweise auch etwas kauzige Stimme von BC sorgt für einen gewissen Kontrast zur sehr verträumten und melodischen Musik. Aber genau das macht den Reiz dieses Albums aus.

Stephan Schelle, November 2015

   

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